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Verfahren zum Entschwefeln von Roheisen mit Soda oder sodahaltigen
Massen Bis vor kurzem war es bekanntlich fast unmöglich, nach dem Thomasverfahren
hochwertigen Stahl herzustellen, weil der Thomasstahlzuviel Schwefel enthielt. Da
derSchwefelabbrand in der Thomasbirne gering ist, weil durch den Kalkzusatz selbst
Schwefel in das Stahlbad eingeführt wird, benötigt man zur Erzeugung von schwefelarmem
Thomasstahl so schwefelarmes Roheisen, wie es praktisch im Hochofen nicht herzustellen
ist, es sei denn aus ungewöhnlich manganreichen Erzen oder mit einem unwirtschaftlich
hohen Zusatz von Mangan zum Hochofenmöller.
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Einen Wegzur Herstellungvon hochwertigem Thomasstahl eröffnet die
neuerdings übliche Zwischenschaltung der früher in Eisengießereien vielfach angewendeten
Sodabehandlung des Roheisens zwischen dem Hochofen- und Stahlwerksbetrieb, die es
zuläßt, das Roheisen auch mit einem höheren als dem früher üblichen Schwefelgehalt
zu erblasen, ohne daß die Güte des Stahles beeinträchtigt wird..
Hierbei
ergibt sich die Aufgabe, die Sodaentschwefelung reibungslos in den Arbeitsgang einzugliedern,
so daß ein Rückgang in der Roheisen- und Stahlerzeugung sowie eine Abkühlung des
Thomasroheisens weitgehend vermieden werden. Die Lösung dieser Aufgabe stößt insbesondere
dann auf Schwierigkeiten, wenn die Thomasstahlwerke überlastet sind und die Roheisentemperatur
im Betriebe an der unteren Grenze liegt, wie dies heute fast durchweg der Fall ist,
weil fast allgemein manganarmes Roheisen nach dem sogenannten OM-Verfahren verblasen
wird. Eine weitere Schwierigkeit bildet das Abziehen der Sodaschlacke vom Roheisenbade,
weil die Sodaschlacke ungewöhnlich dünnflüssig und leicht schmelzend ist. Ihre vollständige
Entfernung vom Eisenbade aber ist wegen ihrer zerstörenden Einwirkung auf die Auskleidung
der Pannen, Mischer und. Konverter unumgänglich. Man half sich bisher damit, daß
man die Schlacke durch Bespritzen mit Wasser verfestigte oder sie mit Kalkpulver
absteifte. Das Bespritzen der Sodaschlacke mit Wasser ist aber eine gefährliche
Arbeit, außerdem kühlt es das Roheisen noch weiter ab, so daß es sich für die «\rATeiterverarbeitung
immer weniger eignet. Das Absteifen mit Kalk andererseits ist eine gesundheitsschädliche
Arbeit. Das Roheisen kühlt sich auch hierbei ab, und die Schlacke wird für die Weiterverarbeitung
weniger gut geeignet. Ganz abgesehen hiervon ist das Abschlacken der in dieser Weise
behandelten Sodaschlacke zeitraubend, was zu einer Verminderung der Stahlerzeugung
führt.
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Allen diesen Übelständen begegnet die Erfindung in wirksamer Weise
dadurch, daß das Abziehen der Entschwefelungsschlacke vom Roheisenbade mit Hilfe
eines an sich bekannten, mit einem Durchlauf für das Roheisen und einem Überlauf
für die Sodaschlacke versehenen Behälter erst im Stahlwerk im Dauerbetriebe vorgenommen
wird, nachdem die Soda in bekannter Weise unmittelbar am Hochofen in die Abstichrinne
oder in die Abstichpfanne zugesetzt worden ist.
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Bei dieser Arbeitsweise wird das vom Hochofen ankommende Roheisen
mit der darauf schwimmenden Soloschlacke in den im Stahlwerk, d. h. also vor dem
Mischer oder Konverter bzw.Martinofen, aufgestellten Behälter gegossen, in welchem
sich Schlacke und Eisen infolge ihrer unterschiedlichen Dichte voneinander scheiden,
so claß die leichtere Sodaschlacke an einer hochgelegenen Öffnung dauernd überläuft,
" während das entschlackte Eisen ununterbrochen seinen Weg durch die Abflußöffnung
nimmt, um von der Pfanne aufgenommen zu «-erden. Bei Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens entfallen die bisherigen Schwierigkeiten. Die Sodaschlacke wird sehr
rasch und sauber in so reiner Form, also frei von Eisengranalien und Kalk, vom Eisenbade
entfernt, daß sie sich zur Weiterverarbeitung. z. B. zum Aufschluß von 'Mineralphosphat,
eignet, während gleichzeitig das Roheisen so gut entschlackt ist, daß die Gefahr
eines Angriffes der Ausmauerung des Roheisenmischers nicht mehr besteht. Die Arbeitsweise
ist vor allem auch ungefährlich, zieht keine Belästigung der Arbeiter durch Hitze
und Sodarauch nach sich und bringt eine weitgehende Nachentschwefelung des Roheisens
mit sich, die es ermöglicht, nach dem erfindungsgemäßen Verfahren im Dauerbetrieb
Thomasroheisenherzustellen, das so schwefelarm ist, wie es früher niemals erschmolzen
werden konnte, und das einen wesentlich besseren Thomasstahl ergibt.
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Die Arbeitsweise ist im einzelnen die folgende: Beim Abstich des Roheisens
aus dem Hochofen werden Soda oder sodahaltige Massen in die Abstichrinne oder in
die davor stehende Pfanne aufgegeben. Die Roheisenpfannen werden nunmehr der Reihe
nach zum Stahlwerk gefahren und hintereinander in die dort stehende Entschlackungsvorrichtung
eingeleert. Zwischen der Ankunft der einzelnen Pfannen liegt naturgemäß oft eine
längere Pause, die mehrere Stunden: betragen kann. Der Schlackenfuchs bleibt also
dauernd mit flüssigem Roheisen gefüllt, auch während längerer Pausen zwischen den
Abstichen oder an Sonn- und Feiertagen. Es wäre zu erwarten gewesen, daß das Roheisen
in der Zwischenzeit in der Vorrichtung, und zwar zuerst im Fuchs, einfrieren werde.
Überraschenderweise bleibt das Eisen in der Vorrichtung aber auch während längerer
Aufenthaltszeit genügend flüssig.
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Die Anwendung von Vorrichtungen zum Abschlacken von Eisenbädern ist
an sich nicht neu. :Man hat sie besonders bei Vorherden, insbesondere kippbaren
Vorherden von Gießereischachtöfen, in Verbindung mit der Sodabehandlung benutzt.
Im Gegensatz hierzu wird nach dem erfindungsgemäßen Verfahren die Entschlackungsvorrichtung
nicht unmittelbar am Schmelzofen, sondern in möglichst großer Entfernung von diesem,
also nicht am Hochofen, sondern im Stahlwerk aufgestellt. Würde nämlich wie in den
Eisengießereien und wie bisher im Hochofenbetrieb die Trennung der Sodaschlacke
vom Roheisen bereits am Hochofen vorgenommen werden, so wären die Entschwefelung
mangelhaft und eine reine Abschlackung des Eisens nicht erzielbar; denn bei der
Beförderung des Roheisens in der Pfanne vom Hochofen zum Stahlwerk
bildet
sich stets neue Schlacke, die. in den Mischer gelangen würde. In den @isengie@iereien
spielt dieser 'Mangel keine Rolle, da
jede Pfanne vor dem Guß regelmäßig nochmals
abgeschlackt wird..
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird im Betriebe eine recht beachtliche
Nachentschwefelung erzielt. Es wird eine Verringerung des Schwefelgehaltes im Roheisen
von etwa o,oi % S erreicht, und zwar auch dann, wenn das Roheisen bereits mit einem
sehr niedrigen Schwefelgehalt in den Schlackenfuchs eingegossen wird.
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In der Zeichnung sind zwei Ausführungsbeispiele der zur Durchführung
des Verfahrens dienenden Einrichtung schematisch dargestellt. Die in Abb. i gezeigte
Entschlakkungsvorrichtung besteht aus der Wanne A mit angebautem Fuchs B, durch
den das entschlackte Roheisen abfließt. An der Wandöffnung C der Wanne fließt die
Schlacke über oder sie wird erforderlichenfalls an dieser Öffnung abgezogen. Die
Wanne ist zweckmäßig mit einer Schwenkvorrichtung D versehen, mittels welcher die
jeweils während einer Arbeitsstufe günstige Neigung der Wanne geregelt werden kann.
Überdies soll die Schwenkvorrichtung am Ende eines Arbeitsganges eine völlige Entleerung
von Wanne und Fuchs ermöglichen. Eine Beheizung der Wanne bei E kann gegebenenfalls
zweckmäßig sein, falls das Eisen eines Schutzes vor Abkühlung bedarf. Meist ist
sie aber nicht erforderlich. Die Wanne schließlich kann vom feststehenden Deckel
F und dem aufklappbaren Deckel G über der Eingußöffnung überdacht sein.
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Das entschwefelte Roheisen, auf dem die Sodaschlacke schwimmt, wird
aus der Pfanne H in ununterbrochenem Strom in die Pfanne geschüttet. Solange das
flüssige, gereinigte Roheisen durch den Fuchs B in eine Pfanne
I
oder unmittelbar in einen Mischer, Konverter oder Martinofen fließt, läuft
die Sodaschlacke durch die Öffnung C in einen besonderen Behälter über.
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Abb.2 zeigt eine ähnliche, jedochkippbare Einrichtung, bestehend aus
der Wanne A mit angebautem Fuchs B und dem Schlackenüberlauf C. Die Kippeinrichtung
ist mit D bezeichnet.
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Das erfindungsgemäße Verfahren bringt einen wesentlichen Fortschritt
in der Technik der Sodabehandlung des Roheisens. Die Vorteile seien nachstehend
kurz zusammengefaßt: i. Rasche Trennung der Sodaschlacke vom Roheisenbad mit der:
Folge der Vermeidung von Störungen des Arbeitsganges im Stahlwerk; 2. Verineidtrng
von I:nfiillen beim Abziehen der Sodaschlacke; Vermeidung der des Roheisenbades,
die bei der langwierigen Arbeit des Abziehens der Sodaschlacke nicht zu umgehen
sein würde; weitgehende Nachentschwefelung des Roheisens durch Verlängerung der
Einwirkungsdauer der Soda auf das Roheisen und durch die in der Entschlackungsvorrichtung
erfolgende Durchwirbelung von Sodaschlacke und Roheisen; 5. Schonung der sehr teuren
Auskleidung des'Roheisenmischers wie auch der Roheisenzubringerpfannen im Stahlwerk
durch saubere Entfernung der Schlacke; 6. Vermeidung der Rückentschwefelung im Mischer
durch Reste der Sodaschlacke; Unabhängigkeit von der Geschicklichkeit der Schlackenabzieher;
Sicherung gegen das irrtümliche Eingießen nicht abgeschlackter Roheisenpfannen in
den Roheisenmischer; 9. Gewinnung einer eisenfreien, für die Weiterverarbeitung
geeigneten Sodaschlacke; io. Vermeidung von Eisenverlusten in der Sodaschlacke.