Verfahren zur optischen Erfassung der Raumform von Innenraumen sowie eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur optischen Erfassung der Raumform von Innenräumen sowie eine Anordnung zur Durchfuhrung des Verfahrens.
Für die Herstellung von an den menschlichen Körper angepassten Produkten wie Bekleidung, Schuhwerk, orthopädische Artikel wie Orthesen und Prothesen ist es oft erforderlich, die drei-dimensionale Raumform dieses Körpers oder Körperteils zu erfassen. Hierfür sind unterschiedliche optische Abtastverfahren bekannt, von aufwendigen Laser-Triangulationsverfahren bis hin zu Streifenprojektionssystemen. Insbesondere ist ein kostengünstiges photogra metrisches Verfahren bekannt, bei welchem das zu digitalisierende Körperteil mit einem markierten, elastischen Überzug bekleidet, aus verschiedenen, sich überlappenden Aufhahmepositionen mit einer oder mehreren 2D Kameras aufgenommen wird und durch eine automatische photogrammetrische Auswertung dieser Ansichten ein 3D Modell dieses Körperteils ermittelt wird (Robert Massen: Verfahren und Anordnung zur Erfassung der Raumform von Körpern und Körperteilen, EP 0 760 622)
Bei der Herstellung von am Körper eng anliegenden Produkten wie Schuhe,
Handschuhe, Prothesenstümpfe u.a. stimmt die Raumform des Produktes nicht direkt mit der Raumform des Körperteils überein. So ist z.B. der zur Anfertigung eines Maßschuhs benötigte Leisten wesentlich schmäler als der dazu gehörige Fuß, da der mit Hilfe des Leistens gefertigte Schuh den Fuß etwas komprimieren und formen muss. um einen gute Passform zu ergeben.
Dieser Unterschied in der Raumform des Leistens zur Raumform des Fußes lässt sich heute noch nicht analytisch berechnen. Ähnlich schwierige Verhältnisse
gelten auch für maßgefertigte Prothesentrichter zur Aufnahme der Gliedstümpfe. Oft erfordern daher diese mit Hilfe von 3D Abtastdaten des Körperteils produzierten Maßanfertigungen trotzdem noch ein aufwendiges, mehrfach wiederholtes Nacharbeiten, um endlich auf die passende Raumform zu kommen.
Es sind auf der anderen Seite oft solche passenden Produkte bereits vorhanden, z.B. ein bereits eingelaufener und gut passender Schuh, Handschuh, Prothesenteil usw.. Wenn die Raumform dieses Produktes bekannt wäre, hätte der Produzent diejenigen 3D Daten zur Verfügung, mit denen er ein sofort passendes Produkt herstellen könnte. Leider hat es bisher keine funktionierenden und kostengünstigen Verfahren zur optischen 3D Erfassung des Innenraums solcher oft hüllformigen Produkte gegeben. Zwar ist es bekannt, mit 3D Endoskopen Innenräume mit Verfahren der Stereotechnik oder der Streifenprojektion zu digitalisieren; allerdings sind diese Verfahren aufwendig und verlangen eine feste Einspannung von zu digitalisierendem Objekt und den endoskopischen Systemen, um die einzelnen 3D Ansichten zu einem vollständigen Modell vereinigen zu können. Diese Einspannung sowie die Forderung, jeweils die genaue 3- dimensionale Aufhahmeposition des endoskopischen Systems in Bezug auf den Innenraum zu kennen, verteuert und erschwert erheblich die Anwendung dieser Verfahren und stellt sie daher außerhalb der Möglichkeiten eines orthopädischen Fachgeschäftes oder des Schuhhandels.
Es besteht daher ein Bedarf nach einem kostengünstigen und einfachen System zur Erfassung der Raumform von Innenräumen von Produkten, insbesondere von solchen , welche an die Form eines Körperteils angepasst sind.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird in einem ersten Schritt der zu erfassende Innenraum mit einem dünnen, eng an die innere Raumform anliegenden Überzug ausgekleidet, welche zum Innenraum hin mit photogrammetrisch auswertbaren Marken versehen ist. In einem zweiten Schritt wird mit Hilfe eines oder mehrerer in den Innenraum eingeführter Bildgeber eine Reihe sich überlappender 2D Aufnahmen des markierten Überzugs angefertigt. In
einem dritten Schritt wird dann mit Hilfe photogrammetrischer Methoden aus diesen Aufnahmen die 3D Raumform des Innenraums ermittelt.
Dieses Verfahren wird beispielhaft dargestellt an der Erfassung der inneren
Raumform von Schuhwerk im Rahmen der Herstellung von gut passenden Schuhen. Diese Beschreibung ist beispielhaft zu verstehen und schränkt die
Anwendung des Erfindungsgedanken auf die Erfassung der Raumform anderer
Innenräume, auch solche technischer Natur, in keiner Weise ein.
Eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens ist in den Patentansprüchen angegeben.
Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen. In den Zeichnungen zeigen:
Fig. 1 eine schematische Darstellung des Innenraums eines Schuhs mit einer inneren Auskleidung durch einen dünnen, elastischen Überzug, der photogrammetrisch auswertbare Marken aufweist;
Fig. 2 das Einbringen eines Bildgebers in den Innenraum des Schuhs;
Fig. 3 die Bewegung des Bildgebers im Innenraum des Schuhs; und
Fig. 4 eine besondere Ausführungsform eines in den Innenraum des Schuhs eingebrachten Bildgebers.
Fig. 1 zeigt beispielhaft, wie der Innenraum eines Schuhs 1 mit einem dünnen eng anliegenden Überzug 2 bekleidet wird, welcher auf der zum Innenraum zeigenden Oberfläche mit photogrammetrisch auswertbaren Marken 3 versehen ist. Dies kann beispielhaft dadurch geschehen, dass ein elastischer, markierter Strumpf so gewendet wird, dass die Markierung auf die Innenseite zu liegen kommt. Die Aussenseite des gewendeten Strumpfes wird mit einem leichten Sprühkleber besprüht . Danach wird der Strumpf z.B. mit Hilfe eines aufblasbaren Ballons oder einer aufblasbaren Hülle in das Schuhinnere geschoben und durch
den aufgeblasenen Ballon an die Innenseite des Schuhs gedrückt und dort mit Hilfe des Klebers an der Innenwand fixiert. Danach wird der Ballon entleert und entfernt Der Schuh ist jetzt im Innern mit einer dünnen Haut ausgekleidet, welche photogrammetrisch auswertbare Marken 3 aufzeigt.
Der markierte Strumpf kann ebenfalls dadurch in das Schuhinnere gebracht werden, dass der Fuß des Schuhbesitzers mit dem gewendeten Strumpf bekleidet wird, von aussen mit einem Sprühkleber belegt wird und dann der Schuh angezogen wird. Sobald der Sprühkleber haftet, wird der nackte Fuss aus dem Strumpf Schuh heraus gezogen. Falls erforderlich kann der Fuss vorher mit einem Gleitmittel versehen werden, damit er besser aus dem Strumpf schlüpft. Dies sind nur zwei beispielhafte Auslegungen, um einen Innenraum mit einer dünnen, photogrammetrisch markierten Hülle zu bekleiden.
Fig. 2 verdeutlicht den zweiten Verfahrensschritt. Es wird eine Miniaturkamera 4 in den ausgekleideten Schuh 1 eingeführt, und aus beliebigen Raumpositionen wird eine Anzahl sich überlappender Bilder erstellt, welche den gesamten oder auch nur den interessierenden Teil des Innenraums abdecken. Die genaue Raumposition und Orientierung der Kamera braucht dabei nicht bekannt zu sein. Bei einer vorteilhaften Ausführung der Erfindung wird die Miniaturkamera durch mehrere gefederte Abstandshalter 5, die hier als Rollen ausgebildet sind, in etwa zentrisch geführt und per Hand von der Aufhahmeposition in der Schuhspitze bis in den Schuhschaft anhand eines flexiblen Kabels 6 herausgezogen, während sich überlappende Aufnahmen der Innenwand erstellt werden.
Die Kamera kann automatisch oder manuell über durch das Führungskabel laufende Steuerungselemente so geneigt und gedreht werden, so dass sich überlappende Aufnahmen des Innenraums erstellt werden .
Es ist ein weiterer, in Fig. 3 verdeutlichter Erfindungsgedanke, dass sich hierbei die geneigte Kamera 4 um eine Achse 7 so dreht, dass fortlaufend
streifenfδrmige Panoramaansichten des Innenraums erstellt werden, wobei diese Ansichten sich sowohl radial als auch axial überlappen.
Ein weiterer Erfindungsgedanke ist es, dass die Kamera eine Videokamera ist, welche fortlaufend Bildsequenzen aus sich überlappenden Einzelansichten erstellt.
Erfindungsgemäß kann die panoramische Sicht des Innenraums nach Fig. 4 auch dadurch erreicht werden, dass der Innenraum in einem radialen Streifen über einen Kragenspiegel 8 auf den Bildsensor 9 abgebildet wird und dass nach jeder Aufnahme die Einheit Kragenspiegel 8 - Bildsensor 9 so axial verschoben wird, dass sich diese Panoramaaufhahmen axial überlappen.
Selbstverständlich kann sich der Bildgeber auch ausserhalb des Innenraums befinden. In diesem Fall werden die Aufnahmen des Innenraumes über ein endoskopische System aus lichtleitenden Fasern, Stablinsen oder Spiegel zur Kamera geleitet.
Im dritten Schritt wird anhand der Sequenz der Bilder des markierten Innenraums mit Hilfe photogrammetrischer Verfahren die 3D Raum des Innenraums berechnet. Solche Verfahren können automatisch ausgeführt werden und sind z.B. in den folgenden Schutzrechten beschrieben:
Robert Massen, Verfahren und Anordnung zur photogrammetrischen Erfassung der Raumform eines Objektes, PCT/EP01/05935;
Robert Massen , Verfahren und Anordnung zur photogrammetrischen
Erfassung der Raumform eines Objektes, PCT/EP02/02875.
Das erfindungsgemäße Verfahren gilt für alle Innenräume, welche mit einem eng anliegenden, photogrammetrisch auswertbar markierten Überzug ausgekleidet werden können. Dies können auch Körperöffnungen wie z.B. der Gehörgang sein, um die 3D Form für die Herstellung einer Hörhilfe zu gewinnen.
Der Erfindungsgedanke ist nicht auf biologische Körper beschränkt, sondern kann ebenso auf technische Innenräume, welche entsprechend markiert werden können, angewandt werden.