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Die
vorliegende Erfindung betrifft die Isolation von Subpopulationen
von Bakterien, die sich in der stationären Phase befinden und Resistenz
gegen herkömmliche
antibakterielle Wirkstoffe zeigen, sowie die Verwendung solcher
resistenter Subpopulationen in Screening-Verfahren zur Identifizierung
neuer und verbesserter antibakterieller Wirkstoffe, auf dadurch
identifizierte völlig
neue antibakterielle Wirkstoffe, sowie die therapeutische Anwendung
solcher antibakterieller Wirkstoffe.
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Tuberkulose
ist und bleibt auf der ganzen Welt eine ernstzunehmende Krankheit
und es wird geschätzt,
dass die durch Tuberkulose verursachten Todesfälle 7% der Gesamtzahl an Todesfällen betragen,
die durch Infektionskrankheiten verursacht werden. Wie in der US-Patentschrift
5,700,925 diskutiert, entwickelt die große Mehrheit mit Mycobacterium
tuberculosis infizierten Personen nicht die symptomatische Tuberkulose, zeigt
aber eine positive Reaktion auf den Tuberculin-Hauttest. In auf
diese Weise infizierten Wirten liegen manche Bakterien in einem
ruhenden oder latenten Status vor, in dem sie im wesentlichen gegen
antimikrobielle Arzneimittel resistent sind. Im Laufe einer Lebensdauer
kann sich bei bis zu 10% der auf diese Weise infizierten, jedoch
symptomfreien Personen Tuberkulose entwickeln, oft erst viele Jahre
nach der primären
Infektion, wenn die ruhenden Bazillen aktiviert werden und anfangen
zu wachsen. Dies kann zu pulmonarer Tuberkulose und zu anderen Varianten
der Krankheit führen.
Zu den Faktoren, die die Aktivierung der ruhenden Organismen und
die Manifestierung des Krankheitszustandes prädisponieren, gehören Armut, ärmliche
Verhältnisse, Unterernährung, Immunschwäche oder
Immununterdrückung.
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Im
allgemeinen ist bei der Behandlung von Tuberkulose die antimikrobielle
Therapie, bei der antibakterielle Wirkstoffe wie z. B. Rifampicin,
Isoniazid und/oder Pyrazinamid verwendet werden, verhältnismäßig erfolgreich
zur Bekämpfung
aktiv wachsender Bakterien. Eine solche Therapie ist jedoch ineffektiv
zur Bekämpfung
von Bakterien, die sich im Ruhezustand befinden oder die, nach Durchlaufen
einer Wachstumsphase, wieder in eine Ruhephase eintreten. Dies verursacht
Probleme insbesondere bei der klinischen Behandlung von Patienten,
die unter Tuberkulose leiden oder diese übertragen, da die Resistenz
der ruhenden Organismen eine chemotherapeutische Langzeitbehandlung
notwendig macht. Eine solche Langzeitbehandlung, die typischerweise
sechs Monate dauert, ist unbefriedigend, da sie teuer ist, zu wenig
Zustimmung bei den Patienten führen
kann und während
der Therapie die Entwicklung und das Auftreten von antibiotika-resistenten Bakterienstämmen des
anvisierten M. tuberculosis und darüber hinaus fördern kann.
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Es
wird angenommen, dass die meisten pathogenen Bakterien, wie z. B.
Staphylococcus aureus, Haemophilus influenzae, Streptococcus pyogenes,
Streptococcus gordonii und E. coli ähnliche, im wesentlichen gegen
antibakterielle Wirkstoffe resistente Subpopulatio nen besitzen,
die während
oder nach einer Chemotherapie als Herd für eine erneute Infektionen
fungieren können.
Diese persistenten Bakterien sind gewöhnlich während eines Rückfalls
Arzneimittel-sensitiv, woraus hervorgeht, dass ihre Resistenz gegen
Chemotherapie eher phänotypischen
als genetischen Ursprungs ist.
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Um
zu untersuchen, ob der Stoffwechsel solcher persistenter Bakterien
abgeschaltet wird, wobei keine Zellteilung stattfindet (d. h. Sporen-ähnlich ist)
oder aktiv bleibt (d. h. so dass die Zellen Metabolismusmarker, wie
z. B. mRNA enthalten), haben wir M. tuberculosis in einem in vitro
Modell der stationären
Phase beobachtet, das durch die Langzeitkultivierung der Organismen
in einem mikroaerophilen Gradienten erhalten wurde, in dem die in
der stationären
Phase befindlichen Organismen überlebensfähig sind.
Es konnte gezeigt werden, dass solche Bakterien in der stationären Phase
gegen Rifampicin in der normalen minimalen, inhibitorischen Konzentration
(Mic) von 0,1 μg/ml
resistent sind (bemessen mit Bakterien einer Konzentration von 106–107 cfu/ml). Des weiteren wurde die Lebensfähigkeit
von M. tuberculosis in vivo vor und nach der Behandlung mit Antituberkulose-Wirkstoffen
untersucht. Lebensfähig
persistente, nicht kultivierbare Bakterien, deren Ruhezustand aufgehoben
wurde, wenn die Wirtstiere einer Steroidtherapie unterzogen wurden,
waren nach der Behandlung mit antibakteriellen Stoffen vorhanden.
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Die
vorliegende Erfindung basiert auf der unerwarteten und überraschenden
Erkenntnis, dass zwar die Behandlung solcher Bakterien in der stationären Phase
mit antibakteriellen Wirkstoffen wie z. B. Rifampicin in Konzentrationen,
die weit über
der minimalen inhibitorischen Konzentration liegen, die Anzahl der
Kolonien pro Platte auf Null Kolonien bildende Einheiten (CFU's) reduziert, dass
aber dennoch eine kleine Zahl persistierender Organismen übrig bleibt,
die z. B. durch Auszählung
von Verdünnungen
des Mediums detektiert werden können.
Diese resistenten Subpopulationen sind phänotypisch resistent gegen Rifampicin,
da sie bei Wiederaufnahme ihres Wachstums bei normalen MIC-Konzentrationen
empfindlich für
Rifampicin werden.
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Vergleichbare
Studien, bei denen Modellsysteme mit E. coli und S. aureus in der
stationären.
Phase verwendet und mit Kanamycin bzw. Ampicillin behandelt wurden,
lieferten ähnliche
Ergebnisse.
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Gemäß einem
ersten Gesichtspunkt schafft die vorliegende Erfindung somit ein
Verfahren zur Herstellung phänotypisch
antibiotika-resistenter Subpopulationen von Bakterien in der stationären Phase,
das mindestens aus den folgenden Schritten besteht:
- i) Anzucht einer bakteriellen Kultur bis zur stationären Phase;
und
- ii) die Behandlung besagter Kulturen der stationären Phase
mit einem oder mehreren antibakteriellen Wirkstoffen in einer Konzentration
und über
eine Zeitspanne, die ausreichen, um wachsende Bakterien abzutöten, wodurch
eine phänotypisch
antibiotika-resistente Subpopulation selektiert wird.
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Im
vorliegenden Text bezieht sich der Begriff „phänotypisch antibiotika-resistente" Bakterien auf einen Teil
der Bakterien in der stationären
Phase, deren Stoffwechsel aktiv bleibt (was z. B. durch transkriptionelle Aktivität festgestellt
wird), nachdem den Bakterien in der stationären Phase ein bestimmtes Antibiotikum
(oder mehr als ein Antibiotikum) in einer hohen Dosis, nämlich mindestens
zehnmal höher
als die MIC verabreicht wurde. Diese Subpopulation ist jedoch empfindlich
für die
Behandlung mit dem Antibiotikum, wenn sie sich nicht in der stationären Phase
befindet. Es sei darauf hingewiesen, dass eine Subpopulation von
Bakterien, die gegen ein bestimmtes Antibiotikum resistent ist,
von einer Subpopulation verschieden sein kann, die gegen ein anderes
Antibiotikum resistent ist.
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Im
vorliegenden Text bezieht sich der Ausdruck „töten" auf einen Verlust der Lebensfähigkeit,
was durch ein Fehlen von Stoffwechselaktivität festgestellt wird. Um diesen
Effekt zu erzielen, wird der stationären Phase Antibiotikum über eine
angemessene Zeitspanne und mit einer angemessenen Konzentration
verabreicht. Geeigneterweise wird Antibiotikum in einer Konzentration
der 10 bis 104 × MIC angewandt, z. B. bei
einer Konzentration von 25 bis 150 μg/ml (z. B. 50 bis 100 μg/ml), bei
einer Bakterienkonzentration von 105 bis 109 Bakterien/ml (z. B. 106 bis
107 Bakterien/ml). Geeigneterweise werden
die Bakterien mit dem antibakteriellen Wirkstoff bzw. den antibakteriellen
Wirkstoffen für
1 bis 10 Tage behandelt, z. B. drei bis fünf Tage.
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Die
Beschaffenheit des angewandten antibakteriellen Wirkstoffs kann
von den speziell zu untersuchenden Bakterien abhängen. Die Verwendung von antibakteriellen
Wirkstoffen wie z. B. Rifampicin, welches auf die RNA-Polymerase
wirkt, z. B. in Konzentrationen von 102-,
103- oder 104-fachen
des normalen MIC-Niveaus wurde als geeignet befunden. In einer repräsentativen
Ausführungsform
dieses Gesichtspunkt der Erfindung lieferte die Behandlung von M.
tuberculosis in der stationären
Phase bei einem Pegel von 106 Bakterien/ml
für einen
Tag mit 100 μg/ml
Rifampicin (MIC × 103) eine phänotypisch resistente Subpopulation
von 102 Bakterien/ml. Alternativ kann M.
tuberculosis auch mit Pyrazinamid behandelt werden. In weiteren
Ausführungsformen
führt die
Behandlung von E. coli oder S. aureus in der stationären Phase
(≃109 Bakterien/ml) mit 50 μg/ml Kanamycin oder 100 μg/ml Ampicillin
für drei
Tage zu einer phänotypisch
resistenten Subpopulation von ≃105 Bakterien/ml.
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Die
phänotypisch
antibiotika-resistente Subpopulation kann für die persistierenden Bakterien
repräsentativ
angesehen werden, die in vivo metabolisch aktiv bleiben und zu einem
Rückfall
oder einem Ausbrechen der Krankheit führen können. Von besonderem Interesse
sind deshalb antibiotika-resistente Populationen von Bakterien,
bei denen in vivo Ruhezustände
vorkommen wie z. B. Bakterien der Gattungen Staphylococcus, Escherichia;
Hämophilus
und Mycobacterium. Besonders bevorzugt werden Subpopulationen der Bakterien
Staphylococcus aureus, Escherichia coli, Haemophilus influenzae,
Streptococcus pyogenes, Streptococcus gordonii und Mycobacterium
tuberculosis.
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In
besonders zu bevorzugenden Ausführungsformen
handelt es sich um die Bakterien Mycobacterium tuberculosis, Escherichia
coli und Staphylococcus aureus, die mit Rifampicin bzw. Kanamycin
bzw. Ampicillin behandelt wurden.
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Solche
phänotypisch
antibiotika-resistenten Subpopulationen von Bakterien in der stationären Phase, die
durch Behandlung der Bakterien in der stationären Phase mit einer ho hen Dosis
eines antibakteriellen Wirkstoffes gewonnen werden können, stellen
ein weiteres Merkmal der vorliegenden Erfindung dar.
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Darauf
basierend, dass die phänotypisch
resistenten Subpopulationen der Erfindung das Verhalten ruhender
Bakterien in vivo nachahmen, stellen sie ein wertvolles Werkzeug
in Screening-Verfahren dar, die entworfen wurden, um potentielle,
wertvolle, neue, antibakterielle Wirkstoffe zu identifizieren. Es
sei darauf hingewiesen, dass antibakterielle Wirkstoffe, die gegen
solche phänotypisch
antibiotika-resistenten Subpopulationen aktiv wirken, ein hohes
therapeutisches Potential bei der Behandlung von Krankheiten wie
Tuberkulose haben können,
bei denen ruhende Bakterien einen Herd für Reinfektionen darstellen.
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Deshalb
liefert die vorliegende Erfindung gemäß einem weiteren Gesichtspunkt
ein Verfahren für
die Bestimmung der antibakteriellen Aktivität einer Testverbindung oder
eines Wirkstoffs oder für
die Identifizierung oder Isolierung einer Verbindung oder eines
Wirkstoffes, die bzw. der antibakterielle Wirkung gegen Bakterien
in der stationären
Phase besitzt, welches die folgenden Schritte umfasst:
- i) Anzucht einer Bakterienkultur bis zur stationären Phase;
- ii) Behandlung der besagten Kultur in der stationären Phase
mit einem oder mehreren antibakteriellen Wirkstoffen in einer Konzentration
und über
eine Zeitspanne, die ausreicht, um wachsende Bakterien zu töten, wodurch
eine phänotypisch
antibiotika-resistente Subpopulation selektiert wird;
- iii) die Inkubation einer Probe der besagten phänotypisch
antibiotika-resistente Subpopulation mit einer oder mehreren Testverbindungen
oder einem oder mehreren Wirkstoffen; und
- iv) das Feststellen irgendeines antibakteriellen Effektes gegen
besagte phänotypisch
antibiotika-resistente Subpopulation und optional die Isolation
einer Verbindung oder eines Wirkstoffs, die bzw. der antibakterielle Aktivität zeigt.
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Solch
ein Prozess ermöglicht
ein schnelles Screening einer großen Anzahl von Verbindungen
auf rasche und effiziente Weise. Die zu screenenden Verbindungen
können
dabei irgendwelche chemischen Verbindungen sein und können selbst
bereits bekannt oder neu sein. Zu den Verbindungen, die besonders
gut geeignete Kandidaten darstellen, gehören die Produkte der kombinatorischen
Chemie, Phagendisplay-Bibliotheken, Naturprodukte, synthetische,
semisynthetische oder natürliche
Homologe, Analoge, Derivate und Vorläufer von bekannten antimikrobiellen
Wirkstoffen oder andere Pharmazeutika. Solche Homologe, Analoge,
Derivate und Vorläufer
sind Gebilde, die mit natürlich
vorkommenden antimikrobiellen Stoffen oder anderen Pharmazeutika
verwandt oder von diesen abgeleitet sind, z. B. im Falle eines Proteins
oder eines Peptids durch einzelne oder multiple Aminosäure-Austausche,
Additionen und/oder Deletionen oder die Veränderung des Grads der Glycosylierung,
oder, falls es sich bei dem antimikrobiellen Stoff um eine chemische
Verbindung handelt, durch chemische Derivatisierung, z. B. Veresterung,
Zufügen
verschiedener Substituenten, Methylierung usw. Vorzugsweise haben
die oben beschriebenen Modifikationen keinen Einfluss auf die grundlegende Funktion
des Moleküls,
sie behalten also z. B. die antimikrobielle Aktivität, obwohl
das Ausmaß dieser
Aktivität jedoch
verändert
werden kann.
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Um
den Test durchzuführen,
werden geeigneterweise 1 bis 1000 μl, z. B. 50 bis 300 μl der hergestellten
antibiotika-resistenten Bakterien (die vor der Benutzung gewaschen
werden), die 103 bis 106 Bakterien/ml enthalten,
zu der zu testenden Probe gegeben, z. B. 0,1 bis 100 μg, vorzugsweise
1 bis 20 μg.
Dies wird zusammen, bei einer für
Stoffwechselaktivität
geeigneten Temperatur von vorzugsweise 37°C inkubiert. Antibakterielle
Effekte werden dann zu einem oder zu mehreren Zeitpunkten bestimmt,
die von einem Tag bis zu vier Wochen reichen können, vorzugsweise einmal wöchentlich
für vier
Wochen.
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Der
Ausdruck „bestimmen", so wie er in diesem
Text in Bezug auf antibakterielle Effekte benutzt wird, beinhaltet
sowohl eine quantitative Bestimmung im Sinne des Erhaltens eines
absoluten Wertes für
das Ausmaß der
antibakteriellen Aktivität
als auch das Erhalten einer semiquantitativen Bestimmung oder einer
anderen Anzeige, z. B. eines Index oder eines Verhältnisses
des Umfangs der antibakteriellen Aktivität in der Probe. Die Bestimmung
beinhaltet die Identifikation der beiden positiven Effekte in Bezug
auf die bakterielle Aktivität. Die
Identifikation und wahlweise Isolation von Wirkstoffen oder Verbindungen,
die antibakterielle Effekte zeigen, wird jedoch bevorzugt. Solche
antibakteriellen Effekte können
entweder bakterizider oder bakteriostatischer Art sein, wobei die
erstere bevorzugt wird.
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Das
Vorhandensein einer bakteriellen Aktivität kann durch den Vergleich
der Anzahl an Stoffwechsel-aktiven oder lebenden Bakterien in der
zu untersuchenden Probe im Vergleich zu Kontrollproben festgestellt
werden. Diese Bestimmung kann durch irgendeine angemessene Methode
erreicht werden, die die Stoffwechselaktivität erkennt. So können z.
B. transkriptionale oder translationale Aktivitäten in Bezug auf ein Gen oder
mehrere Gene bestimmt werden, z. B. durch die Überwachung des Ausmaßes an Gentranskription
oder, allgemeiner, z. B. durch die Überwachung des Einbaus bestimmter
Basen oder Aminosäuren.
Alternativ können
andere Verfahren verwendet werden, z. B. kann die Fähigkeit
zur Koloniebildung bestimmt werden, d. h. es können cfu-Zählungen nach der Wiederbelebung
in Flüssigmedium
durchgeführt
werden, obwohl direktes Ausplatzieren auf festem Medium, ohne zwischenzeitliche
Kultivierung in flüssigem
Medium, möglicherweise keine
cfu ergibt. Die Verbindungen von Interesse können wahlweise in verschiedenen
Konzentrationen erneut gescreent werden, z. B. um ein MIC-Niveau
festzulegen.
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Als
Verbindungen oder Wirkstoffe mit antibakterieller Aktivität werden
solche bezeichnet, die bei der verwendeten Konzentration die Stoffwechselaktivität der phänotypisch
antibiotika-resistenten Subpopulation nachteilig beeinflussen, vorzugsweise
durch die Reduzierung der Stoffwechselaktivität auf weniger als 50%, noch
besser auf weniger als 25%, z. B. weniger als 10% im Vergleich zu
unbehandelten Kontrollproben.
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Auf
diese Weise identifizierte, in Frage kommende Verbindungen, die
z. B. eine minimale inhibitorische Konzentration von 10 μg/ml oder
weniger in Bezug auf die resistente Sub population aufweisen, vorzugsweise 1 μg/ml oder
weniger, noch besser 0,1 μg/ml
(bestimmt mit Bakterien einer Konzentration von 106 bis
107 cfu/ml), können dann weiteren Untersuchungen,
Wirksamkeits- und Toxizitätstests
usw. unterzogen werden.
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Das
Screening-Verfahren der Erfindung kann als Anwendungspaket durchgeführt werden,
für die
Bestimmung der antibakteriellen Aktivität einer zu untersuchenden Verbindung
oder zur Identifizierung eines antibakteriellen Wirkstoffs und beinhaltet
mindestens das folgende:
- i) eine phänotypisch
antibiotika-resistente Subpopulation von Bakterien in der stationären Phase,
so wie sie in diesem Text definiert wurden.
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Vorzugsweise
enthält
das Anwendungspaket auch geeignete Puffer und Lösungen (besonders für die Haltung
der Bakterien, die z. B. geeignete antibakterielle Wirkstoffe enthalten)
zur Bestimmung antibakterieller Effekte der zu untersuchenden Verbindung
oder des zu untersuchenden Wirkstoffs durch Ermittlung der Stoffwechselaktivität der Bakterien.
Zusätzlich
kann das Anwendungspaket auch Mittel für die Standardisierung der Probennahme
oder zu Vergleichszwecken enthalten.
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Es
ist von Vorteil, Verbindungen oder antibakterielle Wirkstoffe, die
durch den oben erwähnten
Prozess identifiziert oder isoliert wurden, in größerem Maßstab zur
weiteren Untersuchung oder Verwendung herzustellen. Abhängig von
der Beschaffenheit der zu untersuchenden Verbindungen kann dies
durch die Verwendung synthetischer oder natürlicher Verfahren oder eine
Kombination dieser beiden erreicht werden. Wenn die zu testende
Verbindung z. B. ein Peptid ist, so kann dieses synthetisch durch
Peptid-Synthese oder durch die Expression eines geeigneten DNA-Moleküls hergestellt
werden. Somit wird gemäß einem
bevorzugten Gesichtspunkt der vorliegenden Erfindung ein Verfahren
für die
Herstellung eines Wirkstoffs mit antibakterieller Aktivität gegen
Bakterien in der stationären
Phase geschaffen, wobei der besagte Wirkstoff, der durch das in
diesem Text beschriebene Verfahren identifiziert wurde, amplifiziert
wird.
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Neue
chemische Verbindungen, die bakteriostatische oder bakterizide Effekte
auf eine gegen antibakterielle Wirkstoffe resistente Subpopulation
von Bakterien in der stationären
Phase zeigen, z. B. eine gegen Rifampicin resistente Subpopulation
von M. tuberculosis, eine gegen Kanamycin resistente Subpopulation
von E. coli oder eine gegen Ampicillin resistente Subpopulation
von S. aureus können
mit den Methoden der Erfindung identifiziert und/oder aufbereitet
werden.
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Es
wird angenommen, dass die Resistenz persistierender Bakterien gegen
antibakterielle Wirkstoffe auf eine Reduktion der Zellwandpermeabilität und/oder
die Verwendung von alternativen Sigmafaktoren (wie z. B. sigB) zurückzuführen sein
kann. Neue antibakterielle Wirkstoffe, die die Erhöhung der
Zellwandpermeabilität
oder die Inhibierung der Verwendung alternativer Sigmafaktoren zur
Folge haben, werden deshalb besonders bevorzugt.
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Antibakterielle
Wirkstoffe, die gemäß der Erfindung
identifiziert wurden, finden besonders in der Behandlung von Krankheiten
oder Funktionsstörungen
Verwendung, bei denen ruhende Bakterien einen Herd darstellen, von
dem symptomatische Krankheiten ausgehen oder erneut ausbrechen können. Insbesondere können Krankheiten,
die von pathogenen Bakterien der Gattungen Staphylococcus, Escherichia,
Haemophilus und Mycobacterium her rühren, ins Visier genommen werden.
Antibakterielle Wirkstoffe, die gegen persistierende Bakterien aktiv
werden, können
während
symptomatischer oder symptomfreier Stadien der Krankheit oder des
Zustandes verwendet werden, in denen diese persistierenden Bakterien
ruhen oder sich in einem nicht ruhenden Zustand befinden und können wahlweise
auch in Verbindung mit anderen, gegen nicht ruhende Bakterien gerichteten
Wirkstoffen verwendet werden. Der Begriff „nicht ruhende Bakterien", so wie er in diesem Text
verwendet wird, bezieht sich auf Bakterien, die sich zur gegebenen
Zeit in einem nicht ruhenden Zustand befinden, d. h. die aktiv wachsen,
die sich zu einem anderen Zeitpunkt aber auch in einem ruhenden
Zustand befinden können,
jedoch nicht müssen.
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Eine
Zusammensetzung oder Zubereitung könnte hergestellt werden, die
sowohl ein neues antimikrobielles Mittel, das mit dem Verfahren
gemäß der Erfindung
identifiziert und/oder zubereitet wurde, d. h. einen antibakteriellen
Wirkstoff oder eine chemische Verbindung, so wie in diesem Text
beschrieben, als auch ein pharmazeutisch akzeptables Lösungsmittel
oder einen Arzneistoffträger
umfasst.
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Der
Begriff „pharmazeutisch
akzeptabel" bedeutet,
dass der Inhaltsstoff sowohl mit anderen Inhaltsstoffen der Verbindungen
kompatibel als auch für
den Empfänger
physiologisch akzeptabel sein muss.
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Pharmazeutische
Zusammensetzungen können
nach konventionellen Verfahren unter Verwendung einfach erhältlicher
Inhaltsstoffe gestaltet werden. Der aktive Inhaltsstoff kann folglich
also wahlweise zusammen mit anderen aktiven Substanzen mit einem
oder mit mehreren konventionellen Trägerstoffen, Verdünnungsmitteln
und/oder Arzneistoffträgern,
zusammengesetzt werden, um konventionelle galenische Präparate.
wie z. B. Tabletten, Pillen, Puder, Pastillen, Medikamentensäckchen,
Kapseln, Elixiere, Suspensionen, Emulsionen, Lösungen, Sirupe, Aerosole (als
Feststoff oder in einem flüssigen
Medium), Heilsalben, weiche und harte Gelatinekapseln, Zäpfchen,
sterile Injektionslösungen,
steril abgepackte Puder und dergleichen herzustellen.
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Beispiele
für geeignete
Trägerstoffe,
Arzneistoffträger
und Verdünnungsmittel
sind Laktose, Dextrose, Saccharose, Sorbitol, Manitol, Stärken, Akaziengummi,
Calciumphosphat, Alginate, Tragantgummi, Gelatine, Kalziumsilikat,
mikrokristalline Zellulose, Polyvinylpyrrolidon, Zellulose, Wassersirup,
Wasser, Wasser/Ethanol, Wasser/Glykol, Wasser/Polyethylenglycol,
Propylenglycol, Methylzellulose, Methylhydroxybenzoate, Propylhydroxybenzoate,
Talkum, Magnesiumstearat, Mineralöl oder fettige Substanzen,
wie z. B. hartes Fett oder geeignete Mischungen hieraus.
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Bei
der klinischen Behandlung von Tuberkulose und anderen Krankheitszuständen, bei
denen die Ansiedlung und die Existenz ruhender Bakterien problematisch
ist, kann es von Vorteil sein, eine Kombination antibakterieller
Wirkstoffe zu verabreichen, die sich jeweils gegen die unterschiedlichen
Wachstumsphasen dieser Organismen richten. Demnach wäre es z.
B. ein angemessener chemotherapeutischer Ansatz, zur Behandlung
von Tuberkulose und ähnlichen
Krankheiten, dem Patienten einen oder mehrere antibakterielle Wirkstoffe
zu verabreichen, die sich gegen die wachsenden oder in der Log-Phase befindlichen
Mikroorganismen richten, und einen oder mehrere antibakterielle
Wirkstoffe gegen die ruhenden oder in der stationären Phase befindlichen
Populationen.
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Es
können
Zubereitungen hergestellt werden, die mindestens einen antibakteriellen
Wirkstoff enthalten, der Aktivität
gegen aktiv wachsende Bakterien besitzt, sowie mindestens einen
antibakteriellen Wirkstoff oder eine chemische Verbindung (wie in
diesem Text beschrieben), die aktiv gegen phänotypisch resistente Subpopulationen
von besagten, in der stationären
Phase befindlichen Bakterien besitzen. Solche Zubereitungen können als
kombinierte Präparate
für die
gleichzeitige, separate oder sequentielle Verwendung in der Behandlung
von bakteriellen Infektionen, wie z. B. Tuberkulose dargereicht
werden.
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Solche
Zubereitungen können
während
symptomatischen oder symptomfreien Stadien der Krankheit appliziert
werden, d. h. der antibakterielle Wirkstoff gegen die resistente
Subpopulation muss nicht notwendigerweise verwendet werden, wenn
sich diese Bakterien in der Ruhephase befinden, sondern er kann
auch verwendet werden, wenn sie sich im aktiven Wachstum befinden.
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Antibakterielle
Wirkstoffe, die aktiv gegen aktiv wachsende Bakterien wirken, zeigen,
wie zuvor in diesem Text beschrieben, antibakterielle Effekte gegen
in der Log-Phase befindliche Bakterien.
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Verbindungen
oder Wirkstoffe, die z. B. durch das oben beschriebene Screening-Verfahren
als effektiv gegen phänotypisch
resistente Subpopulationen von Bakterien in der stationären Phase
identifiziert wurden, oder Zusammensetzungen, die diese enthalten,
können
zur Behandlung bakterieller Infektionen verwendet werden. Üblicher
weise handelt es sich bei den bakteriellen Infektionen, die in geeigneter
Weise behandelt werden können,
um solche, bei denen persistente Bakterien nach der Infektion selbst
dann zurückbleiben
würden,
wenn der infizierte Makroorganismus symptomfrei ist, d. h. vor dem
Beginn einer Krankheit oder nach deren Behandlung mit bekannten
antibakteriellen Mitteln. Diese Bakterien können sich in der Ruhephase
befinden und deshalb impliziert (oder könnte potentiell implizieren)
die gemäß einem
bevorzugten Gesichtspunkt zu behandelnde bakterielle Infektion ruhende
Bakterien, insofern die Infektion durch eine Subpopulation von persistenten
Bakterien typifiziert oder charakterisiert wird, die in symptomfreien
Patienten in Abwesenheit von aktiv wachsenden Bakterien zurückbleiben,
die also nach der Infektion in eine Ruhephase eintreten könnten.
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Zusammensetzungen
oder Wirkstoffe, die als effektiv gegen phänotypisch resistente Subpopulationen von
Bakterien in der stationären
Phase z. B. durch das oben beschriebene Screening-Verfahren identifiziert wurden,
oder Zusammensetzungen, die diese enthalten, können bei der Herstellung von
Medikamenten zur Behandlung bakterieller Infektionen verwendet werden.
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Alternativ
betrachtet schafft die vorliegende Erfindung ein Verfahren für die Herstellung
von Medikamenten zur Behandlung einer bakteriellen Infektion, wobei
das Medikament einem Patienten verabreicht wird, der eine solche
Therapie benötigt
und beinhaltet eine wirksame Menge eines antibakteriellen Wirkstoffs
oder einer Verbindung, der bzw. die gegen die stationäre Phase
des Wachstums gerichtet ist, wahlweise in Anwesenheit von einem
oder mehreren antibakteriellen Wirkstoffen, der bzw. die gegen die
Wachstumsphase des besagten Organismus gerichtet sind.
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Vorzugsweise
handelt es sich bei dem zu behandelndem Lebewesen um ein Säugetier,
in besonders bevorzugter Weise um einen Menschen.
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Wie
oben erwähnt,
kann die Verabreichung stattfinden, wenn das erkrankte Individuum
Symptome zeigt, oder aber auch wenn es symptomfrei ist. Obwohl sich
die antibakteriellen Wirkstoffe der Erfindung als wirksam gegen
ruhende, persistente, d. h. in der stationären Phase des Wachstums befindliche
Bakterien erweisen, können
die Wirkstoffe dieser Erfindung auch verabreicht werden, wenn sich
diese Bakterien im aktiven Wachstum befinden.
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Die
Verabreichung der Zusammensetzung kann über irgendeinen der konventionellen
Wege, z. B. oral, rektal oder parenteral, z. B. durch intramuskuläre, subkutane,
intraperitoneale oder intravenöse
Injektion stattfinden.
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Der
aktive Bestandteil von solchen Zusammensetzungen kann zwischen ungefähr 0,01%
bis zu 99% des Gewichts der Zubereitung betragen, vorzugsweise zwischen
ungefähr
0,1 bis 50%, z. B. 10%. Die genaue Dosierung des zu verabreichenden
aktiven Bestandteils und die Länge
der Durchführung
der Behandlung werden, natürlich
von einer Anzahl von Faktoren abhängen, einschließlich z.
B. dem Alter und Gewicht des Patienten, dem speziellen, die Behandlung
erforderlich machenden Zustand und seiner Ernsthaftigkeit sowie
dem Weg der Verabreichung.
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Gemäß jedem
Gesichtspunkt der Erfindung können
die Bakterien in der stationären
Phase, die das Ziel für
die antibakteriellen Wirkstoffe darstellen, pathogene Bakterien,
wie z. B. Staphylococcus aureus, Haemophilus influenzae, Streptococcus
pyogenes, Streptococcus gordonii, Escherichia coli und, besonders
vorteilhaft, Mycobacterium tuberculosis umfassen.
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Die
folgenden, nicht einschränkend
zu verstehenden Beispiele dienen zur Veranschaulichung der Erfindung.
In der beigefügten
Zeichnung zeigen:
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1 Wachstumskurven
für E.
coli und S. aureus über
einen Zeitraum von zehn Tagen;
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2 zeigt
die Lebensfähigkeit
von E. coli nach der Behandlung mit 50 μg/ml Kanamycin während der stationären Phase
und dem Wachstum in der Log-Phase;
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3 zeigt
die Lebensfähigkeit
von S. aureus nach der Behandlung mit 100 μg/ml Ampicillin während der
stationären
Phase und dem Wachstum in der Log-Phase.
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BEISPIEL 1
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Wachstum von M. tuberculosis
und Selektion auf eine phänotypisch,
aber nicht genetisch gegen Rifampicin resistente Subpopulation von
Zellen
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M.
tuberculosis H37Rv wurde in Middlebrook 7H9 Brühe, die 0,05% Tween® 80
enthielt und der 10% ADC zugesetzt worden war, ohne Bewegung oder
andere Störungen
bis zu 100 Tagen gezüchtet,
in Übereinstimmung
mit dem Verfahren nach Wayne (1976) Amer. Rev. Resp. Dis. 114: 807–811. In
den Fällen,
in denen die Organismen in der stationären Phase lebensfähig waren,
waren sie resistent gegen MIC-Dosen von 0,01 μg/ml Rifampicin.
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60
10 ml Proben der Kulturen wurden mit Glasperlen für drei bis
fünf Minuten
verwirbelt und anschließend
in einem Wasserbad-Sonicator für
weniger als fünf
Minuten beschallt. Sämtliche
Kulturen wurden in einer sterilen 500 ml-Flasche mit Schraubdeckel
vereinigt.
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Vor
der Zugabe von Rifampicin wurden wie im folgenden beschrieben Proben
der Kultur entnommen, um Reinheit, Lebensfähigkeit und Stoffwechselaktivität zu kontrollieren.
- 1. 2 × 100 μl für CFU-Zählungen
- 2. 2 × 5
ml für
Zählungen
des Kulturmediums
- 3. 2 × 10
ml für
[3H] Uridin-Zählungen
- 4. 2 × 5
ml für
[35S] Methionin-Zählungen
- 5. 10 ml zur RNA-Extraktion für RT-PCR
- 6. 10 ml zur Überprüfung der
Abwesenheit von Arzneimitteln
- 7. 20 μl
für Blut-Agar
zur Kontrolle der Sterilität
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Selektion
und Detektion einer gegen Rifampicin resistenten Subpopulation
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50
ml von 1000 μg/ml
Rifampicin wurden zu 500 ml der oben beschriebenen Kultur gegeben,
um eine Rifampicin-Endkonzentration von 100 μg/ml zu erhalten, und die Kultur
wurde dann bei 37°C
für fünf Tage
inkubiert. Die Zellen wurden dann in sterilen 50 ml-Röhrchen geerntet, durch Zentrifugation
bei 5000 g für
15 Minuten, anschließend
zweimal in sterilem PBS gewaschen, das 0,05% Tween® 80
und Selectitab® Antibiotika enthielt
(diese umfassen eine Kombination antibakterieller Wirkstoffe, die
die meisten Bakterien außer
M. tuberculosis abtöten
und somit verhindern, dass M. tuberculosis von schneller wachsenden
Bakterien überwuchert
wird). Die Zellen wurden dann in 500 ml frischem 7H9 Medium re-suspendiert.
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Die
Sterilität
der Kulturen wurde vor der Durchführung weiterer Experimente
kontrolliert. 2 × 100 μl Proben
der Kultur wurden doppelt auf Blut-Agar-Platten aufgetragen, die
dann bei 37°C über Nacht
inkubiert wurden. Die Zellsuspension wurde bei 4°C über Nacht aufbewahrt. Kontaminierte
Kulturen sollten immer verworfen werden.
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Es
wurde festgestellt, dass diese Behandlung mit hohen Rifampicin-Dosen
die Auszählungen
der Platten auf null Kolonien bildende Einheiten reduzierte, aber
gleichzeitig zu einer kleinen Zahl persistierender Organismen führte, die
bei Zählungen
in verdünntem
Medium nachgewiesen werden konnten. Tabelle 1 zeigt ein typisches
Beispiel einer solchen Selektion, bei der nach einem Tag Behandlung
mit Rifampicin 10 von ursprünglich
106 Bakterien/ml übrig blieben. Daraus scheint
hervorzugehen, dass bei M. tuberculosis mindestens zwei Populationen
von Organismen in stationären
Phasen vorkommen: Die erste wird durch hohe Rifampicin-Dosen abgetötet und
die zweite „persistiert" und ist phänotypisch
resistent. Bei Wiederaufnahme des Wachstums wird die gegen Rifampicin
resistente Subpopulation in der stationären Phase sensitiv gegen Rifampicin
bei der normalen MIC-Dosis von 0,1 μg/ml.
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BEISPIEL 2
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Charakterisierung der
gegen Rifampicin resistenten Subpopulation in vitro
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Methoden
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M.
tuberculosis wurde in 7H9 Medium, das 0,05% Tween® 80
enthielt und dem 10% ADS (Difco Laboratories) zugefügt worden
waren, ohne Schütteln
für 100
Tage gezüchtet.
Rifampicin wurde der Kultur zu einer Endkonzentration von 100 μg/ml für 5 Tage
zugegeben. Die Lebensfähigkeit
wurde in 1-Tages-Intervallen abgeschätzt. Die Zellen wurden gründlich gewaschen
und 100 μl
Proben von Zehnfach-Verdünnungen
der Kulturen wurden dreifach auf Platten mit Middlebrook 7H11 Medium,
dem OADC (Difco Laboratories) zugefügt worden war, aufgebracht.
Kolonien bildende Einheiten (CFU's)
wurden nach Inkubation der Platten für drei Wochen bei 37°C gezählt. Nährmedium-Zählungen
wurden in Zehnfach-Verdünnungen,
durch Zugabe von 1 ml der Probe zu 9 ml 7H9 Medium, durchgeführt. Die
Lebensfähigkeit
wurde durch Beobachtung des Wachstums in verdünnten Kulturen für sechs
Wochen nach der Inkubation bei 37°C
geschätzt.
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Für die Aufnahme
radioaktiven Uridins wurde zu jedem Zeitpunkt 10 ml der Kultur zweimal
gewaschen, um das übrige
Rifampicin zu entfernen, danach in 10 ml 7H9 Medium resuspendiert
und anschließend
für 20 Stunden
mit 10 μCi/ml
[3H]-Uridin inkubiert. Bei 5* wurde die
Kultur nach der Inkubation mit Rifampicin nicht gewaschen und 10 μCi/ml [3H]-Uridin
wurden zugegeben und die Kultur für weitere 20 Stunden in der
Anwesenheit von Rifampicin inkubiert. Die RNA wurde durch in der
Fachwelt bekannte Verfahren extrahiert. Die Aufnahme von [3H]-Uridin durch die RNA wurde als „counts
per minute" von
RNA, die mit trichloroacetischer Säure gefällt worden war, bestimmt. Die
Ergebnisse wurden in drei unabhängig
voneinander durchgeführten
Experimenten bestätigt.
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Der
Stoffwechselzustand der Bazillen vor und nach der Rifampicin-Behandlung
wurde außerdem durch
Untersuchung der zuvor extrahierten Gesamt-RNA bestimmt. RT-PCR
wurde mit den folgenden Genen durchgeführt: rpoB, das für das Rifampicin-Ziel
kodiert (RNA Polymerase Untereinheit B); 16 kDa Protein (α-Kristallin-Homologe);
16S rRNA und zwei Sigma 70 Homologe, sigA und sigB.
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Ergebnisse
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Die
Ergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt.
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Tabelle
1: Aufnahme von [
3H]-Uridin durch M. tuberculosis
nach der Zugabe von Rifampicin
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Proben
der gegen Rifampicin resistenten Subpopulation der Zellen wurden
analysiert und die Zellpopulation weiter charakterisiert. Aufgrund
der in der Population gemessenen transkriptionalen und translationalen
Aktivität
konnte gezeigt werden, dass die Population Stoffwechsel-aktiv ist.
Es konnte gezeigt werden, dass alle untersuchten Gene in der stationären Phase
transkribiert werden. Nach einer Rifampicin-Behandlung für fünf Tage,
die die cfu auf Null reduzierte, war die 16S rRNA unvermindert und
die Transkripte von rpoB, 16K und SigB konnten immer noch nachgewiesen
werden, wenn auch in reduziertem Ausmaß, wohingegen das Transkript
von SigA nicht zu sehen war.
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Auszählungen
von Verdünnungen
des Nährmediums
von mit Rifampicin behandelten Kulturen (Tage 1 bis 5) ergaben Werte
von 102 Bakterien/ml (Tabelle 1), woraus
die Anwesenheit von Bakterien, die zum Wachstum fähig sind,
hervorgeht. Trotz der Abnahme bei den Auszählungen von Verdünnungen
des Nährmediums
um 4 logarithmische Dekaden nach der Behandlung mit Rifampicin lag
das RT-PCR-Signal von 16S, sigB, 16K und rpoB um mehrere logarithmische
Dekaden über
dem, was für
solch geringe Anzahlen von positiv im Nährmedium überlebenden Bakterien zu erwarten
wäre. Um
die Menge der vorhandenen 16S rRNA quantifizieren zu können, wurde
das rRNA-Niveau durch Northern-Blotting vor und nach der Behandlung
mit Rifampicin gemessen (Daten nicht dargestellt). Densitometrische
Untersuchungen ergaben, dass etwa die Hälfte der Signalintensität sieben
Tage nach der Behandlung mit dem Antibiotikum sowohl in Organismen,
die sich in der Log-Phase befanden, als auch in solchen in der stationären Phase
noch vorhanden war. Dies lässt
vermuten, dass rRNA in mit Rifampicin behandelten Kulturen sehr
stabil vorliegt. Im Gegensatz dazu waren die mRNAs weit weniger
stabil als rRNA. Die Halbwertszeiten der mRNAs von 16K und sigB
wurden sowohl in Kulturen in der Log-Phase als auch in Kulturen, die über lange
Zeit in der stationären
Phase verblieben waren, gemessen und es konnte gezeigt werden, dass
sie zwischen zwei und drei Minuten liegen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass
die Ergebnisse der RT-PCR auf mRNA zurückzuführen sind, die über lange
Zeit stabil bleibt und aktive Transkription ist anzunehmen. Dies
wurde untersucht, indem Organismen zunächst mit Rifampicin behandelt und
diese Bakterien anschließend
gleichzeitig mit Rifampicin und [3H]-Uridin
inkubiert wurden. In der Anwesenheit von Rifampicin nahmen die Bakterien
[3H]-Uridin auf, was auf aktive Transkription
in persistierenden Bakterien hinweist, selbst in Anwesenheit einer
hohen Rifampicin-Konzentration, und zeigt, dass die Bakterien aktiven
Stoffwechsel betreiben.
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Es
konnte gezeigt werden, dass die Zellen sehr stark auf Veränderungen
in ihrer Umwelt reagieren. Wenn Rifampicin entfernt und durch reines
Wachstumsmedium ersetzt wurde, stieg die Transkriptionsrate von drei
untersuchten Genen (die 16K sigA und rpoB-Transkripte) nach zwölf Stunden um das Fünf- bis
Zehnfache an. Die Aufnahme von radioaktivem Uridin stieg nach dem
Entfernen von Rifampicin und der Inkubation mit reinem Medium ebenfalls
etwa um das Fünffache
an (Tabelle 1 – vgl.
die Zählungen
nach 5* und nach 5 Tagen). Daraus geht hervor, dass die Transkriptionsrate
unter diesen Umständen
rapide ansteigt. Die Daten schließen die Möglichkeit nicht aus, dass sich
die Organismen in der Anwesenheit von frischem Medium replizieren,
obwohl dies lediglich einen zweifachen Anstieg der Transkription
innerhalb von zwölf
Stunden erklären würde, da
die Generationsdauer von M. tuberculosis in etwa zwanzig Stunden
beträgt.
Die Daten unterstützen die
Hypothese, dass in diesem in vitro Modell arzneimittel-resistenter
Bakterien in der stationären
Phase eine Hauptpopulation von Bakterien existiert, die aktiv RNA
transkribiert und auf ihre Umwelt reagiert, jedoch für Plattenkulturen
negativ bleibt.
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Um
zwischen phänotypischer
und genotypischer Resistenz zu unterscheiden, wurden die Bakterien nach
der Rifampicin-Behandlung gründlich
gewaschen und für
sechs Wochen in flüssigen
7H9 Medium kultiviert. M. tuberculosis zeigte in vier voneinander
unabhängigen
Experimenten beständiges
Wachstum. Diese Bakterien reagierten sensitiv auf 0,1 μg/ml Rifampicin
und zeigten keine Rifampicin-Resistenz-Mutationen in rpoB, was durch
RT-PCR und Hybridisierung mit Oligonucleotid-Sonden (Immunogenetics
N. V., Niederlande; Daten nicht dargestellt) nachgewiesen wurde.
Daraus geht hervor, dass die Resistenz in diesem Modell phänotypisch
ist.
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Es
ist unwahrscheinlich, dass der Mechanismus der induzierten Resistenz
von Mutationen oder von reduzierten Expressionsraten der rpoB mRNA
(was zu einem reduzierten Pegel des Arzneimittelziels führen würde) abhängt, da
die Transkription selbst in der Anwesenheit von Rifampicin fortgesetzt
wird (Tabelle 1).
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Charakterisierung
der gegen antibakterielle Stoffe resistenten Subpopulation in vivo
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Methoden
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Die
gegen antibakterielle Stoffe resistente Subpopulation wurde in vivo
in Übereinstimmung
mit dem Cornell-Modell der Keimruhe untersucht, in dem bei Mäusen chronische
Tuberkulose durch Chemotherapie induziert wird. M. tuberculosis
wurde in BALB/c-Mäusen gezüchtet, die
18 bis 20 g wogen und intravenös
mit 2 × 105 cfu eines aus Mäu sen gewonnenen, virulenten
H37Rv-, Stammes von M. tuberculosis infiziert worden waren. Nach
der Tötung
und sterilen Autopsie zu den Zeitpunkten minus zwei Wochen und null
Wochen (zwei Wochen nach der Infektion) wurden Milz und Lungen rasch
entfernt; die Organe wurden sofort portionsweise in flüssigem N2 eingefroren.
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Cfu-Zählungen
von Lebensfähigen
M. tuberculosis wurden durchgeführt,
nachdem Milz und Lungen in 5 ml Wasser in motorgetriebenen Polytetrafluorethylen/Glasmühlen zermahlen
und Zählungen
von seriellen Verdünnungen
der Homogenate auf Platten mit selektivem 7H11 Medium (Difco, Detroit)
angesetzt worden waren.
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Die
Behandlung wurde so dann für
14 Wochen mit 1000 mg Pyrazinamid/kg und 25 mg Isoniazid/kg Körpergewicht
in Form einer Kügelchendiät durchgeführt, nachdem
der „sterile
Zustand" erreicht
worden war. Eine Auswahl von Mäusen
wurde auch zum Zeitpunkt sieben Wochen geopfert. Eine weitere Auswahl
wurde dann zum Zeitpunkt 14 Wochen geopfert und die gesamten Organ-Homogenate
wurden in selektivem Kirchner-Flüssigmedium
(Lab M, Amersham) kultiviert. Die Selektivität des Wachstumsmediums für M. tuberculosis wurde
durch die Zugabe von 200 U Polymyxin B/ml, 100 μg Carbenicillin/ml, 20 μg Trimethoprim/ml
und 10 μg Amphotericin/ml
erreicht. Die übrig
gebliebene Auswahl an Mäusen
wurde für
die Dauer von weiteren acht Wochen einer Steroidtherapie unterzogen.
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Ergebnisse
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Die
RT-PCR der RNA von Lungen, die vor der Behandlung entfernt worden
waren, ließ Transkripte
von rpoB, sigA, sigB, 16K und 16S rRNA erkennen. In signifikanter
Weise wurde in Lungen von Tag 91 (13 Wochen) nach der Behandlung
bakterielle mRNA von sigB und 16K gemessen und der Pegel von 16S
rRNA war im Vergleich zum Pegel vor der Chemotherapie nicht reduziert.
Es ist überraschend,
nach 13 Wochen Chemotherapie überhaupt
irgendwelche mRNA zu finden, da mRNA innerhalb weniger Stunden dezimiert
wird. Da es uns aber nicht gelungen ist, die Halbwertszeit von mRNA
in vivo oder die [3H]-Uridin-Aufnahme in
die RNA zu messen, konnten wir nicht zwischen unstabilen und stabilen
mRNAs unterscheiden. Trotzdem legen die Daten nahe, dass eine erhebliche
Anzahl persistierender Bakterien am Tag 91 in den Lungen vorhanden
ist, die stoffwechselaktiv sein können, da sie mRNA enthalten,
jedoch nicht kultivierbar sind. Alle für die RT-PCR verwendeten Lungen
erwiesen sich als Kultur-negativ.
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Wie
auch im in vitro Modell waren die sigA-Transkripte in Maus-Persistern
nicht nachweisbar und dies kann am geringen Vorkommen dieser mRNA
liegen, was zu Pegeln unterhalb der Nachweisgrenze führt oder es
könnte
an insensitiven Primern liegen. Die aktuellen Daten lassen eine
Unterscheidung zwischen diesen Möglichkeiten
nicht zu. Die sigF-Transkripte (Daten nicht dargestellt) wurden
in den Cornell-Mäusen
nachgewiesen, aber die Banden waren sehr schwach. Alle Kontrollen
wurden durchgeführt,
um sicherzustellen, dass alle RT-PCR-Produkte von mRNA stammten
und nicht von kontaminierender genomischer DNA.
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Zwei
Wochen nach der Infektion, zum Zeitpunkt Null Wochen, lieferte eine
Auswahl von vier Mäusen 2–5 × 107 cfu/Lunge oder Milz. Vier weitere Mäuse wurden
jeweils nach sieben und nach 14 Wochen geopfert. Von diesen acht
Mäusen
lieferten zwei positive Organkulturen, eine allein aus der Milz
und eine aus den Lungen. Jedoch enthalten Mäuse in diesem „sterilen" Zustand große Mengen
an M. tuberculosis-DNA, von der man annimmt, dass sie 105 Bakterien/Organ entspricht. Nach der Behandlung
der Mäuse
mit Steroiden lieferten Milz und Lungen positive Kulturen, was auf
eine Reaktivierung aus dem ruhenden, nicht kultivierbaren und arzneimittelinsensitiven
Zustand hindeutet.
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Ohne
zu sehr an Theorien gebunden sein zu wollen, ist davon auszugehen,
dass der Mechanismus der Resistenz der persistierenden Bakterien
gegen antibakterielle Wirkstoffe möglicherweise auf einer Reduzierung
der Zellwandpermeabilität
(EDTA permeabilisiert die Zellwände
von Persistern und erhöht
die Effektivität
von Rifampicin, Daten nicht dargestellt) und auf der Verwendung
von alternativen Sigma-Faktoren (wie z. B. sigB) beruht, die Unempfindlichkeit
gegen die durch Rifampicin vermittelte Inhibition der Transkription
verleihen.
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Beurteilung
der Susceptibilität
von Arzneimittelbibliotheken
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Sterile
beschriftete transparente 0,7 ml-Plastikröhrchen mit Schnappdeckeln werden
verwendet, die 1 bis 20 μg
der zu untersuchenden Verbindung enthalten. Die Verbindung wird
in 0,25 ml sterilem Wasser oder einem anderen geeigneten Verdünnungsmittel
gelöst.
0,25 ml der mit Rifampicin behandelten Kultur werden jedem Röhrchen zugegeben,
in dem Gehäuse
der Klasse I in einem Labor mit Sicherheitsbehältnissen der Kategorie III,
wobei darauf geachtet wird, dass Kontaminationen vermieden werden.
Die Röhrchen
werden bei 37°C
inkubiert. Die Wirksamkeit der Arzneimittel wird durch CFU-Zählungen
untersucht, durch Zugabe von 2 × 50 μl jeder Probe
zu 7H11 Agarplatten in doppelter Ausführung, inklusive zwei arzneimittelfreier
Kontrollen, in Abständen
von einer Woche. Möglicherweise
wird eine Zehnfach-Verdünnungsreihe
der Proben benötigt, die
mit 7H9 Medium hergestellt wird, mit 0,05% Tween® 80,
aber ohne ADC und die verdünnten
Proben werden so dann auf 7H11 Agar plattiert und die Konzentrationseffekte
der zu untersuchenden Verbindungen bestimmt.
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BEISPIEL 3
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Selektion phänotypisch,
aber nicht genotypisch resistenter Subpopulationen von E. coli und
S. aureus unter Verwendung von Kanamycin bzw. Ampicillin
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Anzucht von
Escherichia coli und Staphylococcus aureus
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Escherichia
coli K12 und Staphylococcus aureus werden unter konstantem Schütteln bei
120 U/min für
zehn Tage in 10 ml Nährstofflösung Nr.
2 (Oxoid) gezüchtet.
Die Lebensfähigkeit
der Bakterien wird anhand von Zählungen
der Kolonie bildenden Einheiten in Intervallen von zwei Stunden
während
der ersten 24 Stunden und 12 bis 24 Stunden da nach abgeschätzt. Aus
Zehnfach-Verdünnungsreihen
der Kulturen des Experiments werden 100 μl Proben zu Dreifachplattierungen
auf Nähr-Agarplatten
(Oxoid) gegeben. Kolonie bildende Einheiten (CFU) werden nach Inkubation
der Platten bei 37°C
für 24
Stunden ausgezählt.
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Selektion
persistierender Bakterien durch Antibiotika
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Ampicillin
bzw. Kanamycin wird für
drei Tage zu E. coli- bzw. S. aureus-Kulturen, die sich seit fünf Tagen
in der stationären
Phase befinden, gegeben, so dass eine Endkonzentration von 100 μg/ml bzw.
50 μg/ml entsteht.
Nach drei Tagen der Behandlung mit Antibiotikum werden die Zellen
dreimal mit sterilem destillierten Wasser gewaschen und dann in
10 ml frischer Nährlösung resuspendiert.
Die Lebensfähigkeit
wird anhand von CFU-Zählungen
und Zählungen
der verdünnten
Nährstofflösung abgeschätzt. Zählungen
der verdünnten Nährlösung werden
in Zehnfach-Verdünnungsreihen
mit Nährlösung durchgeführt, danach
wird in dreifacher Ausführung
1 ml jeder Verdünnung
zu 9 ml Nährlösung in
einem 30 ml Universalröhrchen
gegeben. Die Wachstumskurven für
E. Coli und S. aureus über
einen Zeitraum von 240 Stunden in der Abwesenheit von Antibiotika
ist in 1 dargestellt. Der Effekt der Exposition von E.
Coli und S. aureus gegen Antibiotika sowohl während der logarithmischen als
auch der stationären
Phase des Wachstums, ist in den 2 und 3 dargestellt.
Die Behandlung der Kulturen während
der stationären
Phase führt
zur Selektion einer gegen Antibiotika resistenten Subpopulation
von Zellen.