Verfahren und Anordnung zur Erfassung der Raumform eines
Objekts
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Anordnung zur Erfassung der Raumform eines Objekts, z.B. eines menschlichen Fußes.
Die Erfassung der dreidimensionalen Form (Raumform) von Körpern und Körperteilen ist eine wichtige Vorstufe zur Produktion und zur Auswahl von Produkten, deren Form an die Form der Körper oder Körperteile angepaßt sein muß. Beispiele für solche Produkte sind Schuhe, Fußbetten, Prothesen, Orthesen oder Bekleidungsstücke .
Es ist bekannt, Körperteile z.B. optisch mit Lasertriangulationsverfahren, mit Verfahren der Streifenprojektion oder durch optische Erfassung einer Sequenz von Silhouetteumrissen zu erfassen. Im Gegensatz zu diesen Verfahren, die wegen ihrer mechanisch und optisch genau aufgebauten und kalibrierten Systeme relativ aufwendig sind, ist aus dem europäischen Patent EP 0 760 622 „Verfahren und Anordnung zur dreidimensionalen Erfassung der Raumform von Körpern oder Körperteilen" eine sehr einfache Lösung bekannt, die auf der photogrammetrischen Auswertung von Bildern des Körperteils beruht, welche aus unkalibrierten
Aufnahmepositionen erstellt werden. Der Körperteil wird hierzu mit einem elastischen Überzug bekleidet, welcher photogrammetrisch auswertbare Marken trägt.
Aus der deutschen Patentanmeldung Nr. 100 25 922.7 „Automatische photogrammetrische Digitalisierung von Körpern und Objekten" ist außerdem bekannt, wie durch eine spezielle Markierung des Hintergrundes dieser Marken, d.h. durch
Anbringung von Flächenmarken, die Referenzierung der Marken (Punktmarken), d.h. die paarweise Zuordnung gleicher Punktmarken in den verschiedenen, sich überlappenden Aufnahmen erleichtert und automatisiert werden kann.
Alle diese genannten Verfahren digitalisieren den unbelasteten Körper. Insbesondere bei weichem Gewebe unterscheidet sich aber die Raumform des belasteten Körpers sehr stark von der Raumform des unbelasteten Körpers.
Zahlreiche an den Körper anzupassende Produkte wie ein Fußbett, eine anatomisch angepaßte Sitzform u.a. benötigen nicht die Raumkoordinaten des unbelasteten und unverformten Körperteils, sondern des unter Last verformten Körperteils.
So wird bei der Vermessung der Fußsohle zur Herstellung einer passenden Einlage oder eines angepassten Fussbetts z.B. traditionell so vorgegangen, daß die Person den Fuß in eine plastisch verformbare Masse stellt und aus dieser- erformten Masse mit klassischen Abformverfahren ein Abdruck gewonnen wird, welcher die Ausgangslage für die Anfertigung der Einlage bildet. Dies ist ein umständlicher, langwieriger und kostspieliger Prozess, welcher durch eine automatische Digitalisierung der Fußsohle unter Last erheblich verbessert werden könnte.
Die Aufgabe der Erfindung besteht daher darin, ein einfaches Verfahren und eine einfache Anordnung zur Erfassung der Raumform eines Objekts zu schaffen, die die oben geschilderten Probleme bisheriger Verfahren und Anordnungen überwinden und insbesondere zur einfachen Erfassung der Raumform von Objekten geeignet sind, die unter Belastung vermessen werden müssen.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Erfassung der Raumform eines Objekts gelöst, bei dem eine plastisch verformbare Masse bereitgestellt wird, die mindestens einen Oberflächenteil aufweist, der mit photogrammetrisch auswertbaren Marken versehen ist, das Objekt auf dem Oberflächtenteil so in die Masse eingedrückt wird, daß sich die Masse entsprechend der Raumform des Objekts verformt, das Objekt aus der verformten Masse entfernt wird, mehrere Aufnahmen der mit den Marken versehenen verformten Masse aus jeweils verschiedenen Ansichten gemacht werden und aus den Aufnahmen mit einem photogrammetrischen Verfahren die Raumform des Objekts ermittelt wird.
Die Aufgabe wird ferner gelöst durch eine Anordnung zur photogrammetrischen Erfassung der Raumform eines Objekts mit einem Aufnahmesystem zur Erstellung photogrammetrischer Aufnahmen und einem System zur photogrammetrischen Auswertung der Aufnahmen und zur Ermittlung der Raumform, die dadurch gekennzeichnet ist, daß sie darüber hinaus eine plastisch verformbare Masse umfaßt, die mindestens einen Oberflächenteil aufweist, der mit photogrammetrisch auswertbaren Marken versehen ist.
Erfindungsgemäß wird die optische Erfassung der Raumform eines durch ein Körperteil belasteten und verformten Abdruckmaterials dadurch erreicht, daß das verformbare Abdruckmaterial durch kontrastreiche, photogrammetrisch auswertbare Marken gekennzeichnet ist. Insbesondere können erfindungsgemäß diese Markierungen aus Einschlüssen, deren Farbe sich von der Farbe der verformbaren Abdruckmasse unterscheidet, oder andersfarbigen lokalen Einfärbungen des Abdruckmaterials bestehen. Durch die Erfassung einer Reihe sich überlappender zweidimensionaler Bilder (2D-Bilder) aus
unbekannten Aufnahmepositionen der verformten und markierten Abdruckmasse kann mit bekannten Verfahren der Photogrammetrie aus diesen 2D-Bildern die dreidimensionale Form (Raumform) des Abdrucks und damit auch die Raumform des unter Belastung verformten Körperteils einfach ermittelt werden.
Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Patentansprüchen gekennzeichnet.
Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der folgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels anhand der Zeichnungen. In den Zeichnungen zeigen:
Fig. 1 eine bei einer Ausführungsform der Erfindung verwendete und mit photogrammetrisch auswertbaren Marken versehene plastisch verformbare Abdruckmasse in einem Abdruckrahmen, mit welcher ein Abdruck der Fußsohle unter Last hergestellt wird;
Fig. 2 eine schematische Anordnung von Kameras, deren
Positionen nicht bekannt sind und die zur Aufnahme von sich überlappenden 2D-Bildern des Abdrucks verwendet werden, welche die Marken und ihre Position bezüglich der 2D-Koordinaten dieser Bilder enthalten; und
Fig. 3 beispielhaft eine Pseudo-3D-Darstellung von Marken, welche die dreidimensionale Form des in der Fig. 2 sich aus dem Abdruck ergebenden Fußbetts wiedergeben.
Das erfindungsgemäße Verfahren wird beispielhaft bei einer typischen Anwendung, der Erfassung der Fußsohle unter Last zur
Herstellung eines anatomisch passenden Fussbettes, dargestellt werden.
Dieses Beispiel ist natürlich keineswegs die einzig mögliche Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens. So wäre z.B. die Erfassung eines 3D-Abdrucks des Gesäßes zur Herstellung anatomisch passender Sitzflächen ein anderes Beispiel, bei dem die Erfassung der durch Belastung verformten 3D-Geometrie eines Körpers wichtig ist. Viele weitere Anwendungen sind denkbar.
Die Begriffe „Objekt" oder „Körper" sind im Rahmen des Erfindungsgedankens keineswegs nur auf menschliche oder animalische Körper begrenzt, sondern umfassen auch beliebige physikalische Körper wie z.B. mechanische Modelle, antike Statuen, Skulpturen oder ähnliche dreidimensionale Raumformen.
Wie in Fig. 1 gezeigt, wird in dem Rahmen einer Form 1 eine plastisch verformbare Masse 2 gehalten, in welche eine Person ihren Fuss 3 unter Last aufsetzt. Wenigstens ein Teil 7 der Oberfläche der Masse 2 ist mit photogrammetrisch auswertbaren Marken 4 versehen.
Die Masse 2 besteht aus einem einfarbigen Grundmaterial, in welches eine Reihe photogrammetrisch auswertbarer Marken 4 eingelassen sind, deren Farbe sich von der Farbe des Grundmaterials kontrastreich abhebt. Diese Marken können z.B. aus eingelassenen andersfarbigen Stiften bestehen, die aus dem gleichen Material wie das Grundmaterial bestehen und in das Grundmaterial eingelassen sind. Die Stifte können z.B. zylinderförmig sein. Das Grundmaterial kann z.B. aus üblichen verformbaren Materialen wie Gips, Wachs, Alginat oder Elastomeren (z.B. Siliconen) bestehen.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform wird ein plastisch verformbares Material gewählt, das reversibel verformbar ist, wobei es nach der durch den Druck des Objekts bewirkten Verformung und Beendigung der photogrammetrischen Auswertung des Abdrucks durch Einwirkung von Energie, Wärme, Licht oder mechanischer Energie wieder in seine ursprüngliche Form zurückgebracht werden kann. Solche Materialien sind im Stand der Technik dem Fachmann geläufig. Wird ein solches Material verwendet, so läßt sich die mit photogrammetrischen Marken versehende Masse beliebig oft wiederverwenden.
Erfindungsgemäß kann zur einfachen photogrammetrischen Auswertung auch der Hintergrund um diese Marken herum durch andersfarbige Zonen gekennzeichnet werden. Dadurch ergibt sich eine Markierung auf zwei Ebenen, nämlich aus Punktmarken und Flächenmarken, wobei die Flächenmarken jeweils mehrere Punktmarken umfassen, einen Hintergrund der Punktmarken bilden und eine charakteristische optische Gestaltung aufweisen.
Durch die Last des auf den Oberflächenteil 7 der Masse 2 aufgesetzten Fusses verformt sich die Abdruckmasse 2. Entsprechend verschieben sich auch die von außen sichtbaren Marken 4 sowohl lateral als auch in der Tiefe.
Nachdem der Fuß 3 aus der Masse 2 entfernt wurde, wird der in der Fig. 2 dargestellte verbleibende Abdruck 6 aus einer Reihe sich überlappender Aufnahmepositionen mit einem Aufnahmesystem, das eine Kamera oder wie in der Fig. 2 dargestellt, mehrere Kameras 5 umfassen kann, aufgenommen und es werden eine Anzahl von 2D-Bildern erstellt, in denen die Marken 4 unterschiedliche XY-Positionen einnehmen.
Es ist dem Fachmann der Photogrammetrie und der Nahbereichs- Photogrammetrie bekannt, wie diese Bilder zur Gewinnung der 3D- Koordinaten auszuwerten sind, weshalb hier im einzelnen nicht darauf eingegangen wird.
Bei dem photogrammetrischen Verfahren wird zunächst eine Bildverarbeitung der Aufnahmen durchgeführt, bei der die sich in den Aufnahmen jeweils entsprechenden Marken einander zugeordnet werden. Anhand der Markenzuordnung wird dann mit bekannten mathematischen Verfahren der Photogrammetrie die Raumform des Abdrucks bzw. daraus die Raumform des Objekts ermittelt. '
Werden, wie oben dargestellt, Punkt- und Flächenmarken verwendet, so werden bei der Bildverarbeitung der Aufnahmen zunächst die sich in den Aufnahmen jeweils entsprechenden Flächenmarken anhand ihrer charakteristischen optischen Gestaltung einander zugeordnet. Dann werden mithilfe der Flächenmarkenzuordnung die von den Flächenmarken umfaßten und sich in den Aufnahmen jeweils entsprechenden Punktmarken einander zugeordnet. Anhand der Punktmarkenzuordnung wird dann die Raumform des Objekts mit einem photogrammetrischen Auswerteverfahren ermittelt.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform kann auf der dem photogrammetrischen Aufnahmesystem gegenüberliegenden Seite der Form, die die plastisch verformbare Masse hält, ein Maßstab angebracht sein, auf dem mindestens zwei photogrammetrische Marken in einem bekannten Abstand zueinander angeordnet sind. Ein solcher Maßstab kann z.B. aus einem starren geraden Stab oder einer Platte bestehen, auf dem die Marken angebracht sind. Der Maßstab kann natürlich auch getrennt neben der Form angeordnet sein. Die Erstellung der photogrammetrischen
Aufnahmen erfolgt dann so, daß mindestens zwei aus beliebigen Positionen erstellte Aufnahmen des die Marken tragenden Abdrucks gemacht werden, bei denen gleichzeitig der Maßstab mit aufgenommen wird. Dadurch läßt sich dann später bei der photogrammetrischen Auswertung der Aufnahmen die Raumform des Abdrucks bzw. des abgedrückten Objekts anhand der durch den Maßstab vorgegebenen Längeneinheit in absoluten Werten berechnen.
Fig. 3 zeigt beispielhaft die Pseudo-3D-Darstellung der Marken, welche die 3D-Form des Fußbettes wiedergeben und damit die automatische Herstellung eines Fußbettes z.B. mit einer 3- Achsen-Fräse erlauben.
Ξrfindungsge äss kann das Abdruckmaterial auch dadurch photogrammetrisch auswertbar markiert werden, daß es, wie in der EP 0 760 622 beschrieben, vor der Belastung durch einen markierten elastischen Überzug abgedeckt wird, der z.B. aus einem textilen Material oder einem Kunststoffmaterial bestehen kann. Dieser Überzug soll vorzugsweise an dem Abdruckmaterial haften, so daß die Verformung der Masse sich möglichst genau auf die Verformung des elastischen Überzugs überträgt. Durch Verwendung eines solchen Überzugs läßt sich das Problem der Hygiene lösen, welches beim direkten Hautkontakt zur Abdruckmasse entsteht.
Als Wegwerf-Artikel vermeidet dieser Überzug die Notwendigkeit der kostenspieligen Desinfektion des Abdruckmaterials nach jedem Gebrauch.
Das erfindunsgemäße Verfahren kann auf viele andere Abdruckanwendungen übertragen werden, von denen nur einige beispielhaft aufgezählt werden:
a) die Herstellung anatomisch passender Sitzflächen durch Verwendung einer markierten plastischen flachen Masse, in welche sich der Kunde hineinsetzt und so einen Abdruck des durch Belastung verformten Gesäßes hinterläßt; b) die Herstellung von im Nasenbereich passenden Brillengestellen durch Abdruck der Nasenwurzelpartie mit einem erfindungsgemäß markierten Abdruckmaterial; c) die Herstellung von Kopien antiker Gegenstände durch Herstellung eines Abdrucks in einem erfindungsgemäß markierten plastischen Material.
Die in dieser Beschreibung und in den Ansprüchen verwendeten Ausdrücke „Erfassung der Raumform eines Objekts" bzw. „Ermittlung der Raumform eines Objekts" sollen auch in dem Sinne zu verstehen sein, daß damit auch die Erfassung der Negativform des Objekts, d.h. des Abdrucks eines Objekts gemeint ist, da sich daraus implizit auch die Positivform des Objekts ergibt, d.h. es ergeben sich die Maße des Objekts. Diese Begriffe sollen sich ferner auch auf die Erfassung der Raumform eines Teiles eines Objekts, z.B. eines Fußes als Teil des menschlichen Körpers, beziehen.