Enzymatische Polymerisation von Miniemuisionen
Beschreibung
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Durchführung einer enzymatischen Polymerisation von Miniemulsionen. In den letzten Jahren haben Enzym-katalysierte Reaktionen deutlich an Bedeutung gewonnen, da eine große Anzahl an Enzymen nicht nur zur Umsetzung natürlicher Substanzen verwendet, sondern auch für Reaktionen von anderen Molekülen eingesetzt werden kann.
Die Verwendung von Enzymen bietet dabei die folgende Vorteile:
Katalyse unter milden Reaktionsbedingungen (Temperatur, Druck, pH-Wert), hohe Enantio-, Regio- und Chemoselektivität sowie Steuerung der
Stereochemie, nicht-toxischer Katalysator.
Alle in der Natur vorkommenden Polymere werden in vivo durch enzymatische Katalyse hergestellt. Die Gruppe um Kobayashi zeigte erstmals, dass auch enzymatische Polymersynthese in vitro möglich sind (siehe S. Kobayashi, H. Uyama, S. Kimura, Chem. Rev. 2001 , 101 , 3793- 3818, und die dort angegebenen Referenzen). Diese Methode (enzymatische Polymersynthese) erlaubt die gezielte Darstellung von Polymeren, die über konventionelle Polymerisationsprozesse oft nur schwer herzustellen sind. Hier können spezifische enzymatische Reaktionen zu Polymeren mit einer hohen Selektivität und neuen Strukturen führen (vgl. S. Kobayshi, S. Shoda, H. Uyama, Adv. Polym. Sei. 1995, 1 21 , 1 ). Enzymatische Polymerisationen können als in vitro durchgeführte chemische Polymersynthesen definiert werden, die über nicht-
biosynthetische (nicht-metabolisierte) Reaktionsschritte durch ein isoliertes Enzym katalysiert ablaufen.
Eine Vielzahl von Enzym-katalysierten Polymerisationen sind bereits in der Literatur beschrieben (siehe die aktuellen Reviewartikel: S. Kobayashi, H. Uyama, S. Kimura, Chem. Rev. 2001 , 101 , 3793-3818; R.A. Gross, A. Kumar, B. Kalra, Chem. Rev., 2001 , 101 , 2097-2124).
So können z.B. Peroxidasen für die oxidative Polymerisation von Phenolen oder Anilinderivaten und die Polymerisation von Vinylmonomeren eingesetzt werden, Lipasen können Polykondensationen katalysieren oder für die ringöffnende Polymerisation von Lactonen verwendet werden. Im Gegensatz zu Kondensationspolymerisationen werden bei ringöffnenden Polymerisationen während der Reaktion keine Gruppen abgespalten.
Bisher werden enzymatische Polymerisationen in vitro im Allgemeinen in einem organischen Lösungsmittel unter Verwendung einer manchmal sehr hohen Enzymmenge (bis zu 50 % bezogen auf das Monomere) durchgeführt. In den meisten Fällen wird berichtet, dass bei der Durchführung dieser enzymatischen Polymerisationen bei langsamen Polymerisationsgeschwindigkeiten niedermolekulare Polymere erhalten werden. Durch Optimierung von einigen Parametern, z.B. die Wahl des Lösungsmittels, der Temperatur, der Monomerkonzentration in der Lösung, der Enzymkonzentration und des Wassergehaltes, lässt sich in einigen Fällen eine Verbesserung der Polymere (höheres Molekulargewicht) erhalten. Dennoch sind die Molekulargewichte immer noch zu gering und die Reaktionszeiten mit einer Dauer von oftmals mehreren Tagen zu lang.
Es wurde nun gefunden, dass es möglich ist, auf das organische Lösu ngsmittel zu verzichten, indem man mithilfe des
Miniemulsionsprozesses kleinste Tröpfchen herstellt, die die Edukte für eine
Polymerisation enthalten und die dann Enzym-katalysiert polymerisiert
werden. Es entstehen so bei sehr geringen Enzymmengen hochmolekulare Polymere nach einer Reaktionsdauer von nur wenigen Stunden, die entweder aus der Dispersion ausfallen und so gesammelt werden können, oder auch bei Aufrechterhaltung der Dispersion direkt als biologisch abbaubarer Latex weiterverwendet werden können. Ein Gegenstand der Erfindung ist somit ein Verfahren zur Durchführung einer enzymatischen Polymerisation , dadurch gekennzeichnet, dass man eine Miniemulsion erzeugt, wobei die disperse Phase der Miniemulsion die Edukte der Polymerisation, insbesondere in Form von Monomeren enthält, und die kontinuierliche Phase der Miniemulsion ein die Polymerisation katalysierendes Enzym enthält, und dann die Polymerisation durchführt.
Die Miniemulsion, in der die Polymerisationsreaktion durchgeführt wird, kann durch Anwendung hoher Scherfelder, z.B. durch einen Ultraschallstab, einen Strahldispergator oder einen Mikrofluidizer, eingestellt werden. Die Emulsionströpfchen liegen vorzugsweise in der Größenordnung von 20 bis 1000 nm, insbesondere von 30 nm bis 600 nm mittlerer Teilchendurchmesser. Vorzugsweise wird eine Miniemulsion mit einer dispersen Ölphase in einer im wesentlichen damit nicht mischbaren hydrophilen kontinuierlichen Phase, z.B. einer polaren organischen Phase, insbesondere jedoch einer wässrigen Phase, gebildet.
Zur Stabilisierung der Emulsion werden vorzugsweise oberflächenaktive Tenside, die sich für die Herstellung von Miniemulsionen eignen, verwendet, also z.B. nichtionische, anionische, kationische, amphotere Tenside (z.B. Lecithine), Biotenside. Vorzugsweise werden nichtionische Tenside, wie z.B. Lutensol AT 50 (C16/C18EO50), nicht ionische Polymere und Tenside (z.B. SE 3030, Tween 80 und andere) oder Biotenside (z.B. Lecithin/Gallseife) verwendet. Die Tensidmenge liegt vorzugsweise im Bereich von 0, 1 bis 20 Gew.-%, vorzugsweise 0,2 bis 10 Gew.-% und besonders bevorzugt 0,5 bis 5 Gew.-% bezogen auf die Monomerenmenge in der Emulsion.
Zur osmotischen Stabilisierung der Dispersion reicht in vielen Fällen das Vorhandensein einer hydrophoben Komponente, d.h. eines der Edukte aus. Im Falle der Verwendung polarer, insbesondere wässriger Dispergiermedien können jedoch zusätzlich inerte, d.h. nicht bei der Polymerisationsreaktion beteiligte, im Dispergiermedium unlösliche ultrahydrophobe Verbindungen zugesetzt werden und zwar im allgemeinen in einer Menge von 0, 1 und 40 Gew.-%, vorzugsweise 0,2 bis 10 Gew.-% und besonders bevorzugt 0,5 bis 5 Gew.-% bezogen auf das Gesamtgewicht der Emulsionströpfchen. Die hydrophobe Komponente kann die Tröpfchen der Miniemulsion gegen eine Ostwald-Reifung stabilisieren (Landfester et al., Macromolecules 1999, 32:5222; Landfester, Macromol. Rapid. Comm. 2001 , 22, 896-936).
Dabei sind insbesondere ultrahydrophobe Verbindungen geeignet, die sich mit der Ölphase vermischen und eine Löslichkeit im Dispergiermedium von vorzugsweise weniger als 5 x 10"5 g/l, besonders bevorzugt weniger als 5 x 10"6 g/l und am meisten bevorzugt weniger als 5 x 10"7 g/l, bei Raumtemperatur aufweisen. Beispiele hierfür sind Kohlenwasserstoffe, insbesondere volatile und gegebenenfalls halogenierte Kohlenwasserstoffe, Silane, Organosilane, Siloxane, langkettige Ester, Öle, wie Pflanzenöle, z.B. Olivenöl, hydrophobe Farbstoffmoleküle, verkappte Isocyanate sowie oligomere Polymerisations-, Polykondensations-und Polyadditionsprodukte.
Die Tenside und ultrahydrophoben Verbindungen werden vorzugsweise so ausgewählt, dass sie mit dem Enzym, den Edukten und dem resultierenden Polymerisationsprodukt verträglich sind. So können Substanzen verwendet werden, die eine hohe Volatilität besitzen oder/und nützlicherweise bei einer eventuellen Weiterverwendung der polymeren Dispersion zum Einsatz kommen, z.B. als Weichmacher, Farbstoff etc., so dass sie positiv zur Zielanwendung beitragen können. Durch Variation der Tenside oder/und der ultrahydrophoben Verbindungen bzw. deren Mengen im Reaktionsansatz kann die Teilchengröße der Emulsion sowie der resultierenden Polymer- Dispersion wunschgemäß eingestellt werden.
Die Polymerisationsreaktion in der Miniemulsion wird im Allgemeinen durch Zugabe des Enzyms und Einstellung geeigneter Reaktionsbedingungen ausgelöst. Vorzugsweise geht man dabei von einer kritisch stabilisierten und besonders bevorzugt von einer thermodynamisch stabilen Emulsion aus. Bei derart osmotisch stabilisierten Emulsionen können Dispersionen des Polymerisationsprodukts erhalten werden, deren Teilchengröße sich gegenüber der Eduktemulsion nicht auf unerwünschte Weise geändert hat. Die Teilchen des Polymerisationsprodukts haben eine mittlere Größe von vorzugsweise 20 bis 1000 nm und besonders bevorzugt von 30 bis 600 nm.
Die Edukte werden gegebenenfalls mithilfe von Tensiden oder/und hydrophoben Komponenten oberhalb ihrer Schmelztemperatur miniemulgiert. Durch Zugabe von geeigneten Enzymen wird dann eine Polymerisation der einzelnen Tröpfchen initiiert. Bereits nach 1-12 Stunden kann ein vollständiger Umsatz erreicht werden; die Molekulargewichte sind überraschenderweise sehr hoch.
Geeignete Typen von tionen sind in Übersichtsartikeln von Kobayashi et al. (Chem. Rev. 101 (2001 ), 3793-3818) und Gross et al. (Chem. Rev. 101 (2001 ), 2097-2124) beschrieben. Dabei handelt es sich insbesondere um Reaktionen katalysiert von Lipasen, z.B. ringöffnende Polymerisationen von cyclischen Monomeren oder Gemischen cyclischer Monomere gegebenenfalls in Anwesenheit von Initiatoren oder/und Terminatoren, wie etwa Lactonen, cyclischen Diestern, cyclischen Carbonaten, cyclischen Peptiden oder cyclischen Phosphaten. Außerdem werden durch Lipasen auch Polymerisationen von Dicarbonsäurederivaten, z.B. Anhydriden, Aktivestern oder von aktivierten Dicarbonaten, und Dialkoholen, z.B. Glycolen, oder von Hydroxycarbonsäuren oder Derivaten davon zu Polyestern katalysiert. Auch zur Funktionalisierung von Polymeren können Lipasen eingesetzt werden.
Weitere geeignete Enzyme, die für das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzt werden können, sind Peroxidasen, die eine oxidative Polymerisation von Phenolen und Phenolderivaten sowie Anilinen und Anilinderivaten zu Polyaromaten, oder eine Polymerisation von Vinylmonomeren katalysieren, Laccasen, die eine oxidative Kupplung von Phenolen katalysieren, und andere Oxidoreduktasen. Darüber hinaus können Transferasen eingesetzt werden, z.B. Glycosyltransferasen, zur Herstellung von Biopolymeren, wie Cellulose oder Chitin, Phosphorylasen zur Herstellung von Amylosen, und Acyltransferasen zur Herstellung von Polyhydroxyalkanoaten, z.B. Polyhydroxybutyrat. Glycosidasen können zur Herstellung natürlicher oder nichtnatürlicher Polysaccharide verwendet werden. Proteasen können schließlich zur Herstellung von Polypeptiden eingesetzt werden.
Bevorzugt sind Polymerisationen, die unter Bildung von Polyester- oder Polycarbonatverbindungen ablaufen. Dabei geht man günstigerweise von hydroxy- oder/und carboxyfunktionellen Molekülen aus, z.B. Hydroxycarbonsäuren, oder Carbonaten, die gegebenenfalls auch als cyclische Edukte, z.B. als Lactone oder Oligomere, z.B. Dimere, vorliegen können. Besonders bevorzugte Edukte sind Lactone von C6-C16- Hydrocarbonsäuren, z.B. Dodecanolid (Oxacyclotridecan-2-on), Pe ntad ecano lid ( Oxacycloh exadekan- 2-on) , U nd eca n o lid (Oxacyclododecan-2-on) Caprolacton, intermolekulare Carbonsäureester, wie etwa Milchsäure-Dimer oder Carbonate. Selbstverständlich können auch andere, strukturell ähnliche Verbindungen eingesetzt werden.
Ein besonders bevorzugter Aspekt der Erfindung ist eine Polymerisation von cyclischen Edukten, umfassend eine Ringöffnung, z.B. von cyclischen intramolekularen Estern von Hydroxycarbonsäuren, wie Lactonen, oder cyclischen intermolekuklaren Estern oder von cyclischen Carbonaten. Als Enzyme zur Initiierung derartiger Polymerisationen werden zur Gruppe der Hydrolasen (insbesondere Esterasen) gehörende Enzyme verwendet, und
zwar in erster Linie Lipasen (die Aktivität an der Phasengrenze zwischen Lipiden und Wasser entfalten). Als besonderes bevorzugte Lipasen können Lipasen aus bakteriellen Quellen genannt werden.
Ebenfalls bevorzugt sind oxidative Polymerisationen von Phenolen oder/und Anilinen bzw. Derivaten davon zu aromatischen Polymeren, z.B. Polyethern oder Polyamiden.
Noch ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist eine Miniemulsion, umfassend Tröpfchen, die Edukte einer Polymerisation enthalten, in einem fluiden Medium, das ein die Polymerisation katalysierendes Enzym enthält.
Das nachfolgende Beispiel soll die Erfindung näher erläutern, ohne sie darauf zu beschränken. Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich Prozentangaben und Teile auf das Gewicht.
Beispiel
Synthese
Es wird eine 1 %ige wässrige Lösung von Lutensol® AT50, einem C16/C18EO50-Polyether hergestellt. Dann wird eine Monomer-Miniemulsion, z.B. aus 8,0 g Monomer Pentadecanolid (PDL), 320 mg Hexadekan (Hydrophob) und 32,0 g Tensid-Lösung hergestellt. Hierzu wird das flüssige Monomer (die Präparationstemperatur muss oberhalb des Schmelzpunkt des gewünschten Monomers liegen) mit dem Hexadekan vermischt und zur Tensid-Lösung gegeben. Nach einstündigem Rühren bei der höchster Magnetrührerstufe (die Temperatur wird weiterhin oberhalb der Schmelztemperatur des Monomeren gehalten), wird die Miniemulsion durch zweiminütiges Ultrabeschallen (Branson Sonifier W450Digital) bei einer Amplitude von 90 % (Branson Sonfier W450) unter Eiskühlung hergestellt.
Anschließend werden 1-50 mg des jeweiligen Enzym, z.B. Lipase aus Pseudomonas cepacia, Pseudomonas fluorescens oder Burkholderia cepacia (Amano Enzyme Europe Ltd) in 0,5 g Tensid-Lösung mit 1 g der Momomer- Miniemulsion vereinigt.
Aus den vorstehenden Angabe folgt, dass ein Ansatz besteht aus: 200 mg Monomer, 1 -50 mg Enzym, 8 mg Hexadekan (Hydrophob), 13 mg Lutensol AT 50, ca. 1 ,30 g Wasser.
Die einzelnen Ansätze (siehe die nachstehende Tabelle) werden in einem 2 ml-Schraubdeckel-Gefäß angesetzt und zur Reaktion mit einem HLC HeizThermoMixer HMT 130 LP (mit linearer Schüttelung) temperiert und geschüttelt. Der Temperaturbereich dieses Gerätes lässt sich von Raumtemperatur bis 130 °C (temperierte Aluminiumblöcke) regulieren, die Mix-Geschwindigkeit ist variabel (0-100 % entsprechen 0-2000 min"1).
Aufarbeitung
Nach Abkühlen der Reaktionsmischung auf Raumtemperatur (dadurch wird eine Beendigung der enzymatischen Reaktion erreicht) wird das Lösungsmittel im Vakuum, z.B. im Exsikkator, abgezogen. Die trockene Substanz wird in Chloroform bei 40 °C aufgenommen; in diesem Lösungsmittel ist nur das Enzym unlöslich und kann daher abfiltriert werden.
Verwendete Analytik
NMR (zur Bestimmung des Umsatzes)
GPC (zur Bestimmung des Molekulargewichts)
DSC (zur Bestimmung der Kristallinität)
Tabelle: Lipase-kataiysierte Polymerisationen von PDL in einer Miniemulsion
Bereits nach weniger als 12 Stunden war in allen Fällen, bei denen Enzym (auch in nur geringen Mengen) eingesetzt wurde, ein vollständiger Umsatz des Lactons zum Polymer ohne Verwendung von organischen Lösungsmitteln erfolgt. Die Referenzansätze (TA20, TA24, TA28 und TA 32) zeigten dagegen keinerlei Umsatz. Im Fall der Herstellung von hochkristallinem Produkt fällt das Polymer durch Kristallisation aus der Dispersion aus und kann durch Absaugen isoliert werden. Im Falle von nicht-kristallinen Polyestern und Copolyestern bleibt die Dispersion stabil und Polyester-Latices werden erhalten. Bei Verwendung von PDL als Edukt ist das Polymer hochmolekular, hochkristallin und löst sich nur zum Teil in heißem Chloroform.
Anstelle des vorstehend eingesetzten PDL können ganz allgemein die folgenden Monomeren eingesetzt werden: DDL, Dodecanolid (Oxacyclotridecan-2-on); UDL, Undecanolid (Oxacyclododecan-2-on); CPL,
Caprolacton; Dimer der Milchsäure. Darüber hinaus sind auch noch weitere strukturell ähnliche Verbindungen verwendbar.