Tolperison enthaltende, pharmazeutische Zubereitung mit steuerbarer Wirkstofffreisetzung zur oralen Verabreichung
Die Erfindung betrifft eine Tolperison enthaltende, pharmazeutische Zubereitung mit steuerbarer Wirkstofffreisetzung zur oralen Verabreichung. Tolperison ist der internationale Freiname für das Muskel-Relaxans (RS) -2, 4' Dιmethyl-3-pιperιdmopropιophenon. Die Enantiomerentrennung des als Racemat vorliegenden Tolperison ist in der JP-A-53-40779 beschrieben. Dabei wird enantiomerenreines Tolperison durch Dia- stereomerenbildung aus racemischem Tolperison und enantio erenremem Acetylphenylglycm-Salzen gebildet. Durch selektives Fallen wurden die Diastereomere getrennt, sodass nach Abspaltung der Acetylphenyl- glycm-Gruppen sowohl R (-) -Tolperison als auch S (+) -Tolperison m enantio erenreiner Form erhalten wurde. Zsila et al. (Chirality 12:720-726,2000) haben sich ebenfalls mit der Stereochemie des Tolperison beschäftigt und stellten fest, dass die absolute Konfiguration des (-) -Tolperison einer R- Konfiguration entspricht. Dies konnte auch durch eine Einkristallanalyse bestätigt werden die gezeigt hat, dass (+) Tolperison S-Konfiguration entspricht. In der JP-A-53-40779 wurde auch auf die pharmakologische Wirkung der beiden Enantiomere eingegangen. Die pharmakologischen Untersuchungen beschreiben eine muskelrelaxirrende Wirkung von d- Tolpeπson und eine vaso- bzw. bronchodilatatorische Wirkung des 1-Tolperιson. Trotz nachgewiesener pharmazeutischer Wirksamkeit von enantiomerenremem Tolperison sowie dessen pharmazeutisch vertraglichen Salzen, ist die orale Verabreichung insofern problematisch, als die gewünschte Wirkung rasch nachlasst und daher der Patient Tolperison enthaltende Präparate mehrmals täglich zu sich nehmen muss, wodurch mitunter der Gastromtestmaltrakt des Patienten geschadigt werden kann. Tolperison wird im Korper relativ rasch metabolisiert, wobei das Enzym CYP2D6 Art und Dauer des Metabolismus wesentlich beemflusst. Bei diesem Enzym wurden vier verschiedene Genotypen ermittelt, nämlich „poor metabolisers" (ca 7% der Bevölkerung) , „ultrafast metabolisers" (ca 3%) , „extensive metabolisers" (ca 45%) und „mtermediate metabolisers" (ca 45%). Die beiden
letztgenannten Gruppen sind nur genotypisch jedoch nicht phanotypisch unterscheidbar. Insbesondere bei der Gruppe der „poor metabolisers" besteht die Gefahr der Toxizitat, da Tolperison nur sehr langsam umgesetzt wird. Um dennoch die gewünschte Langzeitwirkung zu erzielen, wurde in der JP-A-3277239 vorgeschlagen, transdermale Formulierungen zu entwickeln. Die Praxis zeigt jedoch, dass transdermaler Arzneistoffstransport, insbesondere hinsichtlich Dosierung, limitiert ist, da lediglich Einheitsdosen von ax. 150 mg transdermal verabreicht werden können, wodurch sich eine wirksame Therapie noch nicht einstellt. In der WO-A-00/59508 sind Tolperison enthaltendende Formulierungen beschrieben, welche oral verabreichbar sind, jedoch die Nachteile der bekannten, oral verabreichbaren Zubereitungen des Tolperison nicht aufweisen. Dabei wurde versucht, die verzögerte Wirkung von Tolperison insofern auszunutzen, als das Freisetzungsverhalten von Tolperison auch durch eine definierte Auswahl des Enantiomerenverhaltnisses von R(-)- zu S (+) -Tolperison beemflusst werden sollte. Das Einstellen eines definierten Enantiomerenverhaltnisses durch chemische Reaktion ist mitunter aufwendig und muss im übrigen nicht zum gewünschten pharmazeutischen Effekt fuhren. So haben Teruyoshi Yokoyama et al . in ihrem Aufsatz „Determination of Tolperisone Enantiomers in Plasama and Their Disposition in Rats" (Chem.Pharm. Bull.4001, 272-274, Vol 40. (1992)) gezeigt, dass bei Einsatz von enantiomerenremem Tolperison eine In- Vivo-Inversion nachweisbar ist. Das bedeutet, dass durch diese In-Vivo-Inversion enantiomerenreines S (+) -Tolperison in einem Ausmaß von bis zu 20 % in R (-) -Tolperison, beziehungsweise enantiomerenreines R(-)~ Tolperison in einem Anteil von bis 20 % m S (+) -Tolperison umgewandelt wird. Diese In-Vivo-Inversion kann die angestrebte pharmazeutische Wirkung reduzieren und stellt im übrigen den Einsatz von enantiomerenre em Tolperison in Frage. Die Erfindung hat sich die Aufgabe gestellt, durch eine besondere, oral verabreichbare, pharmazeutische Formulierung auf diese In-Vivo-Inversion einzuwirken, wobei gleichzeitig für eine Langzeittherapie auf die Steuerbarkeit der Wirkstofffreisetzung (controlled release) Einfluss genommen werden soll. Erfmdungsgemaß wird eine Tolperison enthaltende Zubereitung der eingangs genannten Art vorgeschlagen, welche dadurch
gekennzeichnet ist, dass der Wirkstoff Tolperison und/oder ein pharmazeutisches Salz davon in einem pharmazeutisch vertraglichen
Material eingebettet ist. Bevorzugte und vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemaßen Zubereitung sind Gegenstand der ünteranspruche. Die Erfindung wird nunmehr anhand von Ausfuhrungsbeispielen sowie anhand der Abbildungen 1 und 2, welche die
Freisetzungsprofile von Zubereitungen gemäß der Beispiele wiedergeben, sowie anhand der Abbildung 3 betreffend Invivoanteil von S(+)- bzw. R(-) Tolperison naher erläutert. Beispiel 1: Tolperison Hydrochloπd wird in einem Mischer mit einer Losung bestehend aus Eudragit RS in Butanon granuliert. Anschließend werden Eudragit S und Eudragit L homogen eingemischt, das Gemisch getrocknet und gesiebt. Das gesiebte Granulat wird mit Tablettierhilfsmitteln versetzt und tablettiert. Es werden Tabletten mit einem Durchmesser von 8 mm und einem Gewicht von 190 mg gepresst. Anschließend werden die Tabletten mit einem Filmmaterial bestehend aus Eudragit L, Farbstoffen und sonstigen Hilfsstoffen, welche in Butanol gelost sind, beschichtet ("gefilmt") .
Tolperison Hydrochlond 150,00
Eudragit RS 1,88 Eudragit L 14,24
Eudragit S 10,50
Aerosil 1,80
Stearinsaure 1,80
Glyceroldibenat 7,50 Eisenoxidfarbstoff 0,08
Titandioxid 4,08
Talkum 6,03
Polyethylenglycol 1,02
Dimethylpolysiloxan 0,05
Aus Abbildung 1 ist zu ersehen, dass die Zubereitung gemäß Beispiel 1 eine relativ rasche Wirkstofffreisetzung, nämlich von ca. 60% in zwei Stunden und etwa 85% in vier Stunden zeigt. Nach Stresslagerung bei 40° C und 75% Feuchtigkeit zeigt sich im
Zeitraum von drei Monaten kein Abbau des Wirkstoffs. Alle gepr ften Nebenprodukte bleiben unter dem Grenzwert von <0,2%. Beispiel 2: In diesem Beispiel werden die Herstellung und Zusammensetzung einer 200 mg Tolperison-Hydrochlorid Formulierung mit mittlerer
Freisetzungsgeschwindigkeit beschrieben. Zur Herstellung wird
Tolperison-Hydrochlorid mit einer Losung bestehend aus Eudragit RS in Butanon granuliert. Anschließend werden Eudragit S und Eudragit
L homogen eingemischt. Das Gemisch wird getrocknet und gesiebt. Nach homogenem Einmischen der erforderlichen Tablettierhilfsstoffe werden Tabletten mit einem Durchmesser von 9 mm und einem Gewicht von 250 mg gepresst. Diese Tabletten werden mit einer Losung bestehend aus Eudragit L, Farbstoff und sonstigen Hilfsstoffen gelost in Butanol, beschichtet ("gefilmt") .
Tolperison Hydrochlond 200,00
Eudragit RS 2,50
Eudragit L 16, 60 Eudragit S 12,85
Aerosil 2,40
Stearinsaure 2,40
Glyceroldibenat 2,40
Eisenoxidfarbstoff 0,08 Titandioxid 4,08
Talkum 10,02
Polyethylenglycol 1,02
Dimethylpolysiloxan 0,05 Die beispielsgemaße Tolpeπson-200 mg „controlled release" Formulierung zeigt eine Wirkstofffreisetzung von ca. 50% in 2 Stunden und ca. 80% in 5 Stunden. Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, handelt es sich dabei vergleichsweise um eine mittlere Freisetzungsgeschwindigkeit . Beispiel 3: Dieses Beispiel beschreibt die Herstellung einer 300 mg Tolperison „controlled release" Formulierung mit gleichmaßiger Langzeitretardierung. Die Herstellung erfolgt in einem Schnell ischer . Tolperison wird mit einer Granulierlosung aus Eudragit RS gelost in Butanon, granuliert. Anschließend werden
Eudragit L und Eudragit S zugegeben und nach homogenem Vermischen getrocknet. Das erhaltene Granulat wird mit Tablettierhilfsstoffen homogen vermischt und anschließend zu Tabletten mit einem
Durchmesser von 10 mm und einem Gewicht von 380 mg verpresst. Die Tabletten werden mit einer Losung aus Eudragit RS, Farbstoff und sonstigen Hilfsstoffen in Butanon gefilmt.
Tolperison Hydrochlond 300,00 Eudragit RS 11, 60 Eudragit L 21,00
Eudragit S 21,00
Aerosil 3, 60
Stearinsaure 3,60
Glyceroldibenat 15,00 Eisenoxidfarbstoff 1,26
Titandioxid 6,28
Talkum 14,14
Dimenthylpolysiloxan 0,07
Magnesiumsterat 0,50
Wie aus Abbildung 2 ersichtlich, erfolgt die Wirkstofffreisetzung bei der beispielsgemaßen Formulierung deutlich verzögert. Das heißt, dass 50% des Wirkstoffes nach ca. 3 Stunden, 80% nach etwa 7,5 Stunden freigesetzt werden. Der Stabilitatsstresstest bei 40° C und 75% Feuchtigkeit über 3 Monate zeigt Tolperison in stabiler Form sowie einen Anteil von Abbauprodukten <0,02%. Beispiel 4 : Dieses Beispiel beschreibt eine Tolperison-Hydrochlorid „controlled release" Formulierung mit 300 mg Wirkstoff und sehr stark retardiertem Freisetzungsprofil. Die Herstellung erfolgt durch Anteigen von Tolperison einem Pharmamischer unter Zufügen einer Losung bestehend aus Eudragit RS, gelost Aceton und Isopropanol, wobei Eudragit S und Eudragit L anschließend homogen eingemischt werden. Die erhaltene angeteigte Masse wird anschließend getrocknet und gesiebt. Nach Zuf gen von Tablettierhilfsstoffen werden Tabletten gepresst. Diese Tabletten werden mit einem Film bestehend aus Eudragit RS und Farbstoff sowie aus weiteren Pharmahilfsstoffen beschichtet.
Tolperison Hydrochlorid 300,00
Eudragit RS 27,60
Eudragit L 21,00
Eudragit S 21,00 Aerosil 3,60
Glyceroldibenat 18,00
Talkum 22,00
Magnesiumsterat 3,60
Triethylcitrat 7,50
Wie aus Abbildung 2 ersichtlich zeigt die beispielsgemäße
Formulierung eine sehr gleichmäßige Wirkstofffeisetzung über einen langen Zeitraum. Das heißt, dass 50% Wirkstoff in ca. 3 Stunden,
80% Wirkstoff werden in ca. 8 Stunden freigesetzt werden. Eine 100%-ige Wirkstofffreisetzung wird bei ca. 12 Stunden erwartet. Beispiel 5: Beispiel 5 zeigt eine Tolperison „controlled release"
Formulierung mit 300 mg Wirkstoff und mittlerer
Freisetzungsgeschwindigkeit. Die Herstellung des Tablettenkerns sowie das Filmen erfolgen analog zu Beispiel 4. Es wird jedoch deutlich weniger Material aufgetragen.
Tolperison Hydrochlorid 300,00
Eudragit RS 18, 10
Eudragit L 21,00 Eudragit S 21,00
Aerosil 3,60
Glyceroldibenat 18,00
Talkum 18,00
Magnesiumstearat 3,60 Triethylcitrat 4,50
Abbildung 2 zeigt eine Wirkstofffreisetzung von 50% in ca. 2
Stunden sowie 80% Freisetzung nach ca. 5,5 Stunden. Die Krümmung der Kurve zeigt eine etwas raschere Anflutung zu Beginn der Freisetzung und eine Abflachung der Kurve gegen Ende der
Wirkstofffreisetzung. Beispiel 6: Beispiel 6 zeigt eine 300 mg Tolperison „controlled release"
Formulierung mit geringfügig verzögerter Freisetzung. Die Herstellung des Tablettenkernes erfolgt analog zu Beispiel 4. Es
wird gegenüber Beispiel 4 und Beispiel 5 deutlich weniger
Filmmaterial verwendet.
Tolperison Hydrochlorid 300,00 Eudragit RS 8,25
Eudragit L 21,00
Eudragit S 21,00
Aerosil 3,70
Glyceroldibenat 18,00 Talkum 14,00
Magnesiumstearat 3,60
Triethylcitrat 1,50
Abbildung 2 zeigt bei der beispielsgemaßen Formulierung eine „controlled release" mit sehr rascher Wirkstofffreisetzung. So werden 50% Wirkstoff bereits nach 1,3 Stunden, 80% Wirkstoff bereits nach ca. 3,5 Stunden freigesetzt.
Beispiel 7: Beispiel 7 beschreibt eine 150 mg Tolperison enthaltende „controlled release" Formulierung mit verzögerter Freisetzung welche zusatzlich einen Magensaft-resistenten Überzug besitzt. Zu dieser Herstellung wird Tolperison Hydrochlond mit Eudragit- Losung granuliert und anschließend getrocknet. Das gesiebte Granulat wird mit Tablettierhilfsmitteln versetzt und tablettiert. Es werden Tabletten mit einem Durchmesser von 8 mm und einem Gewicht von 196 mg gepresst. Die Tabletten werden mit einem Magensaftresistenten Film überzogen.
Tolperison Hydrochlorid 150,00 Eudragit RS 1,88 Eudragit S 10,20 Triethylcitrat 0,69 Aerosil 1,80 Stearinsaure 1,80 Glyceroldibenat 7,70 Titandioxid 6,02 Eudragit L 14,24 Polyethylenglycol 1,52 Dimethylpolysiloxan 0,15
Die beispielsgemaßen Filmtabletten zeigen in Magensaft über einen Zeitraum von 1-2 Stunden keine bzw. äußerst geringfügige Wirkstofffreisetzung. Nach Umpuffern auf pH 6.8 erfolgt eine etwas verlangsamte Wirkstofffreisetzung. Anhand der Freisetzungsprofile gemäß Abbildungen 1 und 2 kann gezeigt werden, dass die erfindungsgemaße Tolperison enthaltenden pharmazeu- tischen Zubereitungen der Ausfuhrungsbeispiele 1 und 6 eine relativ rasche Wirkstofffreisetzung zeigen, wogegen die Zubereitungen gemäß Beispiele 2 und 5 eine mittlere Wirkstofffreisetzung und jene gemäß Beispiele 3 und 4 eine zwar langsame, jedoch sehr gleichmäßige Freisetzung des Wirkstoffes Tolperison ergeben. Da Tolperison im menschlichen Korper unterschiedlich rasch metabolisiert wird, was anhand des in diesem Zusammenhang untersuchten Enzyms CYP2D6 zur Einteilung von vier unterschiedlichen Genotypen, nämlich dem "poor metabolizer", dem "ultrafastmetabolizer", dem "extensiv metabolizer" sowie dem " termediate metabolizer" führte, kann die erfindungsgemaße Tolperison enthaltende pharmazeutische Zubereitung aufgrund ihrer steuerbaren Wirkstofffreisetzung je nach Frei- setzungsgeschwmdigkeit auf den jeweiligen Genotyp abgestimmt werden. So bietet es sich an, die gemäß Beispiele 1 und 6 hergestellten Tolperison enthaltenden pharmazeutischen Zubereitungen aufgrund ihrer relativ raschen Wirkstofffreisetzung dem sogenannten "ultrafast metabolizer" zu verabreichen, wobei die Formulierungen gemäß Beispiele 2 und 5 den "extensive"- bzw. auch dem "mtermediate metabolizer" verabreicht werden können, da diese auf Tolperison enthaltende pharmazeutische Formulierungen mit mittlerer Wirkstofffreisetzung ansprechen. Bei dem Genotyp des "poor metabolizer", welcher über einen relativ langen Zeitraum mit dem Wirkstoff Tolperison behandelt werden muss, um eine ausreichende Sättigung des Wirkstoffes im Blutspiegel zu erzeugen, bietet es sich jedoch an, die pharmazeutischen Zubereitungen gemäß Beispiele 3 und 4 zu verabreichen. Die verzögerte Freisetzung von Tolperison, welche mit der erfindungsgemaßen pharmazeutischen Zubereitung erzielt wird, lasst sich msoferne erklaren, als der Wirkstoff Tolperison in einem vorwiegend polymeren Matrixmaterial eingebettet ist, welches pharmazeutisch vertraglich ist und bei der Metabolisierung von
Tolperison eine verzögerte, jedoch aufgrund der Einbettung im
Matrixmaterial gezielte Freisetzung von Tolperison ermöglicht.
Diese Freisetzung kann zusatzlich dadurch unterstutzt werden, dass im Falle von Tabletten die Tablettenkerne zusätzlich mit einer die Wirkstofffreisetzung verzögernden Hülle umgeben sind. Die für diese Hülle eingesetzten Materialien bestehen Vorteilhafterweise aus pharmazeutisch vertraglichen Polymeren, welche ebenso aufgrund ihrer Matrixstruktur eine verlangsamte, jedoch gleichzeitig steuerbare Freisetzung bewirken. Dadurch ergibt sich eine gleichmaßige Sättigung von Tolperison im Blutplasmaspiegel, so dass dementsprechend unerwünschte, sogenannte "überschießende Peaks" im Blutplasmaspiegel vermieden werden können. Daraus ergibt sich ein vorteilhafter Effekt bei der Verabreichung der erfindungsgemaßen Tolperison enthaltenden pharmazeutischen Formulierung hinsichtlich der seltenen Genotypgruppen des Enzyms CYP2D6, nämlich beim "poor metabolizer" sowie beim "ultrafast metabolizer". Durch die gezielte Freisetzung ergibt sich beim "poor metabolizer" eine Absenkung des Toxizitatsrisikos und somit eine Senkung der Nebenwirkungsrate, wogegen beim "ultrafast metabolizer" im Vergleich zu üblichen Filmtabletten ein gleichmaßigerer und somit verbesserter Wirkspiegel über einen längeren Zeitraum erreicht werden kann. Aufgrund der steuerbaren und somit gleichmaßigen Wirkstofffreisetzung sind die vorgenannten Genotypen über einen längeren Zeitraum mit dem Wirkstoff Tolperison versorgt, so dass der Blutplasmaspiegel ausreichend mit Tolperison gesattigt ist. Dabei kann mit Hilfe der erfindungsgemaßen Tolperison enthaltenden pharmazeutischen Zubereitung aufgrund ihrer steuerbaren Wirkstoff- freisetzung die an sich bekannte In- Vivo-Inversion in Richtung des gewünschten R(-) -Tolperison, welches bei der Muskel relaxierenden Therapie wirksam ist, gesteuert werden. Dabei zeigt der Blutplasmaspiegel von Patienten, welche mit üblichen Filmtabletten (FT-Tabletten) behandelt wurden, ein höheres Ausmaß an AUC (Area under the curve = Flache unterhalb der Kurve) hinsichtlich R (-) -Tolperison im Vergleich zudem bei der Muskel relaxierenden Therapie unerwünschten S (+) -Tolperison. Werden jedoch Filmtabletten, wie sie gemäß Beispiel 1 hergestellt werden, verabreicht, so reduziert sich nach In- Vivo-Inversion der Anteil an S (+) -Tolperison weiterhin im Gegensatz zu der In-Vivo-Inversion bei bekannten Filmtabletten.
Derselbe Effekt wurde anhand von erfindungsgemaßen
Zubereitungen, wie jene von Beispiel 3 gezeigt, wobei durch die besonders langsame und gezielte Wirkstofffreisetzung noch zusatzlich der Anteil an gewünschtem R (-) -Tolperison erhöht werden konnte . Somit lasst sich mit der erfindungsgemaßen Tolperison enthaltenden pharmazeutischen Zubereitung nicht nur das
Wirkstofffreisetzungsprofil gezielt einstellen, sondern gleichzeitig eine optimale Ausnutzung der In-Vivo-Inversion von enantiomeren reinem Tolperison zugunsten des für die Muskel relaxierende Therapie erforderlichen R(-) -Enantiomer ausnutzen. Demgemäß kommt die erfindungsgemaße Tolperison enthaltende pharmazeutische Formulierung bei der Muskel relaxirrenden Therapie, wie bei der Behandlung von Muskelspasmen verschiedenster Genese, welche durch degenerative Veränderungen der Wirbelsaule, wie z.B. das Cervicalsyndrom, Lumbago, Cervico-Brachial-Syndrom und ahnliche ausgelost werden. Anwendungsgebiete finden sich jedoch auch der Behandlung von Osteoporose sowie bei Arthritis des Knie- und/oder Hüftgelenkes sowie bei rheumatischen Erkrankungen, wie z.B. bei Weichteilrheumatismus oder chronischer Polyarthπtis . Ein weiteres Einsatzgebiet liegt auf dem Gebiet der Behandlung von Fibromyalgie sowie bei der unterstutzenden Therapie nach Arbeitsund/oder Sportverletzungen. Weiters findet die erfindungsgemaße Tolperison enthaltende Zubereitung bei der Therapie von Spastiken aufgrund von neurologischen Erkrankungen Anwendung. Hier finden vorteilhafterweise die Form von Tolperison-Granalien vorliegenden Suspensionen insbesondere dann Anwendung, wenn diese mit entsprechenden Geschmacksverbesserungsmittel Kindern verabreicht werden sollen. Die erfindungsgemaßen Tolperison enthaltenden pharmazeutischen Zubereitungen finden jedoch auch bei der Nachbehandlung von Schlaganfallen sowie bei der Behandlung von multipler Sklerose, Morbus Parkinson und Beschwerden im Klimakterium. Die erfindungsgemaßen Tolperison enthaltenden pharmazeutischen Zubereitungen s nd der Lage, lang andauernde gleichmaßige Wirkspiegel zu erzeugen. Aus rezenten klinischen Erfahrungsberichten lasst sich ableiten, dass Tolperison insbesondere in hohen Dosen in der Lage ist, das Schmerzgedachtnis zu beeinflussen. Unter diesen Vorraussetzungen kann Tolperison
auch erfolgreich zur Behandlung von diabetischer Neuropathie, postherpetischer Neuralgie und Arthritis bei Lyme disease (Borreliose) eingesetzt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die erfindungsgemäße Tolperison enthaltende pharmazeutische Zubereitung insoferne eine gezielte und steuerbare Wirkstofffreie Zusetzung zulässt, als der Wirkstoff Tolperison in einem entsprechenden pharmazeutischen Träger, vorzugsweise eine Polymermatrix eingebettet ist. Dadurch kann durch Auswahl der Materialien für die Matrix bzw. Hülle der Tablette bzw. Granalie eine auf dem speziellen Genotyp abgestimmte Wirkstofffreisetzung eingestellt werden. Gleichzeitig lässt sich aufgrund der sehr gleichmäßigen und andauernden Freisetzung von Tolperison die an sich bekannte In-Vivo-Inversion von enantiomeren reinem Tolperison zugunsten des für die in der Muskel relaxierenden Therapie maßgeblichen R (-) -Tolperison einstellen.