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Die vorliegende Erfindung betrifft einen Zellstoff mit einem erhöhten Gehalt an Hemicellulosen, wobei der Anteil an Mannan verringert ist, eine daraus hergestellte Lyocellfaser sowie deren Verwendung und Herstellungsverfahren dafür.
Hintergrund
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Holz gewinnt mehr und mehr an Bedeutung als nachhaltiger und natürlicher Rohstoff für alle Arten von Materialien. Chemisch gesehen umfasst es drei Hauptkomponenten: Zellulose, Hemizellulose und Lignin. Für viele Anwendungen wird immer noch nur eine einzige Komponente eingesetzt wie z. B. die Zellulose für regenerierte zellulosische Fasern. Zellulose macht jedoch nur 40 bis 47% des Rohstoffes Holz aus. Weniger als 50% des Ausgangsmaterials gelangen in die fertige Faser. Über den Verlauf des Produktionsprozesses vom Holz zur Faser wird ein Großteil des Rohstoffes abgebaut, geht verloren oder wird für die Energieversorgung der Produktion genutzt. Aus den Prozessströmen werden in geringem Maße auch Nebenprodukte wie z. B. Furfural, Essigsäure, Vanillin oder Tallöl gewonnen. Auf der anderen Seite ist die Nachfrage nach zellulosischen Fasern wegen des Bevölkerungswachstums und des steigenden Wohlstandes weltweit stark steigend. Daher wäre es wünschenswert, wenn ein größerer Anteil des Rohstoffes, nämlich auch die anderen Komponenten wie z. B. die Hemizellulosen im Endprodukt genutzt werden könnten. Dadurch erzielte höhere Ausbeuten können zu einem wirtschaftlichen Vorteil bei gleichzeitig verbesserter Nachhaltigkeit führen.
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Hemizellulose im Sinne der vorliegenden Erfindung sind im Holz vorliegende Komponenten in Form kurzkettiger Polymere aus C5 und/oder C6-Zuckern. Im Gegensatz zu Zellulose weisen sie Seitengruppen auf und können daher nur in viel geringerem Ausmaß Kristalle bilden. Ihre Grundbausteine sind Mannose, Xylose, Glucose, Rhamnose, Galactose. Die Seitengruppen bestehen vorzugsweise aus Arabinosegruppen, Acetylgruppen und Galactoseresten sowie O-Acetylgruppen und 4-O-Methylglucuronsäureseitengruppen. Es ist bekannt, dass sich Mannane vorzugsweise mit Zellulose assoziiert finden, während Xylane eher mit Lignin assoziieren. Die Zusammensetzung der Hemicellulosen ist je nach verwendeter Holzart stark unterschiedlich. Im Laufe des Verarbeitungsprozesses bei der Herstellung von Zellstoff werden Seitenketten zum Teil abgetrennt und die Polymerketten aufgespalten. Im Rahmen dieser Erfindung umfasst die Bezeichnung Hemizellulosen solche in ihrer nativen Struktur wie auch solche, die durch ihre Verarbeitung verändert wurden und ebenfalls solche, die durch gezielte chemische Modifikation für den jeweiligen Verwendungszweck eingestellt wurden. Ebenfalls umfasst sind auch kurzkettige Zellulosen und andere Polyosen mit einem DP von bis zu 500.
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Mannan und Xylan als prominente Beispiele von Hemicellulosen sind pflanzliche Polysaccharide, die verzweigte Ketten mit einem Grundgerüst aus Mannose und Glukose bzw. Xylose darstellen. Sie stehen nach der Zellulose, einem unverzweigten Homopolysaccharid aus Anhydro-Glukoseeinheiten, für den größten Anteil an Polysacchariden im Holz und Zellstoff. Mannan ist somit ein Heteropolysaccharid aus β(1-4) verknüpften Anhydro-Mannose- und Glucoseeinheiten aus je 6 C-Atomen zusammengesetzt. Sie bilden eine Ringstruktur aus, die sogenannte Pyranoseform. Sie sind nur leicht verzweigt mit Acetylgruppen und Galactoseresten. Sie ähneln daher der gänzlich unverzweigten Zellulose am ehesten, beide Zuckermonomere zählen zu den sogenannten Hexosen wegen ihrer 6 C-Atome. Es ist bekannt, dass Zellulose und Mannan schon im Baum und im Zellstoff assoziiert sind. Mannan macht den mengenmäßig größten Anteil der Hemizellulosen in Nadelhölzern aus und kommt auch nur dort vor mit einem Gewichtsanteil von 15-20% bezogen auf Holz.
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Xylose-Monomere dagegen haben nur 5 C-Atome. Daher zählt Xylan zu den Pentosanen. Im Gegensatz zum Mannan ist Xylan ein Homopolymer, dessen Grundstruktur ausschließlich aus β(1-4) gebundenen Anhydro-Xyloseeinheiten zusammengesetzt ist. Die Xylane von Nadelhölzern und Laubhölzern unterscheiden sich grundsätzlich deutlich voneinander. Laubholz besteht zu 10-35 Gew. % bezogen auf Holz aus Xylan. Sie enthalten im Gegensatz zum Nadelholz kein Mannan. Das Laubholzxylan weist in unregelmäßigen Abständen 4-O-Methylglucuronsäure-Seitengruppen auf und ist an C2 und C3-Position der Xyloseeinheiten häufig mit O-Acetylgruppen substituiert. Laubholz-Xylane enthalten weiterhin geringe Mengen an Rhamnose und Galacturonsäure. Als exakte Bezeichnung für das Laubholzxylan wird daher O-Acetyl-4-O-Methylglucuronoxylan verwendet. Nadelhölzer enthalten dagegen zum einen einen deutlich geringen Anteil an Xylan von 10-15% bezogen auf Holz. Zum anderen fehlen ihnen die Acetylseitengruppen, gleichzeitig enthalten sie zusätzliche Arabinoseseitengruppen. Sie werden daher als Arabino-4-O-Methylglucuronoxylan bezeichnet.
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Während der Kochung und Bleiche bei der Zellstoffherstellung wechseln sich saure und alkalische Prozessschritte ab, die eine Veränderung der chemischen Struktur der Hemizellulosen bewirken. Es findet bei Xylan und Mannan eine Abspaltung der Acetylseitengruppen statt. Zusätzlich erfolgt ein Abbau des Polymerisationsgrades im alkalischen und sauren Milieu was zu einer Verkürzung der Grundstruktur der Hemizellulosen führt. Die Ketten der nativen Hemizellulosen sind deutlich kürzer als die der Zellulose. Dadurch kann es zu einer Herauslösung von kurzkettigen Hemizellulosen kommen, die sich wiederum in der wässrigen Phase agglomerieren können und dann auf der Oberfläche des Zellstoffes ausfallen können. Die Grundstruktur von Hemizellulosen aus Glucose-, Mannose- und Xylose-Einheiten bleibt jedoch erhalten.
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Bisher werden Hemizellulosen weitestgehend aus den Chemiezellstoffen entfernt, um aus den aufgereinigten Materialien dann später Regeneratfasern produzieren zu können. Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen ist eine vollständige Entfernung des Xylans und Mannans allerdings nicht möglich oder sinnvoll. Die Grenzwerte für Hemizellulosen sind sehr niedrig und liegen für Chemiezellstoffe für den Viskose- und für den Lyocell-Prozess bei deutlich unterhalb von 5% (Gew.-%). Die Auswirkungen von Mannan auf die Faserbildung und die Fasereigenschaften wurden bis jetzt nicht untersucht. Untersuchungen zur Herstellung von zellulosischen Fasern mit Xylan als zusätzliches natürliches Polymer sind sowohl für den Lyocell-Prozess als auch für den Viskoseprozess im Labor- und Technikums Maßstab aus der Literatur in beschränktem Maße bekannt. Die Aussagen in der Literatur sind widersprüchlich. Die großtechnische Umsetzung ist bisher wegen gravierender Mängel nicht erfolgt, wie z. B. verminderte Faserfestigkeiten, Verunreinigungen der Prozesskreisläufe, schlechtere Prozessierbarkeit etc.
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Versuche zum Zumischen von hochmolekularem Laubholz-Xylan im Viskoseprozess wurden im Pilotmaßstab in der Literatur beschrieben (
WO2014086883 ;
Schild G, Liftinger E; Xylan enriched viscose fibers. Cellulose 21:3031-3039). Unabhängig vom Ursprung der Zellulose zeigte sich trotz guter Einmischung von hochmolekularem Xylan eine Entmischung über den gesamten Faserquerschnitt mit einer deutlichen Anreicherung des Xylans in der äußeren Faserschicht mit stark abfallender Konzentration zur Fasermitte. Agglomerationen von Xylan wurden sogar als Klumpen auf der Faseroberfläche sichtbar.
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Für den Lyocell-Prozess wurde in der Literatur wiederholt festgestellt, dass ein verringerter Zellulosegehalt negative Auswirkungen auf die Spinnbarkeit und die Faserqualitäten im Lyocell-Prozess hat. Fink et al. (Fink H-P, Weigel P, Ganster J, Rihm R, Puls J, Sixta H and Parajo JC (2004): Evaluation of new organosolv dissolving pulp. Part II: Structure and NMMO processability of the pulps. Cellulose 11:85-98) beobachtete bei ungebleichten Organosolvzellstoffen, die also einen erhöhten Gehalt an Hemizellulosen und Lignin aufwiesen, dass das Spinnverhalten im Lyocell-Prozess dadurch äußerst mangelhaft war. Es wurden Zellstoffe aus verschiedenen Aufschlussverfahren getestet, wobei hauptsächlich Laubholz als Rohstoff zum Einsatz kam. Einen Einfluss auf die Kristallinität und die Orientierung der Polymerketten im amorphen und kristallinen Bereich stellte er nicht fest.
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Chen et al. (Chen J-H, Wang K, Xu F, Sun R (2015):Zhang et al. (Zhang H, Tong M (2007): Influence of Hemicelluloses on the Structure and Porperties of Lyocell Fibers. Polym Eng Sci 47:702-706; Zhang H, Zhang H, Tong M, Shao H and Hu X (2008): Comparison of the Strucutre and Properties of Lyocell Fibers from High Hemicellulose Pulp and Hich α-Cellulose Pulp. J of Appl Polym Sci 107:636-641) stellten aus einem Nadelholzzellstoff mit erhöhtem Hemizelluloseanteil und einem Laubholzzellstoff mit geringem Hemizelluloseanteil Lyocell-Fasern im Laborversuch her. Obwohl Xylankonzentrationen bezogen auf den Zellstoff von 9,8 und 20,8% verwendet wurden, waren die Unterschiede marginal und können aus wissenschaftlicher Sicht nicht als aussagekräftig angesehen werden. Die Arbeitsgruppe stellte z. B. eine um lediglich 2% absolut gesunkene Kristallinität fest bei gleichzeitig erhöhter Orientierung im kristallinen und amorphen Bereich. Die erhaltenen Faserfestigkeiten waren gleich, die Anfärbbarkeit tiefer. Allerdings handelt es sich um die Untersuchung von nur zwei Proben, wobei die Proben sich in der Zusammensetzung der Hemizellulosen stark unterscheiden, weil sie aus verschiedenen Holzarten hergestellt wurden. Der Zellstoff mit dem höheren Hemizellulosegehalt wurde aus Nadelholz, vorwiegend Kiefer produziert und enthielt daher hauptsächlich Mannan und nur geringe Mengen Nadelholz-Xylan. Die Hemizellulosen der anderen Probe bestanden aus Laubholz-Xylan, da sie aus Eukalyptus hergestellt.
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Eine weitere Literaturstelle (Wendler F, Persin Z, Stana-Kleinschek K, Reischl M, Ribitsch V, Bohn A, Fink H-P, Meister F (2011): Morphology of polysaccharide blend fibers shaped from NaOH, N-methylmorpholine-N-oxide and 1-ethyl-3-methylimidazolium acetate. Cellulose 18:1165-1178) hält fest, dass ein zugemischtes kurzkettiges Xylan die Lyocell-Fasern kaum beeinflusst. Das Xylan stammt aus dem Laubholz Birke. Die kristalline Orientierung sinkt etwas, was der vorhergehenden Publikation widerspricht. Das Wasserrückhaltevermögen und der Kontaktwinkel von Wasser bleiben konstant. Auch das Zeta-Potential bleibt nahezu gleich. Die Versuche erfolgten im Labormaßstab. Daher konnten kaum großtechnische Bedingungen an den Spinndüsen und im Luftspalt nachgestellt werden.
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Diese Prinzipversuche sind jedoch wenig aussagefähig im Hinblick auf die Organisation der Fadenstruktur im großtechnischen Produktionsmaßstab.
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Diverse Patente erlauben einen Einsatz von Hemizellulosen in einer Menge von mehr als 5% bzw. 7% für Lyocell-Fasern
( EP1441050 , US6528163 , US6686040 , US6685856 , EP1435404 , US6514613 , US6440523 , US6444314 , US6605350 , EP1068376 , EP1311717 , EP1362935 , US6210801 , DE69913117 ). Es ist allerdings bemerkenswert, dass LyocellProdukte, die auf diesen Schutzrechten beruhen, bis heute nicht großtechnisch realisiert wurden, obwohl die Prioritätsdaten bis 1998 zurückreichen. Dies ist wohl den Schwierigkeiten beim Upscailing aus dem Labormaßstab und den erzielbaren Fasereigenschaften zuzuschreiben, die den Erwartungen des Marktes nicht entsprechen. In diesen Patenten wird im Hinblick auf den Hemicellulosengehalt keine Differenzierung im Hinblick auf die Zusammensetzung der Hemicellulosen gemacht. In der verarbeitenden Industrie wird daher immer noch gefordert, dass der Anteil an Xylan im Zellstoff und damit in der fertigen Faser unter 5 Gew.-%, vorzugsweise unter 3 Gew.-% liegt.
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Da sich Xylan und Mannan per se und noch dazu von verschiedenen Holzarten stark voneinander unterscheiden, kann angenommen werden, dass die Einflüsse auf die daraus hergestellten Fasern entsprechend variieren. Bisher wurde dies jedoch in keiner Weise berücksichtigt und daher können aus den bestehenden wenigen veröffentlichten Resultaten weder allgemein gültigen Rückschlüsse gezogen werden, noch können die Ergebnisse auf die großtechnische Produktion übertragen werden.
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Das schlechte Spinnverhalten von Zellstoffen mit erhöhtem Lignin- und/oder Hemicellulosengehalt wird in der Literatur darauf zurückgeführt, dass sogenannte Lignin-Kohlenhydrat-Komplexe gebildet werden. Diese lösen sich in Direktlöseverfahren wie z. B. mit NMMO oder ionischen Flüssigkeiten nicht vollständig, sondern bilden Gel-ähnliche Strukturen aus. Dies wiederum führt zu einer Inhomogenität der Spinnlösung, zu einer Veränderung ihres viskosen Verhaltens und schließlich zu einer verringerten mechanischen Festigkeit der Fasern. Ähnliches ist auch aus dem Viskoseprozess allgemein bekannt. Diese Ausfällungen sind pH-Wert- und temperatur-abhängig. Xylan ist in Alkali löslich und fällt aus, wenn der pH-Wert sinkt. Dieses Phänomen ist weiterhin auch aus der alkalischen Kochung bekannt (Potthast A (2006): 4.2.4.2 Reactions of Carbohydrates und 4.3.4.2 Reactions of Carbohydrates: Acid Hydrolysis. In Sixta (Hrsg.): Handbook of Pulp Volume 1, 174-181 and 416-421). In der Endphase der Kochung sinkt der pH-Wert, wenn die Aufschlusschemikalien verbraucht werden, und es kommt zu Ausfällungen von bereits herausgelöstem Xylan an der Oberfläche der Zellstofffasern. Für die Herstellung von Chemiezellstoffen ist das unerwünscht. Ausgefälltes Xylan kann nicht wieder vollständig gelöst werden. Es bildet im Lösungsmittel Gel-ähnliche Aggregate oder bleibt völlig ungelöst. Auch können solche Klumpen aus dem Zellstoff im Lyocell-Prozess nicht wieder gelöst werden.
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Das Problem der Lignin-Kohlenhydratbindungen konnte bisher nur im Direktlöseverfahren mit ionischen Flüssigkeiten aufwändig umgangen werden, indem der Zellstoff zusätzlich vor dem Löseprozess mit Elektronenbestrahlung behandelt wurde (Ma Y, Stubb J, Kontro I, Nieminen K, Hummel M, Sixta H (2017b): Filament spinning of unbleached birch kraft pulps: Effect of pulping intensity on the processability and and the fiber properties. Carb Polym 179: 145-151). Damit konnten die Lignin-Kohlenhydrat-Bindungen aufgebrochen werden und die Zellstoffe wurden erfolgreich in ionischen Flüssigkeiten gelöst und ausgesponnen. Bei Fasern mit einem niedrigen Zellulosegehalt jedoch traten auch hier wieder Festigkeitseinbußen auf. Auch hier wurde Laubholz nämlich Birke als Rohstoff eingesetzt, was wiederum auf eine Problematik des Xylans hindeutet.
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Ma et al. (Ma Y, Stubb J, Kontro I, Hummel M, Sixta H (2017a): High performance man-made cellulosic fibres from recycled newsprint. Green Chem. Ahead of print ) postulieren in diesem Zusammenhang, dass das Durchmischen der gelösten Makromoleküle in der Polymermatrix der wichtigste Punkt für die Weiterverarbeitung im Lyocell-Prozess ist. Vermutlich kann dies nicht geschehen, wenn nur Xylan neben der Zellulose vorliegt. Für eine gute Durchmischung mit der Zellulose müssen, so die Vermutung, Xylan und Mannan im Rohstoff zu finden sein. Das Mannan könnte so als Lösungsvermittler für das Xylan in dieser Polymermatrix dienen.
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Für den Einsatz von Zellstoffen ohne Mannan z. B. aus Laubholz wie Eukalyptus, Birke, Buche etc. würde der Fachmann daher erwarten, dass sich durch die Mischung von Xylan und Zellulose in Abwesenheit von Mannan im Lyocell-Prozess ein völlig verändertes Prozessverhalten ergibt und Fasern mit deutlich anderen Eigenschaften erhalten werden. Es wird derzeit daher davon ausgegangen, dass sich die Prozessierbarkeit stark verschlechtert und dass die Faserfestigkeiten deutlich abnehmen. Rohstoffe mit einem erhöhten Hemizelluloseanteil ohne Mannan werden also bisher als völlig ungeeignet für die Herstellung von Formkörpern im Lyocell-Prozess angesehen.
Problemstellung
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Da die Aufreinigung von Cellulose aufwändig und energieintensiv ist, wäre es vorteilhaft, wenn auch Cellulosematerialien zur Herstellung von Lyocellprodukten, insbesondere Fasern geeignet wäre, die einerseits einen verringerten Celluloseanteil aufweisen und andererseits die bislang am Markt verlangten Spezifikationen für Hemicellulosegehalte nicht erfüllen müssen. Ebenfalls vorteilhaft wäre es, wenn dazu auch Ausgangsmaterialien zum Einsatz kommen könnten, die aufgrund ihrer Zusammensetzung bislang als nicht geeignet zur Herstellung von Lyocellprodukten angesehen werden. Die vorliegende Erfindung stellt sich also die Aufgabe, derartige Materialien und damit verbundene Technologien insbesondere im Bereich der Lyocellfaserherstellung anzugeben.
Kurze Zusammenfassung der Erfindung
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Überraschenderweise wurde erfindungsgemäß gefunden, dass aus einem Xylanreichen Zellstoff eine Lyocell-Faser mit guten Eigenschaften hergestellt werden kann trotz eines sehr geringen Gehalts an Mannan. Die Fasern konnten direkt aus den Zellstoffen, deren Hemizellulosen weitestgehend ausschließlich aus Xylan bestanden, produziert werden und zeigten großtechnisch keine Auswirkungen auf das Spinnverhalten oder die Faserfestigkeiten. Im Gegensatz zur Literatur war für die hier beschriebenen neuen Lyocell-Fasern keinerlei Vorbehandlung des Zellstoffes nötig.
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Also stellt die vorliegende Erfindung den Zellstoff nach Anspruch 1, die Verfahren nach Ansprüchen 2 und 4 sowie die Faser nach Anspruch 3 zur Verfügung, ebenso wie die nachfolgend aufgeführten Ausführungsformen. Bevorzugt Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung angegeben.
- 1. Zellstoff, geeignet zur Herstellung einer Lyocellfaser, wobei der Zellstoff einen Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
- 2. Verfahren zur Herstellung eines Zellstoffs, geeignet zur Herstellung einer Lyocellfaser, wobei der Zellstoff einen Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt, wobei das Verfahren mindestens einen der folgenden Schritte umfasst:
- a) Mischen eines reinen Zellstoffs mit Xylan, um den angegeben Xylananteil zu erreichen;
- b) Behandeln eines Zellstoffs mit einem Hemicelluloseanteil einschließlich Mannan, durch chemische und/oder physikalische Verfahren, um den Mannangehalt zu verringern;
- c) Herstellung eines Zellstoffs unter Einsatz von Laubhölzern;
- d) Mischen eines Mannan freien Zellstoffs mit einem Hemicellulose reichen Zellstoff und/oder anschließende chemische und/oder physikalische Behandlung der Mischung zur Einstellung des Hemicellulosegehalts und der Zusammensetzung des Hemicelluloseanteils.
- 3. Lyocellfaser, mit einem Hemicellulosengehalt von mindestens 5 Gew.-%, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan in der Faser weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
- 4. Verfahren zur Herstellung einer Lyocellfaser, dadurch gekennzeichnet, das die Spinnmasse aus einem Zellstoff hergestellt wird, der einen Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
- 5. Zellstoff, Lyocellfaser oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ausführungsformen, wobei der Hemicellulosegehalt mindestens 10 Gew.-% beträgt und der Xylananteil, bezogen auf den Hemicellulosegehalt mindestens 98% beträgt.
- 6. Zellstoff, Lyocellfaser oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ausführungsformen, wobei der Hemicellulosegehalt mindestens 11 Gew.-% beträgt und der Xylananteil, bezogen auf den Hemicellulosegehalt mindestens 99% beträgt.
- 7. Zellstoff; Lyocellfaser oder Verfahren nach einem der vorstehenden Ausführungsformen, wobei der Zellstoff eine SCAN Viskosität von 300 bis 440 ml/g aufweist.
- 8. Lyocellfaser nach einem der Ausführungsformen 3, 5, 6 und/oder 7, mit einem Fasertiter im Bereich von 0,5 dtex bis 10 dtex.
- 9. Lyocellfaser nach einem der Ausführungsformen 3, 5, 6, 7 und/oder 8, wobei die Faser eine Stapelfaser ist.
- 10. Verfahren zur Herstellung eines Zellstoffs nach einem der Ausführungsformen 2, 5, 6 und/oder 7, umfassend den Schritt der Zellstoffherstellung unter Einsatz von Laubhölzern, bevorzugt Eukalyptus.
- 11. Verfahren zur Herstellung einer Lyocellfaser nach einem der Ausführungsformen 4, 5, 6 und/oder 7, wobei die Spinnmasse als Lösungsmittel wäßrige tertiäre Amin-N-oxide umfasst.
Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung stellt also einen Zellstoff zur Verfügung, geeignet zur Herstellung einer Lyocellfaser, wobei der Zellstoff einen Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
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Weiterhin stellt die vorliegende Erfindung eine Lyocellfaser zur Verfügung, mit einem Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-%, wobei der Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan in der Faser weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
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Zusätzlich stellt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer Lyocellfaser zur Verfügung, dadurch gekennzeichnet, das die Spinnmasse aus einem Zellstoff hergestellt wird, der einen Hemicellulosengehalt von mindestens 7 Gew.-% aufweist, wobei der
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Anteil an Xylan, bezogen auf diesen Hemicellulosengahlt bei mindestens 90% liegt, und wobei weiterhin der Gehalt an Mannan im Zellstoff weniger als 0,2 Gew.-% beträgt.
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Die nachfolgend beschriebenen bevorzugten Ausführungsformen betreffen jeweils die drei vorstehend genannten Aspekte der vorliegenden Erfindung, auch wenn in den entsprechenden Passagen ggf. nur einer der vorstehenden Aspekte explizit genannt wird.
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Vorzugsweise beträgt der Hemicellulosengehalt im Zellstoff mindestens 10 Gew.-%, in Ausführungsformen auch mindestens 12 Gew.-% oder mindestens 14 Gew.%. Da im Vergleich mit dem Ausgangszellstoff der Hemicellulosengehalt in einer gesponnen Faser üblicher Weise etwas geringer ist, sind für die erfindungsgemäße Faser die Hemicellulosengehalte ggf. etwas geringer, z.B. mindestens 10 Gew.-%, wie etwa mindestens 11 Gew.-%, oder mindestens 12.-Gew.-%.
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Der Anteil an Xylan am Hemicellulosengehalt beträgt erfindungsgemäß mindestens 90%, in Ausführungsformen mindestens 95%, bevorzugt mindestens 98%, wie etwa mindestens 99%. In Ausführungsformen ist Xylan die einzige Hemicellulosenkomponente. Dies bedeutet, dass alle anderen Hemicellulosekomponenten jeweils in einer Menge von weniger als 0,2 Gew.-% vorliegen, bevorzugt jeweils weniger als 0,1 Gew.-%.
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Der Mannangehalt beträgt weniger als 0,2 Gew.-%, bevorzugt weniger als 0,1 Gew.-%. Ein Manngehalt von weniger als 0,1 Gew.-% entspricht einem Mannangehalt unterhalb der Nachweisgrenze des in dieser Anmeldung beschriebenen Verfahrens zur Bestimmung der Zusammensetzung von Zellstoffen/Lyocellfasern. Derartige Mannangehalte lassen sich beispielsweise dadurch erreichen, dass als Ausgangsmaterial für die Herstellung des Zellstoffs Holzarten ausgewählt werden, die einen sehr geringen oder praktisch vernachlässigbaren Mannangehalt aufweisen. Dies ist beispielsweise bei Laubhölzern der Fall. Durch die vorliegende Erfindung ist es also möglich diese Klasse an nachwachsenden Rohstoffen für die Lyocellfaserherstellung zu verwenden.
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Es ist allerdings auch möglich den erfindungsgemäßen Hemicellulosengehalt (und dessen Zusammensetzung in Übereinstimmung mit der vorliegenden Erfindung) durch Zusammenstellung von Einzelkomponenten und/oder durch chemische Behandlung von Zellstoffen einzustellen. So können Mannan haltige Zellstoffe derart behandelt werden, dass gezielt die Mannanfraktion abgebaut und entfernt wird. Die Einstellung des erfindungsgemäßen Xylangehalts kann entsprechend durch Einmischung isolierter Xylanfraktionen erfolgen.
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Dadurch ermöglicht die vorliegende Erfindung erneut den Einsatz an Materialien, die ansonsten ggf. als unerwünschte Nebenprodukte der Zellstoffherstellung verworfen worden wären.
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Bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Zellstoffs weisen einen Hemicellulosegehalt von mindestens 10 Gew.-% auf, bei einem Mannangehalt von 0,1 Gew.-% oder weniger und einem Xylananteil im Hemicelluloseanteil von mindestens 98%.
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Die erfindungsgemäßen Lyocellfasern können aus dem hier offenbarten Zellstoff nach dem Lyocellverfahren hergestellt werden. Entgegen der Erwartung zeigen sich keinerlei Probleme bei der Verarbeitung, weder bei der Herstellung einer homogenen Spinnlösung noch in den daraus hergestellten Faser. Diese können mit unterschiedlichen Fasertitern hergestellt werden, in Abhängigkeit von den jeweils gewünschten Einsatzbereichen. Geeignete Fasertiter liegen im Bereich von etwa 0,5 dtex bis 10 dtex, insbesondere 1,3 dtex bis 7 dtex . Erfindungsgemäß können sowohl Stapelfasern als auch Filamente hergestellt werden, die dazu notwendigen Vorrichtungen und allgemeinen Verfahrensparameter sind dem Fachmann geläufig.
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Die hier verwendeten Zellstoffe, die bevorzugt im Rahmen der vorliegenden Erfindung eingesetzt werden, zeigen, wie bereits ausgeführt, einen relativ hohen Gehalt an Hemizellulosen mit der hier definierten Zusammensetzung. Im Vergleich mit Standardzellstoffen mit geringen Hemizellulosengehalt, verwendet insbesondere im Stand der Technik für die Herstellung von Standard Lyocellfasern, zeigen die bevorzugt im Rahmen der vorliegenden Erfindung eingesetzten Zellstoffe auch noch weitere Unterschiede, die nachfolgend aufgeführt sind.
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Im Vergleich mit Standardzellstoffen zeigen die bevorzugt im Rahmen der vorliegenden Erfindung eingesetzten Zellstoffe eine eher flaumige Anschauung. Dies resultiert nach der Vermahlung (während der Herstellung von Startmaterialien für die Herstellung von Spinnlösungen für den Lyocellprozess) in einer Partikelgrößenverteilung mit einem hohen Anteil an größeren Partikeln. Resultierend daraus ist die Schüttdichte viel geringer, im Vergleich mit Standardzellstoffen mit einem geringen Hemizellulosengehalt. Eine derart niedrige Schüttdichte erfordert Adaptionen im Hinblick auf Dosierungsparameter (z.B. Dosierung unter Verwendung von mindestens zwei Vorratsbehältern) bei der Herstellung der Spinnlösungen. Zusätzlich zeigen die im Rahmen der vorliegenden Erfindung vorzugsweise eingesetzten Zellstoffe ein Imprägnierungsverhalten gegenüber NMMO, das im Vergleich mit Standardzellstoffen zeigt, dass hier die Imprägnierung schwieriger ist. Dies kann überprüft werden durch die Evaluierung des Imprägnierungsverhaltens mit der Cobb-Evaluierung. Während Standardzellstoffe typischerweise einen Cobb-Wert von mehr als 2,8 g/g zeigen (bestimmt in Übereinstimmung mit DIN EN ISO 535 mit Adaptionen im Hinblick auf die Verwendung einer wässrigen Lösung von 78% NMMO bei 75°C mit einer Imprägnierungszeit von zwei Minuten) zeigen die vorzugsweise im Rahmen der vorliegenden Erfindung eingesetzten Zellstoffe Cobb-Werte von etwa 2,3 g/g. Dies erfordert Adaptionen während der Herstellung von Spinnlösungen, wie erhöhte Lösungszeit (z.B. erläutert in
WO 94/28214 und
WO 96/33934 ) und/oder Temperaturanpassung und/oder erhöhte Scherung während der Auflösung (z.B.
WO 96/33221 ,
WO 98/05702 und
WO 94/8217 ). Dies ermöglicht die Herstellung von Spinnlösungen die es ermöglichen, die hier beschriebenen Zellstoffe in einem Standardlyocellverfahren einzusetzen).
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In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung zeigt der Zellstoff, verwendet für die Herstellung von Lyocellprodukten, vorzugsweise Fasern, wie hier beschrieben, eine SCAN-Viskosität im Bereich von 300 bis 440 ml/g, insbesondere 320 bis 420 ml/g, stärker bevorzugt 320 bis 400 ml/g. Die SCAN-Viskosität wird in Übereinstimmung mit SCAN-CM 15:99 bestimmt, unter Verwendung einer Cupriethylendiaminlösung, einer Methode die dem Fachmann bekannt ist und die mit kommerziell erhältlichen Vorrichtungen durchgeführt werden kann, wie mit der Vorrichtung Auto PulplVA PSLRheotek, erhältlich von der Firma PSL-Reotek. Die SCAN-Viskosität ist ein wichtiger Parameter der insbesondere die Verarbeitung der Zellstoffe bei der Herstellung von Spinnlösungen beeinflusst. Selbst wenn zwei Zellstoffe eine große Übereinstimmung im Hinblick auf ihre Zusammensetzung etc. zeigen, führen unterschiedliche SCAN-Viskositäten zu einem vollständig verschiedenen Verhalten während der Verarbeitung. In einem direkten Lösungsspinnverfahren, wie dem Lyocellverfahren wird der Zellstoff in NMMO als solches aufgelöst. Es existiert kein Reifungsschritt, vergleichbar beispielsweise mit dem Viskoseverfahren, wo der Polymerisationsgrad der Zellulose an die Bedürfnisse des Verfahrens angepasst werden kann. Daher sind die Spezifikationen für die Viskosität eines Rohzellstoffes typischerweise für den Lyocellprozess in einem kleinen Zielfenster. Ansonsten können Probleme während der Produktion auftreten. In Übereinstimmung mit der vorliegenden Erfindung wurde gefunden, dass die Zellstoffviskosität vorzugsweise wie zuvor beschrieben ist. Geringere Viskositäten führen zu einer Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften der Lyocellprodukte. Höhere Viskositäten können insbesondere zu einer erhöhten Viskosität der Spinnlösung führen, so dass das Spinnen insgesamt langsamer wird. Mit geringeren Spinngeschwindigkeiten werden auch geringere Zugverhältnisse erhalten, was erneut einen signifikanten Einfluss auf die Faserstruktur und die Fasereigenschaften haben kann (Cabohydrate Polymers 2018, 181, 893-901). Dies würde Verfahrensadaptionen erfordern, die zu einer Kapazitätsverringerung führen würden. Die Verwendung von Zellstoffen mit den hier definierten Viskositäten ermöglicht dem gegenüber eine einfache Verarbeitung und die Herstellung von Produkten hoher Qualität.
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Der Ausdruck "Lyocellprozess", bzw. die Ausdrücke "Lyocelltechnologie" und "Lyocellverfahren", sowie sie hier verwendet werden, benennen einen Direktlösungsprozess von Holzcellulosezellstoff oder anderen Zellulose basierten Ausgangsmaterialien in einem polaren Lösungsmittel (z.B. N-Methylmorpholin-n-oxid(NMMO, NMO) oder ionischen Flüssigkeiten). Kommerziell wird diese Technologie verwendet um eine Gruppe an Cellulosestapelfasern herzustellen, kommerziell erhältlich von der Lenzing AG, Lenzing, Österreich unter der Marke TENCEL® oder TENCEL™, die weit verbreitet in der Textilindustrie oder der Nonwoven-Industry verwendet werden. Andere Celluloseformkörper erhalten durch die Lyocelltechnologie wurden auch bereits hergestellt. In Übereinstimmung mit diesem Verfahren wird die Celluloselösung üblicherweise in einem sogenannten dry-wet-spinning-Verfahren extrudiert, unter Verwendung eines Formungswerkzeugs und die geformte Lösung erreicht z.B. nach dem Passieren eines Luftspalts in ein Fällbad, wo der geformte Körper erhalten wird durch das Ausfällen der Cellulose. Der Formkörper wird gewaschen und optional getrocknet, nach weiteren Behandlungsschritten. Ein Verfahren für die Herstellung von Lyocellfasern ist z.B. beschrieben in
US 4246221 ,
WO 93/19230 ,
WO 95/02082 oder
WO 97/38153 . Soweit die vorliegende Erfindung die Nachteile des Standes der Technik diskutiert, und auf die einzigartigen Eigenschaften der neuen Produkte, hier offenbart und beansprucht, diskutiert, insbesondere im Kontext des Einsatzes von Laborausrüstungen (insbesondere im Stand der Technik) oder im Zusammenhang von (semi-kommerziellen) Pilotanlagen und kommerziellen Faserspinneinheiten ist die vorliegende Erfindung so zu verstehen, dass sie auf Einheiten verweist, die im Hinblick auf ihre respektiven Produktionskapazitäten wie folgt definiert werden können:
- Semi-kommerzielle Pilotanlage: etwa 1 kt/a
- Kommerzielle Einheit größer 30 kt/a
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Auch die mechanischen Eigenschaften der erfindungsgemäßen Fasern sind überraschend derart, dass ihr Einsatz in den üblichen Anwendungsfeldern von Lyocellfasern problemlos möglich ist. Die ggf. auftretenden geringen Abweichungen von den mechanischen Kennwerten von Lyocellfasern aus Zellstoff mit einem geringen Hemicellulosengehalt beeinträchtigen die Einsetzbarkeit der erfindungsgemäßen Fasern nicht.
Beispiel
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Im Technikum wurde ein Kraft-Chemiezellstoff aus Eukalyptusholz nach dem VisCBC-Verfahren nach
WO9412719 hergestellt. Der H-Faktor betrug 1200, das Effektivalkali in der Kochlauge lag bei 25 g/l. Die Bleiche erfolgte nach einer total chlorfreien (TCF-)Sequenz. In Tabelle 1 wird der Verlauf der Zuckergehälter vom Holz bis zur fertigen Lyocell-Faser dargestellt. Ein geringer Manananteil ergibt sich im Holz aus der Mannose anderer Polysaccharide. Diese Polysaccharide werden in der Kochung abgebaut und herausgelöst. Der fertige Zellstoff und die neue Lyocell-Faser daraus enthalten kein Mannan, sondern hauptsächlich Xylan als Hemizellulose. Der Glucananteil spiegelt zum größten Teil den Zelluloseanteil im Zellstoff und in der Faser wider.
Tabelle 1: Anteile der verschiedenen Zuckermonomere vom Rohstoff Holz bis zur fertigen Non-Wovens-Faser von Eukalyptusholz Analyse | Einheit | Holz | Rohzellstoff | Gebleichter Zellstoff | Lyocell-Faser |
Versuchsnummer | | Clone "D" | Ka_CBC689698 | BI438 | E33_2017_0572 |
Glucan | % | 44,3 | 79,8 | 82,3 | 85,4 |
Xylan | % | 13,1 | 15,1 | 14,0 | 12,1 |
Mannan | % | 0,8 | <0,2 | <0,2 | 0,1 |
Arabinan | % | 0,3 | <0,1 | <0,1 | <0,1 |
Rhamnan | % | 0,2 | <0,1 | <0,1 | <0,1 |
Galactan | % | - | <0,1 | <0,1 | <0,1 |
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Ein Vergleich mit anderen Marktzellstoffen zeigt die einzigartige Zusammensetzung des neuen Rohstoffes (Tab. 2). Der Marktzellstoff 1 ist ein konventioneller Sulfitzellstoff aus Laubholz, der mit 2,6% Xylan den geforderten Xylangehalt von maximal 5% deutlich unterschreitet. Er enthält kein Mannan. Der Marktzellstoff 2 wurde aus Nadelholz produziert und enthält daher Xylan und Mannan in einem Verhältnis von ca. 1:1,5. Der neue Zellstoff BI438 weist einen hohen Gehalt von Xylan von 14,0% auf, der deutlich über dem geforderten Maximum von 3 bis 5% liegt, während der Anteil an Mannan unter der Nachweisegrenze liegt. Er erfüllt die herkömmlichen allgemein bekannten Bedingungen für die Weiterverarbeitung im Lyocell-Prozess im Hinblick auf den Hemicellulosenanteil und deren Verhältnis zueinander in keiner Weise. Er liegt deutlich oberhalb der bekannten Grenzwerte und sollte daher nicht einsetzbar sein.
Tabelle 2: Zuckergehalt der Kohlenhydrate des Mannan-freien Zellstoffes im Vergleich zu Marktzellstoffen | Einheit | Marktzellstoff 1 | Marktzellstoff 2 | BI438 |
Holzart | | Eukalyptus | Southern Pine | Eukalyptus |
Aufschluss | | Sulfit | Kraft | Kraft |
Glucan | % | 95,2 | 82,2 | 82,3 |
Xylan | % | 2,7 | 8,3 | 14,0 |
Mannan | % | 0,1 | 5,7 | <0,2 |
Arabinan | % | <0,1 | 0,3 | <0,1 |
Rhaman | % | <0,1 | <0,1 | <0,1 |
Galactan | % | <0,1 | 0,2 | <0,1 |
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Der Zellstoff mit dem hohen Xylangehalt und ohne Mannan BI438 wurde im Vergleich zum Marktzellstoff 1 im Technikumsmaßstab ausgesponnen. Wider Erwarten stellte sich eine gute Prozessierbarkeit heraus. Es gab keinerlei Probleme bei der Weiterverarbeitung. Die Faserfestigkeiten wurden bestimmt. Im Gegensatz zu allen bekannten Mängeln zeigten die Fasern ohne Mannan eine äußerst geringe Abnahme der Festigkeitseigenschaften (Tab. 3). Wegen des extrem hohen Xylangehalts von 12,1% im Vergleich zu 1,7% würde der Fachmann überhaupt keine akzeptablen Faserdaten mehr erwarten. Die Faserfestigkeit (FFk) und die Faserdehnung (FDk) in konditioniertem Zustand sinken jeweils nur um 10%. Der Wert für die Dehnung liegt sogar im normalen Schwankungsbereich der Technikumsanlage.
Tabelle 3: Fasereigenschaften der neuen erfindungsgemäßen Faser ohne Mannan im Vergleich zu Fasern aus einem Marktzellstoff mit geringem Xylan- und Mannan-Gehalt | Einheit | E33_2017_0572 | E33_2017_0572 |
Zellstoff | | Marktzellstoff 1 | BI438 |
Glucan | % | 95,8 | 85,4 |
Xylan | % | 1,7 | 12,1 |
Mannan | % | 0,2 | 0,1 |
Titer | dtex | 1,75 | 1,72 |
Faserfestigkeit, konditioniert (FFk) | cN/tex | 30,6 | 27,6 |
Faserdehnung, konditioniert (FDk) | % | 12,6 | 11,4 |
Methoden
Bestimmung der Zucker-Monomere
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Die Bestimmung der neutralen Zucker-Monomere wurde nach einer Total-Hydrolyse mit H2SO4 mittels Anionen-Austausch-Chromatographie durchgeführt. Die Methode ist dem Fachmann gut bekannt und wird von Sixta et al. (Sixta H, Schelosky N, Milacher W, Baldinger T, Röder (2001): Characterization of alkali-soluble pulp fractions by chromatography. In: Proceedings of the 11th ISWPC, Nice, France. 655-658) ausführlich beschrieben.