Verfahren zur Herstellung einer sterilfiltrierbaren Wirk¬ stofflösung
Beschreibung
Für die parenterale Applikation von Wirkstoffen müssen diese in Form einer wäßrigen Lösung formuliert werden. Die Schwer¬ löslichkeit einer Reihe von Wirkstoffen bereitet dabei oft erhebliche Probleme. Oftmals ist dann nur mit Hilfe von Co- solventien (z.B. Ethanol) und/oder Löslichkeitsvermittlern eine entsprechende Applikationslösung erstellbar.
Ein Beispiel für einen derartigen schwer löslichen Wirkstoff ist das Anipamil-Hydrochlorid (EP 64 158) . Die Löslichkeit in Wasser liegt unter 10 mg/Liter.
Mit Hilfe von synthetischen Löslichkeitsvermittlern gelingt es zwar im allgemeinen leicht, wäßrige Lösungen schwerlösli- eher Wirkstoffe zu bereiten. Der Einsatz von Löslichkeits¬ vermittlern scheitert aber of wegen der dabei beobachteten Nebenwirkungen dieser Substanzen, insbesondere nach intrave¬ nöser Gabe.
Die natürlich vorkommenden Phospholipide dagegen werden be¬ kanntermaßen auch nach parenteraler Gabe nahezu reaktionslos vertragen, unter anderem deshalb, da sie ohnehin Bestandteil einer jeden Zellmembran sind. Diese "natürlichen" Löslich- keitsvermittler eignen sich ebenfalls zur Herstellung von Injektions- und Infusionslösungen schwerlöslicher Wirkstof¬ fe. Zur parenteralen Ernährung werden beispielsweise die da¬ für benötigten schwerlöslichen Fette mit Hilfe von Phospho- lipiden (Eierlecithin oder Sojalecithin) zu einer Emulsion formuliert, die in vergleichsweise großen Mengen ohne die bei synthetischen Löslichkeitsvermittlern beobachteten Ne¬ benwirkungen verabreicht werden können. Derartige Emulsionen bestehen aus in Wasser fein verteilten Fetttröpfchen. An die Fetttröpfchen solcher Emulsionen können auch schwer lösliche Wirkstoffe gebunden werden, die dann in Form solcher kolloi- daler Lösungen auch für parenterale Applikationen verwendbar sind.
Im Gegensatz zu Lösungen, die synthetische Löslichkeitsver- ittler enthalten, sind solche mit Phospholipiden prinzi¬ piell wesentlich schwieriger herzustellen. Phospholipide bilden beim Dispergieren in Wasser keine klaren micellaren Lösungen wie synthetische Löslichkeitsvermittler, sondern immer nur trübe, grobkolloidale Lösungen mit Partikelgrößen von mehreren μm. Derartige grobpartikuläre Präparate sind parenteral nicht applizierbar, da die Gefahr zu groß ist, daß Embolien entstehen. Deshalb muß bei der Verwendung von Phospholipiden als Löslichkeitsvermittler ein Homogenisier¬ verfahren - z.B. eine Hochdruckhomogenisation - durchlaufen werden, um die Partikelgröße auf Werte unter 1 μm zu brin¬ gen. Der Einsatz von Phospholipiden als Löslichkeitsvermitt¬ ler erfordert wegen des notwendigen Homogenisierschritts da- her einen deutlich höheren Herstellaufwand.
Es wurde nun ein wesentlich einfacherer Weg zur Herstellung von Anipamil-haltigen Wirkstofflösungen gefunden.
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung einer sterilfiltrierbaren wäßrigen Anipamil-Lösung, dadurch gekennzeichnet, daß man das Anipamil-Hydrochlorid mit einem Phospholipid im Gewichtverhältnis von 1:2 bis 2:1 mischt, die so erhaltene Mischung durch Zugabe von Wasser bei erhöh- ter Temperatur unter Rühren geliert und anschließend das Gel bei erhöhter Temperatur mit Wasser versetzt, bis der Wirk¬ stoff in der gewünschten Konzentration vorliegt.
Das Verfahren ist sowohl für das Anipamil-Racemat, als auch für die R- und S-Enantiomeren einsetzbar.
Als Phospholipide eignen sich u.a. Phosphatidylcholin, Phosphatidylethanolamin, Phosphatidylserin und Phosphatidyl- glycerin, entweder allein oder in Kombination miteinander. Bevorzugt sind Phosphatidylcholine, insbesondere solche, die ungesättigte Fet säureres e enthalten, wie Ölsäure- und/oder Linolsäureester. Besonders bevorzugt sind hochgereinigte Ei¬ er- und Sojalecithine, die mindestens 80 % Phosphatidylcho¬ lin enthalten. Anipamil-Hydrochlorid und Phospholipid werden im Verhältnis von 1:2 bis 2:1 vorzugsweise 1:1,5 bis 1,5:1 und insbesondere von etwa 1:1 miteinander gemischt. Die Wirkstoff-Phospholipid-Mischung wird dann bei etwa 50 - 90°C, vorzugsweise etwa 70 - 80°C, schrittweise unter
Rühren mit Wasser versetzt. Die zugesetzte Wassermenge be¬ trägt insgesamt etwa 20 ml pro g Wirkstoff-Phospholipid-Mi- schung, wovon jeweils 3 - 7 ml schrittweise im Abstand von 5 - 10 min zugegeben werden. Nach der Gelbildung muß mit weiterem Wasser bei erhöhter Temperatur auf.die gewünschte Wirkstoffkonzentration verdünnt werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren verlangt a) eine schrittweise und in kleinen Portionen erfolgende Hydratisierung des Phospholipid-Anipamil-Gemisches und b) die Durchführung der Hydratisierung bei erhöhter Temperatur. Nur die Einhaltung dieser beiden Bedingungen, insbesondere von a) , liefert zu¬ friedenstellende Resultate, d.h. die Bildung von sterilfil- trierbaren Kolloidlösungen mit kleinen Partikelgrößen. Wird beispielsweise die Zugabe des Wassers nicht in dem oben an¬ gegebenen Schema durchgeführt (portioniert) , sondern initial eine zu große Wassermenge zugegeben, entstehen grobkolloida¬ le trübe Lösungen, die auch nach langem Rühren bei erhöhter Temperatur nicht mehr aufklaren. Die Partikelgrößen in die- sen Lösungen liegen dann immer deutlich über 1 μm.
Den Phospholipid-Lösungen wird zweckmäßigerweise zur Isoto- nisierung eine hierfür geeignete physiologisch verträgliche Substanz zugesetzt. Geeignete Substanzen sind beispielsweise physiologisch verträgliche Salze (NaCl) oder nichtionische Verbindungen, wie Sorbit und insbesondere Mono- oder Disac- charide wie beispielsweise Saccharose. Die Saccharose wird bereits bei der Einwaage der Anipamil-Phospholipid-Mischung in fester Form zugegeben. Es zeigte sich, daß bei Anwesen- heit von Saccharose die Gelbildung bei der Hydratisierung in einer Reihe von Fällen schneller erfolgte, so daß der Ansatz nicht so lange der erhöhten Temperatur ausgesetzt werden mußte.
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhält man kolloidale Lösungen, deren Partikelgrößen überraschenderweise so nied¬ rig liegen, daß eine Sterilfiltration zur Entkeimung möglich ist (0,2- μm-Filter) .
Dieses Ergebnis war insofern überraschend, als sich bei ei¬ nem analogen Versuch ohne Anipamil-Hydrochlorid bei der Hy¬ dratisierung zwar ebenfalls ein klares Gel bildete, das aber beim weiteren Verdünnen immer nur grob kolloidale Lösungen
mit Partikelgrößen von mehreren μm ergab. Erst die Anwesen¬ heit des Wirkstoffs ermöglicht die Bildung von kolloidalen Phospholipid-Lösungen mit Partikelgrößen, die sonst nur mit Hilfe von relativ aufwendigen Homogenisierverfahren erreich- bar sind.
Die erhaltenen Lösungen sind sehr stabil. Auch nach Lagerung über mehrere Monate im Kühlschrank bleibt die Größenvertei¬ lung der Partikel unverändert. Eine Aggregation der Kolloid- teilchen trat nicht auf. Die Lösungen können auch für Infu¬ sionszwecke verdünnt werden (beispielsweise mit isotoner Kochsalzlösung) , ohne daß Ausflockungen auftreten. Auch die¬ se verdünnten Lösungen sind lagerstabil. Die Lösungen zeich¬ nen sich durch sehr gute Verträglichkeit aus, insbesondere bei intravenöser Gabe.
Beispiel 1 Anipamil-HCl-Lecithinlösung 11 mg/ml
1,10 g Anipamil-Hydrochlorid-Monohydrat (1,91 mMol) wurden mit 1,1 g Eierlecithin (Lecithin E100, Fa. Lipoid KG, Lud¬ wigshafen) und 93,7 g Saccharose in ein ther ostatisierbares Glagefäß eingewogen, das über einen Wasserbadthermostaten auf 75°C Innentemperatur erwärmt wurde, unter ständigem Rüh- ren erfolgte dann die Hydratisierung mit destilliertem Was¬ ser gemäß folgendem Schema:
Nach der letzten Wasserzugäbe wurde noch weitere 5 min bei 75°C gerührt. Die noch warme Lösung wurde schließlich in ei¬ nen Meßkolben mit Wasser auf 100 ml verdünnt.
Die Partikelgrößen der Lösung lagen im Mittel bei 0,15 - 0,18 μm. Die gesamte Lösung wurde sterilfiltriert und im Kühlschrank bei 5°C gelagert.
Die so erhaltene Lösung ist bei dieser Temperatur mindestens 1 Jahr stabil. Vor Gebrauch wird sie mit physiologischer Kochsalzlösung auf die gewünschte Konzentration eingestellt. Sie kann dann unmittelbar infundiert werden.
Eine andere Möglichkeit zur Haltbarmachung besteht darin, daß man die noch nicht verdünnten Lösungen nach bekannten Verfahren lyophilisiert.
Beispiel 2
Vergleichsbeispiel
Die Präparation erfolgte wie in Beispiel 1, aber ohne Zugabe von Anipamil-HCl. Es wurde eine stark trübe Lösung erhalten, die sich bereits nach 30 min in 2 Phasen trennte. Die Parti¬ kelgrößen lagen über 1 μm, eine Sterilfiltration war nicht möglich.
Beispiel 3 Anipamil-HCl-Lecithinlösung 11 mg/ml
Der Versuch erfolgte wie in Beispiel 1, aber nur mit 0,7 g Eierlecithin (Lecithin E100) . Die Partikelgrößen lagen wie im Beispiel 1 bei ca. 0,15 - 0,18 μm, eine Sterilfiltration war möglich.