Verfahren und Vorrichtung zur Oberflächenbearbeitung von metallischen Werkstücken
Bei der mechanischen Fertigung von Werkstücken entstehen zum Beispiel an Kanten, Bohrungsrändern oder Bohrungsüberschneidungen Grate, die in einem Nachbearbeitungsschritt entfernt werden müssen. Zur Nachbearbeitung von Werkstücken gehören au- ßer dem Entgraten auch beispielsweise das Reinigen, Glätten oder das Oberflächenverdichten.
Die zu bearbeitenden Werkstücke können vielfältig ausgestaltet sein und weisen oft auch schwer zugänglich zu bearbeitende Stellen auf. Mit bislang üblichen Verfahren beispielsweise der sogenannten Bürstenentgratung werden die Oberflächen der zu bearbeitenden Werkstücke mit rotierenden Stahlbürsten bearbeitet. Für innenliegende Bohrungen können Aufsätze mit speziell geformten Bürsten eingesetzt werden. Weiterhin sind Entgra- tungsverfahren bekannt, die mit Hochdruckwasserstrahlen arbeiten. Bei den Gleitschleifanlagen werden die zu bearbeitenden Werkstücke in einem Behälter mit abrassiven Schleifkörpern durch Schwingungen im Kreis gefördert, wobei dieses Verfahren nur für kleinere Werkstücke geeignet ist und eine relativ hohe Bearbeitungszeit zum Entgraten der Werkstücke erforderlich ist.
Bei den vorgenannten Verfahren können insbesondere innenliegende zu bearbeitende Stellen nur ungenügend bearbeitet wer- den.
Mit den nachfolgend aufgeführten Vorrichtungen und Verfahren können auch Werkstücke nachbearbeitet werden, die innenliegende Bohrungen und von außen schlecht zugängliche Stellen auf- weisen. Aus der US 4,829,714 ist eine Entgratungs- und Reini-
gungsvorrichtung bekannt. Diese Vorrichtung umfaßt eine Befestigungsplatte, auf der das zu behandelnde Werkstück angebracht und die in Schwingungen versetzt wird. Die Befestigungs.platte ist an einem Rahmen konstruktiv derart angeordnet, 'daß sich das zu behandelnde Werkstück in der Bahn einer frei fallenden Kaskade eines abrasiven Materials befindet. Durch die' Schwingbewegung der Befestigungsplatte und des frei fallenden abrasiven Materials wird eine Oberflächenbehandlung des Werkstückes erzielt .
Die US 4,581,853 beschreibt eine Anlage, bei der die zu behandelnden Werkstücke an einem Schwenkarm befestigt sind, wobei der Schwenkarm mit einem Schwingungserreger versehen ist. Das Werkstück wird zur Oberflächenbearbeitung mittels einer Schwenkbewegung des Schwenkarmes in einen mit Bearbeitungsmedium befüllten Behälter eingetaucht. Der Behälter wird ebenfalls mittels eines Schwingungserregers in Schwingung versetzt, so daß aufgrund der Relativbewegung zwischen Werkstück und dem Bearbeitungsmedium ein Entgraten und Reinigen der 0- berfläche erreicht wird.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Oberflächenbearbeiten von Werkstücken derart auszubilden, daß eine kurze Bearbeitungszeit und eine individuelle Anpassung an das Werkstück erzielt werden.
Diese Aufgabe wird durch das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 gelöst .
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird zum Eintauchen des zu bearbeitenden Werkstückes der an dem Behandlungsbad angeordnete Schwingungserreger zunächst in einem ersten Schritt derart ■ betrieben, daß sich eine lockere Schüttung des Behandlungsmediums einstellt, und die zu behandelnden Werkstücke gegen ge- ringen Widerstand mit geringem Kraftaufwand und sehr schnell
in das Behandlungsmedium eingetaucht werden können. Da die Haltevorrichtung an der die zu bearbeitenden Werkstücke befestigt sind, ebenfalls in Schwingungen versetzt wird,, wobei die Schwingungsparameter einstellbar sind, kann das Behandlungsme- dium in alle innenliegenden Hohlräume gelangen.
Bei dem eigentlichen Entgratungsvorgang wird der an dem Be- handlungsb'ad angeordnete Schwingungserreger in einem zweiten Schritt dann so betrieben, daß eine kompakte Schüttung des Be- handlungsmediums erzielt wird. Der Fluidisierungsgrad der
Schüttung kann einfach durch die Frequenz der Erregung, aber auch durch die Schwingamplitude oder beides eingestellt werden.
Die erforderliche Bearbeitungszeit für die Oberflächenbehandlung bzw. den Entgratungsvorgang hängt ab von der Form und dem Material des zu bearbeitenden Werkstückes und der Art der ausgewählten Schwingung. Vorzugsweise werden für die Haltevorrichtung des Werkstückes zwei Unwuchtwellen gewählt, die in ihrer Anordnung und Betriebsweise einstellbar sind. Somit können dem Werkstück eine Vielzahl von Schwingbewegungen aufgeprägt werden.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispie- len, die in den Zeichnungen dargestellt sind, näher beschrieben. Es zeigen:
Fig.l: einen Längsschnitt durch eine erfindungsgemäße Vorrichtung zum Entgraten von mechanisch bearbeiteten metalli- sehen Werkstücken,
Fig.2: einen Schnitt längs der Linie II-II gem. Fig.l.
Fig. 1 zeigt eine erfindungsgemäße Vorrichtung 1 zum Entgraten von Werkstücken, die im Wesentlichen aus einem schwingfähig
antreibbaren Behandlungsbad 2 und einer schwingfähig antreibbaren Haltevorrichtung 3 für das zu behandelnde Werkstück 4 besteht. ..
Das schwingfähig antreibbare Behandlungsbad 2 besitzt eine ' Grundplatte 5 die über Federelemente 6 auf einem Fundament 7 elastisch abgestützt ist. Auf der Grundplatte 5 ist ein Behälter 8 befestigt, der mit einem Behandlungsmedium befüllt ist. In Abhängigkeit von der Geometrie und dem Material des zu be- handelnden Werkstückes wird das Behandlungsmedium ausgewählt. Als Behandlungsmedium können beispielsweise Glas-, Metall-, Stahlkugeln oder willkürlich geformte keramische Teilchen eingesetzt werden. Um einen Poliereffekt der Oberfläche des zu bearbeitenden Werkstückes zu erzielen, werden vorzugsweise ge- härtete Stahlkugeln verwendet. Zum Entfernen von Lacken auf der Oberfläche des zu behandelnden Werkstückes oder zum Beseitigen von Gußsandresten werden vorzugsweise keramische Teilchen eingesetzt. Keramische Teilchen sind abrasive Materialien, die ein Aufrauhen der Oberfläche und somit auch einen Reinigungseffekt bewirken. Bei den in den Figuren dargestellten Ausführungsvarianten werden als Behandlungsmedium vorzugsweise Metallkugeln verwendet.
An der Unterseite der Grundplatte 5 sind als Schwingungserre- ger zwei Unwuchtmotore 9 angeordnet, die bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel eine senkrecht gerichtete Schwingung erzeugen (dargestellt durch Pfeil 10) . Diese senkrechte Schwingbewegung erzeugt eine horizontale Oberfläche der in dem Behälter befindlichen Metallkugeln.
Zur Schwingungserregung werden im allgemeinen Unwuchterreger, Magneterreger und Schubkurbelantriebe eingesetzt. Zum Entgraten bzw. für die Oberflächenbearbeitung von metallischen Werkstücken eignen sich vor allem Unwuchterreger weshalb im folgenden nur Unwuchterreger beschrieben sind.
Der Schwingungsfachmann unterscheidet zudem nach dem Schwingungsbild Kreis-, Linear- und Drehschwingungserregung. Der Kreiserreger, besteht aus einer Welle mit einer Unwucht und bewirkt eine kreisförmige Bewegung des schwingenden Systems, wenn er in seinem Schwerpunkt angeordnet ist. Mit zunehmendem Abstand der mit Unwucht versehenen Wellen, (auch Unwuchtwelle genannt) , zum Systemschwerpunkt deformiert sich die Kreisbewegung zur Ellipse.
Zwei mit gleichgroßen Unwuchtmassen ausgerüstete Wellen, die zu gegensinnigem Umlauf (Pfeil 11) mit gleicher Drehzahl angetrieben werden, erzeugen eine gerichtete lineare Schwingung. Dabei können die mit Unwucht versehenen Wellen, je nach konstruktiver Ausgestaltung selbstsynchronisierend oder zwangs- synchronisierend ausgebildet sein. Der Schwingungserreger (Unwuchtmotor, Richterreger) ist hinsichtlich seiner Schwingungsparameter einstellbar ausgebildet. Hierbei läßt sich beispielsweise die Größe der erzeugten gerichteten Kraft variabel einstellen. Die gerichtete Kraft ist dabei abhängig von der Unwucht und der Frequenz der umlaufenden Unwuchtwellen. Weiterhin einstellbar ist die Pasenlage der Unwuchtwellen zueinander, wobei hierdurch sowohl die Kraft als auch die resultierenden Schwingungen des Behandlungsmediums veränderbar sind. Durch diese Einstellmöglichkeit kann die Oberfläche des in dem Behälter befindlichen Behandlungsmediums auch abweichend von einer horizontalen Oberfläche eingestellt werden.
Durch verändern der oben genannten Größen, vorzugsweise der Frequenz, können die Bewegungsform und Energie des Behälters und somit die auf die Kugeln übertragenen Schwingungen eingestellt werden. Mit zunehmenden Kräften, z.B. höheren Frequenzen wird das Behandlungsmedium zunehmend aufgelockert.
Prinzipiell kann auch nur eine mit Unwuchten versehene Welle vorgesehen sein, die bei Anordnung im Massenschwerpunkt Sl des
schwingenden Systems eine kreisförmige bzw. beabstandet vom Massenschwerpunkt eine elliptische Schwingung erzeugt.
Oberhalb des schwingfähig antreibbaren Behandlungsbades 2 ist eine schwingfähig antreibbare Haltevorrichtung 3 angeordnet, die im wesentlichen aus einer Grundplatte 12 besteht, die über Federelemente 13 an einem nicht dargestellten gestellfesten Element elastisch abgestützt ist. Auf der Grundplatte 12 sind zwei Schwingungserreger 14 angeordnet, die jeweils' mit Un- wuchtmassen versehene rotierende Wellen besitzen und gleichsinnig angetrieben werden (dargestellt durch Pfeile 15).
Wie es bereits zu dem Schwingungsantrieb des Behandlungsbades 2 beschrieben ist, sind auch hier die Schwingungsparameter der Schwingungserreger 14 in gleicher Weise einstellbar ausgebildet .
Auf der in Vertikalrichtung nach unten weisenden Seite der Grundplatte 12 sind wie es in Fig. 1 dargestellt ist, zwei zu behandelnde Werkstücke (hier Zylinderköpfe) aufgespannt. Aufgrund der Einstellbarkeit der Schwingungsparameter können den aufgespannten Werkstücken unterschiedlichste Bewegungsformen aufgeprägt werden. Bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel ist ersichtlich, daß die Mittellinien der Unwuchtwellen beabstandet von der vertikalen und der horizontalen Schwerelinie (Schwerelinien verlaufen durch den Massenschwerpunkt S2 des schwingenden Systems) angeordnet sind, so daß bei Rotation der Schwingungserreger bei gleichsinniger Drehrichtung, mit gleicher Drehzahl und gleichgroßen Unwuchtmassen dem Werkstück eine elliptische Bewegung in der dargestellten Blattebene aufgeprägt wird. (Ebene definiert durch x-Richtung
(Horizontale) und y-Richtung (Vertikale) des
Koordinatensystems in Fig.l). Die Größe der Halbachsen wird dabei bestimmt von der Größe der Unwuchtmassen, ihrer Phasenlage zueinander, den horizontalen und vertikalen
und vertikalen Abständen zu den jeweiligen Schwerelinien sowie der Gesamtmasse des Systems.
Bei der oben beschriebenen Anordnung von zwei als Unwuchtwel- len ausgebildeten Schwingungserregern sind prinzipiell folgende Alternativanordnungen bzw. Einstellmöglichkeiten der Schwingungsparameter möglich. Hierbei sind alle aufgezählten Einstellmöglichkeiten beliebig kombinierbar.
a) Die Unwuchtwellen können gleichsinnig oder gegensinnig rotierend angetrieben werden.
b) Die Lage der Wellen zueinander kann variiert werden, d.h. parallele Anordnung der Wellen oder auch beliebiger Win- kel der Mittelachse zueinander.
c) Änderung der Phasenlage
d) Änderung der Unwuchtmassen
e) Änderung der Anordnung und der Größe der Unwuchtmassen auf einer Welle zueinander.
f) Änderung der Betriebsfrequenz
g) Betrieb der Unwuchtwellen mit gleicher oder unterschiedlicher Frequenz
Es ist selbstverständlich, daß anstelle der Anordnung von zwei Unwuchtwellen auch eine andere Anzahl von Unwuchtwellen angeordnet werden kann.
Damit die zu behandelnden Werkstücke 4 in das Behandlungsbad 2 eingetaucht und nach der Oberflächenbehandlung wieder herausgehoben werden können, ist die Haltevorrichtung 3 mit Mitteln
versehen, die eine Bewegung der Haltevorrichtung 3 in Vertikalrichtung ermöglichen. Alternativ hierzu könnten auch Mittel vorgesehen sein, die ein Absenken und Anheben des Behälters in Vertikalrichtung ermöglichen.
Zum Entgraten der' dargestellten Zylinderköpfe ist die Haltevorrichtung mit aufgespannten zu entgratenden Zylinderköpfen zunächst derart angeordnet, daß die Unterkante der zu entgratenden Werkstücke 4 noch nicht in das Behandlungsbad 2 ein- taucht. Zum Eintauchen der Werkstücke 4 werden die Schwingungserreger 9 des Behandlungsbades 2 in einem ersten Schritt zunächst mit einer hohen Frequenz betrieben, so daß in dem Behälter 8 eine lockere Schüttung der Metallkugeln aufgrund der aufgeprägten Schwingungen entsteht. Die Haltevorrichtung 3 wird anschließend vertikal abgesenkt, so daß die Werkstücke 4 mit geringem Kraftaufwand in die lockere Schüttung der Metallkugeln eingetaucht werden können. Beim Eintauchen des Werkstückes ist es wichtig, daß das Behandlungsmedium, in diesem Fall die Metallkugeln, in alle innenliegenden Hohlräume des zu be- arbeitenden Werkstückes gelangen. Sobald die Werkstücke 4 im Kugelbad eingetaucht sind, wird in einem zweiten Schritt die Frequenz des Richterregers 9 entsprechend abgesenkt, so daß eine kompakte Kugelschüttung zum Entgratvorgang erzielt wird.
In der Schwingfördertechnik wird das Maschinen- und das Schüttgutverhalten durch zwei Kenngrößen beschrieben, die Froude sehe Kennzahl (Schwingamplitude x Kreisfrequenz hoch 2 / Erdbeschleunigung) d.h. dem Verhältnis von Trägheitskraft zur Schwerkraft und die Wurfkennziffer, dem Verhältnis Maschi- nenbeschleunigung senkrecht zur impulseinleitenden Fläche und der Erdbeschleunigung.
Im oben beschriebenen Ausführungsbeispiel sind für das Behandlungsbad Froudezahl und Wurfkennziffer gleich groß. Ist die Froudzahl kleiner 2 ist bei Kugeln mit 2,7-3,2 mm Durchmesser
eine Entgratungszeit von weniger als eine Minute ausreichend. Bei einer Froudzahl kleiner 1,8 in der Behandlungsphase (zweiter Schritt kann bei Werkstücken aus Aluminium eine Oberflächenverdichtung beobachtet werden.
Das Eintauchen des Werkstückes in das Behandlungsbad sollte in einer kurzen Zeit erfolgen, seine Froudezahl sollte daher größer als 2 eingestellt werden. Im dargestellten Beispiel beträgt die Eintauchgeschwindigkeit ca. 1 m/min, wenn die Froud- zahl zwischen 3 und 4 liegt.
Das zu entgratende Werkstück schwingt mit wesentlich höherer Froudzahl, ihre Größe und die Größe der Wurfkennziffer werden durch die Geometrie des Werkstückes bestimmt. Im beschriebenen Beispiel beträgt die Froudezahl 15-20 (vorzugsweise 17) und die Wurfkennziffer kleiner 1. Diese Größen können für alle Bearbeitungsphasen (d.h. für den ersten Schritt Tauchen; zweiter Schritt Entgraten; Herausnehmen und Abreinigen) konstant gehalten werden. Je nach Geometrie der Hohlräume kann es je- doch sinnvoll sein, die Wurf ennziffer größer zu wählen oder während der verschiedenen Bearbeitungsphasen zu variieren.
Da den zu behandelnden Werkstücken 4 ebenfalls über die einstellbaren Schwingungserreger 14 eine Schwingbewegung aufge- prägt wird, wird durch die Relativbewegung der Werkstücke 4 zu den Metallkugeln eine Oberflächenbearbeitung d.h. ein Entgraten sowie Reinigen der Oberfläche erzielt. Zur Oberflächenreinigung können zusätzliche Reinigungsflüssigkeiten dem Behandlungsbad zugefügt werden. Die abgeschlagenen Grate sowie even- tuelle Lackreste oder Gußsandreste werden mit der Reinigungsflüssigkeit ausgespült. Hierfür ist im Behälterboden oder den Behälterseitenwänden ein Gitter und ein nicht dargestellter Sammelbehälter vorgesehen.