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Verfahren zur Herstellung von übereutektoiden oder ledeburitischen
Stählen Die Herstellung von Übereutektoiden oder ledeburitiscben Stählen, die insbesondere
für hochwertige Werkzeuge verwendet werden, ist mit einer Reihe metallurgischer
Schwierigkeiten behaftet. Diese Stähle, zu denen z. B. die Schnelldrehstähle, der
größte Teil der legierten `'Werkzeugstähle sowie d:e unlegierten Werkzeugstühle
mit mehr als o,85#5 % o C zählen, haben ein weites Erstarrungsintervall, das zu
den bekannten Entmischungserscheinungen führt. Bei entsprechend hohem Kohlenstoffgehalt
scheiden sich überdies die Karbide in Form des Ledeburiteutektikums ab. das besonders
hei langsamer Erstarrung in Form eines graben Netzwerkes auftritt. Dieses grobe
KarbidundLed@cburitnetzwerk wirkt sich bei diesen Stählen durchaus nachteilig aus.
Die Warmverarbeitbarkeit solcher Stähle ist bekanntlich sehr schwierig. Das Walzen
oder Verschmiedenkann nur innerhalb eines sehr eng begrenzten Temperaturbereiches
vorgenommen werden, unddie in einer Hitzeerzielbaren Verformungen sind vergleichsweise
gering, so daß solche Stähle immer mehrhitzig verarbeitet «-erden müssen. Die -wiederholten
Erwärmungen zur Warmformgebung sind natürlich mit entsprechenden kosten verbunden.
Damit solche Werkzeugstähle den vom Verbraucher gestellten Anforderungen
genügen,
muß durch eine sorgf ältige und weitgehende Warmformgebung das Karbidnetzwerk völlig
zerstört und eine möglichst -gleichmäßige Verteilung der fein ausgebildeten Karbide
.angestrebt werden. Erreicht man diese Karb.idverteilung nicht, so hat man mit Störungen
beim Härteverhalten zu rechnen, die zumAusschuß führen. Das Verzugsverhaltender
Stähle beim Härten wird durch die Karbiidverteilung entscheidend beeinflußt. Schließlich
darf nicht übersehen werden, daßgroße und unregelmäßige Karbideinlagerungen nicht
nur dieVerschleißeigenschaften nachteilig beeinflussen, sondern insbesondere bei
Werkzeugen mit Schneiden oder scharfen Kanten Anlaß zu Ausbrüchen und damit zur
Zerstörung des Werkzeuges sein können. Man hat idaher immer schon Maßnahmen getroffen,
um eine möglichst gleichmäßige feine Karbidverteilung zu erreichen. Man hält eine
weitgehende, mindestens zehnfache Verschmieidung für unerläßl.ich, man sieht die
sogenannte me@hrdimensionale Schmiedung vor, bei der Streck- und Stauchvorgänge
auch quer zur Hauptverformungsrichtung angewendet werden. All dieser Aufwand ist
erforderlich, weil ;bei Iden bestehenden Gießverfahren,die ungünstige Karbidverteilung
und Seigerung. der Blöcke nicht zu vermeiiden sind.
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Erfindungsgemäß läßt sich aber ein bedeutender Fortschritt erzielen,
wenn solche Stähle nicht nach den üblichen Verfahren, sondern kontinuierlich im
Strang, in dünnwandiger flüssigkeitsgekühlter Kokille vergossen werden. Es ist dabei
nicht nötig, daß der Strang innerhalb der Kokille völlig erstarrt Man, kann auch
etwa bis zur Hälfte des Querschnittes des Stranges außerhalb der Kokille zur Erstarrung
bringen, doch empfiehlt es sich dann, außerhalb der Kokille noch einegesonderte
Kühlung vorzusehen, die zu einer beschleunigten Erstarrung führt. Um die erfindungsgemäßen
Eigenschaften des im Strang gegossenen Stahles zu erreichen, ist es erforderlich,
den Vorgang so zu führen, daß die Wachstumsgeschwindigkeit der erstarrten Schicht
in radialer Richtung mindestens 1,5 cm/min, vorzugsw-eise mindestens 2 cm/min beträgt.
Es ist besonders darauf zu achten, @daßdiese Erstarrungsgeschwindigkeitennicht nur
bei Beginn der Erstarrung vorliegen, sondern während ides gesamten Erstarrungsvorganges
nicht unterschritten werden. Diese hohe Erstarrungsgeschwindi:gkeit ergibt ein-,
feine Karbvdverteilung und vermeidet die Ausbildung eines idie Warmverarbeitungstörenden
und die Güte .nachteilig beeinflussenden Ledeburitnetzwerkes.
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Ein Stranggießverfahren für Stahl, mit welchem die geforderten Bedingungen
eingehalten werden können, ist bekannt. Bei diesem Verfahren, das ohne Warmhalteofen
arbeitet und eine dünnwandige, @vass-ergekülllte, verhältnismäßig lange Kokille
verwendet, erfolgt die Wärmeabfuhr vom Strang fast ausschließlich in radialer Richtung.
Die in Betracht kommenden Absenkgeschwindigkeiten betragen etwa 1,5 m/min.
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Während aber der Aufbau des Gußgefüges der im Strang gegossenen Stähle
praktisch gleich dem der in kleinen Kokillen gegossenen sein soll und dies im allgemeinen
auch ohne weiteres zu erwarten ist, muß es also um so überraschender angesehen werden,
daß es bei bestimmten Gruppen von Stählen, und zwar bei den übereutektoiden und
le@de'buritischen Stählen möglich ist, durch Anwendung des Stranggießverfahrens
ein außerordentlich, günstiges Gußgefüge zu erhalten.
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Um einen Vergleich mit oder Herstellung nach den üblichen Blockgießverfahren
hinsichtlich der in Betracht kommenden Erstarrungsgeschwindi.gkeit zu gaben, seien
einige Angaben über diese bei kleinen Blöcken, wie sie üblicherweise in Edelstahlwerken
verwendet werden, angeführt. Hiernach beträgt bei einem 35o@-kg-Block die Erstarrungsgeschwindigkeit
bis zur ersten Minute 2,2 cm/min, nach -der vierten Minute ist sie auf
0,7 ein/min und nach der 15. Minute auf 0,3 ein/min abgesunken.
Die völlige Erstarrung eines solchen Blockes beansprucht i7 ;Minuten. Ein kleinerer
Block mit Zoo kg Gewicht zeigt am Beginn der Erstarrung ebenfalls eine ' Erstarrungsgeschwindigkeit
von 2,2@ cm/min, die nach 4. Minuten auf o,8 cm/min und nach io Minuten auf o.,4cm/min
abgesunken ist. Die völlige Erstarrung beansprucht 13 Minuten. Eigene Versuche
an einem io'o@kg-Block mit im Mittel i5o mm Durchmesser, oder wegen seiner Kleinheit
für viele Zwecke schon unwirtschaftlich ist, haben gezeigt, daß zur völligen Erstarrung
eine Zeit von 8 bis -io Minutenbenötigt wird.
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Demgegenüber ist es möglich, beim kontinuierlichen Vergießen im Strang
in flüssigkeitsgekühlter dünnwandiger Kokille ganz erheblich höhere Erstarrungs@geschwindngkeiten
zu erzielen. Bei einem Strang mit 130 mm Durchmesser, der in einer Kokille
von Soo, mm Länge mit einer Geschwindigkeit von 9o cm/min vergossen wurde, ist die
völlige Erstarrung nach einer Stranglänge von 1,9 m erreicht. Die gesamte Erstarrungszeit
beträgt ,demnach. 2,1 Minuten, ,die Wandstärkenzunahme je Minute ergibt sieh daraus
zu rund 3 cm. Die gesamte Erstarrungszeit beträgt gegenüber einem Block mit 35iakg
Blockgewicht 1/a und selbst gegenüber dem kleinen ioo=kg-Block ist sie nurl/4 bis
1/s.
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Vergleichsversuche über die Warmverarbeitung haben gezeigt, daß man
die, wie vorstehend beschrieben, durch Stranggießen hergestellten Stähle in einer
Hitze biss zu doppelt so großer Verlängerung verformen kann. Weiter hat sich gezeigt,
daß bei einem solchen Strang, z. B. aus Schnelldrehstahl mit o,811/o C, i8 % W,
q.0/0 Cr, 2'/o V, 3'/o Co, bei einer Verformung auf rund 6o mm, was einer fünffachen
Verformung entspricht, schon eine völlig einwandfreie Karbi.dverteilung, verbunden
mit weitgehender Seigerungsfreiheit, erreicht wird. Demgegenüber mußte ein aus der
gleichen Schmelze hergestellter ioo-k g-Bloek von i5o mm mittlerem Durchmesser auf
rund 35 mm verarbeitet werden, um eine gleich feine und gleichmäßige Karbidverteilung
zu bekommen. Die Verformung des üblich gegossenen Blockes betrug also das Siebzehnfache.
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Durch ;die höhere Erstarrungsgeschwin@digkeit bei Anwendung des angegebenen
bekannten Strang.-gießverfahrens
wird daher bei derartigen Stählen
ein überraschender Effekt erzielt.