Brennkraftmaschine mit einem Abgasturbolader
Die Erfindung bezieht sich auf eine Brennkraftmaschine mit einem Abgasturbolader nach dem Oberbegriff des Anspruches 1.
In der Druckschrift DE 102 02 322 AI wird eine Brennkraftmaschine mit einem Abgasturbolader beschrieben, der einen Verdichter im Ansaugtrakt und eine Abgasturbine im Abgasstrang der Brennkraftmaschine aufweist, wobei das Turbinenrad von den unter Druck stehenden Abgasen der Brennkraftmaschine angetrieben wird und die Drehbewegung über eine Welle auf das Verdichterrad übertragen wird, das daraufhin Umgebungsluft ansaugt und auf einen erhöhten Ladedruck verdichtet. Des Weiteren ist ein die Abgasturbine überbrückender Bypass vorgesehen, in welchem ein Bypassventil zur Steuerung des Durchflusses durch den Bypass angeordnet ist. Über einen Drucksensor wird der Abgasgegendruck ermittelt, wobei im Falle des Überschreitens eines vorgegebenen Grenzwertes zum einen das Bypassventil geöffnet wird, so dass Abgasgegendruck unter Umgehung der Turbine abgebaut werden kann. Zum anderen kann eine variable Turbinengeometrie, über die der wirksame Turbineneintrittsquerschnitt veränderlich einstellbar ist, in Richtung maximaler Öffnungsstellung versetzt werden, so dass ein größerer Durchsatz durch die Abgasturbine ermöglicht ist und der Abgasgegendruck ebenfalls abgebaut wird. Der Druckabbau durch Öffnen der variablen Turbinengeometrie stellt zudem ei-
ne zusätzliche Sicherheit für den Fall einer Fehlfunktion des Bypassventiles dar.
Bei der Dimensionierung von Abgasturboladern für Brennkraftmaschinen muss generell zwei gegensätzlichen Kriterien Rechnung getragen werden. Einerseits ist man bestrebt, möglichst kleine Lader zu verwenden, die sich aufgrund ihrer geringeren Massenträgheit durch ein besseres Ansprechverhalten insbesondere im unteren Last-/Drehzahlbereich sowie im transienten Bereich auszeichnen und bei denen die Pumpgrenze des Verdichters zugunsten kleinerer Massenströme verschoben ist. Andererseits werden aus Wirkungsgradgründen bevorzugt größere Abgasturbolader eingesetzt, die sich durch eine zugunsten höherer Massendurchsätze verschobene Stopfgrenze auszeichnen. Insbesondere für Abgasturbinen ist eine hohe Stopfgrenze erstrebenswert, um einen unzulässig hohen Anstieg des Abgasgegendrucks zu vermeiden.
Der Erfindung liegt das Problem zugrunde, mit einfachen Maßnahmen eine Brennkraftmaschine mit einem in einem weiten Betriebsbereich nutzbaren Abgasturbolader zu schaffen. Der Verdichter des Abgasturboladers soll sich insbesondere durch eine niedrige Pumpgrenze auszeichnen, außerdem sollen hohe Abgasmassenströme zu bewältigen sein.
Dieses Problem wird erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst. Die Unteransprüche geben zweckmäßige Weiterbildungen an.
Bei der erfindungsgemäßen Brennkraftmaschine mit Abgasturbolader ist ein die Turbine überbrückender Bypass im Abgasstrang vorgesehen, wobei im Bypass ein einstellbares Bypassventil angeordnet ist, über das der Durchfluss durch den Bypass steuerbar ist. Des Weiteren kann eine Dimensionierungs-
regel für die Abgasturbine als Funktion eines vom Motor im Nennleistungspunkt benötigten Durchsatzparameters sowie eines turbinenspezifischen Stopfdurchsatzparameters angegeben werden. Das Verhältnis dieser Durchsatzparameter muss in einem Wertebereich zwischen 1,05 und 1,50 liegen, um dem Erfordernis nach bestmöglicher Dimensionierung Rechnung zu tragen. Bei dieser Dimensionierung übersteigt der motorspezifische Durchsatzparameter, der das Gesamtschluckverhalten der Brennkraftmaschine in deren Nennpunkt bezeichnet, den turbinenspezifischen Stopfdurchsatzparameter der Abgasturbine zumindest um den Faktor 1,05 und maximal um den Faktor 1,50. In Motorbetriebsbereichen mit hoher Last und Drehzahl, in denen ein hoher Abgasmassenstrom erzeugt wird, welcher aufgrund der zu kleinen Turbine zu hohen Abgasgegendrücken führen würde, wird eine Abblasung über den Bypass durchgeführt, wodurch sichergestellt ist, dass der Abgasgegendruck einen maximal zulässigen Grenzwert nicht übersteigt. Zugleich ist der Abgasturbolader aber klein genug ausgelegt und besitzt ein verhältnismäßig kleines Massenträgheitsmoment, dass ein schnelles Ansprechen des Abgasturboladers insbesondere bereits bei niedrigen Lasten und Drehzahlen der Brennkraftmaschine sowie im transienten Übergangsbereich sichergestellt ist. Derartige, klein dimensionierte Abgasturbolader weisen eine zugunsten kleinerer Massenströme verschobene Pumpgrenze auf. Außerdem ist bei niedrigen Durchsätzen der Wirkungsgrad verbessert, welcher sich bei Volllast bei zugleich niedriger Motordrehzahl sowie bei Instationärvorgängen positiv auswirkt.
Die erfindungsgemäße Kombination von Brennkraftmaschine und Abgasturbolader eignet sich insbesondere für Lader, deren Abgasturbine mit einer variablen Turbinengeometrie zur veränderlichen Einstellung des wirksamen Turbineneintrittsquerschnittes ausgestattet ist. In diesem Fall bezieht sich der turbinenspezifische Stopfdurchsatzparameter auf die maximale
Öffnungsstellung der variablen Turbinengeometrie, bei der ein maximal möglicher Durchfluss durch die Turbine möglich ist. Die variable Turbinengeometrie ermöglicht nicht nur in der befeuerten Antriebsbetriebsweise, sondern im unbefeuerten Motorbremsbetrieb eine optimierte Betriebsweise. Im Motorbremsbetrieb wird die variable Turbinengeometrie in eine den wirksamen Turbineneintrittsquerschnitt reduzierende Staustellung versetzt, wodurch ein erhöhter Abgasgegendruck aufgebaut wird, gegen den die Brennkraftmaschine Ausschubarbeit verrichten muss.
Des Weiteren kann es vorteilhaft sein, den Verdichter des Abgasturboladers mit einer variablen Verdichtergeometrie zur veränderlichen Einstellung des wirksamen Verdichtereintrittsquerschnitts auszustatten. Über die Einstellung der variablen Verdichtergeometrie kann die Pumpgrenze im Verdichterkennfeld zugunsten kleinerer Massenströme verschoben werden, was für eine Steigerung der Ladedrücke bei niedrigen Motordrehzahlen ausgenutzt werden kann.
Bei einem vorteilhaften Verfahren zum Betrieb einer Brennkraftmaschine mit einem Abgasturbolader, welcher entsprechend der vorgenannten Beziehung für das Verhältnis von motorspezifischem Durchsatzparameter zu turbinenspezifischem Stopf- durchsatzparameter dimensioniert ist, wird der Ladedruck im Ansaugtrakt der Brennkraftmaschine gemessen und das Bypassventil zur Umgehung der Abgasturbine für den Fall geöffnet, dass der Ladedruck einen Grenzwert überschreitet. Für diese, auf dem Ladedruck basierende Einstellung werden lediglich Drucksensoren im Ansaugtrakt stromab des Verdichters benötigt, darüber hinaus sind keine weiteren Sensoren erforderlich.
Weitere Vorteile und zweckmäßige Ausführungen sind den weiteren Ansprüchen, der Figurenbeschreibung und den Zeichnungen zu entnehmen. Es zeigen:
Fig. 1 eine schematische Darstellung einer Brennkraftmaschine mit einem Abgasturbolader, dessen Abgasturbine im Abgasstrang von einem Bypass überbrückt wird und
Fig. 2 ein Turbinendiagramm für die Abgasturbine mit der Darstellung des Durchsatzparameters durch die Turbine in Abhängigkeit des Druckverhältnisses über der Turbine .
Die in Fig. 1 dargestellte Brennkraftmaschine 1, ein Ottomotor oder eine Diesel-Brennkraftmaschine, ist mit einem Abgasturbolader 2 ausgestattet, welcher eine Abgasturbine 3 im Abgasstrang 4 und einen Verdichter 5 im Ansaugtrakt 6 umfasst . Ein Turbinenrad der Abgasturbine 3 wird von den unter Druck stehenden Abgasen der Brennkraftmaschine 1 angetrieben, wobei diese Drehbewegung über eine Welle auf ein Verdichterrad des Verdichters 5 übertragen wird, woraufhin unter Atmosphärendruck stehende Umgebungsluft angesaugt und auf einen erhöhten Ladedruck verdichtet wird. Die Abgasturbine 3 ist mit einer variablen Turbinengeometrie 7 versehen, über die ein wirksamer Turbineneintrittsquerschnitt zwischen einer minimalen Staustellung und einer maximalen Öffnungsstellung zu verstellen ist. Die variable Turbinengeometrie 7 kann sowohl in der befeuerten Antriebsbetriebsweise als auch im Motorbremsbetrieb zur Verbesserung des Betriebsverhaltens eingesetzt werden und in Abhängigkeit von Zustands- und Betriebsgrößen der Brennkraftmaschine bzw. sonstiger, der Brennkraftmaschine zugeordneter Aggregate eingestellt werden.
Der Verdichter 5 ist mit einer variablen Verdichtergeometrie 8 versehen, über die ebenfalls in Abhängigkeit diverser Zustande- und Betriebsgrößen der wirksame Verdichtereintritts- querschnitt veränderlich einzustellen ist. Die variable Verdichtergeometrie 8 erlaubt insbesondere eine Verschiebung der Pumpgrenze im Verdichterdiagramm zugunsten kleinerer Massenströme .
Die im Verdichter 5 komprimierte Verbrennungsluf wird stromab des Verdichters 5 einem Ladeluftkühler 9 zugeführt und anschließend unter dem Ladedruck p,s Zylindern der Brennkraftmaschine 1 zugeleitet .
Im Abgasstrang 4 ist ein die Abgasturbine 3 überbrückender Bypass 10 angeordnet, welcher stromauf der Abgasturbine 3 vom Abgasstrang 4 abzweigt und stromab der Abgasturbine 3 wieder in den Abgasstrang einmündet. Im Bypass 10 ist ein einstellbares Bypassventil 11 angeordnet.
Stromab der Abgasturbine 3 befindet sich eine Abgasreinigungseinrichtung 12, insbesondere ein Katalysator und/oder ein Filter im Abgasstrang 4. Auch der Bypass 10 mündet in die Abgasreinigungseinrichtung 12.
Über eine Steuer- und Regeleinheit 13 werden sämtliche einstellbaren Aggregate der Brennkraf maschine in Abhängigkeit von Zustands- und Betriebsgrößen eingestellt, insbesondere die variable Turbinengeometrie 7, die variable Verdichtergeometrie 8 sowie das Bypassventil 11.
Gemäß einer alternativen Ausführung besitzt der Abgasturbolader 2 sowohl in seiner Abgasturbine 3 als auch im Verdichter 5 jeweils eine Festgeometrie. Es kann aber auch zweckmäßig sein, die Turbine 3 mit der variablen Turbinengeometrie 7 und
den Verdichter 5 mit Festgeometrie auszustatten. Darüber hinaus kommt aber auch eine Ausführung mit der Abgasturbine 3 mit Festgeometrie und dem Verdichter 5 mit variabler Verdichtergeometrie 8 in Betracht .
Als Dimensionierungsregel für die Abgasturbine 3 wird das Verhältnis PHIMot,Nenn/PHIτ,stopf von einem motorspezifischen, gegebenen Durchsatzparameter PHIMot,Nenn der das Gesamtschluckverhalten der Brennkraftmaschine in deren Nennpunkt bezeichnet, zu einem turbinenspezifischen Stopfdurchsatzparameter PHIT,stopf der Abgasturbine herangezogen. Der turbinenspezifische Durchsatzparameter PHIT kann als Funktion des Abgasmassenstroms rh , der Abgastemperatur T3 und des Abgasgegendrucks p3 im Abgasstrang stromauf der Abgasturbine bzw. im Bereich des Turbineneingangs gemäß der Beziehung m^ PHI-, =
beschrieben werden; als Stopfdurchsatzparameter PHIT,stopf wird der sich bei dem überkritischen Turbinendruckverhältnis von 2,5 einstellende Wert für PHIT definiert. Das Verhältnis PHIMot/Nenn/PHIτ,stopf liegt in einem Wertebereich zwischen 1,05 und 1,50:
1 , 05 < PHIMot , Nenn/ HIT, stopf < 1 , 50 ,
wobei sowohl der untere oder der obere Grenzwert selbst als auch beliebige Zwischenwerte zwischen den genannten Grenzwerten in Betracht kommen, so zum Beispiel 1,1, 1,2, 1,3 oder 1,4. Die Abgasturbine wird in der Weise ausgelegt, dass die vorgenannte Beziehung unter Berücksichtigung eines gegebenen und bekannten motorspezifischen Durchsatzparameters PHIMo rNenn erfüllt ist.
Bei einer Auslegung der Abgasturbine 3 gemäß der vorgenannten Dimensionierungsregel wird ein bestmöglicher Kompromiss erzielt zwischen dem Erfordernis nach einem klein bauenden Abgasturbolader einerseits, welcher ein spontanes Ansprechverhalten aufweist, und einem Abgasturbolader mit hohem Durchsatzvermögen andererseits, der in der Lage ist, hohe Leistungen zu erzeugen. Der Wertebereich zwischen 1,05 und 1,50 bezeichnet denjenigen Bereich, der oberhalb des turbinenspezifischen Stopfdurchsatzparameters PHIT, stopf und bei maximal geöffneter variabler Turbinengeometrie 7 durch ein Öffnen des Bypassventils 11 abgeleitet werden muss, um einen unzulässig hohen Anstieg des Abgasgegendrucks zu vermeiden.
Das in Fig. 2 dargestellte Turbinendiagramm zeigt beispielhaft eine AuslegungsStrategie für eine Abgasturbine. Eingezeichnet ist in Fig. 2 in der y-Achse der Durchsatzparameter PHIT/ welcher eine Maßzahl für den Abgasdurchsatz durch die Turbine darstellt, in Abhängigkeit von dem Druckverhältnis πT( welches das Verhältnis des Abgasgegendrucks stromauf der Turbine zum entspannten Abgasdruck stromab der Turbine ausdrückt. Eingetragen sind in Fig. 2 verschiedene Kennlinien für den Durchsatzparameter PHIT, der sich gemäß der Beziehung
allgemein in Abhängigkeit des Abgasmassenstroms m , der Abgastemperatur T3 und des Abgasdrucks p3 berechnet .
Eingezeichnet ist auch der turbinenspezifische Stopfdurchsatzparameter PHITιStopf der Abgasturbine 3, der einen oberen Grenzwert für die jeweilige, eingesetzte Abgasturbine 3 darstellt. Mit strichlierter Linie ist außerdem eine Motor-
Volllast-Betriebslinie 14 eingetragen, deren unterer Ast entlang einer unteren Grenzlinie 16 verläuft, bei der die variable Turbinengeometrie 7 der Abgasturbine 3 in ihrer den wirksamen Turbineneintrittsquerschnitt minimierenden Staustellung steht. Mit ansteigender Last verlässt die Motor- Volllast-Betriebslinie 14 die untere Grenzlinie 16 und steigt bis zum Erreichen ihres Maximums beim motorspezifischen Durchsatzparameter PHIMot,Nenn stark an. Hierbei durchstößt die Motor-Volllast-Betriebslinie den turbinenspezifischen Stopf- durchsatzparameter PHITιstop der Abgasturbine 3, der in Abhängigkeit der jeweils eingesetzten Abgasturbine 3 einen bestimmten, konstanten Wert einnimmt. Der turbinenspezifische Stopfdurchsatzparameter PHIT/St0pf stellt einen Grenzwert dar, welcher asymptotisch erreicht wird, wenn die variable Turbinengeometrie 7 in ihrer maximalen Öffnungsstellung steht, was in Fig. 2 mit der Kennlinie 17 gekennzeichnet ist.
Im Wertebereich zwischen dem turbinenspezifischen Stopfdurchsatzparameter PHIT,stopf und dem darüber liegenden motorspezifischen Durchsatzparameter PHIMot,Nenn ist die Abgasturbine 3 nicht mehr in der Lage, den erforderlichen Durchsatz von Abgas mit noch akzeptablen Abgasgegendruck zu gewährleisten. Die mit Bezugszeichen 15 in Fig. 2 bezeichnete Abblasemenge zwischen diesen beiden Parametern stellt den Überschuss dar, welcher mittels einer Öffnung des Bypassventils 11 über den Bypass 10 abgeblasen wird.
Die Einstellung sowohl der variablen Turbinengeometrie 7 als auch der variablen Verdichtergeometrie 8 und des Bypassventils 11 erfolgt auf Basis einer Druckregelung, wobei als zu messender Druck der Ladedruck p2,s im Ansaugtrakt 4 stromab des Verdichters 5 mittels geeigneter Drucksensoren ermittelt wird. Dieser Ladedruck p2,s stellt zugleich ein Maß für den aktuell herrschenden Abgasgegendruck dar, so dass bei einer
Überschreitung eines Grenzwertes für den Ladedruck Maßnahmen zur Reduzierung des Abgasgegendruckes eingeleitet werden können, insbesondere eine Abblasung über den Bypass 10 und/oder eine Öffnung der variablen Turbinengeometrie 7.