Armierungs-, Maschinen-, Apparate- und Metall-Baustähle in Feinkorn-Güte mit stabiler Korrosions-Schutzschicht
Technisches Gebiet
Die vorliegende Erfindung betrifft Stähle, die bei armierten Bauwerken sowie im Maschinen-, Appara¬ te- und Metallbau Verwendung finden. Insbesondere be- trifft die Erfindung Baustähle mit korrosionsresistenten sowie verbesserten mechanischen und technologischen Eigenschaften.
Armierungsstähle sowie Stähle, die im Maschi¬ nen-, Apparate- und Metallbau Verwendung finden, werden in der Folge als Baustähle bezeichnet.
Stand der Technik
Baustähle wie sie hier angesprochen sind ha- ben üblicherweise Festigkeiten von weniger als 700N/mm2, meist um 500 N/mm2. Sie sollten möglichst billig sein und trotzdem in der Regel eine gewisse Korrosionsbeständig¬ keit aufweisen. Heute üblicherweise verwendete Armie¬ rungsstähle sind unlegierte Stähle mit einem Kohlenstoff- gehalt von 0,15 bis 0,25 Gew.-% Kohlenstoff.
Im Maschinen-, Apparate- und Metallbau werden im allgemeinen Stähle mit im Mittel höherem Kohlenstoff¬ gehalt verwendet, beispielsweise unlegierte Stähle mit Kohlenstoffgehalten von 0,80 bis 1,10 Gew.-% resp. leicht- oder mittellegierte Stähle mit Kohlenstoffge¬ halten von 0,20 bis 0,60 Gew.-%.
Diese Baustähle sind aber nicht ausreichend korrosionsbeständig für die meisten der heute vorherr¬ schenden Anspruchsformen. Jährlich treten durch Korrosion z.B. von Armierungsstählen Schäden an Bauwerken auf, die nur mit grossem Aufwand behoben werden können oder zum Abbruch des Bauwerks führen, da bei einer Sanierung - so-
fern möglich - zuerst der Beton von den schadhaften Ar¬ mierungen entfernt, diese darauf ersetzt und anεchlies- send abermals mit Beton, meist im Verbund mit Spezial- mörtel umgeben werden müssen. Bei einer Sanierung bzw. beim abermaligen Auftrag von Beton/Spezialmörtel sind zu¬ sätzliche Spannungen innerhalb des sanierten Bauwerks kaum zu vermeiden. Die Kosten für solche Sanierungsar¬ beiten erreichen beispielsweise in den USA Milliardenhöhe und würden, im Falle der Sanierung aller Highway-Bauwerke z.B., das US-Brutto-Sozial-Produkt weit überschreiten.
In technologischer Hinsicht wurden schon ver¬ schiedene Versuche und Anläufe unternommen, um die Korro¬ sion von Baustählen, insbesondere auch Armierungsstählen zu verhindern. Einerseits wurde der Einsatz sogenannt witterungsbeständiger Stähle, d.h. Stähle mit einem Kupfergehalt von 0,2 bis 0,4 Gew.-% Cu versucht, z.B. sog. Corten-Stähle. Diese Stähle haben sich aber als nicht ausreichend korrosionsbeständig erwiesen und zwar wegen der Porosität der gebildeten Korrosions-Schicht. Ein anderer Ansatz zur Lösung des Korrosionsproblems ist die Beschichtung der verwendeten Stahlteile mit Farben, metallischen Ueberzügen oder Ueberzügen aus Kunststoffen, beispielsweise Epoxidharzen. Solche Beschichtungen bieten aber keinerlei Schutz gegen Korrosion im Falle lokaler, mechanischer Beschädigung des Ueberzugs, z.B. bei Her¬ stellung, Transport, Lagerung, Handhabung oder Anwendung. Deshalb müssen solche beschichtete Stahlteile absolut un¬ beschädigt eingesetzt werden, was bei deren Verwendung nebst Massnahmen zu deren Schutz auch grosse Sorgfalt er- fordert und deshalb den Verarbeitungsprozess erheblich verlangsamt, behindert und damit verteuert, ganz abge¬ sehen davon, dass schon die Beschichtung sehr konstenin- tensiv anfällt.
Aus dem Edelstahlbereich sind bereits soge- nannt korrosionsbeständige Stähle bekannt. Bei diesen handelt es sich in allen Fällen fast ausschliesslich um Chrom-, Chrom-Nickel- oder Chrom-Nickel-Molybdän-Stähle.
Diese sind um ein Vielfaches teurer als beschichtete Stähle und kommen deshalb als gewöhnliche Baustähle nicht infrage. Ausserdem sind diese Stähle auch bei gewissen Umgebungs-, bzw. Korrosionsbedingungen, Arten des Korro- sions-Mediums, Konzentrationen, Drücken und Temperaturen, nicht beständig und daher ungeeignet. Aus EP 198 024 ist ein chromfreier Spannstahl bekannt, dessen für einen Spannstahl wichtigen Eigenschaften, wie Festigkeit, Sprödbruch-Sicherheit und Korrosionsbeständigkeit, durch Zulegieren diverser Elemente sowie mittels eines speziel¬ len Verfahrens der thermomechanischen Behandlung verbes¬ sert wurden.
Darstellung der Erfindung
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es nun im Baustahlbereich Stähle bereitzustellen, die eine, bei¬ spielsweise bei Armierungsstählen dringend angestrebte, dichte und stabile nicht poröse Korrosions-Schutzschicht, vorzugsweise bei gleichzeitiger Schweissbarkeit aufweisen und sich in den Herstellungskosten nicht wesentlich von den üblicherweise verwendeten Baustählen unterscheiden, u.a. durch Vermeidung einer bei Spannstählen bekannten thermomechanischen Behandlung. Das Ziel wurde erreicht durch Bereitstellen von kupferhaltigen, und zu diesem Zweck leicht legierten Stählen, die unter korrosiven Bedingungen eine dichte, stabile und deshalb nicht wie bisher eine poröse, sondern eine undurchlässige Korrosions-Schutzschicht ausbilden können. Insbesonders enthalten diese erfindungsgemässen Stähle des Armierungs-, Maschinen-, Apparate- und Metall¬ baus ca. 1,5, bevorzugt aber ca. 2,0 Gew.-% Kupfer in gelöstem Zustand. Dieser Kupfergehalt ist essentiell für die Ausbildung einer dichten, stabilen und deshalb nicht porösen, undurchlässigen Korrosions-Schutzschicht und somit für eine bedeutende Anhebung der Korrosionsbestän¬ digkeit. Ferner enthalten die Stähle des vorerwähnten
Anwendungs-Bereichs vorzugsweise 1,5 bis 1,8 Gew.-% Man¬ gan zur Verbesserung der alzbarkeit in Gegenwart von Kupfer. In der erfindungsgemässen chemischen Zusammen¬ setzung bewirkt Mangan aber auch eine erhebliche Korn- Verfeinerung, die eine zusätzliche Verbesserung der
Korrosionsbeständigkeit gewährleistet, sowie eine spür¬ bare Erniedrigung der Uebergangs-Temperatur zum Spröd- bruch und somit eine erhebliche Verbesserung der Spröd- bruch-Sicherheit bei tieferen Temperaturen. Der Kohlenstoffgehalt beträgt bevorzugt von
0,05 bis 0,2 Gew.-%. Mit abnehmendem Kohlenstoffgehalt wird im Zusammenwirken mit den erfindungsgemässen Legie¬ rungselementen über die Feinkornbildung eine Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit sowie der Sprödbruch-Sicher- heit erzielt. Daneben resultiert zudem verbesserte Schweissbarkeit.
Dank der speziellen Zusammensetzung dieser Stähle können beispielsweise Armierungsstähle im Zusam¬ menwirken mit der Karbonatisierung des Betons eine höchst erwünschte Rauhigkeit der Oberflächen-Korrosionsschicht bilden zur Verbesserung der Haftbarkeit des Betons, zumal die gebildete Korrosions-Schutzschicht sehr dicht und stabil ist und daher in ihrer Dicke gegenüber der übli¬ chen Flächen-Korrosionsschicht sehr beschränkt bleibt, wodurch die Haftbarkeit des Betons noch gesteigert, ein Abplatzen jedoch vermieden wird.
Im Gegensatz zur bekannten Korrosionsschicht ist diejenige der erfindungsgemässen Stähle allerdings so dicht, dass korrosionswirksame Stoffe nicht durch diese Korrosions-Schutzschicht hindurchdringen können, wodurch der darunterliegende Stahl absolut korrosionsgeschützt ist und bleibt.
Durch das Zulegieren von Kupfer, in löslichen Mengen von üblicherweise max. 2,0 Gew.-%, wird gleich- zeitig dessen homogene Verteilung über den ganzen Stahl¬ querschnitt gewährleistet. Dies bewirkt, dass sich auch eine lokale mechanische Beschädigung nicht weiter korro-
sionsbildend auswirken kann. Ganz im Gegenteil, denn Kupfer - wie Chrom bei korrosionsbeständigen Stählen - hat eine selbstregenerierende Eigenschaft und bildet auch bei Beschädigung an der beschädigten Stelle sofort wieder eine erneute Korrosions-Schutzschicht, da Kupfer, im Ge¬ gensatz zu Beschichtungen, über den ganzen -Querschnitt homogen verteilt und wirksam ist.
Durch das Zulegieren von weiteren Elementen wie Niob, Vanadium und Molybdän, bevorzugt in den unten angegebenen Mengen, sowie die gezielte Dosierung von Alu¬ minium und Stickstoff, die in ihrem Zusammenwirken die Löslichkeit und homogene Verteilung des Kupfers über den ganzen Querschnitt gewährleisten, erhöht sich auch, über die Zugfestigkeit und eine erhöhte Fliessgrenze (Streck- grenze), das sog. Streckgrenzen-Verhältnis und damit die Duktilitäts-Eigenschaften (Dehnung) dieser Stähle. Gleichzeitig verbessert sich damit auch zusätzlich die Sprödbruch-Sicherheit dieser Stähle bis zu tiefen Tem¬ peraturen von mind. ca. -40°C, oft sogar -60°C, womit sich der sichere Anwendungsbereich dieser Stähle ganz erheblich erweitert.
Um die optimalste Wirksamkeit des erfindungs¬ gemässen Stahls hinsichtlich Korrosionsbeständigkeit, me¬ chanischen, physikalischen und technologischen Eigen- Schäften zu gewährleisten, werden die zusätzlichen Legie¬ rungselemente bevorzugt gemeinsam eingesetzt und zwar ge¬ mäss Stückanalyse gesamthaft wie folgt:
Kupfer 1,50 bis 2,00 Massen-%
Kohlenstoff 0,05 bis 0,20 Massen-%
Mangan 1,50 bis 1,80 Massen-%
Silizium 0,30 bis 0,50 Massen-%
Niobium (Columbium) 0,04 bis 0,06 Massen-% Vanadium 0,035 bis 0,05 Massen-%
Molybdän 0,30 bis 0,50 Massen-%
Aluminium 0,04 bis 0,06 Massen-%
Stickstoff 0,015 bis 0,02 Massen-%
Phosphor _ 0,03 Massen-%
Schwefel _ 0,02 Massen-%
Rest Eisen und Begleitelemente.
Durch Zulegieren der obengenannten Elemente, beispielsweise bis zu den oben als bevorzugt angegebenen Gesamtmengen, können beliebige, bekannte Normstähle zur Ausbildung einer Korrosions-Schutzschicht befähigt wer¬ den. Solche zulegierten Stähle eignen sich für die Her- Stellung beliebiger Stahlteile wie beispielsweise Stäbe, Profile, Bleche, Bänder, kreisförmige und eckige Rohre sowie Federn, Schrauben, Muttern und Ketten.
Die Herstellung solcher erfindungsgemässer Baustähle erfolgt vorzugsweise mit einem ebenfalls Ge- genstand dieser Erfindung bildenden Verfahren.
Die oben angegebene, bevorzugte chemische Zu¬ sammensetzung ist eine stark bevorzugte Stückanalyse des zu diesem Verfahren einzusetzenden Vormaterials. Dieses Vormaterial wird durch Schmelzen und metallurgische Be- handlung, bevorzugt Entschwefelung, Vakuum-/Pfannenbe- handlung, auf bekannte "Weise hergestellt und soll in seiner Stückanalyse die entsprechende, erfindungsgemasse Zusammensetzung aufweisen. Mittels dieses Verfahrens lassen sich sehr hohe Güten erzielen. Der Temperatur-/Zeitverlauf von sechs Varian¬ ten des erfindungsgemässen Verfahrens, sowie die Fein¬ kornausbildung sind in den Figuren dargestellt.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
Figur 1 zeigt den Temperatur-/Zeit-Verlauf eines Verfahrens für die Herstellung von Baustahl höher¬ fester Güte ohne Lösungsgrad der Mikrolegierungselemente beim Wiedererwärmen, Figur 2 zeigt den Temperatur-/Zeit-Verlauf eines bevorzugten Verfahrens für die Herstellung von Baustahl hochfester Güte mit Lösungsgrad der Mikro¬ legierungselemente beim Wiedererwärmen,
Figur 3 zeigt den Temperatur-/Zeit-Verlauf eines Verfahrens für die Herstellung von Baustahl hoch¬ fester Güte ohne Lösungsgrad der Mikrolegierungselemente beim Wiedererwärmen, Figur 4 zeigt den Temperatur-/Zeit-Verlauf eines bevorzugten Verfahrens für die Herstellung von Bau¬ stahl höchstfester Güte mit Lösungsgrad der Mikrolegie¬ rungselemente beim Wiedererwärmen,
Figur 5 zeigt den Temperatur-/Zeit-Verlauf eines Verfahrens für die Herstellung von Baustahl höchst¬ fester Güte ohne Lösungsgrad der Mikrolegierungselemente beim Wiedererwärmen,
Figur 6 zeigt den Temperatur-/Zeit-Verlauf eines bevorzugten Verfahrens für die Herstellung von Baustahl höchstfester Güte (beste Qualität) mit Lösungs¬ grad der Mikrolegierungselemente beim Wiedererwärmen,
Figur 7 zeigt Mikrographien des Gefüge-Zu- stands vor dem Walzen (links), einer Haltezeit auf 1000°C während 1 Stunde und abgeschreckt in Wasser (1000°C/1 Std./Wasser) (rechts) bei 100-facher (oben) und 500- facher (unten) Vergrösserung aufgenommen,
Figur 8 zeigt Mikrographien des rohen Walz¬ zustands mit dem Vorhandensein einer submikroskopischen Ausscheidung bei Figur 8A l'OOO facher Vergrösserung und
Figur 8B 10'000 facher Vergrösserung aufge¬ nommen,
Figur 9 zeigt Mikrographien von abgeschreck¬ tem Stahl (1000°C/1 Std./Wasser) mit dem Vorhandensein einer vergrösserten submikroskopischen Ausscheidung bei
Figur 9A l'OOO facher Vergrösserung und
Figur 9B 10'000 facher Vergrösserung aufge¬ nommen, und
Figur 10 zeigt Mikrographien von abgeschreck- tem Stahl (1'100°C/1 Std./Wasser) , welche das zunehmende Ausscheiden der submikroskopischen Ausscheidung und die Zunahme der Korngrösse veranschaulichen, wobei
Figur 10A bei l'OOO facher Vergrösserung und Figur 10B bei 10'000 facher Vergrösserung aufgenommen wurden.
In den Figuren 1 bis 6 bedeuten die markier- ten Bereiche
A Wiedererwärmen Knüppel normal
B gegebenenfalls Wiedererwärmen Knüppel langsam, um Legierungselemente besser in
Lösung zu bringen
C Haltezeit auf Lösungstemperatur während einer Zeit, die vorzugsweise eine Teilchengrösse von 10 bis 20 n ergibt und eine Teilchenmenge von 20 x 10* /mm2
D Walzbereich
E Kühlbereich, vorzugsweise langsame Abküh- lung im Kühlbett
F Abkühlung aus Lösetemperatur bis auf Walz- anfangstemperatur G rasche Abkühlung, z.B. Abschrecken in Was¬ ser, nach Walzen aus 850° C auf 550° C mit anschliessender langsamer oder verzögerter Auskühlung
Wege zur Ausführung der Erfindung Den Verfahren gemeinsam ist, dass das Vor¬ material (Knüppel) nach Wiederwärmen einem normalen Walz¬ vorgang bei entsprechend normalen Walztemperaturen zwi- sehen etwa 1080 und etwa 850°C (Bereich D in den Figuren) unterzogen wird mit anschliessender ruhiger Abkühlung im Bett unter Vermeidung eines kontrollierten Walzens, bzw. einer thermomechanisehen Behandlung und zwar zur Gewähr¬ leistung eines wirtschaftlich vorteilha ten Verfahrens. Das Vormaterial (Knüppel) wird zuerst auf über 950°C (Bereiche A + B in den Figuren) aufgeheizt. Vorzugsweise erfolgt dieses Aufheizen mit zwei unter¬ schiedlichen Geschwindigkeiten, d.h. zuerst wird normal auf etwa 850°C (A), anschliessend langsamer auf über
1000°C (B), allgemein auf ca. 1050°C bis 1080°C, aufge¬ heizt. Während dieser Aufheizphase geht bereits ein Teil der Mikrolegierungselemente, zum Beispiel V, Nb in Lö¬ sung. Es ist vorteilhaft, den Stahl zum Zwecke des voll- ständigen Lösens der vorhandenen Mikrolegierungselemente während einer Zeit, die vorzugsweise der notwendigen Lö¬ sungszeit von ca. 60 Min. bei 1050-1080°C für Stabstahl 16 mm rund entspricht, auf über 1000°C, vorzugsweise im Bereich von 1050°C bis 1080°C, speziell bevorzugt bei et- wa 1080°C zu halten (Bereich C in den Figuren). Bei die¬ ser Temperatur ist es möglich eine bevorzugte Teilchen- grösse von 10 bis 20 nm und eine Teilchenmenge von 20 x 10^/mm2 zu erreichen. Oberhalb von ca. 1090°C ist das Korngrössenwachstum stark beschleunigt, so dass das Ar- beiten oberhalb dieser Temperatur kritisch wird und vor¬ zugsweise zu vermeiden ist.
Der Stahl wird anschliessend im Temperaturbe¬ reich von ca. 1080°C bis ca. 850°C einem Walzvorgang un¬ terzogen (Bereich D in den Figuren) . Beim Verfahren zur Herstellung höherfester
Güten (vgl. Fig. 1) wird der Stahl im Temperaturbereich aus 1050 bis 1080°C bis etwa 850°C einem normalen Walz¬ vorgang (D) unterzogen.
Mit der erfindungsgemässen chemischen Stahl- Zusammensetzung und Walzen direkt ab Lösetemperatur las¬ sen sich aber auch hochfeste Güten herstellen. Dafür wird der Stahl z.B. zweistufig auf die Lösetemperatur gebracht (insbesonders rasch auf 850°C und dann langsam auf ca. 1065 ± 15°C) und dort während einer ausreichend langen Zeit gehalten, um die Mikrolegierungselemente in Lösung zu bringen (bei ca. 1080°C ca. 60 Min.), worauf er im Temperaturbereich von 1050°C, max. 1080°C, bis etwa 900°C einem normalen Walzvorgang unterzogen (vgl. Figur 2).
Mit der erfindungsgemässen chemischen Stahl- Zusammensetzung lassen sich aber auch durch Aenderungen der Walzbedingungen hochfeste und höchstfeste Güten her¬ stellen.
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Das Herstellungsverfahren für hochfeste und höchstfeste Güten unterscheidet sich von demjenigen für höherfeste Güten durch die Walztemperatur.
Für hochfeste Güten, bzw. höhere Festigkeits- bereiche und -Eigenschaften und damit verbesserte mecha¬ nische Eigenschaften wird erfindungsgemäss bei tieferen Walztemperaturen aber oberhalb von 850°C, insbesondere im Bereich von etwa 980°C bis etwa 850°C gewalzt (Figuren 3 und 4, F und D), wobei die Feinkorn- sowie die Mischkri- stall-Verfestigungs-Wirkungen genutzt werden, die bei der vorliegenden, erfindungsgemässen chemischen Zusammen¬ setzung inhärent und für diese kennzeichnend sind.
Das Auskühlen von etwa 850°C bis Umgebungs¬ temperatur kann langsam an ruhender Luft oder Vorzugs- weise auch verzögert erfolgen, wobei durch die Verzöge¬ rung die Ausscheidungs-Verfestigung zusätzlich unter¬ stützt und angehoben wird (vgl. Fig. 1-4, E).
Es können auch bis höchstfeste Güten herge¬ stellt werden, indem das zweistufige Aufheizen auf die Lösetemperatur der Mikrolegierungselemente und dortige
Halten bis zu deren vollständigen Lösung zu Mischkristal¬ len eingehalten wird und das Walzen ab ca. 950°C bis ca. 850CC erfolgt (vgl. Figur 4).
Es können auch höchstfeste Güten hergestellt werden, wenn der Stahl aufgrund seiner chemischen Zusam¬ mensetzung im Temperaturbereich aus 1080°C vorerst auf ca. 980°C abgekühlt wird (Fig. 5, F) und aus dieser Tem¬ peratur der Walzvorgang bis ca. 850°C (Fig. 5, D) vorge¬ nommen wird und zwar für höchstfeste Güten in einem kenn- zeichnenden Walzvorgang mit möglichst wenigen Stichen, hohem Verformungsgrad und hoher Geschwindigkeit, wodurch sowohl die Feinkorn- als auch die Mischkristall-Verfesti¬ gungs-Wirkungen genutzt werden, gefolgt und unterstützt von der hohen Wirkung der Ausscheidungs-Verfestigung, insbesondere durch Kupfer bewirkt, indem der Stahl aus der Walz-Endtemperatur von ca. 850°C auf ca. 550°C abge¬ schreckt wird (Fig. 5, G), anschliessend an ruhender Luft
oder vorteilhafterweise verzögert abgekühlt wird, wodurch die Ausscheidungs-Verfestigung noch wesentlich unter¬ stützt und verstärkt wird. Auch diese Güte wird noch ver¬ bessert, wenn das zweistufige Aufheizen auf die Lösungs- temperatur der Mikrolegierungselemente und dortige Halten bis zu deren vollständigen Lösung zu Mischkristallen ein¬ gehalten wird (vgl. Figur 6).
Die Erfindung wird in der Folge anhand eines Beispiels näher erläutert: Die nachstehend aufgeführten Resultate beru¬ hen auf einer Schmelze, die in einem Induktions-Hochfre- quenz-Elektro-Ofen mit Verdeckung zwecks möglicher Entga¬ sung mit Argon-Schutzgas hergestellt wurde und folgende chemische Zusammensetzung in der Stückanalyse aufwies:
Kohlenstoff 0,073 %
Kupfer 1,820 %
Mangan 1,740 %
Silizium 0,341 % Niobium 0,038 % (Columbium, amerik. )
Vanadium 0,043 %
Molybdaen 0,402 %
Aluminium 0,048 %
Stickstoff 0,020 % Phosphor J_ 0,0020 %
Schwefel 0,0023 %
Die Schmelze kann aber auch in einem herkömm¬ lichen Lichtbogen-Elektro-Ofen hergestellt werden, vor- zugsweise mit anschliessender Vakuum-Entgasungs/Pfannen- Metallurgie. Erfindungsgemasse Stähle werden in der Folge als TI-COR bezeichnet.
Die Feinkorn-Ausbildung bei verschiedenen Austenitisierungs-Temperaturen und Vergrösserungen zeigen die mikrographischen Aufnahmen in den Figuren 7 bis 10.
Der Einfluss der Austenitisierungs-Temperatur auf die Korngrösse ist in der folgenden Tabelle 1 darge¬ stellt:
Tabelle 1
TI-COR-Stahl, Entwicklung der Korngrösse im Zusammenhang mit der Austenitisierungs-Temperatur
Behandlung Korngrösse gemäss NFA 04 - 102
(= ASTM 112)
950°C/1 Std./Wasser 7 - 8
1000°C/1 Std./Wasser 7 - 8
1050°C/1 Std./Wasser 7 - 8
1100°C/1 Std./Wasser 7 + Körner 2-4 an der
Peripherie 1150°C/1 Std./Wasser 2-3 mit grossen Körnern bis 0
Dies zeigt, dass bei der erfindungsgemäss er¬ mittelten chemischen Zusammensetzung zu den angestrebten Zwecken die Austenitisierungs-Temperatur bei max. ca. 1080°C gehalten werden sollte, um eine Feinkorn-Grösse von 7-8 nach ASTM 112 (= NF A 04-102) zu gewährleisten und um eine rasche anschliessende Kornvergröberung bei höheren Temperaturen zu verhindern bei gleichzeitig optimalem Lösungsgrad der zu den angestrebten Zwecken eingesetzten Mikro-Legierungs-Elemente.
Der Temperatur-/Zeitverlauf verschiedener Va¬ rianten von Baustahl mit gleicher Aufheiz- aber unter¬ schiedlichen Walzcharakteristika, ist in den Figuren 1 bis 6 dargestellt. Baustahl höherfester Güte wurde durch Walzen zwischen ca. 1080°C und ca. 860°C, dem Bereich der erfin¬ dungsgemäss berücksichtigten Feinkorn- und Mischkristall- Verfestigung, erhalten. Dieser gemäss dem Temperaturpro¬ fil entsprechend Figur 1 erhaltene Stahl weist die in Ta- belle 2 angeführten Eigenschaften auf.
Tabelle 2t Höherfeste Güte
Beispiel 16 mm rund statistisches Mittel aus 100 Proben max min
*m Zugfestigkeit N/mm2 881,3 889 876
Rp0.1 Dehnungsgrenze 0,1% N/mm2 613,5 624 594
Rp0.2 Dehnungsgrenze 0,2% N/mm2 648,7 658 632
A Bruchdehnung % 20,42 20,6 20,1
Z Brucheinschnürung % 62,70 63,0 62,0
E Elastizitätsmodul kN/mm2 210,3 217 205
Frm Höchstzugkraft N 180 270 191 400 171 000
Gleichmassdehnung % 6,32 9,0 4,0
Ag
&„<- Totale Dehnung L_ 200 mm % 6,61 9,5 4,4
Verhältnis Festigkeits-Steigerung DIN 488/TI-COR-Stähle 550/881 N/mm2 = + 337 N/mm2 = 61,3%
Baustahl hochfester Güte wurde durch Walzen zwischen 980°C und 870°C, dem Bereich der erfindungsge- mäss berücksichtigten erhöhten Feinkorn- und Mischkri¬ stall-Verfestigung, erhalten. Dieser gemäss dem in Figur 3 gezeigten Temperaturprofil hergestellte Stahl hat die hohen mechanischen Eigenschaften gemäss Tabelle 3:
Tabelle 3 : Hochfeste Güte
Beispiel 16 mm rund statistisches Mittel aus 100 Proben max min
«m Zugfestigkeit N/mm2 946,2 951 938
Rp0.1 Dehnungsgrenze 0,1% N/mm2 554,9 571 544
Rp0.2 Dehnungsgrenze 0,2% N/mm2 622,5 636 612
A Bruchdehnung % 18,84 19,0 18,7
Z Brucheinschnürung % 57,70 60,0 56,0
E Elastizitätsmodul kN/mm2 202,70 216 193
Fm Höchstzugkraft N 188 490 196 800 183 000
Gleichmassdehnung % 5,95 7,5 4,5
Ag
A«t Totale Dehnung LQ 200 mm % 6,47 7,9 4,9
Verhältnis-Festigkeits-Steigerung DIN 488/TI-COR-Stähle 550/946 N/mm2 = +396 N/mm2 = 72,0 %
Baustahl höchstfester Güte wurde erhalten durch Walzen zwischen 980 und 870°C, dem Bereich der er- findungsgemäss berücksichtigten erhöhten Feinkorn- und Mischkristall-Verfestigung mit anschliessender rascher Abkühlung/Abschrecken aus 850°C auf 550°C, dem Bereich der zusätzlich hohen Wirkung der Ausscheidungs-Verfesti¬ gung, insbesondere durch Kupfer, gefolgt von einer ruhi¬ gen und/oder verzögerten Auskühlung zur Verstärkung der durch das vorausgehende Abschrecken eingeleiteten hohen Ausscheidungs-Verfestigungs-Wirkung, wobei sich für einen gemäss dem Temperatur-/Zeitverlauf von Figur 5 herge¬ stellten Stahl die folgenden mechanischen Eigenschaften (Tabelle 4) ergeben:
Tabelle 4: Höchstfeste Güte
Beispiel 16 mm rund statistisches Mittel aus 100 Proben max min
m Zugfestigkeit N/mm2 1135 1247 1069
pθ.1 Dehnungsgrenze 0,1% N/mm2 863,0 1017 803
pθ.2 Dehnungsgrenze 0,2% N/mm2 925,7 1064 863 Bruchdehnung % 17,0 18,5 15,0 Brucheinschnürung % 62.3 67 59 Elastizitätsmodul kN/mm2 203,50 216 182
m HöchstZugkraft N 222 900 237 000 212 400 Gleichmassdehnung % 4,2 5,5 2,5
vgt Gesamtdehnung L 200 mm % 4,7 6,0 3,0
Vergleich DIN 488/TI-COR 550/1135 N/mm2 *= + 585 N/mm2 = 106,5 %
Wird das Verfahren mit den in den Tempera¬ tur-/Zeitverläufen gemäss den Figuren 2, 4 und 6 ange¬ gebenen Bedingungen durchgeführt, d.h. mit zweistufigem Aufheizen, erst rasch auf 850°C, dann langsam auf 1080°C und anschliessender Verweilzeit bei 1080°C (während ca. 1 Stunde) durchgeführt, so lösen sich die Mikro-Legierungs- Elemente vollständig zu Mischkristallen. Je nach dem, welche Walz-/Abkühlbedingungen gewählt werden (jene nach Figur 2, 4 oder 6), verbessern sich die erhaltenen Resul- täte stark. Für die Zugfestigkeit und die Streckgrenze erhält man mindestens eine Verdoppelung der in Tabelle 2- 4 angegebenen Werte. Die Zähigkeitseigenschaften werden ebenfalls verbessert. Für einen mit dem Temperatur-/Zeit- verlauf gemäss Figur 6 hergestellten Stahl beträgt die Zugfestigkeit z.B. mind. 2250 N/mm2 bei entsprechend verbessserten Werten der Duktilität.