Verfahren und Vorrichtung zum Bestimmen der Materialsorte eines Kunststoffes
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen der Materialsorte eines Kunststoffes, bei dem der Kunststoff mit Licht aus dem nahen Infrarot bestrahlt wird, das Spektrum der Strahlung, die mit dem Kunststoff in Wechselwirkung getreten ist, aufgenommen wird, das aufgenommene Spektrum mit vorab gespeicherten Standardspektren verglichen wird, das aufgenommene Spektrum einem Standardspektrum zugeordnet wird und der Kunststoff einer Materialsorte zugeordnet wird, die dem Standardspektrum entspricht. Die Erfindung betrifft auch eine Vorrichtung, mit der das Verfahren durchgeführt werden kann.
In den letzten Jahren wird verstärkt die NIR-Spektroskopie zur automatischen Sortierung von Verpackungen eingesetzt. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, verschiedene Verpackungsmaterialien voneinander zu unterscheiden, was eine sortenreine Trennung ermöglicht. Dabei wird das zu untersuchende Objekt mit Licht bestrahlt, das Anteile aus dem nahen Infrarot im Bereich von ca. 700 nm bis 2100 nm aufweist. Die Strahlung dringt in die Oberfläche des Objektes ein und wird dort, abhängig vom Material des Objektes, in bestimmten Wellenlängenbereichen absorbiert. Üblicherweise wird dann die spektrale Verteilung der reflektierten Strahlung mit Hilfe eines NIR-Spektrometers untersucht, um festzustellen, welcher Anteil absorbiert wurde, damit läßt sich wiederum auf das Material schließen.
Schwierigkeiten bereiten dabei Folien. Sie sind oft sehr dünn, und das eingestrahlte Licht dringt einfach durch sie hindurch. Das wenige Licht, das reflektiert wird, trägt meist nicht genug Information, um Rückschlüsse auf das Material zu erlauben. Eine Ausnahme bilden metallhaltige Folien oder metallbedampfte bzw. metallbeschichtete Kunststoffolien, die sich zunehmend in der Folienfraktion befinden. Beispiele sind Einschlagfolien für Geschenke oder Blumensträuße.
Ein Verfahren zum Bestimmen der Materialsorte eines Kunststoffes ist in der EP 0 607 048 Bl angegeben. Das Verfahren beruht darauf, daß das Absorptionsspektrum des unbekannten Kunststoffes intervallweise aufgeteilt und mathematisch behandelt wird, wobei bestimmte Kenngrößen der ersten und zweiten Ableitung solchen NIR-Spektren in diesen Bereichen mit Kenngrößen bekannter Standardspektren verglichen werden. Dieses Verfahren ist für Polye-
thylen, Polyethylenterephthalat, Polypropylen, Polyvinylchlorid und Polystyrol durchgeführt worden, die als Plastiktaschen vorlagen.
Die bei der Abfallsortierung entstehende Folienfraktion weist auch einen großen Anteil dunkler oder sehr dünner Folien auf, die als schwierig zu klassifizierende Objekte gelten, da sie viel Licht - auch im NIR-Bereich - schlucken oder durchlassen und nur wenig oder gar kein Licht reflektieren, das ausgewertet werden könnte. Bei solchen stark verrauschten Spektren würde auch das Analyseverfahren der EP 0 607 048 Bl versagen.
Es ist daher die Aufgabe der Erfindung, die Bedingungen beim Bestimmen der Materialsorte eines Kunststoffes insbesondere an die speziellen Erfordernisse der Folienfraktion anzupassen und ein Verfahren bereitzustellen, mit dem rauschärmere Spektren auch für schwierig zu klassierende Objekte erzeugt werden können.
Diese Aufgabe wird von einem Verfahren nach Anspruch 1 und einer Vorrichtung nach Anspruch 3 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der jeweils rückbezogenen Unteransprüche.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen, daß zum Aufnehmen des Spektrums vom Kunststoff reflektierte Strahlung und mindestens zweimal vom Kunststoff durchgelassene Strahlung erfaßt wird. Die reflektierte Komponente ist hoch, wenn das Material dick und/oder lichtundurchlässig ist. Für dünne Folien dominiert Strahlung, die zweimal das Material durchläuft, d. h. das Licht wird zweimal von dem Material gefiltert, was zu deutlicheren Spektren führt. Durch Ausnutzen beider Komponenten können praktisch für jeden auftretenden Fall - ausgenommen dunkle Folien - verbesserte Spektren erhalten werden. Die dunklen Folien werden dann als „nicht erkannt" ausgeschleust.
Dabei ist eine Kombination der Auswertung von reflektiertem und zweimal durchgelassenem Licht auch aus anderem Grunde sinnvoll: Zwar können für transparente Kunststoffe NIR- Spektren mittels Durchlicht schon mit einer sehr kurzen Integrationszeit erhalten werden. Allerdings können dicke Folien nicht ausreichend durchleuchtet werden, so daß der Sensor kein Licht erhält. Auch Fremdstoffe im Materialstrom, beispielsweise Papier oder undurchsichtige Plastikbecher, können nicht durchleuchtet werden. Je nach Meßaufbau kann es sogar zu ei-
nem Hitzeproblem kommen. Durch die Bestrahlung mit Licht kann sich eine dünne Folie so stark erwärmen, daß sie sich zusammenzieht und unter Umständen an unerwünschten Stellen anhaftet.
Grundsätzlich wäre es bei dem erfindungsgemäßen Verfahren möglich, zwei oder auch mehr Lichtquellen zu verwenden, wobei vom Licht aus der ersten Quelle nur die reflektierte Komponente erfaßt wird und vom Licht aus der zweiten Quelle die zweimal durchgelassene Komponente. Verfahrenstechnisch sinnvoller ist es aber, wenn das reflektierte Licht und das mindestens zweimal durchgelassene Licht gemeinsam erfaßt werden, und zwar auf der Bestrahlungsseite des Kunststoffes.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung zum Bestimmen der Materialsorte eines Kunststoffes besteht aus mindestens einer Lichtquelle, welches Licht aus dem nahem Infrarot auf den Kunststoff strahlt, einem NIR-Meßgerät, welches die mit dem Kunststoff in Wechselwirkung getretene Strahlung erfaßt und somit ein Spektrum aufnimmt, und einem Rechner, der das aufgenommene Spektrum mit in einem Speicher abgelegten Standardspektren vergleicht, dem aufgenommenen Spektrum eines der Standardspektren zuordnet und diejenige Materialsorte ausgibt, die dem Standardspektrum entspricht, und ist dadurch gekennzeichnet, daß wenigstens ein Sensor vorgesehen ist, der sowohl die vom Kunststoff reflektierte Strahlung als auch die mindestens zweimal vom Kunststoff durchgelassene Strahlung erfaßt und an das NIR- Meßgerät weitergibt.
Dabei ist, wie weiter oben ausgeführt, bevorzugt, daß der Sensor oder die Sensoren auf einer Bestrahlungsseite angeordnet sind, auf der sich auch die Lichtquelle befindet.
Die Vorgehensweise gemäß der Erfindung erfordert eine Reflexionsfläche oder Reflexionswand an der das einmal durchgelassene Licht reflektiert wird, um danach wieder durch den Kunststoff hindurchzutreten. Diese Reflexionswand sollte aus neutral reflektierendem Material bestehen, das alle relevanten Wellenlängenbereiche reflektiert und keinen Bereich absorbiert, was zu einer Überlagerung mit den Absorptionsbereichen des Kunststoffes führen würde. Geeignete Materialien sind keramische oder metallische Werkstoffe, wobei sich bei den metallischen Werkstoffen Gold oder Aluminium als besonders geeignet herausgestellt haben.
Es versteht sich, daß das NIR-Meßgerät auf den gewählten Untergrund durch eine Weißab- gleich des Spektrometers kalibriert werden muß. Es hat sich bewährt, den Weißabgleich direkt mit dem Material durchzuführen, das für die Reflexionswand verwendet wird.
Die Nutzung des Lichts, das direkt von dem Objekt reflektiert wird, in Kombination mit dem Licht, das von der Reflexionswand reflektiert wird, liefert auch bei dünneren Folien deutliche Spektren.
Im folgenden soll die Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert werden. Es zeigt:
Figur 1 eine schematische Darstellung, mit der eine erste Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens erläutert wird;
Figur 2 eine schematische Darstellung, mit der eine zweite Ausfuhrungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens erläutert wird;
Figur 3 mit Reflexionswänden unterschiedlichen Materials ausgenommene Spektren;
Figur 4 Spektren, die die Auswirkung von Verschmutzungen der Reflexionswand auf die Erkennungsleistung zeigen; und
Figur 5 Spektren, die den Einfluß von Feuchtigkeit auf die Erkennungsleistung zeigen.
In Figur 1 ist mit 10 eine stark schematisierte Meßstrecke bezeichnet, durch die ein Kunststoff 40, beispielsweise eine Folie, geführt wird. Aus einer Lichtquelle 24 wird Licht L auf den Kunststoff 40 gestrahlt. Je nach Beschaffenheit des Kunststoffes 40 wird ein Teil des Lichtes L reflektiert, ein Teil wird durchgelassen. Der durchgelassene Teil Dl trifft auf eine Reflektorwand 12, wird hier reflektiert und wird wiederum durch den Kunststoff 40 durchgelassen. Der zweimal durchgelassene Strahl D2 sowie der anfangs reflektierte Strahl R werden von einem Sensor 22 aufgenommen und zu einem NIR-Meßgerät 20 weitergegeben, das das Absorptionsspektrum des Kunststoffes 40 erzeugt. Die Daten werden dann an einen Rechner 30 gegeben, in dessen Speicher 32 Standardspektren abgelegt sind. Der Rechner 30 führt einen
Vergleich durch, ordnet dem aufgenommenen Spektrum des Kunststoffes 40 ein Standardspektrum zu und gibt die Materialsorte aus, die dem Standardspektrum entspricht.
Eine Variante des Verfahrens zeigt Figur 2. Dort wird der Kunststoff 40 zunächst von einer Lichtquelle 24 bestrahlt. Der vom Kunststoff 40 reflektierte Strahl tritt in einen Sensor 22 ein, und wird zu einem NIR-Meßgerät geleitet. Der Anteil des Lichtes Ll, der durch den Kunststoff 40 durchtritt, also der Strahl Dl, wird von einem schwarzen Untergrund 14 absorbiert. Die Durchhchtmessung erfolgt getrennt davon, wobei nach der Ausführungsform eine zweite Lichtquelle 28 für die Bestrahlung des Kunststoffes 40 sorgt. Die einmal durchgelassene Strahlung Dl trifft auf einen Reflektor 12, wird dort reflektiert und wiederum durch den Kunststoff 40 durchgelassen. Der zweimal durchgelassene Strahl D2 erreicht den Sensor 26, welcher wiederum mit dem NIR-Meßgerät 20 oder einem weiteren NIR-Meßgerät in Verbindung steht. Diese getrennte Erfassung kann beispielsweise dann sinnvoll sein, wenn zu erwarten ist, daß der größte Anteil des Kunststoffes bereits bei der Auswertung der Information aus der reflektierten Strahlung R erkannt wird.
Figur 3 zeigt den Einfluß verschiedener Materialien als Reflexionswand 12 (Figuren 1 und 2). Die Spektren der ersten Spalte sind mit einer Reflexionswand aus einer speziellen Kachel, in der Figur als "Kachel Nr. 2" bezeichnet, aufgenommen, die aus weißer Keramik bestand. Die Spektren der zweiten Spalte sind jeweils mit Aluminium als Reflexionswand aufgenommen. Die obere Reihe zeigt die Spektren für einen "klaren, dünnen Müllbeutel, zweifach", die untere Reihe die Spektren einer undurchsichtigen Folie. Bei dem undurchsichtigen Objekt besitzen die Spektren einen vergleichbaren Maximalwert, bei der dünnen, durchsichtigen Folie ist jedoch der Maximalwert bei Verwendung eines Aluminiumuntergrundes bis zu zweimal größer.
Auch die Modulation, d. h. die Differenz zwischen Maximalwert und Minimalwert eines Signals, steigt um mehr als 40 % an. Dies hat zur Folge, daß das Signal-Rausch- Verhältnis bei den Aufnahmen mit Reflexionswand aus Aluminium viel günstiger ist und dadurch eine sicherere Erkennung des Kunststoffes möglich wird.
Figur 4 zeigt die Auswirkung von Verschmutzung auf die Erkennungsleistung. Gezeigt sind Polyethylen-Spektren von dünnen Folien. Die erste Spalte wurde mit sauberer Aluminium-
platte als Hintergrund aufgenommen. In der ersten Versuchsreihe wurde die Aluminiumplatte mit feuchter Blumenerde bestreut, so daß etwa ein Drittel der Oberfläche verdeckt war. Dies simuliert die Verschmutzung der Meßstrecke mit teils organischem Material, wie sie im Umfeld von Wertstoffsortieranlagen oft vorkommt. Die Auswertung der Messungen zeigte, daß die Erkennungsleistung durch die Verdeckung stark nachläßt. Das PE-Spektrum wird als Spektrum eines Getränkekartons erkannt.
Schließlich zeigt Figur 5 die Auswirkung von Feuchtigkeit auf die Erkennungsleistung. Wasser auf der Reflexionswand hat ebenfalls einen erheblichen Einfluß auf die Spektrenaufhah- men. Der Effekt ist ähnlich dem bei der Verschmutzung mit Blumenerde. Das Wasser verursacht eine stark abfallende Flanke am Ende des Spektrums, was dieses wie ein Papierspektrum aussehen läßt.
Die hohe Erkennungsqualität mit den Reflexionswänden aus Aluminium kann nur bei einer sauberen und trockenen Umgebung erreicht werden. Diese ist gerade im rauhen Betrieb der Wertstoffanlagen nicht gegeben, so daß eine regelmäßige Reinigung erfolgen muß. Es ist auch denkbar, die Reflexionswand mit einer Vorrichtung zu versehen, die einen sauberen Betrieb gewährleistet.
Sind diese Rahmenbedingungen gewährleistet, können auch schwierig zu klassifizierende Folien sicher sortiert werden. Zum Überprüfen des erfindungsgemäßen Verfahrens in der Praxis wurden Folien überprüft, die aus der Leichtgutfraktion einer Windsichtung stammen und in etwa den Folien aus der Sammlung des Dualen Systems entsprechen. Die Folien variierten stark nach Größe, Gewicht und Dicke. Es wurden von 2720 geprüften Folien nur 50 nicht klassifiziert, d. h. 2 %.
Die in der vorstehenden Beschreibung, in der Zeichnung sowie in den Ansprüchen offenbarten Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination für die Verwirklichung der Erfindung wesentlich sein.