Verfahren und Vorrichtung zur elektrochemischen Behandlung von Calcium- und/oder Magnesium-haltigem Wasser oder Ab¬ wasser
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur elektrochemischen Behandlung von Calcium- und/oder Ma¬ gnesium-haltigem Wasser oder Abwasser, insbesondere kommu¬ nalem und/oder gewerblichem Abwasser, das chemisch und/- oder biologisch unter Verwendung von Mikroorganismen zum Zwecke der Phosphor- und/oder Stickstoff-Eliminierung be¬ handelt wird; sie betrifft insbesondere ein Verfahren und eine Vorrichtung zur elektrochemischen und/oder mikro¬ biologischen Eliminierung von Phosphor und/oder Stickstoff aus Wässern, insbesondere kommunalen oder gewerblichen Ab¬ wässern, die in einer Vorbehandlungsanlage oder in einem Klärwerk einem Reinigungsprozeß (vorzugsweise einer biolo¬ gischen Reinigung) unterworfen werden.
Der Phosphor- und Stickstoffgehalt der Wässer, insbeson¬ dere der kommunalen und gewerblichen Abwässer, bildet die Nährstoffbasis für ein oft unkontrollierbares Algenwachs-
turn, so daß bei jeder Abwasserbehandlung auf die weitge¬ hende Eliminierung der Phosphor- und/oder Stickstoffge- halte großer Wert gelegt werden muß, um die Gewässer zu entlasten.
Im Zuge des Gewässerschutzes setzt der Gesetzgeber in Eu¬ ropa ständig höhere Normen für die Abwasserreinigung in bezug auf Phosphor- und Stickstoff-Eliminierung. Diese Nährstoff-Eliminierung kann einerseits durch biologische Verfahren (Nitrifikation, Denitrifikation, biologische Phosphor-Speicherung in Mikroorganismen) , andererseits durch chemische Verfahren (Magnesiumammoniumphosphat¬ fällung, Phosphatfällung) erreicht werden.
Bei der Phosphat-Fällung wird das im Wasser bzw. Abwasser gelöste Phosphat durch Zugabe von Fällungsmitteln, vor¬ zugsweise auf der Basis von Eisen- oder Aluminiumsalzen (in Ausnahmefällen auch durch Zugabe von Calciumhydrat) , in schwerlösliche Eisen- oder Aluminium- bzw. Calciumphos- phate umgewandelt. Die als Fällungsmittel verwendeten ge¬ lösten Eisen- oder Aluminiumsalze enthalten Chlorid- und/oder Sulfat-Anionen. Diese waasserlöslichen Anionen verbleiben nach der Phosphat-Fällung im Wasser und bewir¬ ken dessen Aufsalzung, beispielsweise nach der Gleichung:
FeClS04 + P04 3" → FeP04 1 + Cl" + S04 2
Durch die verwendeten Fällungsmittel können ferner stö¬ rende Nebenreaktionen auftreten, beispielsweise uner- wünschte Veränderungen der Säurekapazität, des pH-Wertes und Beeinträchtigungen der biologischen Abwasserreinigung. Für die Phosphat-Eliminierung mit Hilfe von chemischen Fällungsmitteln müssen außerdem entsprechend aufwendige Lager- und Dosiereinrichtungen gebaut und Produktmengen vorgehalten werden. Dies ist mit zusätzlichen Investiti- ons- und Betriebskosten verbunden ebenso für Dosierein¬ richtungen einschließlich Meß- und Regeleinrichtungen und
für die Entsorgung der zusätzlich anfallenden Fällungs¬ schlämme.
In Deutschland werden zur Zeit für die Behandlung von Ab- wässern etwa 500 000 Tonnen chemische Fällungsmittel pro Jahr eingesetzt. Dies ist nicht nur aus der Sicht des Ge¬ wässerschutzes unbefriedigend (z.B. wegen einer uner¬ wünschten Aufsalzung) , sondern auch ein logistisches und verkehrstechnisches Problem (unerwünschte Vermehrung des Straßenverkehrs, z.Zt ca. 100 LKW pro Tag) . Außerdem ist die Lagerung und Handhabung der chemischen Fällungsmittel hinsichtlich Umweltgefährdung und Arbeitnehmerschutz pro¬ blematisch.
Um diese Nachteile zu minimieren, ist man auf dem Gebiet der Abwasserreinigung ständig auf der Suche nach al¬ ternativen Verfahren zur Eliminierung von Phosphor und/oder Stickstoff, vorzugsweise auf der Basis biologi¬ scher Prozesse.
Aufgabe der Erfindung war es, den Stand der Technik auf dem Gebiet der Phosphor- und/oder Stickstoff-Eliminierung aus Wässern, insbesondere Abwässern, weiterzuentwickeln, um auf noch wirkungsvollere und sesentlich wirtschaft- lichere und umweltfreundlichere Weise die unerwünschten Phosphor- und/oder Stickstoffgehalte noch weiter zu minimieren, um den steigenden Anforderungen des Gesetz¬ gebers zu genügen und einen möglichst optimalen Umwelt¬ schutz zu gewährleisten.
Es wurde nun gefunden, daß diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch gelöst werden kann, daß das zu behandelnde Phos¬ phor- und/oder Stickstoff-haltige Wasser oder Abwasser in einer Leitung oder einem Becken, vorzugsweise in einem be- lüfteten Belebungsbecken, unter Verwendung von Elektroden aus gleichen oder unterschiedlichen elektrisch leitenden Materialien, die mit einer Gleichstromquelle verbunden
sind, bei konstanter Spannung oder konstantem Stromfluß einer elektrochemischen und/oder biologischen Behandlung unterworfen wird.
Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren der ein¬ gangs genannten Art, das dadurch gekennzeichnet ist, daß in das zu reinigende, Phosphor und/oder Stickstoff enthal¬ tende Wasser mindestens zwei Elektroden aus gleichen oder, vorzugsweise, unterschiedlichen Werkstoffen eingebracht und an eine Gleichstromquelle angeschlossen werden, bei einem konstant gehaltenen Stromfluß oder einer kon¬ stant gehaltenen Spannung in Gegenwart eines (gegebenenfalls gelösten) Oxidationsmittels, gegebe¬ nenfalls unter Zugabe von Alkalien, eine elektrochemische Behandlung durchgeführt wird, die zur Verminderung des im Wasser gelösten Phosphors und/oder Stickstoffs führt, wobei einerseits die gebildeten phosphorhaltigen Fällungs¬ produkte abgetrennt werden und andererseits die Phosphat¬ angereicherte Biomasse, die als Folge erhöhter biologi- scher Aktivität der in dem behandelten Wasser enthaltenen Mikroorganismen entsteht, als Überschuß-Schlamm abgezogen wird.
Gegenstand der Erfindung ist ferner eine Vorrichtung zur Durchführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens, die dadurch gekennzeichnet ist, daß sie umfaßt einen (vorzugsweise) geschlossenen Steuerschrank (S) , in dem eine Gleichstromquelle, Einrichtungen zur Regelung des Stromflusses und/oder der Spannung der Gleichstromquelle und Leitungsanschlüsse an die Gleichstromquelle angeordnet sind,
Elektroden aus gleichen oder, vorzugsweise, unterschiedli¬ chen Werkstoffen, die an einem Tragegestell (T) befestigt sind, das in das zu behandelnde Wasser eingesetzt wird, und
Verbindungsleitungen (L) zwischen der Gleichstromquelle und den Elektroden (E) .
Das zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ver¬ wendete Gerät zur elektrochemischen/biologischen P- und/oder N-Eliminierung aus Wasser und Abwasser besteht, wie aus der beiliegenden Fig. 2 ersichtlich, aus einem Steuerschrank S und einem oder mehreren daran angeschlos¬ senen Elektrodenpaketen, die in das zu behandelnde Wasser eingetaucht werden.
Der Steuerschrank wird von einem 220/380 Volt-Stroman¬ schluß gespeist und entspricht in seiner Ausfüh¬ rung/Isolierung den Vorschriften der geltenenden Normen. Vorzugsweise wird er im Freien in der Nähe der angeschlos¬ senen Elektroden E aufgestellt.
Damit ein Gleichstrom produziert werden kann im Bereich von 5 bis 100 Volt und 2 bis 40 Ampere, vorzugsweise ein geglätteter Gleichstrom im Bereich von 10 bis 40 Volt und 10 bis 20 Ampere dient eine im Innern des Steuerschranks vorgesehene Gleichrichtereinrichtung. Außerdem ist eine Einrichtung vorgesehen, die eine einstellbare konstante Stromabgabe gewährleistet durch automatisches Anpassen der Spannung an die sich laufend verändernde Leitfähigkeit des zu behandelnden Wassers. Es ist aber auch möglich, die Spannung konstant zu halten bei variabler Stromabgabe. Da¬ bei wird die Steuerung und Transformation im Steurschrank in der Weise vorgenommen, daß unter keinen Umständen, auch nicht im Störfall, es zum Durchschlagen der Primärspannung auf den Ausgangsteil kommen kann und dort die Spannung von maximal 48 Volt nie überschritten wird.
Das Steuergerät weist einen oder mehrere Gleichstromaus¬ gänge auf zum Anschluß der Elektroden. Das Steuergerät kann so programmiert werden, daß eine nach einstellbaren Zeitintervallen von 2 min bis 1 Monat, vorzugsweise 2 mal täglich von jeweils 5 min bis 3 h automatische Umpolung des Stromflusses erfolgt zur Ablösung von Ablagerungen auf
der Kathode(n). Falls mehrere Elektrodenpakete oder Elek¬ trodensätze verwendet werden, erfolgt die Umpolung vor¬ zugsweise sequentiell.
Jeder der verwendeten Elektrodensätze besteht aus minde¬ stens einer Kathode und mindestens einer Anode, vorzugs¬ weise aus einer Anode u nd zwei Kathoden. Bezüglich Elek¬ trodenwerkstoff, Elektrodenform, Elektrodengröße und Elek¬ trodenanordnung wird auf die weiter unten folgenden Aus- führungen verwiesen.
Bei der praktischen Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens hat sich gezeigt, daß dadurch eine gleichzei¬ tige Eliminierung der unerwünschten Phosphor- und Stick- stoffgehalte in dem behandelten Abwasser erzielt werden kann bei außerordentlich geringen Betriebskosten, so daß das Gesamtverfahren extrem wirtschaftlich arbeitet und na¬ hezu keinen Wartungsaufwand benötigt. Hinzu kommt, daß nach dem erfindungsgemäßen Verfahren in der Regel auf die Zugabe von Chemikalien völlig verzichtet werden kann und gegebenenfalls der aus dem Abwasser in Form eines Phos¬ phats ausgefällte Phosphor leicht zurückgewonnen und ver¬ marktet werden kann.
Der elektrische Stromverbrauch ist beispielsweise pro 1000 m3 Abwasser und Tag mit ca. 5 kWh sehr gering. Die Span¬ nung ist kleiner 40 Volt. Günstig für die Funktion des Verfahrens ist ein mittelhartes Wasser mit einer Gesamt¬ härte von >5°dH (l°dH fällen 3,68 g P zu 19,9 g Ca5 (P04) 3OH) . Je höher die Härte und der pH-Wert des Was¬ sers oder Abwassers, um so besser die Effektivität der Er¬ findung (ELKOPHOS) , d.h. P-Elimination mit Ablaufwerten unter 1 mg/1 Pgesamt ~ ohne Fällungsmittel.
Bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens und der er¬ findungsgemäßen Vorrichtung baut sich in dem behandelten Abwasser ein elektrisches Feld auf, das als Folge von
Elektrodenreaktionen und Ionenwanderungen chemische Verän¬ derungen mit sich bringt, die zu einer überraschend star¬ ken Phosphorausfällung führen, wobei sich der Phosphor im Belebtschlamm anreichert und dann zusammen mit dem Über- Schuß-Schlamm aus dem Reinigungskreiεlauf abgezogen wird. Gleichzeitig tritt eine vermehrte biologische Aktivität hinsichtlich der Phosphor- und Stickstoffeliminierung auf, wodurch sich der Phosphor- und Stickstoffgehalt im belüf¬ teten Belebungsbecken bzw. in der Denitrifikationsstufe noch weiter abbauen läßt, so daß auf umweltfreundliche
Weise ohne Zugabe von Chemikalien eine extrem starke Sen¬ kung des Phosphorgehaltes und/oder Stickstoffgehaltes bis weit über das gesetzlich geforderte Maß hinaus gewährlei¬ stet werden kann.
So wurde beispielsweise in einer Kläranlage für ca. 10 000 Einwohner im belüfteten Belebungsbecken mit Hilfe von zwei an einer 24 V-Gleichstrom-Spannungsquelle angeschlossenen plattenför igen Elektroden aus nicht-rostendem V4A-Stahl (Kathode) bzw. aus Eisen (Anode) jeweils mit einer Kanten¬ länge von etwa 180 cm, die in einem gegenseitigen Abstand von etwa 50 cm in das Abwasser eintauchten, eine elektro¬ chemische Behandlung durchgeführt, die ohne Zusatz von chemischen Fällungsmitteln innerhalb von wenigen Stunden eine etwa 90 bis 95 %ige Eliminierung des Phosphorgehaltes bis deutlich unter den gesetzlich vorgeschriebenen Grenz¬ wert ergab. Ein weiterer Effekt: war die Verbesserung des biologischen Stickstoff-Abbaus, der in der Belebungszone um über 30 % verbessert wurde.
Bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfah¬ rens und der erfindungsgemäßen Vorrichtung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
Die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens im Rahmen einer Abwasserbehandlung wird nachstehend beispielhaft un-
ter Bezugnahme auf die beiliegende Zeichnung (Fig. 1) nä¬ her erläutert.
In einer biologischen Abwasserreinigungsanlage wird das Abwasser einem Reinigungskreislauf unterworfen, wobei es über eine Rechen- und Sandfangeinrichtung 1, ein Vorklär¬ becken 2, ein unbelüftetes Belebungsbecken 3, ein belüfte¬ tes Belebungsbecken 4 und ein Nachklärbecken 5 geführt wird. Eine Rücklaufschlamm-Schneckenpumpe 6 fördert den Schlamm aus dem Nachklärbecken 5 wieder in das belüftete Belebungsbecken 4 zurück. Ein Teil des Schlammes wird als Überschuß-Schlamm 9 dem Kreislauf entzogen und gelangt in die Schlammbehandlungsanlage 10.
Das behandelte Wasser gelangt aus dem Nachklärbecken 5 in einen Vorfluter (nicht dargestellt) . In dem belüfteten Be¬ lebungsbecken 4 tauchen Elektroden 7, die an eine Gleich¬ stromquelle 8 angeschlossen sind, in das Abwasser ein und ermöglichen den Aufbau eines elektrischen Feldes. Dadurch kommt es zu Phosphat-Ausfällungen, die mit dem Überschuß-
Schlamm aus dem System ausgeschleust werden. Gleichzeitig wird der Phosphor zusätzlich zusammen .mit weiteren organi¬ schen Substanzen sowie Stickstoffverbindungen im belüfte¬ ten Belebungsbecken 4 durch Mikroorganismen weiter abge- baut, wobei spezielle Belüftungseinrichtungen (nicht dar¬ gestellt) für die entsprechende Sauerstoffzufuhr sorgen.
Bei den zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens verwendbaren Elektroden ist das Elektrodenmaterial der An- ode (unlegiertes) Eisen oder Aluminium, das Elektrodenma¬ terial der Kathode sollte aus einer hochwertigen Legie¬ rung, z.B. V2A-Stahl, V4A-Stahl oder aus einem anderen elektrisch leitenden Material, z.B. aus einem elektrisch leitenden Kunststoff oder einem elektrisch leitfähig ge- machten Kunststoff oder Graphit oder Titan, bestehen.
Die an die Elektroden anzulegende Gleichspannung und der sich daraus ergebende Gleichstro fluß hängen ab von den physikalischen Daten der Elektroden, der Leitfähigkeit des zwischen den Elektroden befindlichen wäßrigen Mediums und dem angestrebten elektrochemischen Effekt. Bei der prakti¬ schen Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens sollte entweder die Spannung oder der Stromfluß konstant gehalten werden, besonders bevorzugt ist es, den Stromfluß konstant zu halten durch entsprechende Einstellung der Spannung.
Die Spannung der Gleichspannungsquelle liegt vorzugsweise zwischen 5 und 100 Volt, insbesondere zwischen 10 und 40 Volt.
Der Stromfluß der Gleichstromquelle, der vorzugsweise kon¬ stant gehalten wird, liegt vorzugsweise innerhalb eines Bereiches von 1 bis 100 Ampere, insbesondere von 10 bis 20 Ampere.
Die erfindungsgemäß verwendeten Elektroden sind vorzugs¬ weise gleich groß und haben vorzugsweise eine Fläche von 1 bis 20 m2, insbesondere von 2 bis 10 m2. Die Elektroden (sowohl die Opferanode als auch die beständige Kathode) , die vorzugsweise plattenförmig sind, können jeweils aus einem oder mehreren Teilen, vorzugsweise plattenförmigen Teilen, unterschiedlicher oder gleicher Größe bestehen.
Sie werden vorzugsweise in ein durchmischtes Reaktionsbec¬ ken, insbesondere in ein belüftetes Belebungsbecken oder in eine Denitrifikationsstufe, eingebracht.
Die Wirkungsweise des erfindungsgemäßen Verfahrens beruht, wie derzeit angenommen wird, auf den folgenden Mechanis¬ men, ohne daß die Erfindung darauf beschränkt ist, da diese Mechanismen noch nicht eindeutig geklärt sind.
An der Anode werden, wenn diese z.B. aus Eisen besteht, durch die elektrolytische Wirkung des Gleichstromes zwei¬ wertige Eisenionen (Fe2+) freigesetzt. Als Folgereaktion wird an der Kathode das Wasser elektrolytisch zersetzt, d.h. in H+- und θH~-Ionen aufgespalten. Die Wasserstoffio- nen (H+) werden entladen und entweichen als Wasserstoffgas aus dem System. Die Hydroxylionen (OH~) erhöhen den pH- Wert, vor allem im Bereich der Kathode bis weit in den alkalischen Bereich hinein. Unter diesen Bedingungen rea- gieren die im Wasser oder Abwasser enthaltenen Calciumio- nen (Ca2+) und Magnesiumionen (Mg +) mit den darin gelö¬ sten Phosphationen unter Bildung von unlöslichem Calciu - bzw. Magnesiumphosphat. Gleichzeitig werden die gebildeten zweiwertigen Eisenionen (Fe ) durch den im Wasser gelö- sten Sauerstoff zu dreiwertigem Eisen (Fe3+) oxidiert, das seinerseits mit dem Phosphationen reagiert unter Bildung von unlöslichem Eisenphosphat FeP04, das ausfällt.
Die an der Anode gebildeten zweiwertigen Eisenionen (Fe2+) werden aber nicht nur durch den im Wasser gelösten Sauer¬ stoff oxidiert, sondern auch durch in dem behandelten Was¬ ser oder Abwasser gelöste Nitrate (NO.--,*") . Diese werden da¬ bei zu elementarem Stickstoff reduziert, so daß gleichzei¬ tig eine Denitrifizierung stattfindet.
Hinzu kommt, daß in dem Belebungsbecken bzw. in dem Deni¬ trifikationsbecken die biologische Aktivität der darin enthaltenen Mikroorganismen hinsichtlich der P- und/oder N-Eliminierung auf bisher nicht geklärte Weise stark er- höht wird. Überraschenderweise tritt dieser Effekt beson¬ ders eindrucksvoll dann ein, wenn die Anode aus metalli¬ schem, unlegiertem Eisen oder Aluminium und die Kathode aus einem hochlegierten Stahl (z.B. V2A- oder V4A-Stahl) oder einem anderen leitenden Material, z.B. aus einem elektrisch leitenden Kunststoff oder Graphit, bestehen.
Dies zeigt in eindrucksvoller Weise der folgende Versuch 1.
Versuch 1
In einem 10 1 Gefäß aus Kunststoff mit einem kleinen Rühr- werk wurden jeweils eine Anode und eine Kathode instal¬ liert und an eine Gleichstromquelle angeschlossen. Die Gleichstromquelle arbeitete mit 20 V. Der Abstand zwischen den Elektroden betrug 5 cm.
Das Versuchsgefäß wurde mit Abwasser aus der Belebung ei¬ ner biologischen Kläranlage befüllt, Rührer und Gleich¬ stromquelle wurden eingeschaltet. In Abständen von jeweils 10 min wurden Proben entnommen, filtriert und der gelöste Phosphat-Anteil analytisch bestimmt. Es wurden Anoden und Kathoden aus unterschiedlichen Materialien getestet. Die folgende Tabelle I zeigt die Ergebnisse.
Tabelle I
ANODE → Eisen V2A Eisen V2A Aluminium KATHODE → Eisen V2A v2A -• Eisen V2A mεΛP mc lP ε lP ms lP mε lP
Start 10 10,0 10,0 10.0 10,0 nach 10 Minuten 10 9.8 S.2 10,0 9, 1 nach 15 Minuten 10 9.7 6,3 9,7 8.3 nach 20 Minuten 9 10.0 5, 1 9,4 7,6 nach 30 Minuten 9 9,7 3,0 9, 1 6.0 nach 45 Minuten Q 8,8 0,5 8,7 4,3 nach 60 Minuten S 9.1 0.3 9.0 2.6
Aus den erzielten Ergebnissen kann rückgeschlossen werden, daß die Biomasse aus einer Abwasserreinigungsanlage mit Belebtschlamm in der Lage ist, mit Hilfe von elektrischen Feldern Phosphor verstärkt und beschleunigt abzubauen.
Versuch 2
In einer zweiten Versuchsserie wurde in der gleichen Ein¬ richtung wie in Versuch 1 feststofffreies Brauchwasser mit
einer überhöhten Phosphor-Konzentration verwendet. Bei dieser Versuchsserie wurde von vornherein nur mit einer Eisen-Anode und einer Kathode aus legiertem V4A-Stahl gearbeitet. Es hat sich gezeigt, daß auch bei dieser Konstallation (also ohne Biomasse) eine Phosphor-Eliminie¬ rung, wenn auch in geringerem Umfang als mit Biomasse (Versuch 1) , festgestellt wurde.
In einer weiteren Versuchsserie mit phosphathaltige Ab- wasser wurde gefunden, daß sich parallel zum Phosphat-Ge¬ halt auch die Calcium- und Magnesium-Konzentrationen veränderten. In der Tabelle II sind die Ergebnisse zusammengefaßt.
Tabelle II
PO4-P Ca Mg mg/1 mg/1 mg/1
Start 1 1,3 1 17 21 nach 10 Minuten 9.1 109 19 nach 15 Minuten 7,2 101 I S nach 20 Minuten 6,4 93 ' 17 nach 30 Minuten 4,3 S2 17 nach 45 Minuten 1,8 79- 16 nach 60 Minuten 0,9 75 16
Mit der erfindungsgemäßen elektrochemischen Behandlung wurde das Wasser trübe, es bildete sich ein Niederschlag, der abfiltriert und analysiert wurde. Der Niederschlag be- stand aus Calciu carbonat und Calciumphosphat, sowie ge¬ ringen Mengen an Eisenphosphat bzw. Eisenhydroxid.
Auf der Suche nach einer Erklärung für den überraschenden Effekt der Phosphat-Fällung mit Hilfe geeigneter Anoden und Kathoden unter Anlegung eines definierten Gleichstro¬ mes wurde im elektrischen Feld an unterschiedlichen Stel¬ len der pH-Wert gemessen. Dabei wurde mit einer Pipette
Abwasser entzogen, weil pH-Meßgeräte im elektrischen Feld nicht messen können. Die Messungen ergaben, daß unmittel¬ bar im Bereich der Kathoden-Oberfläche der pH-Wert des Wassers deutlich höher war als im übrigen Bereich. Es wur- den pH-Werte von über 12 gemessen.
Der überraschende Effekt der P-Eliminierung im Sinne der Erfindung kann demnach so erklärt werden, daß durch parti¬ elle Erhöhung des pH-Wertes an der Kathodenoberfläche das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht des Wassers verschoben und somit das in Wasser gelöste Calcium als Kation für die Fällung mit Phosphat zur Verfügung steht. Im Sinne der Er¬ findung ist demnach eine P-Eliminierung im Abwasser und Brauchwasser auch ohne den Einsatz spezieller chemischer Fällungsmittel möglich. Dies ist von enormer ökologischer und ökonomischer Bedeutung, weil dadurch nicht nur erheb¬ liche chemische Fällungsmittelmengen eingespart werden können (einschl. der notwendigen Lager-, Dosier- und Steueranlagen) , sondern auch keine zusätzlichen und stö- renden Bestandteile ins Abwasser gelangen, keine Aufsal¬ zung und keine Versäuerung eintritt.
Versuch 3
In einem Klärwerk mit einer Abwasserreinigung nach dem Be¬ lebtschlammverfahren wurde ein Betriebsversuch durchge¬ führt. Wie im Laborversuch wurden Elektroden (Anode aus Eisen, Kathode aus V4A-Stahl) an eine Gleichstromquelle mit 24 V angeschlossen. Die Elektroden wurden jeweils für einen Zeitraum von einem Monat im Belebungsbecken bzw. im Vorklärbecken installiert. Im Vorklärbecken wirkte das elektrische Feld demnach nur auf mechanisch gereinigtes Abwasser, im Belebungsbecken auf biologisches gereinigtes Abwasser in Verbindung mit Belebtschlamm. Mit dem Ver- suchsaufbau sollte herausgefunden werden, inwieweit eine Wechselbeziehung beim Effekt der Phosphor-Eliminierung
zwischen rein elektrochemischen Vorgängen und biochemi¬ schen Vorgängen existiert.
Im Ablauf der Kläranlage wurde die Phosphat-Konzentration regelmäßig (täglich) gemessen. Es zeigte sich, daß die P- Eliminierung mit Hilfe der Erfindung (ELKO) in der Bele¬ bung deutlich effektiver ist als in der Vorklärung. Daraus kann abgeleitet werden, daß die Abwasserreinigung insge¬ samt verbessert werden kann, wenn im Sinne der Erfindung mit Hilfe geeigneter Elektroden, die an eine Gleichstrom¬ quelle angeschlossen sind, elektrische Felder aufgebaut werden. Dies ergibt sich aus der folgenden Tabelle III.
Tabelle III
Elektrochemische P-Elimination
Betriebsversuch
Versuchszeit in Tagen, tägliche Probe
Versuch 4
Erfindungsgemäß wurde in einer Versuchsanlage die elektro- chemische P-Elimination durchgeführt. Als Anode wurde Ei¬ sen und als Kathode Graphit, jeweils in Form 10 cm x 10 cm großen Platten verwendet. Die Elektroden wurden in einem
Abstand von 10 cm zueinander in Phosphor- und Nitrat-hal¬ tiges Abwasser aus dem Belebungsbecken einer biologischen Reinigungsstufe einer kommunalen Kläranlage eingebracht und an eine Gleichstromquelle angeschlossen. Die Strom- stärke wurde bei einer Spannaung von 30 Volt auf 18 Ampere eingestellt. Die Versuchsanlage wurde bei einem Volumen von 200 1 mit 200 1/h kontinuierlich mit Abwasser be¬ schickt, so daß die mittlere Verweilzeit 1 h betrug.
Der Phosphat- und Stickstoffgehalt des Abwassers wurde im Zulauf und im Ablauf der Versuchsanlage in Abständen von 30 Minuten analysiert. Folge Werte wurden gefunden:
Tabelle IV
mg/1 P/N Start 30 60 90 120 150 180
210 min min min mm min mm mm
mσ/1 P04-P
Zulauf 5,5 5,3 5,2 5,3 5,5 5,1 5,2 5,3
Ablauf 5,5 4,7 3,4 2,5 1,6 1,2 1,1 1,1
Eliminierungs- rate in % 0 11,3 34,6 53,8 70,9 76,5 78,8 79,2
mσ/1 NQ3-N Zulauf 18,2 18.4 17,9 18,8 18,6 19,1 18,7 18,4
Ablauf 18,2 17.5 15,2 14,4 12,9 12,3 12,2 11,9 Eliminierungs- rate in % 0 4,9 15,1 23,4 30,6 35,6 34,8 35,3
Die vorstehend wiedergegebenen Versuchsergebnisse zeigen in eindrucksvoller Weise, daß gleichzeitig mit der P-Eli¬ minierung bis auf einen Wert weit unter den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert von 2 mg P04~P/1 eine signifi¬ kante Verstärkung der biologischen N-Eliminierung unter den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert von 18 mg N03-
N/1 stattgefunden hat, ein Effekt, der auch für den Fach¬ mann auf diesem Gebiet nicht erwartet wurde.