Verfahren zur Vernetzung von Kohle- bzw. Kohlenstoffmateriali- en, wie Industrieruss und Aktivkohle sowie Anwendung für die Herstellung von elektrochemischen Doppelschichtkondensatorelektroden
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von chemisch aktivierten, vernetzbaren Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterialien sowie die Herstellung von elektrochemischen Doppelschichtkondensatorelektroden.
Doppelschichtkondensatoren bestehen aus zwei Elektrodenschic - ten, welche vorzugsweise porös ausgebildet sind, um eine möglichst grosse Oberfläche als Kontaktfläche mit einem Elektrolyten zu bilden.
Grundsätzlich ist für den Aufbau einer Aktivmasse einer derartigen Kondensatorelektrode bzw. eines sogenannten Supercaps nur ein geeignetes hochflächiges und leitendes Material nötig, das relativ inert ist. Bei den verwendeten Materialien hierfür sind Russe und Aktivkohlen bzw. generell Kohle- und Kohlenstoffmaterialien von grösstem Interesse. Die Verwendung von Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterialien in elektrochemischen Kondensatoren bil- det einen markanten Fortschritt, weisen diese Materialien doch eine gute elektrische Leitf higkeit und eine geringe Dichte auf. Zudem lassen sich Kohlenstoffelektroden mit der erforderlichen grossen Oberfläche herstellen. Die Herstellung von Dop¬ pelschichtkondensatoren mit Kohlenstoffelektroden ist bei- spielsweise bekannt aus den US-Patenten US 2 800 616, US 3 648 126, US 4 597 028, US 4 562 511, US 5 102 745, US 5 304 330, US 5 080 963, US 5 150 283, US 5 142 451 und US 5 662 055.
In den erwähnten Dokumenten wird Kohle- bzw. Kohlenstoffmateri¬ al entweder in Pulverform verwendet oder als Faser bzw. als Ge-
webe. In den Schriften geht es aber primär um die Verminderung des inneren Widerstandes, beispielsweise aufgrund von internen Kohlenstoff/Kohlenstoff-Kontakten, und weniger um die optimale bzw. optimierte Verwendung des Kohle- bzw. Kohlenstoffmateri- als. Als Lösung zur Verringerung des internen Widerstandes wird in der Regel die Beschichtung bzw. Imprägnierung des Kohlebzw. Kohlenstoffmaterials mit einem Metall wie beispielsweise Aluminium vorgeschlagen, oder aber dass das verwendete Pulver auf ein Metallsubstrat aufgetragen wird. Insbesondere das Her- stellen und die Verwendung von Geweben aus Kohlenstofffasern und das anschliessende Beschichten beispielsweise mit Aluminium in sogenannten Plasmaverfahren ist relativ kompliziert und aufwendig .
Kohle bzw. Kohlenstoffmaterialien, wie Graphit, Russe, Aktiv- kohle etc., fallen, bedingt durch den Herstellungsprozess, in der Regel in Pulverform an. Deshalb ist es wohl richtig und sinnvoll, dass diese Materialien in Pulverform weiterverarbeitet und beispielsweise für die Herstellung von Doppelschicht- kondensatoren verwendet werden. Deshalb aber uss das Material mit einem Binder zu einer formbeständigen Masse verarbeitet werden. Die Verwendung eines Binders bzw. eines Bindemittels in der Aktivmasse bringt jedoch einige Probleme mit sich.
Der Binder ist meist ein elektrischer Isolator und führt, da er die einzelnen Partikel untereinander verbindet, zu einer ver- schlechterten elektrischen Leitfähigkeit. Je mehr Bindemittel verwendet wird, desto schlechter wird die spezifische Kapazität (F/g) , da der Binder nichts zu ihr beiträgt.
Bei der Verwendung von niedermolekularen Bindern oder von aus- härtbaren Harzen wie sogenannten Reaktivharzen als Matrix sind
die involvierten Grundmoleküle genügend klein, um in die Poren des Aktivmaterials zu dringen und somit dessen Kapazität deutlich zu vermindern. Zudem können die in den Poren absorbierten Harzmoleküle nicht mehr in das Bindernetzwerk eingebunden wer- den, was zu einer Erhöhung des benötigten Bindemittelanteils führt .
Langkettige Bindemittel sind schwieriger homogen zwischen den Partikeln zu verteilen und benötigen ebenfalls einen erhöhten Anteil ein Binder.
Die Binder liegen meist in gelöster oder suspendierter Form vor. Zur Anwendung in Aktivmassen müssen die Binder an der benetzten Oberfläche des Aktivmaterials adsorbiert werden. Das Aktivmaterial quillt aber bei einem gut benetzten Lösungsmittel normalerweise stark.
Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein aktives Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterial vorzuschlagen, welches geeignet ist für die Herstellung beispielsweise von Elektroden von Doppelschichtkondensatoren.
Genereller ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein aktives Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterial vorzuschlagen, welches insbesondere in der Elektro- bzw. Elektronikindustrie verwendet werden kann für die Herstellung von gut leitenden, inerten Formkδrpern.
Erfindungsge äss wird ein Verfahren gemäss dem Wortlaut nach Anspruch 1 vorgeschlagen.
Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterialien wie z.B. Aktivkohle, Indu- strieruss, Graphit, Glaskohlenstoff, Kohlefasern, Buckminster- fullerene, Nanotubes sind Kohlenstoffprodukte, welche durch
thermische Behandlung von organischen Ausgangsstoffen erzeugt werden. Diese Produkte besitzen graphit hnlich aufgebaute polyaromatische Systeme als Grundeinheit. Diese sogenannten Graphenschichten bauen dann in wenig geordneter Weise das Material auf. Durch die Vielzahl der möglichen Ausgangsstoffe und deren chemischen Uneinheitlichkeit (für Aktivkohle werden auch Materialien wie Holz oder Torf eingesetzt) ergeben sich zahllose chemische Gruppen an den Rändern der sogenannten Graphenwaben. Diese chemischen Gruppen bestimmen dann zu einem grossen Teil das Benetzungsverhalten, die Korrosionsstabilitat und die chemischen Eigenschaften des Kohlenstoffmaterials . Die Lösung der eingangs erwähnten Aufgabe sieht eine chemische Vernetzung der Aktivmaterialpartikel vor, welche mit genügend grossen Ausgangsmolekülen eine Adsorption in den Poren verhindert. Zudem erhöht die Derivatisierung der Oberfläche die Affinität gegenüber dem Quasi-Bindemittel .
Die chemischen Gruppen an den Rändern der Graphenschichten oder an der Oberfläche eines Trägers können für eine chemische Umsetzung bzw. für eine Vernetzung verwendet werden. Als einfa- ches Beispiel kann die Reaktion von phenolischen OH-Gruppen oder auch Carbonsäuren mit Isocyanaten gemäss dem nachfolgenden Schema I genannt werden.
0 --NH .COOH CB R
CB.0H + 20=C=N-R -0 R + C02
—NH O
Im Stand der Technik werden verschiedene Verfahren vorgeschla¬ gen, um die Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterialien zu aktivieren,
indem spezifisch reaktive Gruppen an das Kohlenstoffmaterial angehängt oder indem an chemische Restgruppen der Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterialien Polymere mit reaktiven End- oder Seitengruppen aufgepfropft werden. So beschreibt beispielsweise das US-Patent 5 811 475 das Pfropfen von Polymeren auf Carbon
Black. Im US-Patent 4 940 749 sowie der EP-A-0 272 127 werden die Herstellung und die Verwendung von sogenannten "Carbon black-graft-copolymeren" beschrieben, wobei ebenfalls auf das japanische Patent JP 00287921 hinzuweisen ist.
Weiter beschreibt das US-Patent 5 554 739 die Herstellung eines Kohlenstoffmaterials, aufweisend organische Gruppen, angehängt an das Kohlenstoffmaterial . Beschrieben wird das Aufpfropfen von Azoverbindungen. In allen erwähnten Schriften aus dem Stand der Technik geht es primär um die Aktivierung des Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterials, beispielsweise, um eine verbesserte Adsorption zu ermöglichen bzw. genereller, um die Oberflächenei- genschaften des Materials beeinflussen zu können. In keinem der erwähnten Dokumente wird die Möglichkeit der anschliessenden Vernetzung dieser Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterialien vorge- schlagen, insbesondere unter Verwendung von aufgepfropften bzw. angehängten langkettigen Polymeren, um so die erforderliche Porosität in den beispielsweise hergestellten Doppelschichtkon- densatorelektroden zu erzielen.
Die oben im Schema I dargestellte Reaktion wird verwendet, um beispielsweise ein mit Toluol-Diisocyanat terminiertes Polybut- adiol-Präpolymer als sogenannte Vorlaufersubstanz an das Kohlenstoffmaterial oder einen Träger zu binden. Dieses Präpolymer kann dann als Andockstelle für ein Polykondensat auf der Basis eines Polyurethans dienen. Dazu wird das derivatisierte Kohlen- stoffmaterial mit einer Mischung von Diisocyanat und Polyether-
polyolen (Funktionalitäten 2 und 3) vernetzt. Die noch freien Isocyanatgruppen werden mit einer Alkoholgruppe reagieren und eine Urethangruppe bilden. An eine andere Alkoholgruppe des Po- lyether-polyols wird wiederum ein Diisocyanat binden usw. Der beispielsweise erwähnte Reaktionsvorgang ist nachfolgend in Schema II schematisch dargestellt.
Erfindungswesentlich ist nun, dass die Vernetzung des Kohlebzw. Kohlenstoffmaterials derart erfolgt, dass die Vernetzung über grosse Moleküle, wie beispielsweise die erwähnten Präpoly- mere erfolgt, um eine möglichst hohe Porosität des vernetzten Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterials zu gewährleisten. Ar. sich ist es unerheblich, ob die Vernetzung über die Bildung von Urethan- gruppen erfolgt, oder aber, indem zunächst Azogruppen enthaltende Polymere auf das Kohle- bzw. Kohlenstoffmaterial aufge- pfropft werden, um anschliessend vernetzt zu werden. Auch ein
radikalisches Aufpolymerisieren von Polymeren an das Kohlebzw. Kohlenstoffmaterial ist denkbar.
Bei dem im Schritt I des vorab dargestellten Reaktionsschemas II verwendeten Präpolymer handelt es sich vorzugsweise um ein Diisocyanat, welches auf eine COOH- oder OH-Gruppe aufgepfropft wird. Das Präpolymer wird erhalten ausgehend von einem Diol, wie beispielsweise Polybutendiol, beidseitig aufweisend eine Isocyanatgruppe, beispielsweise, indem das Diol mit Toluol- Diisocyanat umgesetzt wird. Ebenfalls eine Umsetzung mit Iso- phoron-Diisocyanat ist beispielsweise möglich.
Das nun erhaltene vernetzte Kohlenstoffmaterial eignet sich insbesondere für die Herstellung von Elektroden von Doppel- schichtkondensatoren. Dabei kann das vernetzte Kohlenstoffmaterial beispielsweise entweder als Paste zur Herstellung der Elektroden verarbeitet werden, im Siebdruck auf einen Träger aufgetragen werden, durch Extrusion auf eine Folie aufgebracht werden, oder in Netz, Schwamm oder Schaum auf einen Untergrund gewalzt werden. Die Paste kann beispielsweise durch Spritzguss auf eine Folie, ein Netz oder ein εchwamπartiges Substrat ver- gössen werden. Selbstverständlich handelt es sich bei den vorab angeführten Verarbeitungsverfahren lediglich um Beispiele, und irgendwelche andere Bearbeitungsprozesse bzw. Herstellprozesse für die Herstellung von Elektroden von Doppelschichtkcndensato- ren sind möglich. So ist es beispielsweise auch möglich, das sich vernetzende Kohlenstoffmaterial direkt auf einen Abieiter wie Titandioxyd, Kohlefasergewebe, leitende Polymere oder ähnliche aufzubringen, welches Substrat beispielsweise mit dem reaktiven Präpolymeren derivatisiert wurde, um eine chemische An- bindung der Aktivmasse an den Abieiter zu erhalten.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Pfropfreaktion mit reaktiven Gruppen eines Trägermaterials wie Kohlefasern, Matten, Geweben, metallischen Folien, Metalloxyden, leitendem Gummi, Kohlepapier und ähnliche stattfindet und zu einer ver- besserten Haftung sowie Leitfähigkeit führt.
Nebst der beschriebenen Verwendung der erfindu gsgemäss vorgeschlagenen vernetzten Kohlestoffmaterialien können diese selbstverständlich auch für andere Anwendungen in der Elektronik bzw. Elektrotechnik verwendet werden.
Die Erfindung wird nun anschliessend anhand beispielsweise durchgeführter Versuche näher erläutert .
1. Versuch (Pfropfung):
Die Prozedur wurde in einem Handschuhkasten unter Stickstoff durchgeführt, um jegliche Kontamination durch Wasser aus der Luft auszuschliessen. In einem 750 ml Vierhalssulfierkolben mit Tropftrichter und Rührer wurden 250 ml Tetrahycrofuran (THF) wasserfrei (<0,05% K.O) vorgelegt. Dann wurden 5,25 g 2,4- Toluoldiisocyanat-terminiertes Poly (1, -butandiol) (TDI-PBD) mit einer mittleren Molmasse M-, von 1600 g/mol darin gelöst. Zu dieser Lösung wurden 16,67 g des Russes Black Pearls 2000
(spezifische Oberfläche 1475 m2/-., Pri ärpartikelgrösse 15 nm) der Firma Cabot, welches zuvor über Nacht unter Membranpumpenvakuum bei 80°C getrocknet wurde und unter Stickstoff aufbewahrt wurde mit 100 ml THF eingerührt, so dass eine sandartige Suspension entstand. Die Reaktion erreichte nach 1 h Rühren bei Raumtemperatur einen Pfropfgrad von 25 % bezogen auf das Produkt. Der Pfropfgrad wurde mittels Umsetzung des Rohproduktes mit n-Butylamin und anschliessender potentiometrischer Rücktit¬ tration des überschüssigen Butyla ins mit 0,1 N HCI bestimmt
werden. Eine thermogravi etrische Analyse des Produktes nach erschöpfender Extraktion des Rohproduktes mit Toluol in einem Soxhelettextraktor lieferte das selbe Ergebnis.
2. Versuch (Vernetzung):
Zu der Reaktionslösung nach 1 h Rühren bei Raumtemperatur wurde eine Lösung von 1 g Poly (ethylenglykol) (PEG, Mn 1000 g/mol) , 0,22 ml Tri ethylolpropan-ethoxylat (TMP-EO, Mn 740 g/mol) zugetropft und von dieser Reaktionssuspension innert 30 min. Stränge extrudiert. Auch kann vom sich absetzenden Bodensatz eine Elektrode auf eine Folie pastiert oder in ein Netz gewalzt werden. Eine solchermassen erzeugte Elektrode weist in IM ace- tonitrilischem Tetraethylammonium-bortetrafluorid (TEABF4) Elektrolyt typischerweise eine spezifische Kapazität von 40 F/g (bezogen auf die Aktivmasse) bei 0,01 Hz Wechselstrom von wenige mA auf. Diese Kapazität wird schon bei 0,1 Hz zu 90 % erreicht, wie in Diagramm 1 der beigefügten Figur 1 dargestellt. Diagramm 1 zeigt den Verlauf der spezifischen Kapazität in Abhängigkeit der Messfrequenz. Die Bestimmung der Kapazität er- folgt mittels Impedanzspektroskopie einer Einzelelektrode in einer Messzelle mit Dreielektrodenanordnung. Die Wechselstromamplitude beträgt 10 mV, die geometrische Elektrodenfläche ist 1 cm2 und die physikalische Elektrodenoberfläche ist > 0,4 m2.
Je nach der Viskosität, d.h. nach verwendeter Menge an Lösungs- mittel kann die Reaktionsmasse auf verschiedene Arten mit einem elektrisch leitenden Material als Abieiter in Kontakt gebracht werden. Es kann als Paste geräkelt oder mit Siebdruck auf einen Träger gebracht, als Teig durch Extrusion auf eine Folie gebracht oder in ein Netz oder Schwamm gewalzt, sowie als Paste
durch Spritzguss auf eine Folie oder in ein Netz oder Schwamm vergossen werden.
Diagramm 1 in Figur 1 dargestellt zeigt den Verlauf der spezifischen Kapazität in Abhängigkeit der Messfrequenz. Bestimmung der Kapazität erfolgt mittels Impedanzspektroskopie einer Einzelelektrode in einer Messzelle mit Dreielektrodenanordnung sowie folglich Parametern: Wechselstromamplitude 10 mV, geometrische Elektrodenfläche 1 cm2, physikalische Elektrodenoberfläche > 0,4 m2.