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Verfahren und Einrichtung zum Gaswaschen, Abtreiben flüchtiger Stoffe
und Rektifizieren Die vorliegende Erfindung betrifft einen Kolonnenapparat, der
sowohl zur Gaswäsche als auch zum Abtreiben flüchtiger Stoffe aus Flüssigkeiten
und zum Rektifizieren geeignet ist.
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Während man früher Steine, Koksstücke usw. als Füllkörper, über die
z. B. die Gaswaschflüssigkeiten herabrieseln, benutzte, ist mari in den letzten
Jahrzehnten dazu übergegangen, Füllkörper von geeigneter Form herzustellen. Man
setzte sich hierbei das Ziel, diese so zu gestalten, daß die wirksame Oberfläche
in der Volumeinheit der Kolonne möglichst groß ist und daß eine möglichst gleichmäßige
Verteilung der Flüssigkeit erreicht wird. Am bekanntesten sind die nach diesen Gesichtspunkten
hergestellten sogenannten Raschigringe und die sattelförmigen Körpier von Derl.
Durch diese Körper wird aber nicht vermieden, daß die Flüssigkeit beim Herabrieseln
sich mehr und mehr zu einzelnen Strömen zusammenzieht und an die Außenwand der Kolonne
drängt. Zwischenbuden können dieses Übel nur verringern, aber nicht beseitigen.
Ein grundsätzlicher Fehler fast aller bekannten Füllkörperkolomnen besteht darin,
daß die Füllkörper den Raum ungeordnet ausfüllen. Die günstigsten Bedingungen für
einen schnellen Austausch bei geringstem Material- und Raumverbrauch können offenbar
nur vorhanden sein, wenn die Gase und Flüssigkeiten bestimmte Schichtdicken haben
und sich mit bestimmter Geschwindigkeit bewegen. Diese können aber in einem System
von Körpern mit ungeordneter Lage höchstens zufällig an einzelnen Stellen bestehen.
Im allgemeinen werden Gase und Flüssigkeiten bald dicke, bald dünne Schichten bilden
sowie stellenweise sehr schnell strömen und an anderen Stellen kaum fließen. Die
höchste Leistung einer Füllkörperkolonne ist daher nur mit Füllkörpern von geeigneter
Form, die in bestimmter Lage in der Kolonne untergebracht sind, zu erreichen.
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Außerdem ist aber bei den bekannten Füllkörperkolonnen ' eine neue
Erkenntnis über den Mechanismus der Absorption von Gasen oder Dämpfen durch Flüssigkeiten
nicht berücksichtigt worden. Es hat sich nämlich -erwiesen,
daß
die oberste, etwa o,oi bis o,i mm dicke Schicht einer jeden Flüssigkeit sich in
vieler Beziehung wie eine elastische Haut benimmt. Sie nimmt z. B. an den inneren
Strömungen einer Flüssigkeit kaum teil. Beso;iders entzieht sie sich sehr energisch
eüi5 Vermischung mit der inneren Flüssigkeit: Selbst in Flüssigkeiten, die sich
in starker Re@vegaung befinden, vollzieht sich daher im allgemeinen die Absorption
eines Gases in der Weise, daß die Oberfläche, die gewöhnlich als Oberflächenfilm
bezeichnet wird, sich sehr schnell mit dem Gas sättigt, dagegen der Eintritt des
Gases in das Innere der Flüssigkeit mir durch den sehr langsamen Vorgang der Diffusion
erfolgt. Da die Dicke der über die Füllkörper strömenden Flüssigkeitsschicht io-
bis zoomal größer als die Dicke des Films ist, genügt es nicht, daß nur für eine
große Oberfläche gesorgt wird,-sondern es müssen möglichst schnell immer neue Teile
der inneren Flüssigkeit an die Oberfläche treten, um sich mit dem Gas zu sättigen.
Der so abgesättigte Film muß dann gewaltsam wieder in das Innere der Flüssigkeit
gebracht werden.
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Diese Überlegungen führten zu der Überzeugung, daß eine waagerechte,
flache Kreisscheibe einen besonders wirksamen Körper bilden muß, wenn ein auf ihre
Mitte fallender Flüssigkeitsstrahl sich auf der Scheibe in allen Richtungen radial
nach außen ausbreitet und an den Rändern abfließt, während das z. B. aus.zuw.aschende
Gasgemisch .im Gegenstrom von den Rändern radial zur Mitte über die Flüssigkeit
geleitet wird und dann durch eine Öffnung nach oben abströmt.
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Die Abb. i a zeigt zur Erläuterung des Erfindungsprinzips einen senkrechten
Schnitt und die Abb. i b einen waagerechten Schnitt in Linie a-b eines Kolonnenbodens,
der nur aus einem Scheibenkörper i besteht. Durch das Rohr 2 strömt die Flüssigkeit
auf den Mittelpunkt o der Scheibe i. Die ausgezogenen Linien und Pfeile zeigen den
Strömungsweg der Flüssigkeit, die hier durch acht Bohrungen 3 am Rande der Scheibe
abfließt. Durch acht andere Bohrungen .4 am Rande, die mit kurzen Rohransätzen 5
nach oben versehen sind, tritt das Gasgemisch in den Raum 6 über der Scheibe i ein,
um radial entsprechend den gestrichelten Linien und Pfeilen über die Scheibenoberfläche
nach innen zu strömen und den Raum durch ein das Rohr 2 umgebendes Mantelrohr 7
zu verlassen. Der radiale Strom der Flüssigkeit nach außen bewirkt eine schnelle
Vergrößerung der Oberfläche der im Strahl auf die Mitte fallenden Flüssigkeitsmenge.
Hierbei wird das Gas von dem sich auf der ganzen Strecke beständig neu bildenden
Film sehr schnell absorbiert. Mit dieser Einkörperscheibenkolonne und mit einer
mit Raschigringen gefüllten Kolonne von gleichem Durchmesser wurden Parallelversuche
angestellt, in denen aus einem Gemisch von Kohlendioxyd und Luft ersteres mit Wasser
ausgewaschen wurde. Es zeigte sich, daß unter sonst gleichen Umständen und auf das
gleiche Kolonnenvolumen bezogen die Wirkuilg der Scheibenkolonne 3- bis 6mal größer
war als diejenige der Raschigkolonne.
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Für technische Zwecke genügt natürlich eine Kolonne mit nur einem
Körper nicht. L m den Durchlaß und entsprechend den Durchmesser der Kolonne auf
das erforderliche Maß zu bringen, muß eine größere Zahl von Scheiben oder diesen
gleichwertigen Austauschflächen in der Kolonne nebeneinander untergebracht sein.
Ferner muß das Gasgeinisch nacheinander eine größere Zahl von übereinander angeordneten
Böden passieren, um ein genügendes Auswaschen zu erzielen.
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='#,'bb.2a und 2b zeigen schematisch im Aufriß und im Grundriß eine
Ausführungsform der Kolonne, in welcher die angegebenen Forderungen in einfachster
Weise erfüllt sind. An die Stelle vieler einzelner nebeneinanderliegender Scheiben
treten durchlochte Platten i i, die den ganzen Ouerschnitt der Kolonne ausfüllen.
Die kleinen schwarzen Kreisflächen der linken Hälfte der Abb. 2b zeigen die Löcher
13, durch welche gleichzeitig die Flüssigkeit abfließt und die Gase nach
oben strömen. Von Platte zu Platte sind die Löcher versetzt angeordnet. Jede zwischen
je vier Löchern 13 liegende quadratische Fläche bildet eine Austauschfläche
12 und entspricht einem Scheibenkörper. Die Flüssigkeit, die in Strahlen von den
Löchern der Barüberliegenden Platte herabströmt, trifft die Mitte der Austauschfläche
und breitet sich auf dieser zuerst kreisförmig aus, wie die Kreise es andeuten.
Hierauf fließt sie durch die vier Löcher ab, um in Strahlen wieder auf die Mitten
der Austauschflächen der nächsten Platte zu fallen.
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Wesentlich für diese Kolonne ist, däß die Flüssigkeit nach der Ausbreitung
nicht von den Rändern der Austauschflächen direkt als Flüssigkeitsschleier herabfließt,
sondern daß sie vor dem Abfließen wieder zu einem oder einigen nahe beieinanderliegenden
Strahlen vereinigt wird. Denn nur dann kann sie wider die Mitte einer tieferen Austauschfläche
treffen und sich aufs neue ausbreiten. Hierdurch unterscheidet sich die neue Kolonne
wesentlich von einer bekannten, in der an den Spitzen versetzt gegeneinander aufgehängte
Konusse als Füllkörper dienen. Von diesen fließt die Flüssigkeit in Schleiern ab,
die die Barunterliegenden Konusflächen seitlich oder gar nicht treffen.
Ebenso
wesentlich ist es, daß die Löcher 13 im Verhältnis zu der Größe der Austauschflächen
i2 klein bzw. die Durchmesser der Löcher klein gegenüber ihren Abständen sind. Denn
nur dann wird erreicht, daß die ausgebreitete Flüssigkeit ihre Oberfläche wieder
verkleinert und die tiefere Austauschfläche möglichst im Mittelpunkt trifft, um
sich auf dieser aufs neue auszubreiten. Es sind Kolonnen bekannt, bei denen gleichfalls
durchlochte Platten mit versetzt angeordneten Löchern verwendet werden.. Bei diesen
sind aber die Löcher so groß, daß sich im senkrechten Riß die Ränder der versetzt
angeordneten Löcher fast berühren. Die Flüssigkeit fällt daher in weiten Schleiern
von den Rändern der Löcher herab. Eine Ausbreitung auf den waagerechten Flächen
findet kaum statt, und der Stoffaustausch geschieht an den herabfallenden Schleiern.
Damit diese die notwendige Oberfläche bieten, muß der Abstand der Platten voneinander
verhältnismäßig groß sein. Im Gegensatz hierzu muß in der neuen Kolonne, weil der
Austausch während der horizontalen Strömung erfolgt, der Abstand der Platten verhältnismäßig
klein sein., Entsprechend verkleinert sich dadurch die Höhe der ganzen Kolonne,
was Ersparnisse in der Anlage und im Betrieb bedeutet.
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In der rechten Hälfte der A'bb. a a und z b sind etwas geänderte Ausführungsformen
der Kolonne dargestellt. In diesen ist jedes Loch der vorhin beschriebenen und links
abgebildeten Form durch ein zentrales Loch 14, das mit einem kurzen Rohransatz 15
nach oben versehen, ist, und einen Kranz von. vier dicht um das Zentralloch kreisförmig
angeordneten Löchern z6 ersetzt. Während in der zuerst beschriebenen Form Flüssigkeit
und Gase zusammen jedes Loch benutzen mußten, treten in den rechts abgebildeten
Formen die Gase durch das Zentralloch 14 und die Flüssigkeit durch die um dieses
angeordneten Löcher 16. Da die Entfernung der vier Löcher vom Mittelpunkt des Zentralloches
klein ist, fallen die vier Strahlen nahezu auf den Mittelpunkt der getroffenen Austauschfläche.
Durch den Ersatz eines jeden Loches der ersten Form durch den Komplex von fünf dicht
beieinanderliegenden Löchern 14 und 16 wird an der Kolonne nichts geändert. Die
Trennung der Löcher für die.Gase und die Flüssigkeit stellt aber eine Verbesserung
dar, weil bei den gemeinsamen Löchern die aufströmernden Gase gelegentlich den gleichmäßigen
Abfluß der Flüssigkeit behindern.
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Die äußerste rechte Lochreihe in Abb. 2a und 2 b stellt eine weitere
Verbesserung dar, indem die Rohransätze eine dem Plattenabstand gleiche Länge erhalten.
Dadurch dienen sie gleichzeitig als Stützen für die nächsthöhere Platte. Hierbei
treten die Gase durch seitliche Ausschnitte 17 in den Röhren aus.
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Zur Vereinfachung der Beschreibung ist in ihr stets nur auf den Prozeß
des Gaswaschens Bezug genommen. Das Verfahren und die Kolonne eignen sich aber ebensogut
auch für die,Abtreibung von gelösten Gasen und für die Rektifikation, da in allen
diesen Prozessen die Aufgabe die gleiche ist: nämlich ein möglichst schneller und
vollständiger Austausch von Stoffen zwischen der flüssigen und der Gasphase.