Verfahren zur Aufbereitung von Naturfaserpflanzen
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufbereitung von Naturfaserpflanzen.
Für die Fasergewinnung aus Naturpflanzen existieren aufwändige Aufbereitungsverfahren. Sie haben alle zum Ziel, die Fasern von den Schaben - den Holzbestandteilen und sonstigen Pflanzenbestandteilen - zu trennen, und beide Komponenten einzeln zu verwerten. Bei den gängigen Verfahren muss das Naturfaserstroh hierfür für die Aufbereitung auf lagerfähige Trockensubstanzgehalte herunterge- trocknet werden. Die Trocknung erfolgt im Allgemeinen auf dem Feld, wodurch die Qualität des Naturfaserstrohs stark von der Witterung abhängig ist.
Ein Verfahren bei dem diese Witterungsabhängigkeit ausge- schlössen wird, ist in der DE 197 560 46 AI offenbart.
Bei diesem Nassverfahren wird Hanf bei der Ernte als ganze Pflanze gehäckselt und anschließend konserviert. Das Trennen der Klebeverbindung zwischen Fasern und Schaben kann zum Beispiel in einer Scheibenmühle erfolgen, wobei bei diesem Verfahren die gesamte aufgefaserte Pflanzenmasse für die Herstellung von Produkten genutzt wird. Das Separieren hochwertiger Fasern vor der weiteren Verarbeitung wird jedoch nicht offenbart.
In DE 198 13 397 AI wird ein Verfahren beschrieben bei dem die Faserpflanzen bei der Ernte entweder nur wie in der gebräuchlichen Faserpflanzenernte mit Feldtrocknung und ggf. Röste eingekürzt und zur schnelleren Feldtrocknung durch Schlagen, Knicken und Quetschen voraufgelöst werden. Durch die hierdurch etwas beschleunigte Feld¬ trocknung kann das Ernterisiko reduziert werden. Das Vor-
auflösen muss jedoch behutsam und ohne Trennung der Fasern von den Holzbestandteilen erfolgen, um den Verlust der Schaben auf den Feld zu vermeiden. Darüber hinaus kann das Stroh hierbei nur auf Längen von mehr als 300 mm eingekürzt werden, das es sich sonst nur unter hohen Verlusten nach der Trocknung oder mit starker Verunreinigung bergen lässt. Anschließend muss dass getrocknete Stroh geborgen und weiterverarbeitet werden. Nachteilig ist, das erst bei der Weiterverarbeitung das eigentliche Tren- nen (d.h. das Auflösen bzw. Entholzen) von Fasern und Schaben erfolgen kann, oder dass alternativ die Faserpflanzen erst nach der Ernte mit Feldtrocknung und ggf. Röste intensiv voraufgelöst und abgekürzt werden. Bei dieser nachgelagerten Vorauflösung kann aufgrund der starken mechanischen Belastung durch Schlagen, Knicken und Quetschen eine weitgehende Trennung von Fasern und Schaben erfolgen. Nachteilig ist, dass das bekannte Ernterisiko hierbei vollständig bestehen bleibt.
Ferner sind aus der DE 198 41 092 AI ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Aufbereiten von Fasernpflanzenmate- rial bekannt, bei dem auch ein Teil der Fasern bereits unmittelbar nach dem Zerkleinern abgetrennt werden. Allerdings wird hierbei das Faserpflanzenmaterial gepresst und dabei aufgebrochen und dann in Abschnitte gewünschter Länge zerschnitten. Dabei kann auch ein Teil des Fasermaterials abgetrennt werden. Bei diesem Verfahren ist es aber erforderlich, das Pflanzenmaterial im trockenen Zustand in die Zerkleinerungsvorrichtung einzubringen. Feuchte, also erntefrische Pflanzenstängel würden zu einem Verkleben der Innenteile der Vorrichtung führen. Bei dieser Vorrichtung handelt es sich lediglich um einen herkömmlichen Tabakschneider. Diese Tabakschneider sind derart konstruiert, um bereits getrockneten und fermen- tierten Tabak zu zerkleinern.
Aus der WO 097/45573 AI ist ferner ein Ernte- und Verarbeitungsverfahren für grüne Pflanzenstängel bekannt. Bei diesem Verfahren werden die Pflanzenstängel der Länge nach aufgebrochen und die äußeren Bestandteile von den inneren getrennt und anschließend zerkleinert. So schließt sich beispielsweise ein Entrindungsprozess an und ferner wird das Mark aus den Pflanzen herausgetrennt. Erst im Anschluss daran kann überhaupt die Abtrennung der wertvollen Fasern aus dem Zerkleinerungsgut erfolgen.
Bei den beiden eben beschriebenen Verfahren tritt der Nachteil auf, dass die Pflanzen in ihrer Gänze der Länge nach aufgebrochen werden müssen.
Die vorgenannten Verfahren des Standes der Technik weisen somit erhebliche Nachteile auf.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, die Nachteile des Standes der Technik zu überwinden und ein wirtschaftliches Verfahren bereit zu stellen, um bereits aus erntefrischen Naturfaserpflanzen die wertvollen Fasern zu gewinnen.
Die Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Hauptanspruchs gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist also ein Ver- fahren zur Aufbereitung von Naturfaserpflanzen, wobei man a) die erntefrischen Pflanzen hackselt und b) das Häckselgut anschließend im erntefrischen Zustand einem Sieb- und/oder Sichtverfahren unterzieht und dadurch Fasern von den anderen Pflanzenbestandteilen ab- trennt und
c) die abgetrennten Fasern und das verbleibende Restfa- ser-Schäben-Gemisch getrennt weiterverarbeitet.
Besonders vorteilhaft ist das erfindungsgemäße Verfahren, wenn man die Verfahrensschritte a) und b) ohne längere Zwischenlagerzeit unmittelbar nach der Ernte ausführt.
Besonders vorteilhaft ist es weiterhin, dass man die Verfahrensschritte a) und b) in getrennten Vorrichtungen ausführt.
Vorteilhaft ist es ferner, dass man die abgetrennten Fasern zu hochwertigen Verarbeitungsprodukten, nämlich Baustoffen, Dämmstoffen, Verpackungsmaterialien, Faserver- bundstoffen oder Kompositen, weiter verarbeitet.
Vorteilhaft ist darüber hinaus, dass die Fasern keine Qualitätseinbußen (insbesondere Festigkeitseinbußen) durch die Konservierung erleiden.
Besonders bevorzugt ist es dabei, dass man die abgetrennten Fasern vor dem Weiterverarbeiten trocknet.
Bevorzugt ist es außerdem, dass man die abgetrennten Fa- sern vor dem Trocknen einer weiteren Reinigung und einem Faseraufschluss unterzieht.
Erfindungsgemäß bevorzugt ist es ferner, dass man die abgetrennten Fasern vor der Trocknung und Weiterverarbei- tung einer biologischen (z.B. einer enzymatischen) und/oder chemischen Behandlung unterzieht. Hierdurch wird die Faserqualität insbesondere die Faserfeinheit gesteigert
In einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es bevorzugt, dass man das Restfaser-
Schaben-Gemisch mit oder ohne Zusätze in Silos konserviert, röstet, plastifiziert und bis zur Verarbeitung lagert. Dabei ist es besonders bevorzugt, dass man die Zerfaserung des gelagerten Restfaser-Schäben-Gemisches ohne einen gesonderten Plastifizierungsprozess durch Scherbeanspruchung durchführt. Ganz besonders ist dabei bevorzugt, dass man die Zerfaserung mittels Doppelschneckenextrudern oder Scheibenmühlen mit vorzugsweise 0,3 mm Mahlspalt durchführt.
Bevorzugt ist auch, dass man die Verarbeitung des aufgeschlossenen Restfaser-Schäben-Gemisches zu Verarbeitungsprodukte, nämlich Baustoffen, Dämmstoffen oder Verpackungsmaterialien, ohne vorherige Trocknung im Nassver- fahren durchführt.
Bevorzugt ist auch ein Verfahren, bei dem man die Verarbeitung des aufgeschlossenen Restfaser-Schäben-Gemisches zu Verarbeitungsprodukten, nämlich Baustoffen, Dämmstof- fen, Verpackungsmaterialien, Faserverbundstoffen oder
Kompositen, nach vorheriger Trocknung im Trockenverfahren durchführt .
Mit der hier vorliegenden Erfindung wird somit das Prob- lern der Trennung von feuchten Fasern aus dem frisch ge- häckselten Gut gelöst. Damit wurde ein neues Gesamtverfahren zur Faserverwendung realisiert.
Überraschenderweise wurde auch festgestellt, dass im Ge- gensatz zur DE 197 56 046 AI, welches noch auf die Bearbeitung von Hanf allein beschränkt war, das erfindungsgemäße Verfahren auch für viele andere Naturfaserpflanzen weitgehend unabhängig von der Witterung in der Erntezeit angewendet werden kann.
Wesentliche erfindungsgemäße Unterschiede sind somit
- Der Häckselvorgang wird so eingestellt, das eine weitgehende Auflösung der Klebeverbindung zwischen Fasern und Schaben erfolgt. - Durch das Separieren der hochwertigen Fasern vor der
Weiterverarbeitung zum Endprodukt lässt sich eine breitere Palette von Produkten mit höherwertigen Gebrauchseigenschaften herstellen. In diesen Produkten können die spezifischen Stoffeigenschaften der Fasern wie z.B. ihre hohe Festigkeit gezielt ausgenutzt werden. Hierdurch wird eine deutlich höhere Wertschöpfung erzielt.
- Durch das Separieren der Fasern, die üblicherweise Längen von 20 bis 250 mm aufweisen, lässt sich dass verbliebene Restfaser-Schäben-Gemisch störungsfrei und unter reduzierten Energieeinsatz zerfasern.
- Durch das Separieren der Fasern können diese gesondert und aufgrund der günstigeren faserspezifischen Trocknungseigenschaften unter geringerem Energieeinsatz getrocknet werden. Der Energiebedarf für die Trocknung der separierten Fasern liegt bei weniger als 30 % der Kosten für die Trocknung des gesamten Häckselguts.
Das erfindungsgemäße Verfahren weist insbesondere weiter- hin folgende vorteilhafte Unterschiede zur DE 198 13 397 AI auf, nämlich das Material wird sofort bei der Ernte aus dem erntefrischen Bestand (d.h. bei einem Trockensubstanzgehalt von ca. 25 bis 40 Masse-%) mit einem Feldhäcksler durch die Arbeitsorgane des Häckslers so stark zerkleinert und aufgelöst, dass die Klebeverbindung zwischen Fasern und Holzbestandteilen (Schaben) bereits hier weitgehend zerstört wird. Zum anschließenden Separieren der Fasern ist keine weitere Auflösung bzw. Entholzung notwendig, was von herausragendem Vorteil gegenüber allen bisher bekannten Verfahren ist;
die am Häcksler voreingestellte Häcksellänge für das erntefrische Gut liegt bei 5 bis 150 mm und damit deutlich unter den üblichen Schnittlängen von mindestens 300 mm der bekannten Faserpflanzenernte mit Feldtrocknung und ggf. Röste; es ist keine Feldtrocknung notwendig wodurch das Ernterisiko selbst im Vergleich zum oben beschriebenen Vorauflösen vor der Feldtrocknung noch einmal erheblich gesenkt wird.
Gemäß der vorliegenden Erfindung ist es also möglich, erntefrische Pflanzen, welche Naturfasern enthalten, zu verarbeiten und die wertvollen Naturfasern bereits in diesem Stadium zu gewinnen.
Geeignete Naturfaserpflanzen sind beispielsweise Flachs (Leinen) , Hanf, Jute, Sunn, Kenaf, Urena, Rosella und Ramie .
Unter erntefrisch wird im Sinne der vorliegenden Erfindung Pflanzenmaterial verstanden, welches vor Abschluss der Samenreifung und ohne vorherige Trocknung vorliegt.
Überraschenderweise wurde auch gefunden, dass es beson- ders vorteilhaft ist, wenn zunächst das Häckselgut erzeugt wird und die Abtrennung der Fasern, also das anschließende Sieb- oder Sichtverfahren in einem gewissen zeitlichen Abstand vom eigentlichen Häckseln erfolgt. Es wurde gefunden, dass wenn die Weiterverarbeitung des Häckselguts nach zu großer zeitlicher Verzögerung (z.B. 24 h) erfolgt, Verderbprozesse einsetzen, die Faserausbeute und Qualität reduzieren.
Dies macht es möglich, die Naturfaserpflanzenernte in herkömmlicher Weise zu gestalten. Dies bedeutet, dass mit einem entsprechenden Häcksler und einem Transportmittel
der erste Schritt des Verfahrens in herkömmlicher Weise durchgeführt werden kann. Das Transportmittel bringt dann die gehäckselten Pflanzenteile zu einem Sammelpunkt, an welchem das Sieb- bzw. Sichtvorrichtung fest installiert ist. In dem Augenblick, wo das Transportmittel das Häckselgut an die Sieb- bzw. Sichtvorrichtung anliefert, können auch sogleich durch den entsprechenden Sieb- oder Sichtprozess Naturfasern bereit gestellt werden.
Ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht auch noch darin, dass sowohl für das Häckseln als auch für das Abtrennen der Fasern aus dem Häckselgut herkömmliche, in der Landwirtschaft bzw. Faserindustrie bereits vorhandene Vorrichtungen benutzt werden können. Auch stellt die Durchführung des Verfahrens für den Landwirt keine besondere Schwierigkeit dar.
Hierin liegt ein besonderer Vorteil, da keine aufwändigen und teuren Vorrichtungen, wie beispielsweise Tabakschnei- der, angeschafft werden müssen. Herkömmliche Häckselvorrichtungen und gebräuchliche Sieb- und Sichtanlagen können verwendet werden.
Besonders bevorzugt zur Faserabtrennung ist eine Kamm- schüttel (Schüttelmaschine) , die in der Faserindustrie gebräuchlich ist. Aber auch andere Vorrichtungen, welche nach dem Prinzip der Kammschüttel wirken, sind besonders geeignet .
In der Figur 1 ist ein Blockbild des erfindungsgemäßen Verfahrens dargestellt. Zunächst wird aus dem Pflanzenbestand gehäckselt. Das so erhaltene Häckselgut wird derart behandelt, dass ein Separieren der entholzten Fasern aus dem erntefrischen Häckselgut erfolgt. Danach können die Bestandteile, nämlich die abgetrennten Fasern und das
Restfaser-Schäben-Gemisch in herkömmlicher Weise weiter verarbeitet werden.
Die abgetrennten Fasern können direkt zu Endprodukten verarbeitet werden. Vorzugsweise kann aber vor dem eigentlichen Verarbeitungsprozess ein Trockenprozess vorangehen. Andererseits ist es auch möglich, dass man die abgetrennten Fasern einer weiteren Reinigung und ggf. einem Faseraufschluss unterwirft. Welche der beschriebenen er- findungsgemäßen Verfahrensabfolgen für die jeweilige Naturfaser am günstigsten ist, kann der Fachmann leicht feststellen. Der günstigste Verarbeitungsprozess hängt aber auch von dem herzustellenden Produkt ab.
Entsprechendes gilt für das Weiterverarbeiten des Restfaser-Schäben-Gemisches. Hier können übliche Verfahren angewendet werden. Beispielsweise werden diese Restfaser- Schäben-Gemische in Silos eingelagert, konserviert, dabei geröstet und plastifiziert . Die anschließende Weiterver- arbeitung des Restfaser-Schäben-Gemisches ist an sich bekannt. So kann eine weitere Aufarbeitung durch Plastifi- zierungsprozesse und Weiterverarbeitung sowohl im Nassverfahren ohne vorherige Trocknung oder nach vorheriger Trocknung in Trockenverfahren durchgeführt werden. Derar- tige Maßnahmen sind dem Fachmann an sich bekannt.