Betätigungseinheit für eine elektrohydrauüsche Bremsanlage
Die vorliegende Erfindung betrifft eine Betätigungseinheit für eine elektrohydrauüsche Bremsanlage vom Typ "Brake-by- wire" mit einem mittels eines Betätigungspedals betätigbaren, durch eine erste Rückstellfeder vorgespannten ersten Kolben (DK-Kolben) sowie einem durch eine zweite Rückstellfeder vorge-spannten zweiten Kolben (SK-Kolben), die in einem Gehäuse hintereinander angeordnet sind und mit einem drucklosen Druckmittelvorratsbehälter in Verbindung stehende Druckräume begrenzen, die mittels einer ersten und einer zweiten Ventileinrichtung absperrbar sind, wobei mindestens die erste Rückstellfeder als eine die Pedalcharakteristik bestimmende Wegsimulatorfeder ausgebildet ist, mit einer Dichtmanschette, die am zweiten Kolben angeordnet ist und den dem ersten Kolben zugeordneten ersten Druckraum begrenzt, sowie mit einer dritten Ventileinrichtung, die eine hydraulische Verbindung zwischen dem ersten Druckraum und dem Druckmittelvorratsbehälter absperrt bzw. freigibt.
Eine derartige Betätigungseinheit ist z. B. aus der DE 196 51 153 AI bekannt. Das Besondere an der vorbekannten Betätigungseinheit besteht in der Ausbildung der vorhin erwähnten dritten Ventileinrichtungen, die als sog. Zentral-
ventile ausgebildet sind und gegenüber einem herkömmlichen Tandemhauptbremszyünder wesentlich längere Leer- bzw. Schließwege aufweisen. Die verlängerten Leerwege ermöglichen eine Bewegung der hydraulischen Kolben während der Framdkraftbremsung, bei der wegen der geschlossenen ersten und zweiten Ventileinrichtung keine Bremsflüssigkeit aus dem Hauptbremszylinder in die Radbremszylinder verdrängerbar ist. Als nachteilig werden bei der vorbekannten Betätigungseinheit jedoch die Verlustwege beim Ausfall der Fremdbremskraft empfunden, die am Betätigungspedal spürbar sind.
Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung eine Betätigungseinheit der eingangs genannten Gattung vorzuschlagen, bei der beim Ausfall der Fremdbremskraft lediglich ein geringer Verlustweg zurückzulegen ist.
Eine erste Lösung dieser Aufgabe besteht darin, daß die dritte Ventileinrichtung durch die Bewegung des zweiten Kolbens gegenüber dem Gehäuse schließbar ist und durch die Dichtmanschette sowie einen im Bewegungsbereich der Dichtmanschette ausgebildeten Kanal gebildet ist, der mit dem Druckmittelvorratsbehälter in Verbindung steht. Durch diese Maßnahme wird eine Abschaltung der Simulatorwirkung innerhalb des Notbetriebs realisiert, um kurze Pedalwege zu erreichen.
Eine kurze Baulänge wird bei einer besonders vorteilhaften Weiterbildung des Erfindungsgegenstandes dadurch erreicht, daß der erste Kolben sowohl im Gehäuse als auch mittels des zweiten Kolbens geführt wird. Zu diesem Zweck weist der erste Kolben eine Bohrung auf, die eine zylindrische Verlängerung des zweiten Kolbens aufnimmt.
Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, daß die zylindrische Verlängerung im ersten Kolben eine hydraulische Kammer begrenzt, die über einen hydraulischen Widerstand mit dem Druckmittelvorratsbehälter in Verbindung steht.
Der hydraulische Widerstand ist dabei vorzugsweise von der Position des Betätigungspedals abhängig. Durch die erwähnten Maßnahmen wird eine wirksame Dämpfung bei der Betätigung des Simulators erreicht.
Um sicherzustellen, daß in einer Situation, in der die dritte Ventileinrichtung geschlossen ist und die die Druckräume absperrenden Ventileinrichtungen, beispielsweise auf Grund eines Defektes, geöffnet werden, der in den an den ersten Druckraum angschlossenen Radbremsen eingesteuerte Druck abgebaut werden kann, wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, daß zwischen der hydraulischen Kammer und dem ersten Druckraum eine Verbindung vorgesehen ist, die mittels einer vierten Ventileinrichtung absperrbar ist. Dabei ist es besonders vorteilhaft, wenn die vierte Ventileinrichtung durch eine Relativbewegung zwischen dem ersten Kolben und der Verlängerung schließbar ist und durch einen im ersten Kolben ausgebildeten Durchlaß sowie eine an der Verlängerung angeordnete Dichtmanschette gebildet ist.
Weitere vorteilhafte Ausführungen sind in den Unteransprüchen 10 bis 13 aufgeführt.
Eine zweite Lösung der vorhin gestellten Aufgabe besteht darin, daß die dritte Ventileinrichtung als ein durch eine Relativbewegung des zweiten Kolbens gegenüber dem Gehäuse
mechanisch betätigbares Ventil ausgebildet ist.
Vorteilhafte Weiterbildungen der zweiten Lösung sind den Unteransprüchen 13 bis 17 entnehmbar.
Für die Fahrerwunscherfassung hat sich als vorteilhaft herausgestellt, ein Wegsensorsignal zu verwenden. Das Wegsensorsignal wird bei einer weiteren Ausgestaltung des Erfindungsgegenstandes von einem im Gehäuse integrierten Wegmeßsystem geliefert, wobei der erste Kolben als Bestandteil dieses den Betätigungsweg erfassenden Meßsystems ausgebildet ist.
Bei einem sehr zuverlässig funktionierenden Wegmeßsystem sind auf der zylindrischen Oberfläche des ersten Kolbens Signalgeberelemente des Wegmeßsystems angebracht, dessen Signalaufnehmer im Gehäuse angeordnet ist.
Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile der Erfindung gehen aus der nachfolgenden Beschreibung von zwei Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die beiliegende Zeichnung hervor. In der Zeichnung zeigt:
Fig. 1 eine erste Ausführung der erfindungsgemäßen Betätigungseinheit im Axialschnitt, und
Fig. 2 eine zweite Ausführung der erfindungsgemäßen
Betätigungseinheit in einer Fig. 1 entsprechenden Darstellung.
Die in Fig. 1 dargestellte Betätigungseinheit besteht im wesentlichen aus einem mittels eines nicht gezeigten Betätigungspedals betätigbaren, zweikreisigen Druckerzeuger
bzw. Tandemhauptzylinder 1, der in einer Bohrung 29 durch zwei Kolben 2, 3 begrenzte, voneinander getrennte Druckräume 4,5 aufweist, die mit einem drucklosen, vorzugsweise einkreisig ausgeführten Druckmittelvorratsbehälter 6 in Verbindung stehen. An die beiden Druckräume (Primärdruckraum 4, Sekundärdruckraum 5) sind mittels lediglich schematisch angedeuteter, absperrbarer hydraulischer Verbindungen 7, 8 nicht gezeigte, den Fahrzeugachsen zugeordnete hydraulische Radbremsen angeschlossen. Das Absperren der hydraulischen Verbindungen 7, 8 erfolgt beispielsweise durch elektromagnetisch betätigbare, stromlos offene (SO-) 2/2-Wegeventile 9, 10. Während der erste Kolben 2 eine Dichtmanschette 28 trägt, die gleichzeitig den ersten Druckraum 4 gegenüber der Atmosphäre abdichtet, begrenzt der zweite Kolben 3 im Gehäuse 20 des Tandemhauptzylinders 1 einen Nachlaufräum 11, der einerseits über eine am zweiten Kolben 3 angeordnete zweite Dichtmanschette 12 bzw. ein im zweiten Kolben 3 angeordnetes Zentralventil 13 mit den zugeordneten Druckräumen 4, 5 und andererseits über einen im Hauptzylindergehäuse 50 ausgebildeten Kanal 31 mit dem Druckmittelvorratsbehälter 6 in Verbindung steht.
Wie Fig. 1 weiter zu entnehmen ist, sind in den erwähnten Druckräumen 4, 5 eine erste sowie eine zweite Rückstellfeder 14, 15 angeordnet, die die Kolben 2, 3 entgegen deren Betätigungsrichtung vorspannen bzw. in der Ausgangsposition halten. Die Kraft der dem zweiten Kolben 3 zugeordneten Rückstellfeder 15 ist dabei größer als die Kraft der ersten Rückstellfeder 14, die gleichzeitig die Funktion einer Simulatorfeder erfüllt, die beim Absperren der Druckräume 4, 5 die Pedalcharakteristik bestimmt und dem Fahrer des Fahrzeuges das gewöhnliche Pedalgefühl vermittelt. Um beim
Absperren der Druckräume 4, 5 eine Relativbewegung des ersten Kolbens 2 gegenüber dem Gehäuse 50 zu ermöglichen, die ein Zusammendrücken der ersten Rückstell- bzw. Simulatorfeder 14 zur Folge hat, ist zwischen dem ersten Druckraum 4 und dem Druckmittelvorratsbehälter 6 bzw. dem vorhin erwähnten Kanal 14 eine hydraulische Verbindung vorgesehen, die im Falle einer Notbremsung unterbrochen bzw. abgesperrt werden muß. Die hydraulische Verbindung ist im in Fig. 1 gezeigten Beispiel als ein Kanal 16 ausgebildet, der, von einem der hydraulischen Verbindung 7 zugeordneten Anschluß 17 ausgehend, in Betätigungsrichtung der Kolben 2, 3 hinter der Dichtmanschette 12 in die im Gehäuse 50 ausgebildete Bohrung 29 mündet, in der die Kolben 2, 3 geführt bzw. die Druckräume 4, 5 ausgebildet sind. Durch die beschriebene Anordnung wird erreicht, daß das Druckmittel aus dem ersten Druckraum 4 an der (bei abge-sperrtem zweiten Druckraum 5 stehenden) Dichtmanschette 12 vorbei in den Druckmittelvorratsbehälter 6 verschoben werden kann. Dagegen werden bei einer Notbremsung, bei der die vorhin erwähnten Absperrventile 9, 10 offen bleiben, die beiden Kolben 2, 3 verschoben, so daß die auf dem zweiten Kolben 3 angeordnete Dichtmanschette 12 die Mündung des Kanals 16 überfährt und die Verbindung zwischen dem ersten Druckraum 4 und dem Druckmittelvorratsbehälter 6 unterbricht, so daß im ersten Druckraum 4 ein hydraulischer Druck aufgebaut werden kann.
Wie schließlich aus Fig. 1 erhellt, weist der erste Kolben 2 eine Sackbohrung 18 auf, die eine axiale zylindrische Verlängerung 19 des zweiten Kolbens 3 aufnimmt. Die Stirnseite der Verlängerung 19 begrenzt eine hydraulische Kammer 21, die einerseits mit dem Nachlaufräum 11 und andererseits mit dem ersten Druckraum 4 in Verbindung steht.
Die Verbindung mit dem Nachlaufraum 11 erfolgt dabei vorzugsweise über einen am Ende der Verlängerung 19 ausgebildeten hydraulischen Widerstand 22 sowie zwei senkrecht zueinander stehende Bohrungen 23, 24, wobei der hydraulische Widerstand 22 beispielsweise durch dreieckförmige Rippen gebildet sein kann, die von der zylindrischen Wandung der Bohrung 18 überfahren werden, so daß die Wirkung des hydraulischen Widerstandes 22 vom Betätigungs-weg des ersten Kolbens 2 abhängig ist. Die Verbindung der Kammer 21 mit dem ersten Druckraum 2 erfolgt mittels eines im zweiten Kolben 2 ausgebildeten Durchlasses 25, der mit einer auf der Verlängerung 19 angeordneten Dichtmanschette 26 zusammenwirkt, so daß bei einer Relativbewegung des ersten Kolbens 2 gegenüber dem zweiten Kolben 3 die Dichtmanschette 26 von dem Durchlaß 25 überfahren wird und der erste Druckraum 4 von der hydraulischen Kammer 21 getrennt wird. Es wird nun angenommen, daß bei einem Bremsvorgang die Dichtmanschette 12 den Kanal 16 überfahren hatte, daß ein hydraulischer Druck in den nicht gezeigten Radbremsen aufgebaut wurde und daß das den ersten Druckraum 4 absperrende 2/2-Wegeventil 9, beispiels-weise auf Grund eines Defektes, geöffnet wurde. Bei einer Wegnahme der Betätigungskraft, bei der der erste Kolben 2 zurückgestellt wird, wird die Dichtmanschette 26 vom Durchlaß 25 entgegen der Betätigungsrichtung überfahren, so daß der im ersten Druckraum 4 wirkende Druck über die nun offene Verbindung zwischen dem ersten Druckraum 4 und der hydraulischen Kammer 21 abgebaut werden kann. Um schließlich bei einer schnellen Betätigung, bei der der erste Kolben 2 auf den zweiten Kolben 3 trifft, die entstehenden metallischen Geräusche zu eliminieren ist zwischen den Kolben 2, 3 ein elastischer Anschlag 27 vorgesehen. Bei der in Fig.
1 gezeigten Ausführung wird der Anschlag als eine gummielastische Scheibe ausgebildet, die in der hydraulischen Kammer 21 angeordnet ist und sich am ersten Kolben 2 axial abstützt.
Der Aufbau der in Fig. 2 dargestellten zweiten Ausführung der Erfindung entspricht im wesentlichen dem, der im Zusammenhang mit Fig. 1 erläutert wurde. Die im vorhergehenden Text erwähnte dritte Ventileinrichtung, die in ihrer offenen Stellung ein Verschieben des Druckmittels aus dem ersten Druckraum 40 in den Druckmittelvorratsbehälter 60 ermöglicht, wird bei der zweiten Ausführung als ein Sitzventil 70 ausgebildet, das durch eine Relativbewegung des zweiten Kolbens 30 gegenüber dem Gehäuse 500 mechanisch betätigbar ist. Zu diesem Zweck ist in einer Bohrung 41 des Gehäuses 500, die zu der Bohrung 290 parallel verläuft, die die beiden Kolben 20, 30 aufnimmt, ein Kraftübertragungselement 42 abgedichtet geführt, in dem ein Querglied 43 befestigt ist, das an einer am zweiten Kolben 30 ausgebildeten Anlagefläche 44 axial anliegt. Am Kraftübertragungselement 42 stützt sich unter Vorspannung einer Ventilfeder 46 ein Ventilkörper 45 ab, der, mit einem Ventilsitz 47 zusammenwirkend, eine hydraulische Verbindung zwischen dem ersten Druckraum 40 und dem Druckmittelvorratsbehälter 60 absperren kann. Die hydraulische Verbindung besteht aus einer vom ersten Druckraum 40 ausgehenden Bohrung 48, einem Teil der vorhin erwähnten Bohrung 41 sowie einem nicht dargestellten Kanal, der mit einem dem ersten Druckraum 40 zugeordneten Behälteranschluß 53 bzw. einer an den Behälteranschluß 53 anschließenden Nachlaufbohrung 54 in Verbindung steht. Das Sitzventil 70 ist dabei vorzugsweise derart ausgelegt, daß der Schließweg seines Ventilkörpers 45 größer ist als der
Schließweg des im zweiten Kolben 30 angeordneten Zentralventils 130. Der Führung des Ventilkörpers 45 dient ein Führungsring 52, durch den sich ein axialer Fortsatz 49 des Ventilkörpers 45 hindurcherstreckt. Um eine einwandfreie Strömung des hydraulischen Druckmittels zwischen dem ersten Druckraum 40 und dem Druckmittelvorrats-behälter 60 zu gewährleisten ist der axiale Fortsatz 49 mit radialen Rippen 51 versehen.
Ein wichtiger technischer Aspekt besteht bei sämtlichen Bremsanlagen des Typs "Brake-by-Wire" in der zuverlässigen Erkennung des Fahrerverzögerungswunsches. Im Laufe der Entwicklungen hat sich als vorteilhaft herausgestellt, daß hierzu Signale von den Betätigungsweg der Betätigungseinheit erfassenden Systemen bzw. Sensoranordnungen verwendet werden können. Deswegen wird vorgeschlagen, im Eintrittsbereich des Gehäuses 500 ein lediglich schematisch angedeutetes Wegmeßsystem 37 vorzusehen, dessen für die Signalgenerierung zuständige, nicht dargestellte Elemente auf der zylindrischen Oberfläche des ersten Kolbens 20 angebracht sind, während die Signalaufnehmerelemente im Gehäuse 500 integriert sind.
Bei einem Ausfall der die elektrohydrauüsche Bremsanlage steuernden Elektronik muß sichergestellt werden, daß die Verbindung des ersten Druckraums 40 und dem Druckmittelvorratsbehälter 60 unterbunden wird. Andererseits könnte im erstend Druckraum 40 kein Bremsdruck für den schematisch angedeuteten Bremskreis aufgebaut werden. ird nun die erfindungsgemäße Betätigungseinheit durch Niederdrücken des nicht gezeigten Bremspedals betätigt, so werden in bekannter Art und Weise die beiden Kolben 20, 30 in der Zeichnung nach links bewegt, wobei das Querglied 43 unter der Vorspannung
der Ventilfeder 46 dem zweiten Kolben 30 folgt, bis der Ventilkörper 45 am Dichtsitz 47 zur Anlage kommt.
Das in der Bohrung 41 abgedichtet geführte Kraftübertragungselement 42 bildet mit einer Dichtmanschette 55 eine hydraulische Wirkfläche, die in der offenen Stellung des Sitzventils 70 mit dem aus dem ersten Druckraum 40 ausströmenden Druckmittel beaufschlagt wird. Dabei entsteht eine Kraft, die die Kraft der Ventilfeder 46 und somit das Schließen des Sitzventils 70 unterstützt. Es ist jedoch selbstverständlich auch denkbar, die Dichtmanschette 55 wegzulassen und das Kraftübertragungselement 42 beispielsweise mit Führungsrippen zu versehen, so daß der erste Druckraum 40 über das offene Sitzventil 70 mit dem dem zweiten Druckraum 50 zugeordneten Nachlaufräum 111 verbunden wird. In diesem Fall kann die vorhin erwähnte, nicht gezeigte Verbindung zwischen der Bohrung 41 und dem Druckmittelvorratsbehälter 60 entfallen.