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Verfahren zur quantitativen potentiometrischen Bestimmung von Kohlenstoff,
Wasserstoff und Sauerstoff
Die chemische Industrie, die eisenschaffendea Betriebe
und die Forschung benötigen Methoden zur schnellen und qantitativen Bestimmung von
Kohlenstoff. So fallen z. B. bei der Synthese und Isolierung von Naturstoffen oft
nur wenige Milligramm Substanz an. Auch im Stahlwerks muß der lsohlenstoffgehalt
des Stahls ohne Zeitverlust und quantitativ festgestellt werden. Das geschah bisher
in der ÄVeise, daß nach Verbrennung der Stahlspäne die entstandene Kohlensäure volumetrisch
gemessen wurde. Diese Methode ist aber stark subjektiven Einflüssen unterworfen
und wird außerdem für den technisch sehr wichtigen Fall sehr kleiner Koblenstoffgehalte
ungenau. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei schwer verbrennlichen Sul,stanzen,
wie Ferrochrom, weil das volumetrische Verfahren der für die Verbrennung verfügbaren
Sauerstoffmenge eine durch die Apparatur bestimmte Grenze setzt. Die Anwendung von
Fällungsreaktionen, wie etwa die Fällung der Kohlensäure als Bariumcarbonat, war
bisher wegen der erforderlichen Filtration unter Luftabschluß umständlich und zeitraubend.
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Das Verfahren nach der Erfindung geht davon aus, daß die bei der
Verbrennung einer kohlenstoffhaltigen Substanz gebildete Kohlensäure in einer geeigneten
Apparatur unter bestimmten Bedingungen in eine barythaltige Absorptionslösung geleitet
wird, mit der sie unter Bildung von Bariumcarbonat reagiert. An sich ist diese Reaktion
bekannt, doch war es bisher nicht möglich, sie potentiometrisch messend zu verfolgen,
da sich die
Konzentration der Wasserstoff- bzw. Hydroxylionen nur
sehr wenig ändert, wenn man in der üblichen Weise Kohlensäure in eine stark alkalische
Barytlauge einleitet. Die eintretende Potentialänderung einer eingetauchten Platinelektrode
bleibt dann sehr klein. Man war daher gezwungen, das gefällte Bariumcarbonat zu
filtrieren und seine-Menge durch Wägung oder nach Wiederauflösen durch Titration
zu bestimmen. Voraussetzung für eine solche Arbeitsweise ist natürlich, daß die
zur Absorption verwendete Barytlauge frei von gefälltem Bariumcarbonat ist, was
eben zu dem umständlichen Arbeiten unter Luftabschluß führt.
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Das Verfahren nach der Erfindung führte zu dem überraschenden Erfolg,
daß unter geeigneten Bedingungen die quantitative Bestimmung von Kohlenstoff auf
Ider Grundlage der Carbonatfällung maß analytisch mit potentiometrischer Anzeige
des Ablaufes der Reaktion durchzuführen ist, und zwarohne besonderen Abschluß der
Außenluft und auch ohne daß die zur Absorption dienende Barytlauge frei von ausgefallenem
Bariumcarbonat sein müßte.
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Der technische Fortschritt besteht vor allem darin, daß einmal die
Kohlenstoffbestimmung in der kurzen Zeit von 3 Minuten durchgeführt werden kann,
zweitens die Absorptionslösung mehr als 4omal zu verwenden ist, drittens, was für
schwerverbrennliche Substanzen wichtig ist, die Sauerstoffmenge für die Verbrennung
beliebig groß sein kann, viertens der Ablauf und das Ende der Verbrennung genau
zu erkennen ist, fünftens die Apparatur sehr einfach und auch einfach zu bedienen
ist und sechstens die Genauigkeit und Empfindlichkeit so groß ist, daß z. B. in
einem Sonderstahl mit nur 0,003 ovo C die Bestimmung auf + 0,OOOI °/o C möglich
ist.
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Der Sauerstoffstrom, der die Kohlensäure enthält, wird in an sich
bekannter Weise durch eine Glasfritte (s.Beschreibung der Apparatur) gedrückt und
in feinen Bläschen durch eine Lösung getrieben, die nur sehr wenig Baryt und/oder
andere zum Umsatz mit der Kohlensäure geeignete Stoffe enthält. DieAbsorptionslösung
ist eine Bariumchloridlösung, der nur so wenig Natronlauge zugefügt wird, daß eine
eingetauchte Platinelektrode bei Gegenwart von ein wenig Wasserstoffsuperoxyd gegen
die I-n-Kalomelelektrode keine Spannung zeigt. Wenn in entsprechender Weise auch
andere Bezugselektroden möglich sind, so ist aber die als Umschlagselektrode dienende
;Kalomelelektrode besonders günstig, weil unter diesen Bedingungen das Bariumcarbonat
gerade quantitativ ausfällt, zugleich eine entsprechend starke Konzentrationsänderung
der Lösung eintritt und dementsprechend eine erhebliche Änderung des Potentials
der Platinelektrode.
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Wenn die vorgelegte Barytlauge nicht ausreicht, um die gesamte Kohlensäure
zu binden, was sofort am Ausschlag des Galvanometers zu erkennen ist, so wird durch
Zufügen von weiterer Lauge, was zugleich die Titration der Kohlensäure bedeutet,
das Potential der Platinelektrode und damit die Alkalität der Lösung so gehalten
werden, das schließlich trotz der zunächst kleinen Vorlage doch alle Kohlensäure
aufgenommen wird.
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Die Rücktitration der verbrauchten Lauge kann durch Zusatz eingestellter
Barytlauge aus einer Bürette oder auch dadurch erfolgen, daß in der Absorptionslösung
durch elektrischen Strom an einer Kathode Lauge erzeugt wird. In diesem Fall wird
an Stelle der Bürette eine Elektrolysiereinrichtung von oben in das Absorptionsgefäß
gehängt, die durch Zersetzen eines Leitsalzes, wie Bariumchlorid, an der Kathode
Hydroxyd in die Lösung bringt. Die Menge der so gebildeten und durch die Kohlensäure
verbrauchten Lauge ergibt sich aus der durch die Elektrolysiervorrichtung geflossenen
Strommenge entsprechend dem Faradayschen Gesetz der Elektrolyse.
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Zeigt das Galvanometer der potentiometrischen Anordnung an, daß keine
Kohlensäure mehr in das Absorptionsgefäß gelangt, so wird durch Zugabe weiterer
Lauge oder elektrolytisch ganz auf den Ausschlag Null zurücktitriert und die insgesamt
verbrauchte Menge festgestellt. Daraus ergibt sich dann nach entsprechender Eichung
der Kohlenstoffgehalt der verbrannten Probe.
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Die Absorptionslösung ist, da sich ihre Zusammensetzung grundsätzlich
nicht geändert hat, nach Abschluß einer Titration sofort wieder brauchbar, dås ausgefallene
Bariumcarbonat stört nicht.
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Die Verschiebung des Nullpunktes der potentiometrischen Anordnung
bei etwas stärker alkalischer Absorptionslösung läßt sich in bekannter Weise recht
bequem mit einer einfachen Potentiometerschaltung vornehmen (s. Beschreibung der
Apparatur). Erforderlich wird dies, wenn man höhere Kohlenstoffmengen, z. B. Stähle
mit mehr als 0,2 °/o C, bestimmen will, da dann die vorgelegte Lösung etwas stärker
alkalisch sein muß.
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Das neue Verfahren ist besonders für sehr kleine Kohlenstoffgehalte
geeignet. Die Genauigkeit betrug bei Serienuntersuchungen eines Stahls mit 0,029
°/o Kohlenstoff und Einwaagen zwischen o,3 und I,5 g in der Regel + 0,OOI °/o C.
Bei Wahl empfindlicher Meßgeräte ist eine weitere Steigerung der Genauigkeit möglich.
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Die gesamte Bestimmung läßt sich grundsätzlich auch mit Schreibgeräten
aufzeichnen und weitgehend so gestalten, daß die Apparatur selbsttätig arbeitet.
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Sauerstoff und Wasserstoff Auf grundsätzlich die gleiche Weise können
auch Sauerstoff und Wasserstoff bestimmt werden. Der Sauerstoff wird in einer Stickstoffatmosphäre
in bekannter Weise bei etwa Io00'°t mit Kohlenstoff zu Kohlenmonoxyd umgesetzt und
dieses weiter zu Kohlensäure oxydiert, deren Bestimmung wie oben erfolgt. Wasserstoff
wird zu Wasser verbrannt, das wieder über einen sKohlekontakt geleitet wird, so
daß sich Kohlenoxyd bildet. Dieses wird wie oben oxydiert und bestimmt, Es ist also
möglich, Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff über die Fällung als Bariumcarbonat
in der gleichen Apparatur mit nur geringen Zusatz-
einrichtungen
durch potentiometrische Titration quantitativ zu bestimmen.
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Anwendungsbeispiel In das Absorptionsgefäß werden 100 ml einer Lösung
gefüllt, die im Liter IOg Bariumchlorid, 5 ml Alkohol und 0,5 ml Wasserstoffsuperoxyd
(370/ig) enthält. Das stark nach sauer ausschlagende Galvanometer wird durch Zugabe
einer Lauge oder elektrolytisch auf den Nullpunkt zurückgebracht. Verbrennungsrohr,
Schiffchen und als Zuschlag dienendes Kupferoxyd werden vor Beginn ausgeglüht. Blindwerte
der Apparatur sind am liussdllagr des Galvanometers zu erkennen. Sind sie beseitigt
und steht das Potential endgültig auf Null, so wird die zu untersuchende Probe in
üblicher Weise im Sauerstoffstrom verbrannt. Dabei entstehende störende Verbindungen,
wie 5 Oi, werden abgefangen. Sobald die erste Kohlensäure mit dem Sauerstoffstrom
in die Absorptionsapparatur gelangt und dort reagiert, schlägt das Galvanometer
aus. Wird der Ausschlag zu groß, was anzeigt, daß die vorgelegte Lauge schnell verbraucht
wird, so gibt man aus einer Mikrobürette Lauge mit bekanntem Titer hinzu, so daß
immer genug freies Baryt in der Lösung ist, um alle Kohlensäure zu binden. Zum Schluß
wird auf den Ausschlag Null des Galvanometers titriert und die insgesamt verbrauchte
Lauge abgelesen.
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Statt mit eingestellter Lauge kann man auch elektrolytisch titrieren.
Dazu wird in das Absorptionsgefäß eine Elektrolysiereinrichtung gehängt (s. Beschreibung
der Apparatur). Die mit ihr erzeugte Barytlauge wird zur Titration benutzt. Nach
dem Faradayschen Gesetz werden zur Bildung eines Äquivalentes Lauge 96500 Coulomb
benötigt.
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Da zwei Äquivalente Lauge I Mol Kohlensäure neutralisieren oder als
Bariumcarbonat fällen, gilt zumal Iiohlenstoff = I2mal Strommenge (Coulomb) mg Kohlenstoff
zumal 96,5 2mal 96,5 Beschreibung der Apparatur (dazu zwei Abbildungen: I. Absorptionsgefäß,
2. Elektrolysiereinrichtung) Der wesentliche Teil der Apparatur ist das Absorptionsgefäß
(Abb. I), ein Glasgefäß von etwa I50 ml Inhalt, in das unten eine feinporige Glasfritte
I eingesetzt ist. Durch diese wird der mit Kohlensäure beladene Sauerstoffstrom
in sehr feinen Bläschen in die Absorptionslösung 2 gedrückt. Im Gefäß ablaufende
Reaktionen werden potentiometrisch verfolgt. Dazu ist etwa in halber Höhe eine Platinelektrode
3 eingeschmolzen, der das Diaphragma eines auswechselbaren Stromschlüssels 4 gegenübersteht.
Dieser verbindet mit einer Bezugs- bzw. Umschlagselektrode, z. B. einer I- n-Kalomelelektrode,
und für höhere Kohlenstoffgehalte mit einer Potentiometerbrücke. Sie ermöglicht
es, Spannungen zu kompensieren, die zwischen der Absorptionslösung und der Bezugselektrode
auftreten bzw. die Einstellung des Nullpunktes stören, und den Nullpunkt zu verschieben.
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Eine Mikrobürette gestattet es, luftempfindliche Titrierlösungen,
z.E. Barytlauge, ohne Schutzgas aufzuheben, in die Bürette zu drücken, von dort
abfließen zu lassen und so zu titrieren. Die eigentliche Bürette faßt 3 ml.
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Statt der Bürette kann auch eine Elektrolysiereinrichtung (Abb. 2)
von oben in das Absorptionsgefäß gehängt werden. Sie besteht aus einem unten schräg
abgeschnittenen Glasrohr 5, das mit einer Membran 6 abgeschlossen ist. Es wird mit
einem Leitsalz, z.B. einer Bariumchloridlösung, gefüllt.
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In diese ragt als Anode ein Kohlestab 7 hinein.
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Parallel zur Membran, außerhalb des Diaphragmas, befindet sich als
Kathode ein Platinblech 8, das gleichzeitig die Membran gegen das Ansetzen von Glasblasen
schützt. Beim Einschalten eines Gleichstroms mit der Platinelektrode als Kathode
wird die Lösung an der Kathode alkalisch entsprechend der hindurchgeschickten Strommenge.