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Gläser mit hohem Brechungsvermögen Die Erfindung betrifft Gläser,
die neben einem hohen Brechungsvermögen (Brechungszahl über 2,1) gute Verarbeitungs-
und Gebrauchseigenschaften besitzen. Erfahrungsgemäß wird das Brechungsvermögen
durch einen großen Gehalt an Metalloxyden von hohem Molekulargewicht erhöht. Derartige
Oxyde sind z. B. die Oxyde von Blei, Wismut, Thallium, Kadmium, Caesium, Barium.
Andererseits bewirken die üblichen sauren Glas-Bildner, wie Kieselsäure, Borsäure
und Phosphorsäure, meistens eine Verringerung des Brechungsvermögens. So, hat beispielsweise
ein Glas mit 5o Molprozent Kieselsäure und 5o Molprozent Bleioxyd einen Brechungsindex
von etwa i,9, während der Brechungsindex eines Glases mit 54 Molprozent Kieselsäure
und 46 Molprozent Bleioxyd etwa 1,77 beträgt.
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Man war deshalb. bisher bestrebt, Gläser unter Verwendung möglichst
geringer Mengen an sauren Glasbildnern herzustellen. Diesem Bestreben sind jedoch
Grenzen gezogen. So ist es beispielsweise nicht gelungen, den S'02 Gehalt von Bleioxyd-Kieselsäure-Gläsern
wesentlich unter 35 Molprozent zu senken, da bei weiterer Verminderung des Kieselsäuregehaltes
vorwiegend kristalline Stoffe, aber keine Gläser erhalten werden. Einem sehr hohen
Bleigehalt steht weiterhin entgegen, daß die Gläser nicht farblos, sondern gelb
oder braun sind, weil ein hoher Bleigehalt mit einem sehr niedrigen Gehalt an sauren
Glasbildnern einhergeht. Ein niedriger Gehalt an sauren Glasbildnern und ein hoher
Bleigehalt führen zu kristallinen Stoffen oder auch, bei anderer Zusammensetzung,
zu verfärbten Gläsern. Enthalten Gläser neben Bleioxyd noch andere geeignete Schwermetalloxyde,
dann kann ihr Gehalt an sauren Oxyden gegebenenfalls weniger als 2o Molprozent betragen.
Ein Glas aus go Molprozent Blei+Wismutoxyd und ro Molprozent
Bor-+Phosphorsäure
hat z. 'B. den. Brechungsindex 2,3. Einderartiges Glas ist jedoch chemisch wenig
widerstandsfähig und im übrigen teuer. Gläser mit einem wesentlich d'arüberliegenden
Wert sind bisher noch nicht bekanntgeworden.
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Eingehende Untersuchungen haben gezeigt, daß Gläser, bestehend aus
30 bis 7o Molprozent Titandioxyd, o bis 5 Molprozent der üblichen glasbildenden,
erfahrungsgemäß das Brechungsvermögen herabsetzenden Oxyde, wie Kieselsäure, Borsäure,
Phosphorsäure, Natriumoxyd, und im übrigen aus Bleioxyd und gegebenenfalls anderen
Oxyden mit hohem Molekulargewicht, die erfahrungsgemäß das Brechungsvermögen erhöhen,
wie Wismutoxyd, Tantaloxyd, Bariumoxyd, Antimonoxyd, ein ganz besonders hohes Brechungsvermögen
aufweisen. So zeigte z. B. ein Glas, das 5o Molprozent Bleioxyd und 5o Molprozent
Titandioxyd enthielt, den erstaunlich hohen Brechungsindex von 2,7. Ein anderes
Glas mit ¢8 Molprozent Bleioxyd, 48 Molprozent Titandioxyd und q. Molprozennt Borsäure
hatte z. B. einen Brechungsindex von 2,q.. In den vorstehend beispielsweise angegebenen
Zusammensetzungen ist als basisches Oxyd Bleioxyd enthalten, dem gegebenenfalls
gemäß der Erfindung noch weitere Oxyde mit hohem Molekulargewicht beigefügt werden
können. Der Gehalt der Gläser an sauren. oder basischen Oxyden, welche das Brechungsvermögen
erfahrungsgemäß herabsetzen, soll erfindungsgemäß 5 Molprozent nicht übersteigen.
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Die erfindungsgemäß in den Grenzen 30 bis
70 Molprozent TiO2,
25 bis 7o Molprozent Pb0 und o bis 5 Molprozent B20. liegende Glaszusammensetzung
unterscheidet sich grundsätzlich von einem bekannten Vorschlag zur Herstellung eines
Glases mit Brechungsindex größer als 2 aus
3 bis 12 Gewichtsprozent T'02,
66 bis 95 Gewichtsprozent PbO und 2 bis 3o,Gewichtsprozent B20.. Der schon bei einem
Vergleich der vorstehenden Werte auffallende Unterschied wird noch deutlicher, wenn
man die in Gewichtsprozent angegebenen Werte der bekannten Glaszusammensetzungen
in Molprozent umrechnet. Im nachfolgenden sind die Molprozentwerte von zwei Versätzen
unter Zugrundelegung des bei der bekannten Zusammensetzung niedrigsten in Betracht
kommenden Borsäuregehaltes von 2% und des höchsten und niedrigsten in Betracht kommenden
T'itandioxydgehaltes wiedergegeben:
1 M01- |
2 Mo1- |
prozent prozent |
B20. ...............:.. 10,9 9,6 |
T'02 .................. 7,3 2513 |
Pb0 .................. 81,8 65,1 |
Wie aus den vorstehenden Werten ersichtlich ist, liegt der Titandioxydgehalt der
bekannten Glaszusammensetzung in jedem Falle wesentlich unter demjenigen erfindungsgemäß
zusammengesetzter Gläser, während der Borsäuregehalt bei der bekannten Zusammensetzung
mindestens doppelt so groß ist als im Falle derErfindung. Die erfindungsgemäße Erkenntnis,
daß man mit erheblich weniger als 1o Molprozent Bor auskommen kann, wenn man den
Gehalt an Titandioxyd zwischen
30 und
70- Molprozent hält, ist somit
aus der bekannten Glaszusammensetzung nicht herleitbar. Erfindungsgemäß kann man
bei Einhaltung eines derartigen Titandioxydgehaltes sogar ganz ohne Borsäure auskommen.
Die bekannte Zusammensetzung entspricht durchaus der allgemein herrschenden Meinung,
daß eine gewisse Menge an sogenannten Glasbildnern erforderlich ist, um ein stabiles
Glas zu erhalten. Die Erfindung beruht demgegenüber auf der Feststellung, daß diese
allgemeine bisherige Auffassung falsch ist und daß unter bestimmten Voraussetzungen
überhaupt keine sogenannten Glasbildner erforderlich sind.
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Gläser nach der Erfindung fallen je nach den Herstellungsbedingungen
und je nach ihrer Zusammensetzung, insbesondere ihres Titandioxydgehaltes, transparent
oder getrübt aus. Ein hoher Anteil an Titandioxyd verursacht ein hohes Brechungsvermögen,
begünstigt aber auch das Auftreten einer Trübung. Auch durch langsames Abkühlen
der Glasschmelze wird Trübung bewirkt, während schnelles Abkühlen (Abschrecken)
des schmelzflüssigen Glases entgegengesetzt wirkt. Man kann durch schnelles Abkühlen
auch in schwierigen Fällen, d. h. bei Gläsern, die bei normaler Abkühlung kräftig
weißgetrübt ausfallen, noch klare Kugeln, Stäbe, Röhren bzw. von höchstem Brechungsvermögen
herstellen.
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Daß es möglich ist, derartig stark brechende Gläser herzustellen,
war nicht vorauszusehen. Das vorstehend als Beispiel aufgeführte Glas mit 5o Molprozent
PbO und 5o Molprozent T'02 -entsprechend rund 7.4 Gewichtsprozent PbO und 26 Gewichtsprozent
T'02 - müßte nach den bekannten Faktoren, nämlich 0,0179 für jedes Hundertteil PbO
und o,o2o für jedes Hundertteil T'02, rechnungsmäßig eine Brechungszahl von 1,86
haben. In Wirklichkeit beträgt sie etwa 2,7.
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Besonders überraschend ist die Tatsache, daß man bei völligem oder
fast völligem Fehlen der üblichen sauren Glasbildner überhaupt klare und stabile
Gläser bekommt. Die Verbindung Pb0 - TiO2 ist bekannt, daß aber auch ein Glas dieser
Zusammensetzung existiert, widerspricht allen Erwartungen.
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Gläser gemäß Erfindung mit hohem Brechungsvermögen lassen sich auf
vielen Gebieten mit Erfolg verwenden. Vorzugsweise eignen sich derartige Gläser
für Zwecke der Optik oder auch für di.eHerstellung von kleinenKugeln für hochwertige
Rückstrahler. Sie können auch wie Edelsteine geschliffen werden und in dieser Form
z. B. zur Herstellung von nachgeahmtem Schmuck für Theaterzwecke u. dgl. dienen.