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Gleichlaufantrieb mit synchronen oder asynchronen Wellenmotoren Die
sogenannte elektrische Welle, d.'h. der Gleichlaufantrieb mit Elektromotoren, besitzt
eine Reihe besonderer Eigenschaften, die mit denen der mnechanischen Welle übereinstimmen.
Bei einer mechanischen Welle werden bekanntlich durch Verdrehung der Endquerschnitte
elastische Kräfte hervorgerufen, vermittels denen das Drehmoment übertragen wird.
Bei einer elektrischen Welle entsprechen nun die Läufer der Wellenmotoren den Endquerschnitten
der mechanischen Welle, und bei Verdrehung der Läufer gegeneinander werden elektromagnetische
Kräfte hervorgerufen, die diese Verdrehung wieder aufzuheben versuchen. Es ist damit
ersichtlich, daß die elektrische Welle also hinsichtlich des zu übertragenden Momentes
wie eine mechanische Welle, d. h. wie eine mechanische Torsionsfeder wirkt. Da nun
aber die Läufer der Wellenmotoren auch Drehmassen besitzen, so, ist die elektrische
Welle wie eine mechanische Welle ebenfalls zu Eigenschwingungen fähig. Eine dritte
Eigenschaft der elektrischen Welle, -die analog auch bei der mechanischen Welle
vorkommt, ist die, bei Überlastung aufzureißen, da die Wellenmotoren im Verband
als. elektrische Welle nur ein bestimmtes Höchstmoment übertragen können.
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leben diesen Analogien zur medhanischen Welle besitzt die elektrische
Welle aber ferner noch drei weitere, unerwünschte Eigenschaften.
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Das elastische Moment der elektrischen Welle, d. h. die Drehfed@erhärte
hat zur Folge, daß das
Drehmoment pro Bogeneinheit des Verdrehungswinkels
nicht wie bei einer mechanischen Welle linear mit dem Verdrehungswinkel wächst,
sondern ,weniger als linear. Es 'handelt sieh also bei einer elektrischen Welle
um eine unterlineare Federung. Aus dieser Tatsache ergibt sich eine Reihe unerwünschter
und nicht leicht übersehbarer Folgen, weil das Superpositionsgesetz, das für lineare
Vorgänge Gültigkeit hat, hier nicht mehr erfüllt ist. Das bedeutet beispielsweise,
daß der Verdrehungswinkel, der zu einer zusätzlichen Belastung, z. B. einer zusätzlichen
Stoßbelastung gehört, in großem Maße von der statischen Vorbelastung der Welle abhängig
ist. Ebenfalls ergeben sich die Ausgleichsvorgänge, also die Schwingungsvorgänge,
viel komplizierter, als das bei einer mechanischen Welle der Fall ist, weil man
bei der mechanischen Welle immer im linearen Gebiet arbeitet. Eine mechanische Welle
zeigt zwar bei sehr starker Belastung auch nichtlineare Eigenschaften; aber man
arbeitet nicht in diesem nicht mehr linearen Gebiet der Federkonstanten.
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Eine weitere unerwünschte Eigenschaft der elektrischen Welle ist die,
daß sie bei Belastung, d. h. wenn der Verdrehungswinkel von Null abweicht, asynchrone
Momente entwickelt, die bestrebt sind, beide Wellenmotoren im Sinn ihres Drehfeldes
zu beschleunigen. Diese asynchronen Momente machen sich z. B. in dem Augenblick
bemerkbar, wo die Welle reißen würde. Sie treten aber auch im Stillstand auf, z.
B. beim Synchronisieren. Bilden im Stillstand beide Motoren vor dem Einschalten
der Welle einen Winkel miteinander, so zeigt sich nach dem Einschalten der Welle,
daß die Motoren bestrebt sind, diesen Winkel auszugleichen, daß sich aber beide
um einen bestimmten Winkel im Sinn des Drehfeldes vorgedreht haben, daß also die
Synchronstellung im Sinn des Drehfeldes vorgeschoben worden ist.
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Als dritte unerwünschte Eigenschaft machen sich die sogenannten selbsterregten
Pendelungen der elektrischen Welle bemerkbar. Damit ist die folgende Erscheinung
gemeint. Wird 'eine elektrische Welle plötzlich entlastet, so müßte der Verdrehungswinkel
beider Motoren nach ihren Pendelungen allmählich verschwinden. Die der elektrischen
Welle eigentümlichen Dämpfungen bewirken aber,. daß diese Winkelschwingungen unter
Umständen erhalten bleiben und auch sogar in besonders ungünstigen Fällen sich zu
großen Amplituden aufschaukeln können, wodurch unter Umständen ein Reißen der Welle
und ein unruhiger Betrieb entsteht.
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Diese genannten Eigentümlichkeiten machen eine elektrische Welle in
der normalen Schaltung nur dann brauchbar, -wenn von Hause aus große Reibungen und
mechanische Dämpfungen vorhanden sind, wie das z. B. bei Hebezeugen und Werkzeugmaschinen
der Fall ist, wo man die selbsterregten Pendelungen und auch die asynchronen Momente
auf jeden Fall vermeiden muß, um Stellungsfehler auszugleichen. Es ist nun eine
Reihe von Anordnungen bekannt, mit denen man im gewissen Umfang eine elektrische
Welle brauchbar machen, z. B. die asynchronen Momente unterdrücken kann. Das sind
die sogenannten unsymmetrischen Ständerschaltungen. Die selbsterregten Pendelungen
hat man z. B. durch Anordnung Ohmscher Dämpferwiderstände im Läufer- oder auch im
Ständerkreis zu bekämpfen versucht. Es ergibt sich dadurch jedoch eine starke Absenkung
des synchronen Kippmomentes, so daß größere Maschinentypen erforderlich sind. Wesentlich
besser ist hier die bereits vorgeschlagene Parallelschaltung von Ohmschen Widerständen
und Drosselspulen, wodurch das Kippmoment praktisch unbeeinflußt bleibt. Es kommt
nämlich bei all diesen Dämpfereinrichtungen nur darauf an, daß die Drehmomentkennlinie
eines Wellenmotors bei der betreffenden Betriebsdrehzahl mit wachsender Drehzahl
einen abfallenden Charakter zeigt. Es handelt sich aber bei diesen Vorschlägen um
rein elektrische Dämpfungen, die bei größeren Maschinen, also bei Maschinen in -der
Größenordnung von etwa 15 kW aufwärts, mit Sicherheit zum Ziel führen. Sie erfüllen
ihren Zweck aber nicht, wenn es. sich bei den Wellenmotoren um kleinere Maschinen
handelt.
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Bei kleinen Maschinen sind bekanntlich die Kupferverluste relativ
höher als bei großen Maschinen. Aus diesem Grunde wird bei Einschalten von Dämpfungswiderständen
oder Widerstandskombinationen aus parallel geschalteten Ohmschen und induktiven
Widerständen das synchron,- Kippmoment außerordentlich stark herabgesetzt, so daß
man bei kleinen Wellenmotoren im wesentlichen auf rein mechanischeDämpfungen angewiesen
i.st.Diese mechanischen Dämpfungen bringen aber eine große Unsicherheit in den Antrieb
und stören dadurch den Gleichlauf.
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Man hat nun in der' Patentliteratur schon angegeben, daß die selbsterregten
Pendelungen einer elektrischen Welle durch Überlagerung von Gleichstrom in einer
Ständer- oder Läuferphase sich beseitigen lassen sollen. Genauere Untersuchungen
solcher Schaltungen haben. jedoch gezeigt, daß zwar eine gewisse Dämpfung der selbsterregten
Pendelungen eintritt, eine restlose Dämpfung aber nicht erzielt werden kann. Diese
geringfügige Abd'ämpfung genügt bereits für große Antriebe, z. B. wenn es sich darum
handelt, den Support einer Drehbank oder Fräsmaschine im Gleichlauf mit der Hauptwelle
zu halten, d. h. wo es lediglich darauf ankommt, die gleiche Drehzahl einzuhalten,
und kein Wert darauf gelegt wird, daß der Verdrehungswinkel bestimmte vorgegebene
Grenzen unterschreitet.
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Es bestehen aber nun eine große Reihe von Antrieben, bei denen gefordert
wird, daß der Verdrehungswinkel der beiden Wellenmotoren sowohl bei Belastung als
auch: bei Belastungsänderungen bestimmte vorgegebene Werte nicht überschreitet.
Diese Aufgabe liegt beispielsweise bei einer Zahnflankenschleifmaschine vor, die
nach dem bekannten Abwälzverfahren arbeitet. Hierbei wird das Zahnrad an der als
Schnecke ausgebildeten Schleifscheibe abgewälzt, und es .leuchtet ein, daß nicht
nur
die Drehzahl bzw. da-, Drebzahlverhälfnis des zu schleifenden Zahnrades und der
Schleifscheibe genau gleich sein, sondern daß auch die relative Winkelstellung genau
eingehalten werden muß. Dies gilt unabhängig davon, ob geschliffen wird oder nicht,
weil sonst der Anstellwinkel zwischen dem zu schleifenden Zahnrad und der Schleifscheibe
sich ändert, so daß Fehler in der Zahnflanke entstehen. Die gleiche Aufgabenstellung
liegt z. B. auch vor bei der elektrischen Übertragung von kleinen Meßwert-en, wie
sie z. B. bei Lehrenbohrwerken üblich sind, aber auch beim Gewindeschleifen oder
bei der Anwendung der sogenannten Fü'hlersteuerung, wenn das Werkzeug getrennt vom
Fühler angeordnet ist.
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Die Einhaltung gleicher Drehzahlen bzw. Drehzahlverhältnisse bei Beachtung
des vorgeschriebenen, größtzulässigen Verdrehungswinkels wird nun für eine elektrische
Welle mit synchronen oder asynchronen Wellenmotoren erfindungsgemäß dadurch ermöglicht,
daß die Federkonstante und die elektrische Dämpfung der Wellenmotoren einerseits
sowie die Drehmassen der Werkstück- und Antriebsseite andererseits derart gegeneinander
ab-estimmt sind, daß im jeweiligen Arbeitsbereich der Wellenmotoren die Stabilitätsbedingungen
auch für kleine Verdrehungswinkel unterhalb das nichtlinearen Bereichs der Federkonstanten
der Welle erfüllt sind. Eine solche Abstimmung führt im Gegensatz zur Anwendung
einer rein elektrischen Dämpfung deshalb zum Ziel, weil die der elektrischen Welle
eigentümlichen elastischen Eigenschaften und die Drehmassen von Antriebs- und Werkstückseite
ein schwingungsfähiges Zweimassensystem bilden, dessen Stabilitätsverhältnisse allein
von Bedeutung sind. Es muß daher auch die gegenseitige Abstimmung der Federkonstanten,
der elektrischen Dämpfung und der Drehmassen gleichzeitig erfolgen.
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Die Bewegungen eines schwingungsfähigen Zweimass°nsystems werden bekanntlich
durch zwei Differentialgleichungen zweiter Ordnung beschrieben. Wird ein solches
System durch einen Impuls aus der Gleichgelvichtslage gebracht, so kann sich unter
Umständen ein neuer Gleichgewichtszustand des Systems herausbilden. Es kann aber
auch nach einer gewissen Zeit der alte Gleichgewichtszustand wieder erreicht werden.
In diesem Fall nennt man den Gleichgewichtszustand stabil. Die Bedingungen dafür,
daß ein bestimmter Gleichgewichtszustand z. B. bei einer bestimmten zu übertragenden
Leistung und einer bestimmten Arbeitsdrehzahl der `Velle stabil ist, sind die, daß
die reellen Teile der Lösungen der charakteristischen Gleichung (vierter Ordnung)
des Systems der Bewegungsdifferentialgleichungen kleiner als Null sind. Diese Forderung
wird: durch vier sogenannte Stabilitätsbedingungen bestimmt, welche die Koeffizienten
der charakteristischen Gleichung erfüllen müssen. Die Stabilitätsbedingungen für
ein schwingungsfähiges Zweimassensystem sind niedergelegt in Tolle, Regelung der
Kraftmaschinen, S. 763. Die Koeffizienten der charakteristischen Gleichung sind
bei der elektrischen Welle Kombinationen der Federkonstanten, der Drehmassen und
der elektrischen bzw. mechanischen Dämpfungen des Systems. Jede einzelne dieser
vier Bedingungen ist eine notwendige Bedingung, alle zusammen bilden sie die allein
hinreichende Bedingung, um einen stabilen Gleichgewichtszustand zu erzwingen.
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Die notwendige elektrische Bedingung lautet, daß die elektrische Dämpfung
der Wellenmotoren nicht kleiner als Null ist, d. h. keine negativen Werte annimmt.
Diese Bedingung läßt sich z. B. dadurch erfüllen, daß man die Ständer der Wellenmotoren
an Gleichstrom legt. Bei Gleichstromspeisung der Ständer der Wellenmotoren ist aber
zu beachten, daß sich die Maschinen im Stillstand nicht synchronisieren. Man muß
daher beim Anfahren die Ständer in irgendeiner unsymmetrischen oder symmetrischen
Drehstrom- oder Einpbasenschaltung ans Netz legen und nach erfolgtem Hochlauf auf
die Gleichstromspeisung übergehen. Man muß aber auch die mechanischen Stabilitätsbedingungen
erfüllen, d. h. von Fall zu Fall die Massen auf der Werkstückseite und auf der Antriebsseite
und die Federkonstante der Wellenmotoren, die durch die Gleichstromerregung festgelegt
ist, so wählen, daß die mechanischen Bedingungen erfüllt sind.