N-Fluorsulfonimide, Verfahren zu ihrer Herstellung sowie deren Verwendung als Fluorierungsmittel
Die vorliegende Erfindung betrifft N-Fluorsulfonimide, die als Fluorierungsreagenzien geeignet sind.
Bei der Suche nach neuen pharmazeutischen oder agrochemischen Produkten haben fluorierte Substanzen große Bedeutung. Zur Herstellung dieser Verbindungen spielen elektrophile Fluorierungsreagenzien eine besondere Rolle, da sie den Austausch von aktivierten Wasserstoffen durch Fluor in einem Schritt erlauben. Bekannte Reagenzien dieses Typs sind unter anderen das zu explosiven Reaktionen neigende Gas Perchloryl- fluorid, das kaum lagerfähige Cäsiumperoxofluorsulfat, das instabile Acetylhypofluorit, das sehr reaktive Perfluormethansulfonimid, das N-Fluorphenylsulfonimid (E. Differding und H. Ofner, "Synlett", S. 187, 19911 und das N-Fluor-ortVio-benzodisulfonimid (F. A. Davis und W. Han, "Tetrahedron Letteis" 32, S. 1631, 1991V
Obwohl mit dem N-Fluorphenylsulfonimid ein leicht handhabbares, gut zugängliches, reaktives Agens für die elektrophile Fluorierung zur Verfügung steht, ist sein Gehalt von 60,2 g aktivem Fluor/kg Fluorierungsagens (Formelgewicht N-Fluorphenylsulfonimid 315,3 g/Mol) relativ niedrig.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist die Bereitstellung neuer Verbindungen zur effektiveren Verwendung als Fluorierungsmittel für die elektrophile Fluorierung aktivierter C-H-Bindungen.
Es wurde nunmehr gefunden, daß sich die neuen N-Fluorsulfonimide der allgemeinen Formel I
(Ri-SO-2)2NF (I),
worin
R1 jeweils eine Methylgruppe oder gemeinsam eine Gruppe -(CH**>)n- mit n = 1, 2 oder 3 bedeutet,
einfach herstellen und sich in hervorragender Weise zur elektrophilen Fluorierung aktivierter C-H-Bindungen einsetzen lassen.
Bevorzugt im Rahmen der vorliegenden Erfindung sind das N-Fluormethansulfonimid und N-Fluor[l,3,2]dithiazinan-l,l,3,3-tetraoxid.
Die erfindungsgemäßen Fluorsulfonimide der allgemeinen Formel I weisen aufgrund ihres, verglichen mit N-Fluorphenylsulfonimid, deutlich niedrigeren Formelgewichts, einen höheren aktiven Fluorgehalt auf; beispielsweise hat das erfindungsgemäße N-Fluormethan¬ sulfonimid bei einem Formelgewicht von 191,2 g/Mol einen aktiven Fluorgehalt von 99,3 g Fluor/kg.
Die Verbindungen der allgemeinen Formel I sind in vielen organischen Solventien leicht löslich. Das nach der Fluorierung aus der aktiven Verbindung zurückbleibende Sulfonimid besitzt im Vergleich zum Phenylsulfonimid wesentlich bessere Wasserlöslichkeit. Dadurch läßt sich das jeweils gebildete Sulfonimid ganz einfach durch Auswaschen der organischen Phase, beispielsweise Diethylether, in der sich das fluorierte Produkt befindet, abtrennen. Es werden so aufwendige chromatographische Reinigungsschritte und die Verwendung großer Lösungsmittelmengen vermieden.
Es ist als überraschend zu bewerten, daß die erfindungsgemäßen Verbindungen der allgemeinen Formel I wie das bekannte N-Fluorphenylsulfonimid stabil sind. Bei den Verbindungen der allgemeinen Formel I wäre eigentlich zu erwarten gewesen, daß das sehr reaktive Fluor intra- und/oder intermolekular auf den Rest R1 übertragen würde, daß sich die Verbindungen der allgemeinen Formel I sozusagen selbst fluorieren würden.
Die Herstellung der N-Fluorsulfonimide der allgemeinen Formel I erfolgt erfindungs¬ gemäß durch Umsetzung der leicht zugänglichen Sulfonimide der allgemeinen Formel II
(RiSO^NH (II),
worin
R1 jeweils eine Methylgruppe oder gemeinsam eine Gruppe -(CH-2)n- mit n = 1, 2 oder 3 bedeutet,
mit elementarem Fluor in einem geeingneten organischen Lösungsmittel.
Als Lösungsmittel dient vorzugsweise Acetonitril. Die Reaktionstemperatur soll zwischen 0 °C und -50 °C liegen; sie beträgt vorzugsweise -40 °C. Die Fluorierung wird vorzugs¬ weise in Gegenwart eines Aikalifluorids, wie beispielsweise Natriumfluorid, durchgeführt, und bei Bedarf kann das Produkt chromatographisch (SiO2 Eluens z.B. CH2CI2) gereinigt werden.
Vorteilhafterweise können die erfindungsgemäßen N-Fluorsulfonimide zur Fluorierung aktivierter C-H-Bindungen in Aromaten, Enolethem, Enolaten oder Arylaten verwendet werden. Es wird dabei erfindungsgemäß normalerweise so vorgegangen, daß die ent¬ sprechende C-H-Bindung zunächst durch Umsetzung des Substrats mit einer starken Base, wie etwa Natriumhydrid, Lithiumdiisopropylamid oder einer Alkyllithiumverbindung wie beispielsweise tert.-Butyllithium, deprotoniert und die so aktivierte C-H-Bindung dann durch Reagierenlassen mit einem N-Fluorsulfonimid der allgemeinen Formel I fluoriert wird. In Abhängigkeit von der Basenstärke und der Reaktivität der C-H-Bindung wird die Deprotonierung bei einer Temperatur zwischen -20 °C bis +40 °C und die eigentliche Fluorierung bei einer Temperatur zwischen -100 °C bis +20 °C vorgenommen.
Die fluorierten Verbindungen fallen nach Aufarbeitung in sehr hohen Ausbeuten von bis zu 98 % an.
Anhand der nachfolgenden Beispiele wird die vorliegende Erfindung näher erläutert. Die Anwendungsbeispiele sollen die universelle Verwendbarkeit der Verbindungen der allgemeinen Formel I zur elektrophilen Fluorierung C-H-aktivierter Verbindungen demonstrieren.
Beispiel 1
N-Fluormethansulfonimid
In eine Lösung von 15 g Dimethylsulfonimid (Helferich und Flechsig, "Berichte" 75, S. 532, 1942) in 200 ml Acetonitril werden bei -40 °C in Gegenwart von 14,5 g Natrium- fluoridpulver innerhalb von 2,5 Stunden 60 Liter einer Mischung von 10 Volumenteilen Fluor und 90 Volumenteilen Stickstoff eingeleitet. Anschließend wird mit reinem Stick¬ stoff gespült, im Vakuum eingeengt, mit 200 ml Essigester aufgenommen, über Celite filtriert, im Vakuum eingeengt und aus Essigester/Hexan umkristallisiert. Man erhält 14,9 g N-Fluormethansulfonimid als blaßgelbe Kristalle vom Schmelzpunkt 45 - 48 °C. Bei Bedarf kann über Kieselgel mit Dichlormethan chromatographisch gereinigt werden.
Beispiel 2
N-Fluor[1.3.2]dithiazinan-1.1.3.3-tetraoxid
In eine Lösung von 370 mg [l,3,2]Dithiazinan-l,l,3,3-tetraoxid (Geisler und Kuschmiers, "Chem. Ber." 91, S. 1881, 1958) in 23 ml Acetonitril werden bei -40 °C in Gegenwart von 82 mg Natrium fluoridpulver innerhalb von 9 Minuten 0,5 1 einer Mischung von 10 Volumenteilen Fluor und 90 Volumenteilen Stickstoff eingeleitet. Anschließend wird mit reinem Stickstoff gespült, im Vakuum eingeengt, mit Dichlormethan aufgenommen, über 60 g Kieselgel Chromatographien, im Vakuum eingeengt und aus Aceton/Hexan umkristallisiert. Man erhält 331 mg N-Fluormethansulfonimid als Kristalle vom Schmelzpunkt 171 - 172 °C.
Anwendungsbeispiele
2-Fluor-2-phenyl-malonsäurediethylester
Eine Lösung von 1,18 g 2-Phenyl-malonsäurediethylester in 10 ml Dimethylformamid wird mit 200 mg Natriumhydrid (60 % in Öl) 1 Stunde bei 20 °C gerührt, bei 0 °C langsam mit 956 mg N-Fluormethansulfonimid versetzt und 30 Minuten gerührt. Dann wird mit Wasser verdünnt, mit Diethylether extrahiert, mit Wasser gewaschen, über Natriumsulfat getrocknet und im Vakuum eingeengt. Man erhält 1,353 g rohen 2-Fluor-2-phenyl-malonsäurediethylester.
2-Fluor-l-phenyl-propan-l-on
Eine Lösung von 268 mg 1-Phenyl-propan-l-on in 1,5 ml Tetrahydrofuran wird bei 0 °C zu 1,3 ml einer 1,6 molaren Lösung von Lithiumdiisopropylamid in Tetrahydrofuran gegeben, 15 Minuten gerührt, auf -78 °C abgekühlt, mit 382 mg N-Fluormethansulfonimid in 4 ml Tetrahydrofuran versetzt und langsam auf Raumtemperatur erwärmt. Dann wird mit Wasser verdünnt, mit Diethylether extrahiert, mit Wasser gewaschen, über Natrium¬ sulfat getrocknet und im Vakuum eingeengt. Man erhält 358 mg rohes 2-Fluor-l-phenyl- propan-1-on.
9-Fluoranthracen
Eine Lösung von 514 mg 9-Bromanthracen in 5 ml Tetrahydrofuran/Diethylether (1:1) wird bei -78 °C mit 1,5 ml einer 1,4 molaren tert. Butyllithium-in-Pentan-Lösung versetzt, 30 Minuten bei -78 °C gerührt, mit 382 mg N-Fluormethansulfonimid versetzt, 1 Stunde bei -78 °C gerührt und langsam auf Raumtemperatur erwärmt. Anschließend wird mit Wasser verdünnt, mit Essigester extrahiert, mit Wasser gewaschen, über Natriumsulfat getrocknet und im Vakuum eingeengt. Man erhält 606 mg rohes 9-Fluoranthracen.