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Prothese
Es ist bekannt, daß gewöhnliche Prothesen für Verstümmelte
mit Hilfe {künstlicher Glieder versuchen, die Verstümmelten in irgendeiner Weise
in die Lage zu versetzen, das fehLende Glied durch künstliche Mittel zu ersetzen.
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Es ist auch bekannt, daß bis jetzt auch die vollständigsten Prothesen
dieser Absicht nur in primitivster Weise genügten. Tatsächlich ist es bei den allerbesten
Prothesen, z. B. für fehlende Hände, nur gelungen, eine ästhetisch genügende Prothese
fherzustellen, aber die Bewegungen, die die künstliche Hand machen kann, sind auf
eine Annäherungsbewegung des Daumens zu den anderen Fingern beschränkt, die nichts
gemein hat mit den psychodynamischen Verhältnissen zwischen Muskeln und bewegten
Organen normaler Personen.
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Auch weiß man, daß Verstümmelte, wenigstens anfänglich, eine Empfindung
der amputierten Glieder bewahren, die auf im Stumpf noch vorhandene Nerven zurückzuführen
sind und, wenn erregt, an jene amputierten Teile erinnern, von denen die normale
Erregung vor der Amputation eingeleitet wurde.
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Bemerkt sei hierbei, daß bei normalen Muskelbewegungen, z. B. der
Hand, auch Muskeln des Armes mitspielen, welche bei einer Teilamputation des Armes
im Stumpf verbleiben.
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Unter diesen Voraussetzungen hat die Erfindung das Ziel, mittels
Bewegungen dieser verbleibenden Muskeln und mit passenden Hilfsmitteln gewisse Teile
der Prothese zu bewegen, so Idaß derVerstümmelte mit-gewollter Kontrolle handeln
kann, fast
als ob die Prothese den fehlenden Körperteil ersetzen
würde.
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Gleichzeitig bezweckt die Erfindung, mittels geeigneter Übertragungsmittel
auf den verbleibenden Stumpf eine Rückwirkung zu übertragen, die im Verhältnis zu
der von den Arbeitsgliedern der Prothese ausgeführten Arbeit. steht. Somit wird
der Verstümmelte das Gefühl einer Reaktion der Prothese erhalten, als ob die Prothese
in allen psychodynamischen Verhältnissensden amputierten Teil ersetzen würde.
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Da aber die verbleibenden Muskeln nicht genügende Kräfte besitzen,
um die Arbeitsglieder der Prothese wirksam zu bewegen, ist zu einer Hilfsvorrichtung
Zuflucht zu nehmen, die zwischen den Muskeln undder Protese eingeschaltet werden
muß.
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Eine solche Hilfsvorrichtung kann z. B. aus einem Servomotor bestehen,
,def von einer beliebigen Energiequelle gespeist wird, wobei diese Energie quelle
vor allem die Bedingung erfüllen muß, die Energie zu liefern, die zur Ausführung
der Arbeit seitens der Arbeitsglieder der Prothese nötig ist.
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Es sei hier bemerkt, daß mani unter den in der Beschreibung und in
den Patentansprüchen angewandten ,Ausdruck Prothese jegliches Arbeitsmittel versteht,
das an Stelle eines fehlenden Gliedes an den Menschenkörper angesetzt werden kann,
und das Form {haben und Funktionen erfüllen kann, die mit der Form und den Funktionen
des fehlenden Körperteils auch nichts gemeinsam haben können.
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Weiterhin wird darauf hingewiesen, daß der Ausdruck Muskel, der weiter
unten in bezug auf den Körperteil angewandt wird, der materiell auf die Prothese
wirkt, von Rechts wegen auf die ganze aus Muskeln und Sehnen' gebildete kinematische
Kette, die mit dem in Frage kommenden Muskel zusammenarbeitet, zu erwei-tern ist.
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Der tGegenstanfdr der Erfindung besteht nun im wesentlichen in einer
Prothese, deren Arbeitsglieder von einem Muskel, vorzugsweise unter Zuziehung einer
Servoenergiequelie, durch beliebige Mittel betätigt wird, die dadurch gekennzeichnet
ist, daß der-,Muskel durch geeignete.Mittel in Abhängigikeit von den von den Arbeitsgliedern
der Prothese ausgeführten Bewegungen und Kraftanstrengungen beansprucht wird.
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Nach einem Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Prothese kann
die Muskelvolumenänderung einen von einer Energiequelle gespeisten Motor in Bewegung
setzen, welcher Motor seinerseits die Arbeitsglieder der Prothese antreibt, wobei
sich die Bewegung und die Kraftanstrengung dieser Arbeitsglieder auf den Muskel
rückwirkt und ihn mechanisch beansprucht.
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Nach einem. weiteren Gegenstand der Erfindung kann die Prothese so
ausgeführt werden, daß der genannte Motor durch geeignete Mittel sowohl von dem
Muskel als auch von der den Arbeitsgliedern der Prothese während ihrer Arbeit erfahrenen
Rückwirkung in Bewegung gesetzt uad gestoppt werden kann, wobei die genannten Arbeitsglieder
während ihrer Bewegung aufgehalten werden können und selbsttätig in einer statischen
Belastungslage, ohne weitere Energiezuführung seitens der erwähnten Energiequelle
blockiert werden können.
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Die Prothese der Erlind!ung kann in einer beliebigen Form und Ausführung
an den Menschenkörper angewandt werden, wenn es gewünscht wird, daß der Träger der
Prothese das Gefühl der von der Prothese gemachten Beweg-ungen und Arbeiten erhalte.
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Weitere Gegenstände der Erfindung werden aus der folgenden Beschreibung
ersichtlich, die sich beispielsweise auf eine Prothese bezieht, die an einen Vorderarm
angesetzt werden kann und die nur eine Elementarbewegung zweier Finger vorsieht;
die nötige Energie wird von einer Batterie geliefert, die einen kleinen Elektromotor
speist, der zweckmäßig im festen Teil der Prothese, von außen unsichtbar, untergebracht
sein kann, während die Batterie Taschenformat haben kann.
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Eine solche Elementarprotihese ist in den Zeichnungen schematisch
dargestellt, in welchen Zeichnungen Fig. I eine schematische mechanische und elektrische;Darstellung
der Vorrichtung in ihrer Ruhelage ist, Fig. 2 dieselbe Vorrichtung während der Annäherungsbewegung
der zwei Arbeitsglieder der Prothese zeigt, Fig. 3 dieselbe Vorrichtung in derjenigen
Lage zeigt, in der sie sich befindet, wenn ein Gegenstand unter einem gewissen Druck,
aber ohne Stromaufwand festgehalten wird, Fig. 4 dieselbe Prothese während der Auseinanderbewegung
der zwei Prothesenteile zeigt.
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Um die Meichnungen und die Arbeitsweise der Prothese leichter zu
verstehen, sind die elektrischen Leitungen, die den Elektromotor mit der Batterie
und mit den.Schaltvorrichtungen verbinden, striohpunktiert, wenn, im Falle der von
der betreffenden Figur vorgesehene Lage der Vorrichtung, Strom durch dieselben läuft,
und gestrichelt, wenn kein Strom durch dieselben läuft (siehe Fig. 2 3 und 4).
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Ein Hebel 1 (Fig. I), an einem Ende in 2 auf einem in der Figur nicht
sichtbaren festen Teil der Prothese, der {durch geeignete ebenso nicht abgebildete
Mittel an den Stumpf befestigt ist gelagert, trägt auf seinem anderen Ende den Zweiwegschalter-ç4.
Auf einem Hebel I ist' der gezahnte Sektor 5 drehbar in 6 gelagert, und zwar m geringer
Entfernung von einem Zapfen 2. Der Zahnsektor 5 wird durch die Schnecke 7 auf der
Welle 8 des Elektromotors 9; bewegt, welcher Motor mit dem Hebel' verbunden ist
und von der Batterie 10 gespeist wird.
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Der Sektor 5 bewegt seinerseits die zwei Hebel II und I2, welche
ihrerseits den Daumen I3 und den ihm gegenüberliegenden Finger I4, beide chematisch
angedeutet, betätigen; die zwei Teile 13 und I4 sind auf dem Zapfen 15 bzw. I6 des
festen Teiles der Prothese gelagert.
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Die zwei äußeren Lamellen I7 und Ig des Schalters 4 sind in gleicher
Entfernung von der mittleren Lamelle 19 mittels Ides isolierten Distanzstückes 20
gehalten.
Dieses ist auf dem beweglichen Teil 21 des Bowdenkabels 22 befestigt, dessen äußere,
feste Hülle bei 23 und 24 auf dem festen nicht abgebildeten Teile der Prothese festgemacht
ist. Das andere Ende 25 des Innenteiles des Bowdenkabels 22 ist mit dem SWinkelhebel
26 verbunden, dessen Drehpunkt 27 auf dem festen nicht abgebilldeten Teil der Prothese
liegt und dessen kürzerer Arm durch einen Muskel des Stumpfes 3 bewegt wird.
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Auf dem längeren Arm des Hebels 26 ist der Schalter 28, der fünf Lamellen
trägt, befestigt. Die Feder 29 sorgt dafür, daß der kürzere Arm des Hebels 26 auf
dem Stumpf 3 immer anliegt.
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Die zwei inneren Lamellen 30 und 31I des Schalters 28 sind von dem
isolierten Distanzstück 32 in gleicher Entfernung von der Mittellamelle 33 gehalten.
Das Distanzstück 32 ist mit einem anderen Bowdenkabel 34 mit dem Sektor 5 verbunden,
und die äußere fixe Hülle des Kabels ist bei 35 und 36 auf dem nicht abgebildeten
festen Körper der Prothese festgemacht.
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Der in Fig. I klar angedeutete Stromkreis erlaubt keinen Stromdurchgang,
d. h. wenn der Hebel 26 nicht bewegt wird, verbleibt die ganze Vorrichtung in ihrer
Ruhelage, und es entsteht keinerlei Bewegung. Wenn der Muskel des Stumpfes 3 schwillt
und' den anliegenden Arm des Hebels 26 bewegt, so verschieben sich der Schalter
28 und das Distanzstück 20 gegenüber dem Distanzstück 32 bzw. dem Schalter 4 und
nehmen die in Fig. 2 gezeigte Stellung ein, und zwar deshalb, weil erstens, wenn
der Motor still steht, die Schnecke 7 den Sektor 5 von selbst sperrt, sodaß der
Sektor 5 als ein Stück mit dem Hebel I betrachtet werden kann, und zweitens die
zwei in die entgegengesetzte Richtung wirkenden Bowdenkabel 22 und 34 auf dieselbe
Seite des Hebels I bezüglich des Drehpunktes 2 angreifen.
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Durch die Verstellung ,des Schalters 28 und des Distanzstückes 20
werden die entsprechenden Kontakte geschlossen, und es stellt sich der in Fig. 2
dargestellte Stromkreis ein.
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Die Polarität des Elektromotors g und der Batterie 10 sowie der Drehsinn
der Schnecke 7 sind derart kombiniert, daß sich die Welle 8 so dreht, daß sich beim
Anschwellen des Muskels die zwei beweglichen Prothesenteile I3 und 14 zunähern.
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Wie schon gesagt, sind, wenn der Motor stillsteht, der Hebel I und
der Sektor 5 als ein Stück zu betrachten, so daß der Bowdenkabel 22 die Bewegung
nicht nur des Hebels I, sondern des ganzen Systems anstreben wird, während sich
der Hebel 26 mittels des Bowdenkabels 34 dieser Bewegung widerstrebt. Es geht daraus
hervor, daß nur diejenigen Verschiebungen eintreten können, die durch die Biegungsfähigkeit
der Lamellen der Schalter 4 und 28 zugelassen sind, so ,daß sich der in Fig. 2 dargestellte
Stromkreis einstellt.
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Ist nun der Stromkreis wie in Fig. 2 hergestellt, so bewegen sich
die Prothesenteile I3 und 14 zueinander, während sich aber die Bewegung des Sektors
5 durch das Bowdenkabel 34 auch auf den Distanzhalter 32 überträgt und ihn nach
rechts vorschiebt; bei weiterem Anschwellen des Muskels erfährt der Hebel 26 eine
weitere Bewegung im Uhrzeigersinn, so daß der Schalter 2;8> und das in der oben
beschriebenen Weise durch das Kabel 34 nach rechts verschobene Distanzstück 32 ihre
relative, in Fig. 2 gezeigte Lage beibehalten.
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Zufolge der Übersetzung, die durch den geringen Abstand zwischen
den zwei Drehpunkten 2 und 6 bedingt ist, überträgt sich die Rückwirkung der Teile
I3 und 14 auf den Hebel 26 und somit auf den Stumpf 3 in geringerem Ausmaß. In dieser
Weise entsteht ein Verhältnis zwischen dem auf den Muskel ausgeübten Druck und der
von den zwei Teilen 13 und 14 beispielsweise zum Festnehmen eines Gegenstandes von
einem gewissen Gewicht erforderen Kraft, wobei aber der Elektromotorg die erforderliche
Arbeit leistet. Gleichzeitig überträgt aber das Bowdenkabel 34 einen Bruchteil der
Bewegung der Teile I3 und 14 auf den Hebel 26 und somit auch auf den Muskel des
Stumpfes 3.
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Aus dem Ganzen geht hervor, daß die Bewegung des Muskels im Verhältnis
zu den Verschiebungen der Teile I3 und 14 stehen. Zufolge der Elastizität der Lamellen
der beiden Schalter ist zwar die Proportionalität zwischen den Anstrengungen und
Bewegungen der Teile I3 und 14 und des Muskels nicht genau, aber praktisch doch
vollständig dazu genügend, daß gewollte Bewegungen des Muskels verhältnismäßige
Verschiebungen der Arbeitsglieder der Prothese verursachen, und daß die Rückwirkung
der Anstrengung dieser Arbeitsglieder einen proportionierten Druck auf den Muskel
bewirkt. Da im Muskel des Stumpfes noch die Nerven vorhanden sind, die den amputierten
und jetzt durch die beweglichen Prothesenteile ersetzten Glieder entsprechen, wird
der vom Hebel 26 ausgeübte Druck eine Empfindung bewirken, welche der entspricht,
die der Träger der Prothese vor der Amputation hatte.
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Solange der Strom durch den Motor g läuft, bewegen sich die zwei
Prothesenteile I3 und 14 zueinander, bis durch den Widerstand des festgenommenen
Gegenstandes jede weitere Zueinanderbewegung unterbunden bleibt (Fig. 3).
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Infolge der Rückwirkung der zwei Prothesenteile 13 und 14 und dadurch,
daß der Hebel I und der Sektor 5 nunmehr als ein Stück betrachtet werden können,
pendelt die Iganze vom Hebel I getragene Ausrüstung um einen kleinen Winkel im Uhrzeigersinn,
so daß durch die Verschiebun!g des Schalters 4 nach links (Fig. 3) der Strom unterbrochen
wird, und der Motor g stehenbleibt. Durch die selbstwirkende Sperrung des Schn*ckengetri,ebes
bleibt der Gegenstand festgehalten, ohne daß weiterhin-Strom verbraucht wird. Es
wird also eine ständige Kraftanwendung erzielt, ohne daß Energie verbraucht wird,
so daß deren Quelle nicht schnell versiegt, was natürlich insofern äußerst wertvoll
ist, daß im vorliegenden Fall nur mit kleinen Energiequellen, wie z. B. Taschenbatterien
gereohnet werden kann, die nur auf verhältnismäßig kurze Zeit Energie liefern können.
Wenn man nun das Spannen des Muskels nachläßt, so daß kein Druck mehr auf den Hebel
26 ausgeübt wird, so dreht sich
der Hebel 26 unter der XWirkung
seiner Feder 29 um einen kleinen Winkel gegen den Uhrzeigersinn, und der Schalter
28 und der Distanzhalter 20 nehmen die neuen, in Fig. 4 gezeigten Stellungen in
bezug auf den Distanzhalter 32 bzw. den Schalter 4 ein. Somit wird der in Fig. 4
gezeigte Stromkreis geschlossen, und der Elektromotor beginnt zu laufen, aber in
entgegengesetztem Sinne als in Fig. 2 ersichtlichen Fall, so daß die zwei Prothesenteile
I3 und I4 wieder auseinanderbewegt werden. Wenn der Hebel 26. auf den inzwischen
vollkommen nachgelassenen Muskel wieder stößt, öffnet sich der Schalter 4, und das
Ganze kehrt in die ursprüngliche Ruhelage zurück, die in Fig. I gezeigt ist.