Verfahren zur computergestützten Optimierung von Prüfspezifikationen und Minimierung von Prüfsoftware
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur computergestützten Optimierung von Prüfspezifikationen und Minimierung von Prüfsoftware sowie zum Nachweis der Prüfbarkeit zu entwickelnder technischer Geräte, Anlagen oder Systemen.
Es ist bekannt, daß die materiell technischen, aber auch Man- poweraufwendungen für die Prüfung von industriell gefertigten Produkten oder Systemen aufgrund zunehmender Komplexität zur Anwendung kommender Technik sich ständig erhöhen. Die erforderlichen Testprogramme für die Prüfung der Funktionen und zur Fehlersuche können zwar teilweise während der eigentlichen Entwicklungsphase über entsprechende Simulationen generiert werden, basieren jedoch weitgehend auf einer Knotenprüfung. Bei digitaler Technik wird demnach jede Verbindung zwischen den kleinsten Bausteinen getestet. Dies bedeutet jedoch, daß bei hoher Funktionsanzahl einer Einheit entsprechend viele Tests durchgeführt werden müssen, wodurch die Prüfzeit und die Fehlersuchzeiten einer solchen Einheit unvertretbar ansteigt.
Bekannte rechnergesteuerte Meß- und Prüfverfahren für elektrische oder elektronische Schaltungen, insbesondere für elektrische Baugruppen sind so ausgerichtet, daß für jede Meß- und Prüf- oder Regelaufgabe jeweils ein eigenes Software-Programm geschrieben werden muß, welches sowohl Kenndaten, Treiber und Meßroutinen einschließlich Auswerteanforderungen enthält. Unter dem Begriff Prüfsoftware ist dabei eine solche Software definiert, welche erforderlich ist, um mittels rechnergestützter Meßplätze Meßgeräte zu steuern und die gemessenen Daten weiterzuverarbeiten. Die Programmierung erfolgt überwiegend anhand des fertigen Produktes, wodurch das Prüfprogramm nur für die spezielle Einheit einsetzbar ist. Die Strukturierung selbst ist vom Programmierer abhängig, was Änderungen erschwert. Beim gegebenen Stand der Technik zeigt sich demnach erst bei der Durchfuhrung von Prüfungen, ob die anhand des Produktes erstellten Prüfprogramme effektiv hinsichtlich Testergebnis und Fehlersuche arbeiten. In den meisten Fällen ist es notwendig, aufwendige Änderungen oder
Korrekturen in der Software vorzunehmen. Diese Arbeiten müssen, da in der Regel die Produktion bereits angelaufen ist, unter hohem Zeitdruck durchgeführt werden und Terminverzögerungen mangels bereitstehender Prüfsoftware sind die Folge.
Es wurde zur Minimierung der Aufwendungen bei der Erstellung von Prüfsoftware bereits vorgeschlagen, diese produktunabhängig zu gestalten. Dies erfolgt in dem Sinne, daß die die Meß- und Regelaufgaben während des Prüfvorganges bestimmende Prüfsoftware in einen datenrelevanten Anteil, der Prüfspezifikationsdaten und Prüfanweisungsdaten enthält, und einen steuerungsrelevanten Anteil, der den von den jeweils zu prüfenden
Schaltungen unabhängigen Treiberteil für die Meßgeräte einschließlich der für die Messungen erforderlichen Meßroutinen enthält, getrennt ist. Der datenrelevante Anteil wird als Text-Datenfeld aufgebaut, aus dem die steuerungsrelevanten Informationen abgreifbar sind. Der steuerungsrelevante Anteil der Prüfsoftware muß dann nur einmal, und zwar zur Anpassung an das vereinbarte Text-Datenfeld erstellt werden. Der eigentliche, durch eine Ablaufsoftware bestimmte Prüfvorgang ergibt sich dann aus der Reihenfolge der im Text-Datenfeld aufeinanderfolgenden Prüfschritte.
Voraussetzung ist es bei oben genannter Lösung jedoch, daß zur Festlegung der Reihenfolge im Text-Datenfeld das betreffende Produkt bereits real vorhanden sein muß und aus dem Design sich möglicherweise ergebende Unzulänglichkeiten oder zu aufwendige Prüfschritte nicht oder nur zu spät erkannt werden können. Mit anderen Worten, eine Optimierung der Prüfbarkeit und damit der Prüfsoftware der Komponenten ist somit nicht möglich.
Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur computergestützten Optimierung von Prüfspezifikationen und Minimierung der Prüfsoftware sowie zum Nachweis der Prüfbarkeit zu entwickelnder technischer Geräte oder Anlagen anzugeben, das es gestattet, bereits am Beginn oder vor der Entwicklungsphase eines Produktes die Testtiefe zur Erfüllung der
Prüfspezifikationsforderungen festzulegen und zu optimieren, wodurch für das nachfolgende Design des Produktes oder Gerätes wesentliche Voraussetzungen geschaffen werden können.
Mittels der Erfindung gilt es weiterhin, die unter dem Prüfbarkeitsaspekt bisher nach der Prototypen-Phase erforderliche Re-Design-Phase zum Fortfall: zu bringen, so daß keine unter dem Prüfaspekt bedingte Terminverzögerungen/Mehrkosten gegeben sind.
Die Lösung der Aufgabe der Erfindung erfolgt mit einem Verfahren nach Patentanspruch 1 , wobei die Unteransprüche mindestens zweckmäßige Ausgestaltungen und Weiterbildungen umfassen.
Das erfindungsgemäße Verfahren geht von einem Produktmodell entsprechend der technischen Konzeption, d.h. der Vorgabe oder einer in dem Lastenheft skizzierten Aufgabenstellung aus, wobei das Modell durch lokalisierbare Funktionseinheiten und deren Verknüpfungen untereinander in Verbindung mit angedachten Testpfaden und Diagnosetestpunkten beschrieben wird.
Dieses Produktmodell wird dann quasi top-down, d.h. unter Beachtung einer Modelltiefe anhand leicht tauschbarer Einheiten optimiert. Das heißt, ein wesentlicher Verfahrensschritt der Erfindung besteht darin, daß durch modellimplementierte Algorithmen geprüft wird, ob die im Modell befindlichen Funktionseinheiten lokalisierbar sind und ob die vorhandenen Ein- und Ausgänge funktional getestet werden können. Hierfür wird mittels eines Computers ein Stimulieren der Testpfade vorgenommen und die erhaltenen Testreporte werden durch eine Prüflogik bewertet, um eine Prufbarkeitsaussage zu erhalten. Aufgrund der Prufbarkeitsaussage werden bei unzureichender Prüfbarkeit oder nicht ausreichender Prüftiefe Testpfade und/oder zusätzliche Diagnosetestpunkte vorgeschlagen.
Im Falle einer Prüfredundanz werden Funktionsblöcke bzw.
Funktionseinheiten zusammengefaßt, wodurch für das nachfolgende Hardware-Design wesentliche Erkenntnise gewonnen werden können.
Das verfahrensgemäß optimierte, nunmehr vollständig prüfbare Produktmodell wird in einer technischen Datenbank abgelegt, wobei über die vorhandenen definierten Testpfadnamen eine programmseitige Verbindung zu einer standardisierten Prufsoftware vorgesehen ist. Im Falle der späteren Prüfung eines realen Produktes ist der Aufwand für das Erstellen oder Vervollständigen der Prüfsoftware selbst minimal.
Aus dem oben Genannten ergibt sich der besondere Vorteil der Erfindung, der darin liegt, daß nur das Modell für das spätere Produkt entsprechend der technischen Konzeption erstellt werden muß, um Prüfbarkeitsergebnisse zu erhalten und diese zu optimieren. Weiterhin stellt das Verfahren selbst ein Werkzeug für den nachgeschalteten Entwicklungsprozeß dar.
Anhand des adaptiv angepaßten, letztendlich vorhandenen optimierten Produktmodells läßt sich dann der Aufbau und die Adressierung einer Datenbank ableiten, wobei diese Datenbank für den gesamten Produktentwicklungs- und -lebenszyklus Verwendung finden kann, wodurch weitere Kosteneinsparungen die Folge sind. Diese Datenbank ist dabei als modellorientierte Wissensbasis zu verstehen, auf die eine Vielzahl von Systemkomponenten zugreifen kann. Das in der Wissensbasis unter Prüfbarkeitskriterien erstellte Modell des betreffenden Produktes wird im späteren Bearbeitungszyklus durch Zuordnung zu den lokalisierbaren Einheiten von Beschreibungsunterlagen, Abbildungen, Bildsequenzen oder dergleichen ergänzt. Die Datenbank wiederum wird unter einer einheitlichen, darstellungsseitig bildorientierten Benutzeroberfläche verwaltet, wobei die erwähnten Systemkomponenten unmittelbar auf produktspezifische Datensätze zurückgreifen können. Durch diese Produktlebenszyklus begleitende Datenbank ist es möglich, das separate Abspeichern von an sich redundanter Informationen, z.B. von Abbildungen für Dokumentionszwecke einerseits und für Schulungs- sowie Prüfzwecke andererseits zu verhindern, d.h. das Auftreten einer Datenduplizität und die damit verbundene Gefahr von Inkonsistenzen bei Datenänderungen wird ausgeschlossen.
Wie in einer Ausgestaltung des Verfahrens beschrieben, können die in der gemeinsamen Datenbank abgelegten Produktdaten über den Lebenszyklus laufend aktualisiert werden, ohne daß beim Ablegen der Daten eine Vorabspeziflkation bezogen auf eine mögliche Verwendung oder Nutzung erforderlich wird.
Die am Produktmodell ausgerichtete Datenbank wird in einer Ausführungsform der Erfindung in einem modularen Diagnose-, Informations- und/oder Ausbildungs- bzw. Trainingssystem verwendet, wobei in den jeweiligen Modulen für Information, Diagnose und/oder Training des Systems überwiegend produktneutrale Befehlssätze und in der Datenbank produktspezifische Datensätze abgelegt sind.
Insbesondere durch die Identifizierbarkeit von Prüfsoftware für entsprechende Identifikatoren der Tastpfadnamen kann bei späteren Prüfungen im Falle von - Fehlersuche und Wartungsarbeiten am Produkt ein selbstlernender Prozeß durchgeführt werden. Hierfür besitzt das Diagnosemodul des Systems Mittel zum Durchführen von produktunabhängigen Prüfungen sowie Mittel zur Durchfuhrung von Fehlersuchroutinen. Im Falle der erwähnten späteren Prüfung am Produkt wird bei festgestellter Anomalie in einem Prüfschritt die Prüfung unterbrochen und eine Fehlersuchroutine gestartet. Die hierfür erforderlichen Daten werden aus der gemeinsamen Datenbank geladen. Die lokalisierte Fehlerquelle hin bis zur Bauteilebene und die zur Erkennung dieser Quelle absolvierten Schritte werden dann gespeichert, wodurch die Möglichkeit geschaffen ist, im Falle später auftretender gleicher oder ähnlicher Fehler den Prüf- oder Testablauf abzukürzen, indem nicht mehr sämtliche, sondern nur fehlertypische Schritte aktiviert oder ausgelöst werden.
Die Vorgabe der Struktur der Datenbank bzw. der hierin verkörperten
Wissensbasis erfolgt orientiert an Funktionsblöcken des Produktes und deren Prüfbarkeit anhand eines erstellten, adaptiv angepaßten oder entsprechend der gewünschten funktionalen Tiefe optimierten Modells. Die Adressierungstiefe wird in Abhängigkeit von der funktionalen Tiefe, Gerätesystem, Gerät, Baugruppe, Bauteil gewählt.
Die Erfindung soll nachstehend anhand eines Ausführungsbeispieles sowie unter Zuhilfenahme von Figuren näher erläutert werden. Hierbei zeigen:
Fig. 1 eine graphische Darstellung der Modellstruktur eines Produktes und
Fig. 2 ein Schaubild zur Einbindung des Verfahrens zur computergestützten Optimierung von Prüfspezifikationen und
Minimierung von Prüfsoftware im Produktlebenszyklus.
Das Produktmodell nach Fig. 1 besitzt als modellbeschreibende Komponenten die Funktionalitäten oder Funktionsblöcke FI bis F4, welche auch als kleinste tauschbare Einheiten anzusehen sind. Vorgesehene Verbindungen zwischen den Funktionalitäten F 1 bis F4 entsprechen den gewünschten Funktionen und/oder Eigenschaften des Produktes. Diese Verbindungen bilden gleichzeitig Teile von Testpfaden.
Im Produktmodell sind weiterhin Testpunkte für Diagnosezwecke, z.B. zum Überprüfen bestimmter Spannungsverhältnisse vorgesehen.
An vorgesehenen Produktmodelleingängen werden zur Prüfung Stimuli- Signale angelegt. Beim gezeigten Beispiel gilt dies für den Testpfad Tl/2. Ausgangsseitig wird das Testergebnis TE1 bzw. beim Testpfad T3-TE2 erfaßt, wofür der betreffende Meßpunkt abgetastet wird.
Die vorhandenen Knoten- oder Testpunkte für Diagnosezwecke schaffen eine Möglichkeit, wenn gewünscht, Aussagen über die den Knoten zugeordneten Funktionsblöcke zu treffen.
Der erhaltene Testreport ermöglicht eine Beurteilung des Produktmodells dergestalt, ob und inwieweit eine ausreichende Testabdeckung gegeben ist und wie effektiv diese Testabdeckung erreicht wurde. Eine Prüflogik, vorzugsweise eine Fuzzy-Logik, ist in der Lage, durch entsprechende programmseitige Umsetzung die Prüfung des Modells zu vereinfachen und möglicherweise neue Knoten vorzuschlagen oder anzugeben für den Fall, daß einzelne der Funktionsblöcke nicht oder nur unzureichend prüfbar sind. Auf diese Weise erfolgt eine schrittweise Optimierung der Prüfspezifikationen dergestalt, daß durch eine Erhöhung oder Einschränkung der einzelnen Tests letztendlich ein adaptiv angepaßtes Modell erstellt wird, dessen Beschreibung die Grundlage für den nachgeschalteten Entwicklungsprozeß bildet.
Mit dem Schaubild nach Fig. 2 wird das Verfahren zur Optimierung von Prüfspezifikationen und Minimierung von Prüfsoftware unter Nutzung des Produktmodells bzw. der hierauf basierenden Wissensbasis verdeutlicht.
Durch die Verwendung des Produktmodells für die Simulation zum Nachweis der Prüfbarkeit eines Produktes schon vor der eigentlichen
Entwicklungsphase kann der Nachweis der geforderten Prüfbarkeit bei minimalem Aufwand in kürzester Zeit erbracht werden.
Durch den Modellcharakter als prüftechnisches Abbild des Produktes werden alle relevanten Parameter für den Nachweis der Prüfbarkeit automatisch protokolliert und als Wissensbasis in der erwähnten Datenbank für spätere Anwendungen verfügbar und transferierbar gehalten. Spätere Anwendungen können beispielsweise in der Nutzung der Wissensbasis für die Diagnose von
Fehlern am fertigen Produkt sein. Durch die Modellstruktur werden die Abhängigkeiten der einzelnen kleinsten tauschbaren Einheiten bzw. Funktionsblöcke von den Testergebnissen erhalten, d.h. alle in einem Testpfad liegenden Funktionsblöcke sind im Fehlerfall betroffene Einheiten und sind in die Diagnose einzubeziehen.
Fig. 2 macht deutlich, daß der Entwicklungsprozeß mit der Leistungsmerkmalsfestlegung LFG beginnt, in die Kennwerte über die Prüfbarkeit einfließen.
Anhand dieser Leistungsmerkmale wird das Produktmodell erstellt und es werden Prüfbarkeitsnachweise am Modell erbracht. Hierbei gewonnene Erkenntnisse, insbesondere nach dem adaptiven Anpassen der funktionalen Tiefe des Produktmodells stehen für den Systementwurf SEW sowie den Feinentwurf FEW bereit. Auf der Basis dieser Informationen kann dann im weiteren Lebenszyklus die Teileentwicklung TLE beginnen. Aus den Informationen für den Feinentwurf FEW und den Systementwurf SEW, die wiederum auf das Produktmodell zurückgehen, werden Erkenntnisse für die mögliche Integration INT von Baugruppen oder Bauteilen gewonnen.
Gemäß Ausführungsbeispiel ist es beim vorgeschlagenen Verfahren nicht mehr notwendig, nach der Werkserprobung WEP bzw. der Abnahme ABN Fehlerkataloge zu erfassen und manuell quasi im Re-Design sehr zeitaufwendige Prüfbarkeitsnachweise und Korrekturen zu erarbeiten.
Die durch das Produktmodell und dessen Optimierung sich ergebenden Daten stehen für den gesamten Produktlebenszyklus zur Verfügung, wodurch insbesondere mit Hilfe von Testpfadnamen eine programmseitige Verbindung zu der notwendigen, standardisierten Prüfsoftware am Ende des Entwicklungsprozesses in leichter Weise realisiert werden kann.
Patentansprüche
1. Verfahren zur computergestützten Optimierung von Prüfspezifikationen und Minimierung von Prüfsoftware sowie zum Nachweis der Prüfbarkeit zu entwickelnder technischer Geräte, -Anlagen oder Systemen, mit folgenden Schritten:
Eingabe eines Produktmodells entsprechend der technischen Konzeption, wobei die das Modell beschreibenden Komponenten Funktionsblöcke oder kleinste und größte tauschbare Einheiten, Testpfade darstellende Verbindungen zwischen den
Funktionsblöcken und vorzusehende Diagnosetestpunkte zwischen oder an den Funktionsblöcken sind;
adaptives Anpassen der funktionalen Tiefe des Produktmodells in Abhängigkeit von mit der vorangegangenen Modellierungsstufe erhaltenen Prufbarkeitsaussage, wobei hierfür mittels eines
Computers die Testpfade stimuliert und die erhaltenen Testreporte durch eine Prüflogik bewertet werden;
Abspeichern des optimierten, vollständig prüfbaren Produktmodells in einer technischen Datenbank, wobei über die jeweiligen Testpfadnamen eine programmseitige Verbindung zu standardisierter Prüfsoftware vorsehbar ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß die Struktur und die Tiefe der Adressierung der Datenbank auf das Produktmodell ausgerichtet ist, wobei die Datenbank Produktentwicklungs- und -lebenszyklus begleitend aktualisierbar ist und die Datenbank unter einer darstellungsseitig bildorientierten Benutzeroberfläche verwaltet wird.