Methode zum Identifizieren von Substanzen mit anti-mikrobieller Wirkung
Ein Ziel von Erfindungen in der pharmazeutischen Industrie ist es, dem Gesundheitssystem verträgliche Medikamente und Therapiemöglichkeiten zur Behandlung von Patienten zur Verfügung zu stellen.
Diese Erfindung beschreibt eine Methode zur Identifizierung von anti-infektiv wirksamen Substanzen zur Behandlung von intra- oder extrazellulären, nicht-viralen mikrobiellen Infektionen. Die Methode basiert auf einer kombinierten Analyse der anti-mikrobiellen Wirkung und der Verträglichkeit des Agens in viti-o. Im besonderen erlaubt dieser Assay die Charakterisierung eines anti-mikrobiellen Agens mit Bezug auf die anti-mikrobielle Wirkung, die Inhibition des zytopatischen Effektes, den das Pathogen auf die infizierte Kultur ausübt, eine mögliche Zytotoxizität und protektive Effekte auf die infizierte Zellkultur.
Im Bereich der Antiinfektiva-Forschung wurden viele anti-mikrobielle Agenzien mittels eines Sensitivitätstestes identifiziert, bei dem potentiell aktive Verbindungen auf Wachstumsinhibition gegenüber Pathogenen getestet werden (Principles and Practice of Infectious Diseases, GL Mandall, RG Douglas, JE Bennett ed., Churchill Livingstone Inc., 1995). Historisch betrachtet waren Naturstoffe häufig die Basis für zahlreiche Entwicklungen auf dem Gebiet der anti-mikrobiellen Agenzien. Die identifizierten Verbindungen werden in der Regel chemisch optimiert und in sekundären Testsystemen im Hinblick auf Verträglichkeit, den sogenannten Selektivitätsindex in vitro, geprüft. Die Verbindungen werden dann in Tiermodellen getestet und wirksame Substanzen mit geeigneten pharmakokinetischen und pharmakodyna- mischen Profil, die darüber hinaus noch über einen entsprechenden therapeutischen Index verfügen, werden für klinische Studien am Menschen ausgewählt, sofern in toxikologischen Studien keine prohibitiven Ergebnisse festgestellt werden.
Mit der Veröffentlichung zahlreicher bakterieller Genomsequenzen wurden neue
Wege zur Entdeckung anti-mikrobieller Medikamente beschritten, es begann die
sogenannte Ära der Genomforschung. (Novel approaches to the discovery of anti- microbial agents, Schmid MB, Current Opinion In Chemical Biology, 2, 4, 529-534, 1998). Es wurden Strategien zur effizienten Nutzung der genomischen Information entwickelt, um Targets zu identifizieren und charakterisieren, Testsysteme zu ent- wickeln und Substanzen zu bewerten. Theoretisch ist die Zahl antibakterieller
Targets zur Wirkstofffindung sprunghaft angestiegen, aber auch wenn diese Targets und Assaysysteme gut charakterisiert sind, müssen die identifizierten Verbindungen auch weiterhin die oben aufgeführten, für erfolgreiche Medikamente essentiellen Kriterien erfüllen.
Das NCCLS Komitee (National Committee for Clinical Laboratory Standards, USA) veröffentlicht standardisierte Richtlinien für den MHK-Test (Minimale Hemmkonzentration, bzw. MIC-Test, minimum inhibitory concentration), der auf Festoder Flüssigmedien basiert.
Dieser Standardsensitivitätstest ist genau in „NCCLS, Villanova, PA, 1997. Methods for dilution anti-microbial susceptibility tests for bacteria that grow aerobically 5 ' ed. Approved Standard. NCCLS Document M7-A5 (Vol. 20 No.2), M11-A4 (Vol 17 No 22)" beschrieben. Im Prinzip wird die Vermehrung des Pathogens, in diesem Falle handelt es sich hierbei um Bakterien, auf Festmedien (Wachstum der Kultur) oder in Flüssigmedien (Trübung im Medium) in Gegenwart oder Abwesenheit von potentiellen Wirkstoffen nach einer definierten Zeit untersucht und die Empfindlichkeit der Erregers gegenüber potentiellen Wirkstoffen bestimmt. Der MHK Wert ist die Wirkstoffkonzentration, bei der keine Bakterienvermehrung mehr nach- weisbar ist. Man muss an dieser Stelle jedoch feststellen, dass nur ein Bruchteil der so identifizierten Verbindungen den gewünschten Selektivitätsindex bzw. die notwendige Verträglichkeit in nachgeschalteten, zusätzlichen Testsystemen aufweisen.
Bedard J et al. (Antiviral Research; 41; 1; 35-43; 1999 Feb; 9910) beschreibt einen colorimetrischen Zellproliferationstest zur Identifizierung von Verbindungen mit
Aktivität gegen das humane Cytomegahevirus (HCMV), bei dem Zelle, Virus und Verbindung gleichzeitig inkubiert werden. Dieses Verfahren ist nicht ohne weiteres auf nicht virale Systeme übertragbar, weil andere Mikroben gegebenenfalls Mitochondrien oder Enzymkomplexe aufweisen, durch die der verwendete Farbstoff WST (Tetrazoliumsalz WST-1) umgesetzt werden kann.
Ziel dieser Erfindung ist es, eine Methode bereitzustellen, die es erlaubt, alternative oder aktivere nicht virale, anti-mikrobielle Verbindungen, die einen besseren Selekti- vitätsindex und/oder Verträglichkeit und/oder protektive Effekte auf die infizierte eukaryontische Zellkultur aufweisen, aufzufinden.
Ein weiteres Ziel dieser Erfindung ist es weiterhin, eine robuste, kostengünstige, empfindliche und effiziente Methode zur Verfügung zu stellen, mit der alternative, neue oder stärker wirksame anti-mikrobielle Substanzen identifiziert werden können.
Ein weiteres Ziel dieser Erfindung ist es weiterhin, eine Methode zur Verfügung zu stellen, die mit Hochdurchsatz-Testverfahren kompatibel ist.
Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung ist es, eine Methode zur Verfügung zu stellen, mit der Substanzen identifiziert werden können, die eine Breitbandspektrum-Wirkung oder eine Aktivität gegen Therapie-resistente Pathogene aufweisen.
Die vorliegende Erfindung löst die oben aufgeführten Probleme, indem ein Verfahren zum Auffinden von Wirkstoffen gegen nicht virale Mikroben zur Verfügung gestellt wird, dadurch gekennzeichnet, dass in einem Testansatz gleichzeitig potentielle Wirkstoffe zusammen mit eukaryontischen Zellen und mit nicht viralen Mikroben inkubiert werden, die Vitalität der eukaryontischen Zellen bestimmt wird und anschließend solche Wirkstoffe ausgewählt werden, bei denen das Signal des ent- sprechenden Testansatzes signifikant größer ist als der Mittelwert der Infektionskontrolle bei mindestens einer Konzentration des Wirkstoffes.
Erstmalig erlaubt diese Methode die kombinierte Beurteilung sowohl der anti- mikrobiellen Aktivität der Verbindung als auch gleichzeitig ihrer Verträglichkeit (Selektivitätsindex) und ihrer zytoprotektiven Effekte auf eine infizierte Zellkultur. Aus einer anderen Perspektive betrachtet ist es gerade diese in vitro Assay
Konfiguration, die das natürliche Infektionsgeschehen sehr gut simuliert, während der verbreitete MHK-Test ausschließlich die Sensitivität der Mikroben gegenüber Substanzen prüft. Folglich erlaubt der erfindungsgemäße infektiologische Assay ein effizientes Durchmustern von Substanzbibliotheken und die nachfolgende Optimie- rung der identifizierten anti-mikrobiellen Wirkstoffe, weil ein reproduzierbarer und
Dosis-wirkungsabhängiger Test, der anti-mikrobielle Aktivitäten von Substanzen mit überwiegend geeigneter Verträglichkeit identifiziert, letztendlich in vitro die einfachste Stufe einer vernünftigen Bewertung von Substanzen mit Bezug zu ihrem anti- mikrobiellen Potential darstellt.
Ein weiterer Vorteil dieser Erfindung ist es, dass mit dieser infektiologischen in vitro Methode nicht nur alle für das mikrobielle Wachstum und Infektion essentiellen Targets des Pathogens, sondern darüber hinaus auch die für eine mögliche therapeutische Intervention relevanten Targets der eukaryontischen Wirtszellen im nahezu natürlichen Infektionsgeschehen simultan geprüft werden, ohne dass z.B. wie beim
Genomansatz individuelle Targets basierend auf dem gegenwärtigen Wissensstand nach mehr oder weniger wissenschaftlich korrekten Kriterien vorselektiert werden. Der infektiologische Assay liefert demnach Antworten auf die Frage, ob optimierbare, verträgliche und das Infektionsgeschehen inhibierende anti-mikrobiell wirk- sa e Strukturen vorliegen. Ist erst einmal eine geeignete Substanz identifiziert, so kann der zugrundliegende Wirkmechanismus bzw. das Target zügig mit den zur Verfügung stehenden Methoden aufgeklärt werden. Bei dieser Vorgehensweise kann die vorher notwendige Identifizierung, Evaluierung und Testung zahlreicher individueller Targets sequenziell oder parallel überflüssig werden.
Der Assay unterscheidet sich klar von allen bis heute veröffentlichten Publikationen. Zahlreiche Assays wurden in diversen Modifikationen beschrieben, um bakterio- statische oder bakterizide Verbindungen zu identifizieren, aber diese Testsysteme basieren im Grunde alle auf der Wachstumsinhibition des Erregers in Gegenwart des Wirkstoffs oder der Testsubstanz. Andere Tests prüfen die Inhibition oder Aktivierung eines einzelnen Targets des betreffenden Erregers, das gegebenenfalls aufgrund theoretischer Überlegungen der Genomforschung ausgewählt, Moniert und expri- miert, eventuell im Falle eines Proteins aufgereinigt und in. einem Enzymtest oder Bindungstest analysiert wird. Aber diese Strategien liefern nicht simultan den Selektivitätsindex bzw. bewerten nicht die Verträglichkeit der Wirkstoffe in vitro.
Gerade weil diese Tests nur die Reduktion des Bakterienwachstums oder die Veränderung des Bindungsverhaltens bzw. der enzymatischen Aktivität eines einzelnen Targets im Assaysystem überprüfen, identifizieren diese Tests nicht nur gewünschte anti-mikrobiell wirksame Verbindungen mit Bezug zur Entwicklung eines Medika- mentes, sondern zum überwiegenden Teil zytotoxische und zytostatische Wirkstoffe, die zahlreiche nachgeschaltete Testsysteme erfordern, um dann verträgliche Wirkstoffe aus den unerwünschten zelltoxischen Substanzen herauszufiltern.
Der Begriff Mikrobe ist ein kollektiver Begriff und steht für eine große Vielfalt von Mikroorganismen inklusive der Bakterien, Viren, Protozoen und Pilze etc.
Der Begriff Signal beschreibt jegliche Form des Abgreifens von Information aus dem Testansatz, die zur Bewertung der anti-mikrobiellen Aktivität und Verträglichkeit der potentiellen Wirkstoffe geeignet ist, z.B. kann als Signal ein Messwert bezeichnet werden, der der Vitalität der Zellen entspricht und damit die anti-mikrobielle Aktivität der Testsubstanz und dessen Verträglichkeit anzeigt.
Der Begriff Prokaryont beschreibt einen Organismus, der im Gegensatz zu eukaryontischen Zellen keinen Nucleus besitzt. In diesem Kontext schließt er darüber hinaus auch gentechnologisch manipulierte Prokaryonten ein, z.B. solche, die ein Reportergenprodukt produzieren.
Der Begriff eukaryontische Zelle beschreibt einen Organismus, der im Gegesatz zu Prokaryonten einen Nucleus besitzt. In diesem Kontext schließt er darüber hinaus auch gentechnologisch manipulierte Eukaryonten ein, z.B solche, die ein Reporter- genprodukt produzieren.
Die Abkürzung MIC ist ein Synonym für die deutsche Bezeichnung MHK (Minimale Hemmkonzentration) steht für „Minimum Inhibition Concentration" und beschreibt die niedrigste Konzentration einer Verbindung, die noch in der Lage ist z.B. bakte- rielles Wachstum vollständig zu inhibieren mit Bezug auf eine visuelle Trübung der
Inkubationsmedien (described in National Committee for Clinical Laboratory Standards, Villanova, PA, 1997. Methods for dilution anti-microbial susceptibility tests for bacteria that grow aerobically 4 ed. Approved Standard. NCCLS Document M7-A4).
Die Begriffe Gram-positiv und Gram-negativ beschreiben das Ergebnis der sogenannten Gram-Färbung, die nur eine von einer Vielzahl veröffentlichten Anfärbemethoden für Mikroorganismen ist, um Proben von Organismen zu untersuchen. (Principles and Practice of Infectious Diseases, GL Mandall, RG Douglas, JE Bennett ed., Churchill Livingstone Inc., 1995)
Die Abkürzung moi steht für „multiplicity of infection" und ist der Quotient der Zellzahl des Pathogens dividiert durch die Zellzahl der zu infizierenden Zellen. (MOI = Zellzahl des Erregers / Zahl der Zellen, die infiziert werden).
Der Begriff Selektivitätsindex (SI) bezieht sich auf den Quotient der Konzentrationen, bei der die Zellvitalität auf 50 % gegenüber der Zellkontrolle reduziert ist, dividiert durch die Konzentration, bei der die anti-mikrobielle Wirkung mindestens 50 % einer maximal möglichen Inhibition der Erregervermehrung erreicht, d.h. SI = (CC50/IC50). Je größer diese Zahl ist, um so größer ist die Verträglichkeit der Verbindung. Bevorzugt werden Verbindungen mit SI- Werten größer 10.
Der Begriff IC50 oder EC50 beschreibt die Konzentration oder die Menge an Wirkstoff, die benötigt wird um eine 50%ige Inhibition in einem gegebenen Testsystem zu erreichen oder die effektive Konzentration, die benötigt wird um ein halbmaximales Signal in einem Assay zu erreichen.
Der Begriff simultan mit Bezug zum infektiologischen Assay bezieht sich auf eine Situation, bei der zu einem Zeitpunkt gleichzeitig Wirkstoff, Mikrobe und eukaryontische Zellen in einer Lösung inkubiert werden; die Sequenz der Zugabe der Kompo- nenten ist jedoch variabel.
Der Begriff therapeutischer Index (TI; Verträglichkeit) bezieht sich auf einen Quotient der lethalen Dosis (LD; lethal dose) bei der 50 % der Versuchstiere aufgrund der Substanzwirkungen sterben und der effektiven Dosis (ED; effective dose) bei der 50 % der Versuchtiere die Infektion überleben TI = (LDso/ED5o).
Der Begriff inhibieren beschreibt, wenn er im Zusammenhang mit dem infektiologischen Assay gebraucht wird, generell die Inhibition des Mikrobenwachstums um ca. 50 % bei einer Konzentration von IC50 = 100 μM oder geringer und bevorzugt eine Konzentration, die so niedrig ist wie möglich, um den MHK- Wert zu erreichen.
Der Begriff Vitalfarbstoffe bezeichnet Farbstoffe, die eine Unterscheidung zwischen vitalen und nicht vitalen Zellen erlauben, indem sie z.B. nur in nicht vitale Zellen eindringen (Tryp anblau) oder nur von intakten Zellen umgesetzt werden (z.B. Fluoresceindiacetat). Bevorzugt sind Fluoreszenzfarbstoffe.
Der Begriff Signifikanz drückt die Wahrscheinlichkeit aus, mit der man sich sicher sein kann, dass das positive Testergebnis nicht durch Zufall entstanden ist.
In einer Ausfuhrungsform ist die Methode dadurch gekennzeichnet, dass solche
Wirkstoffe ausgewählt werden, bei deneri das Signal des entsprechenden Testan-
satzes größer ist als der 2-fache, besonders größer als der 4-fache, ganz besonders größer als der 10-fache Wert des Mittelwertes der Infektionskontrolle und insbesondere größer als 50 % der Zellkontrolle.
In einer weiteren Ausführungsform ist die Methode dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei den nicht-viralen Mikroben um prokaryontische Zellen handelt. Bevorzugt handelt es sich bei den prokaryontischen Zellen um Bakterien, insbesondere um intrazelluläre und oder therapieresistente Mikroben.
Eine weitere bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass Vitalfarbstoffe eingesetzt werden. Bevorzugt sind Fluoreszenzfarbstoffe, insbesondere Fluorescein-diacetat, Fluorescein-dibutyrat, 5-Carboxyfluorescein-diacetat, Acetoxymethylester (5-CFDA, AM) und 4,5,6,7-Tetrafluorofluorescein-diacetat (TFFDA).
Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass eukaryontische Zellen benutzt werden, die zur Generierung des Testsignals ein sogenanntes Reportergen aufweisen.
Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass die nicht viralen Mikroben, wie zum Beispiel gentechnisch manipulierte Organismen, nicht natürlich vorkommende Eigenschaften aufweisen. Z.B. können Mikroben verwendet werden, die ein verändertes Adhäsionsverhalten an Zelloberflächen aufweisen oder spezielle Toxine produzieren.
Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei den eukaryontischen Zellen um Vero (african green monkey kidney cells) oder CHO Zellen (chinese hamster ovary cells) handelt.
Eine weitere bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Mischung verschiedener Mikrobenstämme eingesetzt wird. So können
Testsubstanzen direkt auf eine mögliche anti-mikrobielle Breitband- Aktivität geprüft werden.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Verfahren dadurch gekenn- zeichnet, dass eine Mischung diverser eukaryontischer Zelllinien eingesetzt wird.
Hierdurch kann neben der anti-mikrobiellen Aktivität von Wirkstoffen deren Verträglichkeit simultan gegen verschiedene eukaryontische Zellen geprüft werden. Es ist darüber hinaus möglich verschiedene eukaryontische Zellen einzusetzen, die gleiche oder verschiedene sogenannte Reportergene tragen, um neben dem Verträg- lichkeitsaspekt noch gegebenenfalls Rückschlüsse auf das getroffene Target selbst zu ziehen.
In einer weiteren Aus-Rihruhgsform betrifft die Erfindung Verbindungen oder Wirkstoffe, die mittels der oben aufgeführten Methode identifiziert wurden, pharmazeu- tische Zusammensetzungen, die eine derart aufgefundene Verbindung enthalten, die
Verwendung dieser Substanzen für die Herstellung von Medikamenten zur Behandlung und Prävention von mikrobiellen Infektionen sowie die Behandlung von mikrobiellen Infektionen von Säugern, indem man dem Säuger, der eine derartige Therapie benötigt, eine therapeutisch wirksame Dosis der pharmazeutischen Zusammen- setzung verabreicht.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist die Methode dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindungen ausgewählt werden, die einen Selektivitätsindex von größer gleich 10 aufweisen (Selektivitätsindex = CC50/IC5Q >= 10).
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird das Verfahren als Hochdurch- satzscreening (HTS) bei einer Konzentration des Wirkstoffes im Konzentrationsbereich von 100 nM bis 100 μM durchgeführt.
In einer weiteren Ausführungsform sind Verbindungen bevorzugt, die eine sogenannte Breitbandspektrum anti-mikrobielle Wirkung aufweisen. Besonders bevorzugt
sind Wirkstoffe, deren Wirkmechanismus auf einem Target des Pathogens oder Erregers beruht.
In einer weiteren bevorzugten Ausfül rungsform ist die Methode dadurch gekenn- zeichnet, dass diejenigen Wirkstoffe ausgewählt werden, die die Eigenschaft haben, mikrobielles Wachstum in Zellkultur bei einer Konzentration von ca. 100 μM und weniger um mindestens 50% zu inhibieren.
Die vorliegende Erfindung betrifft daher eine Methode zur Identifizierung von Wirkstoffen, dadurch gekennzeichnet, dass
a) Testsubstanzen oder Kontrollantibiotika bei einer geeigneten Substanzkonzentration vorgelegt werden; b) geeignete eukaryontische Zellen hinzugefügt werden; c) Mikroben hinzugefügt werden; d) der Assay inkubiert wird; e) ein read out oder ein sogenanntes Testsignal generiert wird.
Dies soll im folgenden genauer erläutert werden, ohne die Erfindung dadurch ein- zuschrähken:
Schritt a)
Wird nur eine Konzentration der Testsubstanz bei der Assaydurchführung eingesetzt wie z.B. bei einem Hochdurchsatztest, ist jede Konzentration geeignet, bei der eine anti-mikrobielle Aktivität und eine gewisse Verträglichkeit gegenüber den eukaryo- tischen Zellen vorliegt. Eine Konzentration von etwa 100 μM oder weniger oder zumindest im Bereich der MHK Konzentration kann eingesetzt werden, bevorzugt ist eine Konzentration von etwa 10 μM.
Wird ein Konzentrationsgradient eingesetzt um eine Dosisabhängigkeit der anti- mikrobiellen Wirkung und eine Verträglichkeit gegenüber eukaryontischen Zellen über einen breiten Konzentrationsbereich zu zeigen, werden gewöhnlich Konzentrationen von 250 μM bis weniger als 1/10 (ein zehntel) der MHK Konzentration oder weniger eingesetzt.
Schritt b)
Eukaryontische Zellen, die optional ein Reportergen tragen, oder Mischungen der entsprechenden Zellen oder Zellinien können eingesetzt werden. Eine beliebige
Zellzahl pro Fläche kann eingesät werden, sofern ein vernünftiger Quotient der Signale der Zellkontrolle und der Infektionskontrolle erreicht wird. Die eingesäte Zellzahl sollte nicht eine Menge überschreiten, bei der es während der Inkubationszeit zur sogenannten Kontaktinhibition der Zellen kommt; weiterhin sollte die Zell- Vitalität nicht durch entstehende Zellstoffwechselprodukte oder Nährstoffmangel beeinträchtigt werden. Geeignete Zellzahlen erlauben eine klare Unterscheidung zwischen möglichen zytostatischen oder zytotoxischen Effekten der Testsubstanzen und der Kontaktinhibition bzw. Nährstoffmangel wie oben beschrieben.
Bespielsweise sind 20 000 eukaryontische Zellen je Vertiefung einer 96 well MTP bevorzugt.
Schritt c)
Mikroben, die gegebenenfalls gentechnologisch manipuliert wurden, als auch intra- oder extra-zellulär wachsende mikrobielle Zellen oder Mischungen derselben werden dem Test in der gewünschten Infektionsdosis (multiplicity of infection (moi)) zugefügt. Notwendig ist eine mikrobielle Zellzahl, die direkt oder indirekt während der Inkubationsdauer einen zytopathischen Effekt auf die eukaryontischen Zellen ausübt, so dass ein geeignetes Messsignal nach der entsprechenden Inkubationsdauer generiert wird. Eine moi von 10 bis 0,001 ist bevorzugt.
Schritt d)
Eine Mikrotiterplatte, die mit einer Mischung der Assaykomponenten, nämlich der Testsubstanz, den eukaryontischen Zellen und den Mikroben besteht, wird unter den für das Wachstum eukaryontischer Zellen optimalen Bedingungen für einen entsprechenden Zeitraum inkubiert, um ein geeignetes Meß signal zu generieren.
Schritt e)
Der Zellkulturüberstand wird optional entfernt, die verbleibenden eukaryontischen
Zellen werden gegebenenfalls gewaschen und ein geeigneter Farbstoff oder das entsprechende Reagenz zum Generieren des Signals im Falle der reportergenexpri- mierenden eukaryontischen Zellen wird hinzugefügt, um das Messsignal zu generieren, das mit Hilfe eines geeigneten Messgerätes oder Kamerasystems bei den entsprechenden Wellenlängen aufgezeichnet wird.
Es muss betont werden, dass die Arbeitsschritte a) b) und c) austauschbar sind und gegebenenfalls sogar simultan ausgeführt werden können. Idealerweise werden geeignete Farbstoffe beim Schritt e) zugesetzt, ohne vorher den Zellkulturüberstand zu entfernen und oder zusätzliche Waschschritte durchzuführen, zum Beispiel ist dieses möglich, sofern definierte Zellkulturmedien eingesetzt werden, die nicht mit dem Generieren des Messsignals interferieren. Dies kann auch in einer Ausführungs- form dadurch erreicht werden, dass beim Test reportergenexprimierende, eukaryontische Zellen eingesetzt werden, die es erlauben, nach der entsprechenden Inkuba- tionszeit ein geeignetes Messsignal aufzunehmen. Die Vitalität der Zellen kann prinzipiell vom Zeitpunkt des Inkubierens an kontinuierlich (on-line) gemessen werden, indem die Zellen mit einem geeigneten Reportersystem (z.B. GFP) versehen werden.
Der infektiologische Assay
Im Prinzip kann jede eukaryontische Zelle (inklusive derjenigen, die ein sogenanntes Reportergen exprimieren) oder eine Mischung der genannten eukaryontischen Zellen, die in der Lage sind ein geeignetes Testsignal zu generieren und die Messung. des entsprechenden Selektivitätsindex erlauben, in diesem Assay eingesetzt werden. Die eukaryontischen Zellen können lange vor der Testinkubation eingesät werden; bevorzugt ist die Zugabe der eukaryontischen Zellen zu einer für Zellkultur geeigneten Mikrotiterplatte, die bereits einen Wirkstoff bzw. Testsubstanz geeigneter Konzen- tration enthält. Anschließend infiziert man diese eukaryontischen Zellen dann mit dem entsprechendem Inoculum (es handelt sich hierbei um Mikroben, inklusive derjenigen die ein sogenanntes Reportergen tragen, oder Mischlingen der Mikroben die einen zytophatischen Effekt auf die infizierten eukaryontischen Zellen ausüben) wobei ein geeignetes Verhältnis der multiplicity of infection (moi) einen signifi- kanten Unterschied des Testsignals (read out) zwischen der eukaryontischen Zellkontrolle oder auch der Therapiekontrolle (Antibiotikakontrolle) im Vergleich zur Infektionskontrolle erlaubt. Es ist klar, dass alle drei Komponenten gemischt und auf Mikrotiterplatten dispensiert werden können, aber eine kurze Vorinkubationszeit der eukaryontischen Zellen vor der Infektion kann ggf. das Identifizieren von Verbin- düngen erlauben, die die Adhäsion oder die Kolonisation der Mikroben an der Oberfläche der eukaryontischen Zellen und oder die Invasion der Mikroben in die eukaryontischen Zellen unterbinden.
Die Testsubstanzen können in jeder Konzentration vorliegen, idealerweise in einem Bereich, der für die eukaryontischen Zellen nicht toxisch ist, so dass eine anti-mikrobielle Wirkung als Folge ein positives Testsignal generiert. Die Mikroben, mag es sich um Gram-positive oder Gram-negative Bakterien oder intra- or extrazellulär wachsende Mikroben handeln, werden in einer Infektionsdosis von (moi etwa 0,001 bis 10) hinzugefügt. Es ist möglich die moi über einen weiten Bereich zu variieren und doch kann ein vernünftiges Testsignal generiert werden, aber eine Veränderung der Infektionsdosis oder der moi kann auch den IC50 und oder das maximale Test-
signal entsprechend erhöhen oder zu niedrigeren Werten verschieben. Der Assay wird dann für einen geeigneten Zeitraum unter den für die Zellkultur notwendigen Bedingungen wie Temperatur, Atmosphäre etc. irikubiert. Im Anschluss an die Inkubation werden die Mikrotiterplatten gewaschen und das Testsignal oder das read out wird generiert. Eine Vielzahl von Fluoreszenzfarb Stoffen kann für diverse Zelllinien eingesetzt werden, während Zelllinien mit Reportergen wie z.B. Luciferase, Green Fluorescent Protein (GFP), Alkaline Phosphatase etc. im individuellen Fall erst generiert oder erworben werden müssen; derartige Ausführungsformen können jedoch bessere Testsignal/Hintergrund- Verhältnisse liefern bzw. diverse Schritte wie z.B. Waschschritte überflüssig machen.
Ausftihrungsbeispiel
Der Assay wird für Vero Zellen (Wachstum in Medium 199 mit Earle's Salzen ergänzt mit 5 % foetalem Kälberserum (FCS) und 2 mM L-Glutamin) und CHO Zellen (Wachstum in RPMI-1640 Medium ergänzt mit 2 mM L-Glutamin und 10 %
FCS) und außerdem für die entsprechenden Zellen mit Reportergen gezeigt. Die Zellen sind bei ATCC (American Tissue Cell Culture) oder der DSMZ (Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen) erhältlich. Die konstitutiv das Reportergen exprimierenden Zellen wurden mit Standardmethoden hergestellt. Die reportergentragenden Plasmide für Luciferase, Aequorin und eGFP (Grünes fluores- zierendes Protein) sind ebenso wie die Transfektions- und Nachweisreagenzien der Reportergene bei diversen kommerziellen Anbietern erhältlich (z.B. Clontech).
Es wird eine entsprechende Menge an Testsubstanz in einer MTP vorgelegt, so dass die Endkonzentration für einen Hochdurchsatztest 10 μM oder für einen Gradienten
(beispielsweise 250 μM in der höchsten Konzentration und dann 1:2 verdünnt bis 1/10 des IC50 der Testsubstanz) beträgt. Der Gradiententest eignet sich insbesondere zur Bestimmung des Selektivitätsindexes. Sind die Substanzen in Dimefhylsulfoxid gelöst, so sollte das Lösungsmittel nicht Endkonzentrationen von 1 % oder besser 0,5 % überschreiten. Dann werden die eukaryontischen Zellen im entsprechenden
Medium hinzugegeben (z.B. 20000 Zellen pro Vertiefung einer 96 well MTP, oder 5000 Zellen je Vertiefung einer 384 well MTP und so weiter und so fort für 1536 well MTP oder andere Zellkulturgefäße). Zur Infektion werden die Mikroben bei einer moi von 0,025 hinzugefügt. Der Assay bei einem Gesamtvolumen von 200 μl wird dann für 2 bis 3 Tage, im Falle der Vero oder CHO Zellen bei 37°C und 5 %
CO2, inkubiert. Nach der Inkubationszeit werden die MTP's ein mal mit 200 μl PBS (phosphate buffer saline) gewaschen und das read out oder Testsignal durch Zugäbe von 200 μl 10 μg/ml Fluoreszeindiacetat in PBS oder den entsprechenden Nachweisreagenzien für Luciferase oder Aequorin generiert. Die MTP werden im Falle von Fluorescein-diacetat für 15-45 min bei Raumtemperatur bis zu einer visuell sichtbaren Verfärbung der Zellkontrolle inkubiert und das entstehende Fluoreszenzsignal
wird bei einer Anregungswellenlänge von (excitation wavelength) 485 nm und einer Emissionswellenlänge von 538 nm in einem geeigneten Messgerät vermessen (z.B. Fluoroskan Ascent der Firma Labsystems). Die anderen Testsignale werden entsprechend den Herstellerangaben der Nachweisreagenzien generiert.
Die Tabelle 1 zeigt typische normierte Daten des oben beschriebenen Testes.
Die Tabelle 2 zeigt die Auswertung der normierten Daten einer 96-well-Mikrotiter- platte aus einem Hochdurchsatzscreening. Fett gekennzeichnet sind 2 Hits (B8 und C4), deren Verbindungen die Auswahlkriterien erfüllen und weiter untersucht werden.
Auswahlkriterien : Der Prozentwert des Testansatzes ist signifikant größer als der Mittelwert der Infektionskontrolle. Bevorzugt ist, wenn der Signifikanzwert mindestens 99,95 % beträgt.
Die Tabellen 3 und 4 sind Beispiele für einen simultanen Dosiswirkungs- und Verträglichkeitstest über einen breiten Konzentrationsgradienten zur Bestimmung der IC50 Werte und des SI.
Tabelle 1
Normierte Daten der Zellkontrolle = 100 %, der Bakterienkontrolle, der Infektionskontrolle, und der Therapiekontrolle sind oben aufgeführt.
Das prozentuale Signal = (Signal der Therapie- oder des Wirkstofftestansatzes) /' (Signal der Zellkontrolle) * 100
Tabelle 3 Bestimmung des SI für verschiedene Antibiotika
Assayparameter
Keim : E.coli- Neumann; moi = 0,00125
Zellen : 40 000 CHO-Zellen
Inkubation : 3 Tage
Read out : Fluoresceindiacetat 10 μg/ml in PBS
IC50 [μg/ml] SI
Antibiotika [μg/ml] 4 2 1 0,5 0,25 0,125 0,0625 0,031 0,016 0,008
Ciprofloxacin 119% 113% 112% 117% 97% 99% 118% 108% 116% 86% < 0,008 > 500
Moxifloxacin 111 % 105% 107% 112% 98% 95% 87% 92% 105% 1% 0,012 > 333
Trovafloxacin 39% 54% 77% 105% 109% 102% 109% 83% 101% 1% 0,012 166
Zellkontrolle 97% 102% 101% 99% 102% 97% 99% 100% 101% 100%
Infektionskontrolle 2,1% 1,7% 1,3% 1,9% 1 ,8% 1,5% 1,6% 2.0% 1,7% 1,9%
Tabelle 4 Bestirr imunc i des SI für verschiedene Antibiotika
Assayparameter
Keim : Staphylococcus aureus 133; moi = 0,00125
Zellen : 40 000 CHO-Zellen
Inkubation : 3 Tage
Read out : Fluoresceindiacetat 10 μg/ml in PBS
IC50 [μg/ml] SI
Antibiotika [μg/ml] 4 2 1 0,5 0,25 0,125 0,0625 0,031 0,016 0,008
Ciprofloxacin 110% 109% 116% 118% 110% 2% 1% 2% 1% 1% 0,2 > 20
Moxifloxacin 97% 98% 106% 1 14% 104% 101 % 96% 106% 1 % 1 % 0,02 > 200
Trovafloxacin 23% 30% 71 % 101 % 105% 106% 107% 97% 2% 1 % 0,02 ♦ 75
Zellkontrolle 98% 101% 100% 98% 99% 98% 102% 102% 100% 101%
Infektionskontrolle 2,3% 1 ,5% 1 ,5% 1 ,3% 1 ,7% 1 ,6% 1,9% 2,3% 2,1% 1 ,8%