Schwingungsarmer mehrstufiger Kolbenkompressor
Die vorliegende Erfindung betrifft einen schwingungsarmen mehrstufigen Kolbenkompressor, insbesondere für Schienenfahrzeuge, mit einer Niederdruckstufe und mindestens einer darauffolgenden Hochdruckstufe, der im wesentlichen aus einer eine Drehbewegung erzeugenden Antriebseinheit und einer nachgeschalteten Nerdichtereinheit besteht. Die Verdichtereinheit weist dabei mehrere an einem Gehäuse für eine Kurbelwelle angeordnete topfartige Zylinder für innenliegende Kolben auf, wobei die über die Antriebseinheit angetriebene Kurbelwelle ihre Drehbewegung über auf Kröpfungen angeordnete Pleuel in eine lineare Bewegung für jeden zugeordneten Kolben zum Komprimieren von angesaugter Luft umwandelt.
Im Bereich des Schienenfahrzeugbaus kommen üblicherweise ölgeschmierte Kolben- oder Schraubenkompressoren zum Einsatz. Die Olschmierung der Nerdichtereinheit derartiger Kompressoren hat zur Folge, daß die erzeugte Druckluft ölhaltig ist. Das Kondensat, welches bei der anschließenden Lufttrocknung anfällt, muss - wegen des Ölgehaltes - aus Umweltschutzgründen in beheizbaren Behältern gesammelt und in regelmäßigen Zeitabständen abgelassen und entsorgt werden. Dies führt zu einem erhöhten Wartungsaufwand und zu Entsorgungskosten. Hinzu kommen häufig auftretende Probleme mit einer Emulsionsbildung im Ölkreislauf herkömmlicher ölgeschmierter Nerdichtereinheiten im Winterbetrieb bei niedriger Einschaltdauer.
In jüngster Zeit kommen in verschiedenen Industriebereichen als Kompressoren vermelirt trockenlaufende Kolbenkompressoren zum Einsatz, die daher ebenfalls allgemein bekannt sind. Ein trockenlaufender Kolbenkompressor erarbeitet in seiner Verdichtereinheit ohne ein im Gehäuse befindliches Schmieröl. Stattdessen wird die Schmierung an der Kolbenlaufbahn durch eine besonders reibungsarme dynamische Dichtungsanordnung ersetzt. Alle drehenden Bauteile sind üblicherweise wälzgelagert. Die gekapselten Wälzlager werden dabei mit einer temperaturbeständigen, langlebigen Fettfüllung versehen. Im Nentilbereich werden gleitgeftihrte Bauteile weitestgehend vermieden. Durch die Summe dieser Maßnahmen ist eine Olschmierung in der Verdichtereinheit entbehrlich. Folglich
kann beispielsweise auch die Gefahr einer Verölung der von der Verdichtereinheit erzeugten Druckluft ausgeschlossen werden, was insbesondere im Schienenfahrzeugbau vorteilhaft ist.
Die vorliegende, einen schwingungsarmen Kolbenkompressor betreffende Erfindung ist sowohl bei einem ölgeschmierten Kolbenkompressor als auch insbesondere bei einem trockenlaufenden Kolbenkompressor anwendbar.
Besonders bei den im Schienenfahrzeugbereich häufig eingesetzten zweistufigen Kolbenkompressoren tritt ein sehr ungleichförmiges Drehmoment auf. Dieses verursacht Drehschwingungen um die Kompressorlängsachse, die durch das für die eingesetzten Verdichtereinheiten charakteristische schwankende Lastmoment entstehen. Wie durch eine Fourier- Analyse des typische Lastmoments deutlich wird, entspricht der überwiegende Anteil des Lastmoments der Drehfrequenz der Kurbelwelle. Diese 1. Ordnung des Lastmoments liegt häufig im Bereich von 20 - 30 Hz, einer Frequenz also, die für den Menschen deutlich als Vibrationsschwingung spürbar ist. Die Eigenfrequenz von Beinen mit durchgestreckten Knien kann beispielsweise bei ca. 20 Hz liegen. Höhere Ordnungen des Lastmoments sind mit einem weitaus geringeren Anteil präsent und auch weniger stark spürbar.
Wie Untersuchungen ergaben, werden die aus der Drehungleichförmigkeit des Kolbenkompressors resultierenden Schwingungen durch die Antriebseinheit - meist ein Elektromotor - zusätzlich verstärkt, da die Reaktion des Elektromotors auf die Lastspitze phasenversetzt zu einem Zeitpunkt erfolgt in dem der Momentenbedarf des Kolbenverdichters niedriger ist. Die daraus resultierende Drehzahlschwankung über eine Umdrehung kann bei einem herkömmlichen Kolbenkompressor bis zu +/- 14% betragen. Daher weist der Elektromotor des mehrstufigen Kolbenkompressors eine gegenüber der Leistungsaufnahme der Verdichtereinheit erheblich höhere Stromaufnahme und eine drastische Reduzierung des Leistungsfaktors auf, so dass
der Elektromotor zum Antrieb von herkömmlichen Verdichterkonstruktionen überdimensioniert werden muss.
Durch den im Fahrzeugbereich zunehmenden Leichtbautrend kommen vermelirt Strangpressprofile aus Aluminium bzw. Trägerstrukturen aus Dünnblech für Rahmenkonstruktionen und Fahrzeugaufbauten zur Anwendung. Derartige Konstruktionen weisen häufig eine Anzahl von Eigenfrequenzen auf, die nahe der Drehzahl des daran befestigten Kolbenkompressors des Druckluftbeschaffungssystems liegen. Daher ist es problematisch Spezifikationen über zulässige Körperschallpegel hinreichend einzuhalten.
In der Praxis ist bereits versucht worden, auftretende Schwingungsprobleme durch Massenausgleich zu lösen. Diese zusätzlichen Bauteile kompensieren zwar die durch den oszillierenden Kurbeltrieb hervorgerufenen Massenkräfte und Momente, fuhren jedoch zu einem erhöhten Bauteileaufwand, der auch die Masse des gesamten Kolbenkompressors weiter erhöht und insoweit wiederum dem Leichtbautrend entgegensteht.
Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung einen mehrstufigen Kolbenkompressor der vorstehend beschriebenen Art dahingehend weiterzuverbessern, dass ohne Verwendung zusätzlicher Ausgleichsmassen eine möglichst gleichförmige Drehbewegung erzielt wird, um die Schwingungsemissionen zu minimieren.
Die Aufgabe wird ausgehend von einem Kolbenkompressor gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 in Verbindung mit dessen kennzeichnenden Merkmalen gelöst. Die nachfolgenden abhängigen Ansprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung wieder.
Die Erfindung schließt die technische Lehre ein, dass auf jeder Kröpfung der Kurbelwelle zwei Pleuel angeordnet sind, die gegenüberliegenden Kolben zugeordnet sind, wobei benachbarte Kröpfungen im wesentlichen 180° zueinander versetzt angeordnet sind.
Durch diese spezielle konstruktive Lösung wird eine starke Verringerung der Drehungleichförmigkeit der Verdichtereinheit erzielt, so dass die Stromaufnahme eines als Antriebseinheit eingesetzten Elektromotors erheblich abfällt. Damit erhöht sich in vorteilhafter Weise der Leistungsfaktor des Kolbenkompressors. Wie Versuche ergaben werden Bedingungen erreicht, die einen annähernd konstanten Momentenbedarf (Nennlastbedingungen) entsprechen. Daher braucht die Antriebseinheit in Form eines Elektromotors nicht mehr überdimensioniert werden. Damit kann entsprechend des Leistungsbedarfs der Verdichtereinheit konstruktiv ausgelegt werden. Bei einem Hydraulikmotor als Antriebseinheit braucht kein oder nur ein sehr kleines Schwungrad vorgesehen werden. Besonders der Anteil 1.Ordnung im Lastmoment wird extrem reduziert, was insbesondere spürbare Schwingungen vermeidet. Damit eröffnet sich der weitere Vorteil, dass der erfindungsgemäße Kolbenkompressor mit einer relativ steifen Lagerung auskommt, weil Schwingungen ja nur in höheren Ordnungen signifikant auftreten.
Besonders vorteilhaft ist eine konstruktive Gestaltung, bei der die Kurbelwelle genau drei Kröpfungen aufweist, um insgesamt sechs Kolben zum Komprimieren von Luft anzutreiben, wobei vier Kolben der Niederdruckstufe und zwei Kolben der Hochdruckstufe zugeordnet sind. Aber auch bei einer anderen geradzahligen Anzahl von Kolben in der Hoch- und Niederdruckstufe ergeben sich die erfindungsgemäßen Vorteile.
Vorzugsweise sind die beiden zur Hochdruckstufe gehörenden Kolben einer der außenliegenden Kröpfungen zugeordnet, um eine belastungsoptimale Anordnung zu treffen.
Gemäß einer weiteren die Erfindung verbessernden Maßnahme kann durch Zusatzmassen an den Pleuel und/oder Kolben der zur Hochdruckstufe benachbarten Niederdruckstufe ein besonders effektiver dynamischer Ausgleich oszillierender Massen der zur Hochdruckstufe gehörigen Kolben sowie der zur nicht benachbarten Niederdruckstufe gehörigen Kolben realisiert werden. Dasselbe Ziel kann bei Bedarf auch durch einen zusätzlichen nicht luftkomprimierenden Blindkolben erreicht werden. Ein dynamischer Ausgleich rotierender Massen des Kurbeltriebes der Hochdruckstufe kann vorzugsweise durch Zusatzmassen auf der Kurbelwelle erfolgen. Die im Zusammenhang mit der erfindungsgemäßen Konstruktion verwendeten Zusatzmassen können wegen der ohnehin optimalen Drehgleichförmigkeit des Kolbenkompressors relativ klein ausgeführt werden, so daß die Gesamtmasse des Kolbenkompressors hierdurch nicht übermäßig ansteigt.
Vorzugsweise sind die Kolben der Verdichtereinheit vertikal stehend oder horizontal liegend oder in einem spitzen Winkel zur Horizontalen V-förmig angeordnet, um günstige Kräfteverhältnisse im Zusammenwirken mit der Kurbelwelle zu schaffen.
Weitere die Erfindung verbessernde Maßnahmen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben oder werden nachfolgend gemeinsam mit der Beschreibung eines bevorzugten Ausfuhrungsbeispiels der Erfindung anhand der Zeichnung näher dargestellt. Die einzige Figur der Zeichnung zeigt einen Längsschnitt durch eine Verdichtereinheit eines erfindungsgemäßen schwingungsarmen mehrstufigen Kolbenkompressors.
Die Verdichtereinheit 1 wird stirnseitig von einer hieran angeflanschten und eine Drehbewegung erzeugenden (nicht weiter dargestellten) Antriebseinheit 2 angetrieben. Zum lösbaren Anschluss der Antriebseinheit 2 ist eine Kupplung 3 vorgesehen. Die Verdichtereinheit 1 ist in diesem Ausführungsbeispiel
trockenlaufend ausgeführt und verfügt über eine gegenüberliegende Zylinderanordnung in der sogenannten 180° V-Bauweise.
Die Antriebseinheit 2 versetzt eine im Gehäuse 4 gelagerte Kurbelwelle 5 in eine Drehbewegung, welche in eine Hub- und Senkbewegung für sechs Kolben 6a bis 6f umgesetzt wird, die innerhalb der am Gehäuse 3 befestigten topfartigen Zylinder 7a bis 7f zur Drucklufterzeugung untergebracht sind. Durch die Kolbenbewegung wird aus der Atmosphäre Luft über eine eingangsseitige hier nicht dargestellte Filteranordnung angesaugt und zweistufig verdichtet. Die Druckluft steht danach dem Druckluftsystem eines Schienenfahrzeuges - insbesondere für den Betrieb der Bremsanlage - zur Verfügung.
Die Verdichtereinheit 1 des Ausführungsbeispiels ist als zweistufiger Kolbenverdichter mit Niederdruckstufe und Hochdruckstufe ausgeführt. Der Niederdruckstufe sind die vier Zylinder 7a bis 7d zugeordnet; zur Hochdruckstufe gehören die Zylinder 7e und 7f. Der lineare Antrieb der Kolben 6a bis 6f erfolgt über eine Kurbeltriebanordnung mittels zugeordneter Pleuel 8a bis 8f, die je auf der den zugeordneten Kolben 6a bis 6f gegenüberliegenden Seite mit der Kurbelwelle 5 über Wälzlager verbunden sind. Die kolbenseitige Befestigung der Pleuel 8a bis 8f erfolgt über je eine Kolbenbolzenanordnung mit Nadellager, die eine schwenkbare Verbindung mit dem zugeordneten Kolben 6a bis 6f herstellt.
Um eine schwingungsarme Anordnung zu erhalten, sind auf jeder Kröpfung 9a bis 9c der Kurbelwelle 5 genau zwei Pleuel 8a, 8b bzw. 8c, 8d bzw. 8e, 8f angeordnet, die gegenüberliegenden Kolben 6a, 6b bzw. 6c, 6d bzw. 6e, 6f zugeordnet sind. Hierbei sind die einander benachbarten Kröpfungen 9a, 9b sowie 9b, 9c im wesentlichen 180° zueinander versetzt angeordnet.
Ein zusätzlicher dynamischer Ausgleich oszillierender Massen der zur Hochdruckstufe gehörigen Kolben 6e und 6f sowie der zur nicht benachbarten
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Niederdruckstufe gehörigen Kolben 6a und 6b erfolgt durch Zusatzmassen an den Pleuel 8c, 8d der benachbarten Niederdruckstufe, die insoweit mit einem größeren Materialquerschnitt und mit einer entsprechend günstigen Masseverteilung ausgebildet sind. Ein dynamischer Ausgleich rotierender Massen des Kurbeltriebes der Hochdruckstufe erfolgt durch Zusatzmassen 10a, 10b auf der Kurbelwelle 5.
Die Erfindung ist nicht beschränkt auf das vorstehend nur exemplarisch angegebene Ausführungsbeispiel. Es sind vielmehr auch Abwandlungen hiervon denkbar, die trotz abweichender konstruktiver Ausgestaltung in den durch die Ansprüche definierten Schutzbereich eingreifen können. So ist die vorliegende Erfindung insbesondere nicht auf die vorstehend beschriebene 6-Zylinder- Anordnung beschränkt. Auch andere geradzahlige Konfigurationen sind denkbar.
Bezugszeichenliste
Verdichtereinheit
Antriebseinheit
Kupplung
Gehäuse
Kurbelwelle
Kolben
Zylinder
Pleuel
Kröpfung
Zusatzmasse