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Gebiet der
Erfindung
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Die vorliegende Erfindung bezieht
sich auf mutierte Herpes-Simplex-Virus-Stämme,
die inaktivierende Mutationen tragen, die sie nichtpathogen machen.
Sie bezieht sich auch auf die Verwendung solcher mutierten HSV-Stämme in der
Gentherapie und in Verfahren für
Genfunktionstests.
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Hintergrund
der Erfindung
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Der Herpes-Simplex-Virus (HSV) wurde
oft als geeigneter Vektor für
das Nervensystem wegen seines neurotrophen Verhaltens und seiner
Fähigkeit,
während
der Lebenszeit der Zelle in Neuronen zu verbleiben, vorgeschlagen.
Wildtyp-HSV ist allerdings hochpathogen und muss wie die meisten
viralen Vektoren auf irgendeine Weise unschädlich gemacht werden. Die pathogenen
Auswirkungen von HSV resultieren aus einer lytischen Infektion mit
dem Virus und daher erfordert die Verwendung von HSV als Vektor
die Entwicklung von Stämmen,
die Mutationen tragen, die den lytischen Zyklus unterbrechen, aber
dennoch die Etablierung von asymptomatischen latenten Infektionen
ermöglichen.
HSV-Vektoren wurden kürzlich
durch die Deletion des essentiellen „immediate early" (IE)-Gen ICP4 (Dobson
et al., 1990, und Chiocca et al., 1990), die während des Wachstums im Kulturmedium
komplementiert werden müssen,
hergestellt und in vivo getestet. ICP4 wird für die transkriptionale Aktivierung
der viralen frühen
und späten
Gene bei der lytischen Infektion benötigt. So kann ein Virus, dem
dieses Gen fehlt, leicht latente Infektionen von Zellen etablieren,
aber nicht mehr lytisch wachsen.
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Mutationen wurden auch in nicht-essentiellen
Genen gemacht, wie dem IE-Gen ICP0, dem IE-Gen ICP6, Tyrosinkinase
(TK), US5 oder VMW65, die alle für
die volle Pathogenität
in vivo nötig
sind, aber für
das Wachstum im Kulturmedium entbehrlich sind (siehe Review: Coffin & Latchman, 1996).
Solche Arten von Mutationen liefern den zusätzlichen Vorteil, dass die
Deletion zum Wachstum im Kulturmedium nicht komplementiert werden
muss, wovon kürzlich
gezeigt wurde, dass gelegentlich während des Wachstums in der
Zelllinie eine Reversion des nichtpathogenen Phänotyps in ein Wildtyp-Phänotyp durch
homologe Rekombination zwischen dem Virus und den komplementierenden
Sequenzen resultiert. Wie auch immer verhindert in all diesen Fällen die
Mutation des nichtessentiellen Gens die Virusreplikation nicht vollständig, da
eine Hochtiter-Inokulation die Blockierung der Replikation in vivo überwindet.
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Als Vektoren haben wir mutierte HSV-Stämme mit
deletiertem ICP34.5-Gen – den so
genannten Neurovirulenzfaktor -, der für die Neurovirulenz in vivo
unbedingt nötig
ist, aber wiederum nicht für
das Wachstum im Kulturmedium (Chou et al., 1990), getestet. Mutationen
von ICP34.5 stellen einen subtilen Mechanismus bereit, durch den
der HSV unwirksam gemacht werden kann. Man nimmt an, dass ICP34.5
in Neuronen die normale Wirtsantwort auf eine produktive Infektion
verhindert, die (in Abwesenheit von ICP34.5) zum Zelltod und somit
zur Limitierung der Infektion auf die ursprünglich infizierten Zellen führt. Man
geht davon aus, dass ICP34.5 diese Antwort umgeht und so ermöglicht,
dass vollständige
lytische Replikation eintritt. Wenn ein unwirksamer Virus somit
in der Abwesenheit von ICP34.5 jemals wieder eine produktive Infektion
aus welchen Gründen
auch immer reetabliert, würde
die ICP34.5-Mutation sicherstellen, dass die schützende Wirtsantwort die Virusreplikation
auf eine kleine Anzahl von Zellen beschränkt.
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Um die Möglichkeit zu überprüfen, ob
die ICP34.5-deletierte Herpes-Viren als Vektoren für das Nervensystem
entwickelt werden können,
insertierten wir in ein nicht-essentielles Gen (UL43) des HSV-1
ICP34.5 Deletionsmutanten-Stamms
1716 ein IacZ-Konstrukt und inokulierten damit Mäuse durch die Pfoten (zur Abgabe
in die dorsalen Wurzelganglien (DRGs, dorsal root ganglia)) und
intrakranial. Die IacZ-Aktivität
(durch X-Gal-Färbung überprüft) konnte
in einer kleinen Anzahl von Zellen in den DRG bzw. im Gehirn gesehen
werden (unveröffentlichte
Beobachtungen). Diese Ergebnisse zeigen, dass HSV-Stämme, die
inaktivierende Mutationen von ICP34.5 tragen, als genübertragende
Vektoren geeignet sind. ICP34.5-Deletionsmutanten können demnach
die Basis für
weitere Entwicklungen von neuartigen und sicheren genübertragenden
Vektoren für
das Nervensystem bereitstellen.
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Allerdings ist es unwahrscheinlich,
dass Viren, die nur einen einzigen Defekt tragen als sicher genug für die letztendliche
Anwendung am Menschen betrachtet werden. Zusätzliche Sicherheit und die
Möglichkeit einer
Inokulation bei höherem
Titer könnte
durch die Deletion eines essentiellen IE-Gens zusammen mit ICP34.5
erlangt werden, um eine absolute Blockierung der Replikation bereitzustellen
(und die folglich im Kulturmedium komplementiert werden muss). Früher wurden
HSV-Vektoren, die durch Entfernung eines essentiellen IE-Genes unwirksam
waren und in vivo verwendet wurden ICP4-deletiert, da diese Einzeldeletion die
Replikation vollständig
verhindert und die größte Reduktion
auf der Ebene anderer HSV-Genprodukte bereitstellt. Allerdings werden
die anderen IE-Gene (ICP0, 27, 22 und 47) weiterhin produziert und
von diesen ist das essentielle ICP27 hoch-zytotoxisch wahrscheinlich
aufgrund seiner sekundären
Funktion, das Spleißen
der prämRNA
zugunsten der Translation der hauptsächlich ungespleißten Herpes-RNA
zu verhindern. Deshalb vermuteten wir, dass die Entfernung von ICP27
(muss im Kulturmedium komplementiert werden) ein sichereres und
weniger zytotoxisches Vektorsystem erzeugen könnte, wenn es mit Deletionen
von ICP34.5 kombiniert würde.
Obwohl eine Anzahl von ICP27-Deletionsmutantenviren hergestellt
und verwendet wurden, z. B. um die Herpes-Gen-Regulation in vitro
und die Effekte von ICP27 auf die Wirtszellen zu untersuchen (Reef
Hardy & Sandri-Goldin,
1994 und Rice & Knipe,
1990), wurde bisher von keiner berichtet, dass sie als Vektor zur
Genübertragung
ins Nervensystem in vivo getestet wurde. Darüber hinaus trägt keine
der ICP27-Deletionsmutantenviren eine Mutation von ICP34.5.
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Zusammenfassung
der Erfindung
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Diese Erfindung bezieht sich auf
mutierte Herpes-Simplex-Virus-Stämme,
die durch funktionale Inaktivierung von sowohl ICP34.5 als auch
ICP27 zur Verwendung als Genübertragungsvektoren
unwirksam gemacht wurden. Solche HSV-Stämme können z. B. zum Übertragen
therapeutischer Gene in Verfahren zur Behandlung von Krankheiten
oder Verletzungen des Nervensystems, einschließlich der Parkinsonschen Krankheit,
spinalen Verletzungen oder Schlaganfällen, bei Krankheiten des Auges,
Herz – oder
Skelettmuskeln, oder bösartigen
Tumoren verwendet werden. Die vorliegende Erfindung bezieht sich
ebenso auf Verfahren zur Untersuchung der Funktion von Genen in
Säugetierzellen,
z. B. zur Identifizierung von Genen, die zelluläre Fehlfunktionen komplementieren,
oder auch zur Untersuchung des Effekts von Expressionsmutanten-Genen
in Wildtyp- oder mutierten Säugetierzellen.
Die Verfahren der vorliegenden Erfindung können insbesondere zu Funktionsstudien
von Genen verwendet werden, die mit Krankheiten in Zusammenhang
stehen.
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Wir haben jetzt überraschenderweise herausgefunden,
dass HSV-Stämme, die
inaktivierende Mutationen von sowohl ICP34.5- als auch ICP27-Genen tragen, stark
verbesserte Expressionsgrade von heterologen Genen aufweisen im
Vergleich zu Virenstämmen,
die nur Mutationen von ICP34.5 tragen. Diese doppelt mutierten Stämme sind
auch sicherer als Stämme,
die nur Mutationen von ICP27 tragen. Wir zeigten außerdem,
dass eine zusätzliche
inaktivierende Mutation von ICP4 und eine inaktivierende Mutation
von VMW65, die deren transkriptionale Aktivierungsaktivität beseitigt,
die Toxizität
der viralen Stämme
der Erfindung weiter reduziert. Demnach sind die viralen Stämme der
vorliegenden Erfindung nicht nur sicherer als die bisherigen Stämme, sondern
bieten auch hohe Expressionsgrade von heterologen Genen.
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Folglich stellt die vorliegende Erfindung
einen Herpes-Simplex-Virusstamm bereit, dem ein funktionales ICP34.5-Gen
und ein funktionales ICP27-Gen fehlt. Vorzugsweise fehlt dem HSV-Stamm
der Erfindung weiter eine funktionale Form anderer IE-Gene, weiter
bevorzugt des IE-Gens ICP4. Die Inaktivierung des essentiellen IE-ICP4-Gens
verhindert die virale Replikation und stellt die stärkste Reduktion
auf den Ebenen anderer HSV-Genprodukte bereit. Dem HSV-Stamm der
Erfindung fehlt vorzugsweise auch ein funktionales vhs-Gen und/oder
ein funktionales VMW65-Gen infolge einer Mutation des VMW65-Gens,
die dessen transkriptionale Aktivierungsaktivität beseitigt. Bei einer besonders
bevorzugten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung fehlt dem HSV-Stamm ein funktionales
ICP34.5-Gen, ein funktionales ICP27-Gen, ein funktionales ICP4- Gen und ein funktionales
VMW65-Gen aufgrund einer Mutation des VMW65-Gens, die dessen transkriptionale Aktivierungsaktivität beseitigt.
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Die Erfindung stellt weiter einen
HSV-Stamm der Erfindung bereit, der ein heterologes Gen trägt. Die Bezeichnung
heterologes Gen soll jedes Gen, das nicht im HSV-Genom vorkommt,
einbeziehen. Das heterologe Gen kann jegliche allele Variante eines
Wildtypgens oder ein mutiertes Gen sein. Heterologe Gene sind vorzugsweise
funktionell mit einer Kontrollsequenz verbunden, die die Expression
des heterologen Gens in Säugetierzellen
zulässt,
vorzugsweise in Zellen des zentralen oder peripheren Nervensystems
oder in Zellen der Augen, Herz- oder Skelettmuskeln, weiter bevorzugt
in Zellen des zentralen oder peripheren Nervensystems. Der HSV-Stamm
der Erfindung kann demnach verwendet werden, um ein heterologes
Gen in eine Säugetierzelle
einzuführen,
in der es exprimiert wird. Solche Vektoren sind für eine Bandbreite
von Anwendungen z. B. in der Gentherapie oder in vitro-Testverfahren
oder zur Untersuchung der HSV-Genregulation nützlich.
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Das heterologe Gen kodiert vorzugsweise
ein Polypeptid von therapeutischem Nutzen einschließlich Polypeptide,
die zytotoxisch sind oder in der Lage sind einen Wirkstoffvorläufer in
eine zytotoxische Verbindung umzuwandeln.
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Die Erfindung stellt weiter Herpes-Simplex-Virus-Stämme gemäß der Erfindung
bereit, die ein heterologes Gen zur Verwendung bei der Behandlung
von Menschen und Tieren tragen. Solche HSV-Stämme können z. B. bei der Behandlung
von Krankheiten oder Verletzungen des Nervensystems einschließlich der
Parkinsonschen Krankheit, spinalen Verletzungen oder Schlaganfällen oder
Erkrankungen der Augen, Herz- oder Skelettmuskeln oder bösartige
Tumoren verwendet werden. Die Erfindung stellt auch die Verwendung
eines Herpes-Simplex-Virus-Stamms gemäß der Erfindung zur Verwendung
bei der Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von Fehlfunktionen
oder Verletzungen des Nervensystems von Säugetieren bereit.
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Die HSV-Stämme gemäß der vorliegenden Erfindung
können
auch in Verfahren zum Untersuchen von Genfunktionen in Säugetierzellen
verwendet werden, z. B. zum Identifizieren von Genen, die zelluläre Fehlfunktionen
komplementieren, oder um den Effekt von Expressionsmutantengenen
in Wildtyp- oder mutierten Säugetierzellen
zu untersuchen. Die Verfahren der vorliegenden Erfindung können insbesondere
für Funktionsstudien
von Genen, die mit Krankheiten in Zusammenhang stehen, verwendet
werden.
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Die Erfindung stellt auch ein Verfahren
bereit, um ein Herpes-Simplex-Virus
gemäß der vorliegenden Erfindung
herzustellen, wobei das Verfahren das Modifizieren der ICP34.5 und
ICP27-Gene eines Herpes-Simplex-Virus in der Weise, dass sie funktional
inaktiviert werden, umfasst. Das Verfahren gemäß der Erfindung kann weiter
das Modifizieren eines zweiten IE-Gens umfassen, bevorzugterweise
des ICP4-Gens, um es funktional zu inaktivieren und/oder das VMW65-Gen
zu modifizieren, um dessen transkriptionale Aktivierungsaktivität funktional
zu inaktivieren und/oder das vhs-Gen zu modifizieren, um es funktional
zu inaktivieren.
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Genaue Beschreibung
der Erfindung
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A. Virale Stämme
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Die HSV-Stämme gemäß der Erfindung können z.
B. von HSV-1- oder HSV-2-Stämmen
oder deren Derivaten vorzugsweise aber von HSV-1 abstammen. Die
Derivate schließen
Zwischentypen-Rekombinanten ein, die DNA von HSV-1 und HSV-2-Stämmen enthalten.
Die Derivate haben vorzugsweise mindestens 80% Sequenzhomologie
mit entweder den HSV-1- oder den HSV-2-Genomen, weiter bevorzugt sind mindestens 90%,
noch weiter bevorzugt 95%. Andere Derivate, die verwendet werden
können,
um HSV-Stämme
der vorliegenden Erfindung zu erhalten, schließen Stämme ein, die schon Mutationen
in entweder ICP34.5 oder ICP27 haben, z. B. Stamm 1716 (MacLean
et al., 1991), Stämme
R3616 und R4009 (Chou & Roizman,
1992) und R930 (Chou et al., 1994), die alle Mutationen in ICP34.5
haben, und d27-1 (Rice & Knipe,
1990), der eine Deletion in ICP27 hat. Virale Stämme, die Deletionen in anderen
HSV-Genen haben,
können
auch in geeigneter Weise verwendet werden, wie z. B. Stamm d120,
der eine Deletion in ICP4 hat (DeLuca et al., 1985) oder Stamm d92,
der Deletionen sowohl in ICP27 als auch in ICP4 (Samaniego et al.,
1995) hat. Das Verwenden dieser Stämme reduziert die Anzahl der
Schritte, die nötig
sind, um die mutierten HSV-Stämme
der vorliegenden Erfindung herzustellen.
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Die Terminologie, die beim Beschreiben
der verschiedenen HSV-Gene verwendet wird, ist gemäß Coffin
und Latchman, 1996.
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B. Komplementierende Zelllinien
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Der Virus der Erfindung wird aus
einer Zelllinie propagiert, die ICP27 exprimiert, z. B. V27-Zellen
(Rice & Knipe,
1990), 2-2-Zellen (Smith et al., 1992) oder B130/2-Zellen (vergleiche
Beispiel 1), vorzugsweise B130/2-Zellen.
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ICP27-exprimierende Zelllinien können mit
co-transfizierenden Säugetierzellen
wie z. B. den Vero- oder BHK-Zellen hergestellt werden mit einem
Vektor, vorzugsweise einem Plasmidvektor, der ein funktionales HSV-ICP27-Gen, zur Expression
in den Zellen geeignet, und einen Vektor, bevorzugterweise einem
Plasmidvektor, der einen selektionsfähigen Marker kodiert, wie z.
B. Neomycin-Resistenz, umfasst. Klone, die den selektionsfähigen Marker
besitzen, werden dann durchgesucht (engl.: screened), um zu ermitteln,
welche Klone auch funktionales ICP27 exprimieren, z. B. basierend
auf ihrer Fähigkeit,
das Wachstum von ICP27–-HSV-Stämmen zu
unterstützen
unter Verwendung von dem Fachmann bekannten Verfahren (wie z. B. in
Rice & Knipe,
1990 beschrieben).
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Zelllinien, die keine Reversion eines
ICP27– mutierten
HSV-Stamms zu einem Stamm mit funktionalem ICP27 ermöglichen,
werden wie oben beschrieben hergestellt, wobei man sicher stellt,
dass der Vektor, der ein funktionales ICP27-Gen umfasst, keine Sequenzen
enthält,
die mit Sequenzen überlappen
(d. h. homolog sind), die im ICP27–mutierten
Virus verblieben sind.
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Wo HSV-Stämme gemäß der Erfindung inaktivierende
Modifikationen in anderen essentiellen Genen wie z. B. ICP4 umfassen,
werden komplementiernde Zelllinien weiter ein funktionales HSV-Gen
umfassen, das das modifizierte essentielle Gen in der gleichen Weise,
wie für
ICP27 beschrieben, komplementiert. Beispielsweise im Fall von HSV-Stämmen, die
Mutationen sowohl in ICP27 als auch in ICP4 umfassen, wird eine
Zelllinie verwendet, die sowohl ICP27 als auch ICP4 exprimiert (wie
z. B. E26-Zellen (Samaniego et al., 1995) oder B4/27-Zellen (siehe
Beispiel 3), vorzugsweise B4/27-Zellen).
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Zellen, die ICP27 und ICP4 exprimieren,
werden durch transfizierende Säugetierzellen
hergestellt, wie z. B. Vero- oder BHK-Zellen, mit ähnlichen
Vektoren, wie sie für
die Herstellung von ICP27 exprimierenden Zelllinien verwendet werden,
d. h. die ICP27 und einen selektionsfähigen Marker exprimieren, zusammen
mit einem dritten Vektor, vorzugsweise einem Plasmidvektor, der
ein funktionales ICP4-Gen mit der Fähigkeit, in den Zellen exprimiert
zu werden, umfasst. Klone, die diesen selektionsfähigen Marker
besitzen, werden weiter durchgesucht (engl.: screened), um zu bestimmen,
welche Klone ebenso ICP27 und ICP4 exprimieren, z. B. basierend
auf ihrer Fähigkeit,
das Wachstum von ICP27- und ICP4 mutierten HSV-Stämmen zu
fördern,
wiederum unter Anwendung von dem Fachmann bekannten Verfahren (wie
z. B. bei Samaniego et al., 1995 beschrieben).
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C. Mutationsverfahren
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Die ICP34.5- und ICP27-Gene können durch
mehrere dem Fachmann bekannte Verfahren funktional inaktiv gemacht
werden. Beispielsweise können
sie durch Deletionen, Substitutionen oder Insertionen, bevorzugterweise
durch Deletionen, funktional inaktiv gemacht werden. Bei Deletionen
können
Teile von Genen oder das ganze Gen entfernt werden. Insertierte
Sequenzen können
die heterologen Gene wie unten beschrieben einschließen.
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Mutationen werden in den HSV-Stämmen durch
homologe, dem Fachmann gut bekannte Rekombinationsverfahren gemacht.
Beispielsweise wird HSV-genomische DNA zusammen mit einem Vektor
transfiziert, vorzugsweise einem Plasmidvektor, der die mutierte
Sequenz mit homologen HSV-Sequenzen flankiert, umfasst. Die mutierte
Sequenz kann Deletionen, Insertionen oder Substitutionen umfassen,
die alle mit Routinetechniken konstruiert werden können. Die
Insertionen können
seletionsfähige
Markergene einschließen,
wie z. B. lacZ, um die rekombininanten Viren z. B. auf E-Galaktosidase-Aktivität durchzusuchen.
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Die Mutationen können auch in anderen HSV-Genen
gemacht werden, z. B. in solchen IE-Genen wie ICP0, ICP4, ICP6,
ICP22 oder ICP47, vorzugsweise in ICP4, VMW65 oder vhs. Im Falle
des VMW65-Gens wird nicht das gesamte Gen deletiert, da es ein essentielles
Strukturprotein kodiert, aber es wird eine kleine inaktivierende
Insertion gemacht, die die Fähigkeit
von VMW65 beseitigt, IE-Gene transkriptional zu aktivieren (Ace
et al., 1989).
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D. Heterologe Gene
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Die mutierten HSV-Stämme gemäß der Erfindung
können
so modifiziert werden, dass sie ein heterologes Gen tragen, d. h.
ein Gen, das von einem im HSV-Genom vorhandenen verschieden ist.
Der Begriff „Gen" soll zumindest Sequenzen
abdecken, die dazu geeignet sind, transkribiert zu werden, wahlweise
mit einigen oder allen 5' und/oder
3' transkribierten,
aber nicht translatierten flankierenden Sequenzen, die normalerweise
mit der translatierten Kodierungssequenz assoziiert sind. Wahlweise
kann er weiter die assoziierten transkriptionalen und/oder translationalen
Kontrollsequenzen einschließen,
die normalerweise mit den transkribierten Sequenzen assoziiert sind.
Das heterologe Gen kann in das HSV-Genom an jedem Ort insertiert
werden, vorausgesetzt, dass der Virus noch propagiert werden kann,
was die Verwendung einer Zelllinie erfordern kann, die noch ein
anderes essentielles HSV-Gen trägt
(wie in B. beschrieben), wenn das heterologe Gen in ein essentielles
Gen insertiert wird. Wenn beispielsweise das heterologe Gen in das
ICP4-Gen des mutierten HSV-Stamms
insertiert wird, dann braucht man eine Zelllinie, die sowohl ICP27
als auch ICP4 exprimiert. Das heterologe Gen wird vorzugsweise in
die Region der ICP27-Mutation insertiert, so dass, wenn der unwahrscheinliche
Fall eintritt, dass die Mutation durch Rekombination mit einem Wildtyp-Virus
repariert wird, die Reparatur das insertierte heterologe Gen entfernt.
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Das heterologe Gen kann in das HSV-Genom
durch homologe Rekombination von HSV-Stämmen mit z. B. Plasmidvektoren,
die das heterologe Gen mit HSV-Sequenzen flankiert tragen, insertiert
werden. Das heterologe Gen kann in einen geeigneten Plasmidvektor,
der HSV-Sequenzen umfasst, unter Verwendung dem Fachmann bekannter
Klonierungstechniken eingeführt
werden.
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Die transkribierte Sequenz des heterologen
Gens ist vorzugsweise funktionell mit einer Kontrollsequenz verbunden,
die die Expression des heterologen Gens in Säugetierzellen erlaubt, vorzugsweise
in Zellen des zentralen und peripheren Nervensystems. Der Begriff „funktionell-verbunden" bezieht sich auf
eine Nebeneinanderstellung, worin die beschriebenen Komponenten
in einem Verhältnis
zueinander sind, das ihnen erlaubt, in ihrer beabsichtigten Weise
zu funktionieren. Eine Kontrollsequenz, die mit einer Kodierungssequenz „funktionell-verbunden" ist, ist in solch
einer Weise ligiert, dass die Expression der Kodierungssequenz unter Bedingungen,
die mit der Kontrollsequenz kompatibel sind, erhalten wird.
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Die Kontrollsequenz umfasst einen
Promotor, der die Expression des heterologen Gens und eines Signals
zur Termination der Transkription ermöglicht. Der Promotor wird aus
Promotoren ausgewählt,
die in Säugetierzellen,
vorzugsweise humanen Zellen, funktionsfähig sind. Der Promotor kann
von Promotorsequenzen eukaryotischer Gene abgeleitet werden. Beispielsweise
kann es ein Promotor sein, der von dem Genom einer Zelle abgeleitet
wird, in der Expression des heterologen Gens stattfinden soll, vorzugtsweise
einer Zelle des zentralen oder peripheren Nervensystems von Säugetieren.
Bezüglich
eurokaryotischer Promotoren können es
Promotoren sein, die in ubiquitärer
Weise (wie z. B. Promotoren von Δ-Actin
oder Tubulin) oder alternativ in gewebespezifischer Weise (wie Promotoren
von Genen der Pyruvatkinase) wirken. Es können ebenso Promotoren sein,
die auf spezifische Stimuli antworten, wie z. B. Promotoren, die
Stereoidhormonrezeptoren binden. Virale Promotoren können ebenso
verwendet werden wie z. B. der MMLV LTR-Promotor (Moloney murine leukaemia virus
Iong terminal repeat, die langen endständigen Wiederholungen des Moloney-Mäuse-Leukämie-Virus).
Der HSV-LAT-Promotor
und Promotoren, die Elemente der LAT-Promotor-Region enthalten,
können
besonders bevorzugt sein, weil da die Möglichkeit besteht, dass man
während
einer Latenz eine langanhaltende Expression von heterologen Gene
erhält.
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Zusätzlich kann jeder dieser Promotoren
durch Addition weiterer Regulatorsequenzen modifiziert werden, z.
B. durch Enhancersequenzen („Verstärker-Sequenzen"). Chimäre Promotoren
können
auch verwendet werden, die Sequenzelemente aus zwei oder mehreren
verschiedenen der oben beschriebenen Promotoren umfassen, wie z.
B. ein MMLV LTR/LAT-Fusionspromotor
(Lokensgard et al., 1994) oder Promotoren, die Elemente der LAT-Region
umfassen.
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Das heterologe Gen kann z. B. Proteine
kodieren, die bei der Regulation der Zellteilung beteiligt sind, wie
z. B. mitogene Wachstumsfaktoren einschließlich neurotropher Wachstumsfaktoren
(wie z. B. der aus dem Gehirn stammende neurotrophe Faktor, der
aus Gliazellen stammende neurotrophe Faktor, NGF, NT3, NT4, NT5,
und GAP43) und Cytokine (wie z. B. Δ-, E-, oder 9-Interferon, Interleukine
einschließlich
IL-1, IL-2, Tumor-Nekrose-Faktor oder Insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren I
oder II), Proteinkinasen (wie z. B. MAP-Kinase), Proteinphosphatasen
und zellulären
Rezeptoren für
jeden der oben genannten. Das heterologe Gen kann auch Enzyme kodieren,
die am zellulären
Stoffwechsel beteiligt sind, wie z. B. Enzyme, die an der Aminosäurebiosynthese
oder dem – abbau
(wie z. B. Tyrosinhydroxylase), Purin- oder Pyrimidinbiosynthese
oder dem -abbau und der Biosynthese oder Degradation von Neurotransmittern,
wie z. B. Dopamin, oder Proteine, die an der Regulation solcher
Wege beteiligt sind wie z. B. Proteinkinasen und Phosphatasen. Das
heterologe Gen kann ebenso Transkriptionsfaktoren oder Proteine
kodieren, die bei seiner Regulation beteiligt sind, wie z. B. Mitglieder
der Brn3-Familie (inklusive Brn-3a, Br-3b, Brn-3c) oder „Pocket"-Proteine der Rb-Familie
wie z. B. Rb oder p107, Membranproteine (wie z. B. Rhodopsin), Strukturproteine
(wie z. B. Dystrophin) oder Hitzeschockproteine wie z. B. hsp27,
hsp65, hsp70 und hsp90.
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Das heterologe Gen kodiert vorzugsweise
ein Polypeptid von therapeutischer Verwendung. Beispielsweise kann
von den oben beschriebenen Proteinen, die Tyrosinhydroxylase bei
der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit verwendet werden, das
Rhodopsin bei der Behandlung von Augenkrankheiten verwendet werden,
Dystrophin bei der Behandlung von Muskeldystrophie verwendet werden,
und Hitzeschockproteine könnenbei
der Behandlung von Herzkrankheiten verwendet werden. Polypeptide
von therapeutischer Verwendung können
auch zytotoxische Peptide wie z. B. Ricin einschließen oder
Enzyme, die die Fähigkeit
haben, einen Vorläuferwirkstoff
in eine zytotoxische Verbindung umzuwandeln, um sie z. B. in Verfahren
der virusgerichteten Enzym-Vorläuferwirkstoff-Therapie
oder gengerichteten Enzym-Vorläuferwirkstoff-Therapie
zu verwenden. Im letzteren Fall kann es wünschenswert sein, zu gewährleisten,
dass das Enzym eine geeignete Signalsequenz hat, um es zur Zelloberfläche zu lenken,
vorzugsweise eine Signalsequenz, die es ermöglicht, dass das Enzym an der
Zellaußenwand
exponiert ist, während
es an der Zellmembran verankert bleibt. Geeignete Enzyme schließen bakterielle
Nitroreduktasen ein, wie z. B. E.coli-Nitroreduktase, wie in der
WO 93/08288 offenbart, oder Carboxypeptidase, insbesondere Carboxypeptidase
CPG2, wie in der WO 88/07378 offenbart. Andere Enzyme können unter
Bezugnahme auf die EP-A-415731 gefunden werden. Geeignete Vorläuferwirkstoffe
umfassen die „Nitrogen
Mustard"-Vorläuferwirkstoffe
und andere Verbindungen wie z. B. die in WO 88/07378, WO 89/10140,
WO 90/02729 und WO 93/08288 beschrieben sind, die hiermit unter
Bezugnahme aufgenommen sind.
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E. Verabreichung
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Die mutierten HSV-Stämme gemäß der vorliegenden
Erfindung können
somit verwendet werden, um therapeutische Gene auf einen Menschen
oder Tier mit Behandlungsbedarf zu übertragen. Übertragung von therapeutischen
Genen unter Verwendung mutierter HSV-Stämme der Erfindung kann z. B.
bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit, Erkrankungen des
Nervensystems, spinalen Verletzungen, Schlaganfällen oder bösartigen Tumoren wie z. B.
Gliomen verwendet werden.
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Ein Verfahren der verabreichten Gentherapie
umfasst die Insertion des therapeutischen Gens in das Genom des
mutierten HSV-Stamms gemäß der Erfindung,
wie oben beschrieben, und einem nachfolgenden Kombinieren des entstandenen
rekombinanten Virus mit einem pharmazeutisch-annehmbaren Träger oder Verdünnungsmittel,
um eine pharmazeutische ZUsammensetzung herzustellen. Geeignete
Träger
oder Verdünnungsmittel
umfassen u. a. isotone Kochsalzlösungen,
beispielsweise phosphatgepufferte Kochsalzlösung. Die Zusammensetzung kann
für parenterale,
intramuskuläre,
intravenöse,
subkutane, intraokulare oder transdermale Verabreichung formuliert
werden.
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Die pharmazeutische Zusammensetzung
wird so verabreicht, dass der mutierte Virus, der das therapeutische
Gen für
die Gentherapie enthält,
in die Zellen an einer geeigneten Stelle eingebracht wird. Wenn
das Zielgebiet der Gentherapie beispielsweise das zentrale oder
periphere Nervensystem ist, kann die Zusammensetzung in einem Bereich
verabreicht werden, in der sich synaptische Enden befinden, so dass
der Virus in die Enden aufgenommen und in einer retrograden Weise
das Axon hoch in die axonalen Zellkörper via retrograden axonalen
Transport transportiert werden kann. Die pharmazeutische Zusammensetzung
wird typischerweise durch stereotaktische Inokulation an das Gehirn
verabreicht. Soll die pharmazeutische Mischung in das Auge verabreicht
werden, ist die sub-retinale Injektion die typischerweise verwendete
Technik.
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Die zu verabreichende Menge an Virus
liegt in einem Bereich von 104 bis 108 pfu, vorzugsweise von 105 bis
107 pfu, weiter bevorzugt etwa 106 pfu. Falls injiziert, werden typischerweise
1 bis 2 μl
an Virus in einem pharmazeutischannehmbarem geeigneten Träger oder
Verdünnungsmittel
verabreicht.
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Die beschriebenen Arten der Verabreichung
und Dosierungen sollen nur eine Richtlinie sein, da ein erfahrener
Praktiker in der Lage ist, die optimale Art der Verabreichung und
Dosierung für
jeden einzelnen Patienten und Zustand leicht zu bestimmen.
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F. Testverfahren
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Die mutierten HSV-Stämme der
Erfindung können
auch in Verfahren wissenschaftlicher Forschung verwendet werden.
Folglich bezieht sich ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung
auf Verfahren zur Untersuchung der Genfunktion in Säugetierzellen,
entweder in vitro oder bei nichtmenschlichen Säugetierzellen in vivo. Die
Funktion eines heterologen Gens könnte durch Verfahren bestimmt
werden, welches folgendes umfasst:
- (a) Einführen eines
heterologen Gens in einen mutierten HSV-Stamm gemäß der Erfindung,
- (b) Einführen
des gewonnenen HSV-Stamms in eine Säugetierzelle, und
- (c) Bestimmen der Wirkung der Expression des heterologen Gens
in der Säugetierzelle.
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Beispielsweise kann die Zelle von
einer Zelllinie sein, die bei der Zellteilung einen temperatursensitiven
Defekt trägt.
Wenn ein HSV-Stamm, der ein heterologes Gen gemäß der Erfindung umfasst, in
eine defekte Zellinie eingeführt
wird und die Zelllinie bei der restriktiven Temperatur wächst, ist
ein Fachmann leicht in der Lage zu bestimmen, ob das heterologe
Gen den Defekt in der Zellteilung komplementieren kann. Auf die gleiche
Weise können
andere bekannte Verfahren verwendet werden, um zu bestimmen, ob
die Expression des heterologen Gens einen beobachtbaren mutierten
Phänotyp
in der Säugetierzelllinie
korrigieren kann. Die Zelllinie kann eine oder mehrere endogene
Gene tragen, die durch Mutation inaktiviert sind.
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Dieses Verfahren kann auch verwendet
werden, um systematische Mutagenese eines heterologen Gens auszuführen, um
zu ermitteln, welche Regionen des Proteins, das von dem Gen kodiert
wird, in der Wiederherstellung des Phänotyps der Mutante beteiligt
sind.
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Dieses Verfahren kann auch an Tieren
angewendet werden wie z. B. bei Mäusen, die sogenannte „Gen-Knock-Outs" tragen. Die Erfindung
stellt demnach ein Verfahren bereit, um die Funktion eines heterologen
Gens in einer nichtmenschlichen Säugetierzelle zu untersuchen,
wobei das Verfahren die in vitro-Bestimmung
der Wirkung der Expression eines heterologen Gens in einer Säugetierzelle
umfasst, wobei das heterologe Gen in einen HSV-Stamm gemäß der Erfindung
eingebracht wurde und der gewonnene HSV-Stamm in die Zelle eingeführt wurde.
Ein heterologes Wildtyp-Gen kann in das Tier unter Verwendung eines
mutierten HSV-Stamms gemäß der Erfindung
eingebracht werden und die Wirkung auf das Tier unter Verwendung
verschiedener dem Fachmann bekannter Verhaltens-, histochemischen
oder biochemischen Untersuchungen bestimmt werden. Alternativ kann
ein mutieres heterologes Gen entweder in ein Wildtyp- oder ein „Gen-Knock-Out"-Tier eingebracht
werden, um zu bestimmen, ob eine krankheitsassoziierte Pathogenität induziert
wird. Ein Beispiel dazu ist die Verwendung von Genen, die Prionen
kodieren, um die Creutzfeld-Jacob- oder andere Krankheiten vom Prionentyp
im zentralen Nervensystem von Nagern induzieren. Weitere Krankheitsmodelle
können
solche für
die Alzheimersche Krankheit, die motorische Neuropathie („Motor
Neuron Disease")
oder die Parkinsonsche Krankheit einschließen.
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Die Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung
können
demnach besonders für
Funktionsstudien von Genen, die mit Krankheiten in Zusammenhang
stehen, verwendet werden. Ein bevorzugtes Verfahren ist eines, bei
dem die Säugetierzelle
dysfunktional ist, das heterologe Gen vom Wildtyp ist und die Wirkung
der Expression des heterologen Gens durch einen Zellfunktionstest
bestimmt wird.
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Die Erfindung wird unter Bezugnahme
auf die folgenden Beispiele beschrieben, welche lediglich zur Veranschaulichung
gedacht und nicht beschränkend
sind.
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Beispiele
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Beispiel 1 – Herstellung
von Virenmutanten
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Viren
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ICP27-Deletionsmutanten wurden durch
homologe Rekombination des Plasmids p϶ MNIacZ mit der Wildtyp-HSV-Stamm
17+-DNA und auch mit der Stamm 1716-DNA (MacLean et al., 1991) hergestellt,
um Viren z϶ MN:+ und z϶ MN:16 zu generieren, bei
denen ICP27 bzw. ICP27 zusammen mit ICP34.5 deletiert sind und die
jeweils ein IacZ-Gen besitzen, das durch den „Moloney Murine Leukaemia
Virus Long Terminal Repeat" (MMLV
LTR)-Promotor (Shinnick et al., 1981) gesteuert ist und die gesamte
Kodierungssequenz von ICP27 (und auch die nicht-essentiellen Gene
UL55 und 56) ersetzt. Die Nukleotidnummerierung bezieht sich auf
die HSV-1-Stamm-17+-Sequenz (Genbank Nr. HE1 CG).
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Die Viren wurden durch Anzucht von
ICP27-komplementiernder BHK-Zelllinie
B130/2, wie unten beschrieben, hergestellt und einen Vorrat angelegt.
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p϶ Mnlacz wurde durch Deletieren
eines Notl/Xmnl-Fragments aus dem EcoRl B-Fragment des HSV-1-Genoms hergestellt,
in pACYC184 (NBL) geklont, wobei ein Fragment übrig gelassen wurde, das die Gene
für ICP27
und flankierende Sequenzen (HSV-1-Stamm 17+ nts 11095-118439) einschliesst.
Ein Paar von Mlu1-Fragementen, das die gesamte ICP27-kodierende
Sequenz zusammen mit den nicht-essentiellen Genen UL55 und 56 (nts
113273–116869)
kodiert, wurde dann durch Verdau mit Mlu1 und Religation (um Plasmid
p϶ MN zu erhalten) entfernt und durch Insertion von einer
MMLV LTR/IacZ-Kassette in den Mlu1-Ort als ein Nhel/Pstl- Fragment
von pJ41 acZ nach Behandlung mit T4 DNA-Polymerase ersetzt, was das Plasmid
p϶ Mnlacz ergab. pJ41acZ wurde durch Insertion des IacZ-Gens
von pCH110 (Pharmacia) als ein BamHl/Hindlll-Fragment in die Kpnl-Stelle von pJ4
(Morgenstern and Land, 1990) nach Behandlung mit T4 DNA-Polymerase,
hergestellt.
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Wachstum von
HSV-Mutantenstämmen
unter Verwendung von komplementierenden Zelllinien
-
Eine komplementierende Zelllinie
(B130/2), die das Wachstum von ICP27-deletierten Viren ermöglicht und
keine Überlappung
mit den komplementierenden Sequenzen und dem ICP27-deletierten Virus
hat (und somit die Reparatur von ICP27 durch homologe Rekombination
während
des Viruswachstums verhindert), wurde durch Co-Transfektion der
Plasmid pSG130BS (Sekulovich et al., 1988)-DNA mit Neomycinresistenz-kodierendem
Plasmid pMamNeo (Invitrogen) in BHK-Zellen generiert und Neomycin-resistente
Klone selektiert. Ein Klon, der besonders das Wachstum einer HSV-1-ICP27-Deletionsmutante
(B130/2) begünstigt, wurde
für das
Virenwachstum selektiert. PSG130BS trägt ein BamHl/Sacl-Fragment
von HSVL (nts 113322–115743),
das die vollständige
ICP27 kodierende Sequenz und einen Teil von UL55 kodiert, aber keine Überlappung
mit p϶ MN hat.
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Bisher wurde noch von keinen Zelllinienkombinationen
von ICP27-Deletionsmutanten
berichtet, bei denen es keine Überlappung
zwischen den zur Komplementierung in die Zelllinien insertierten
Sequenzen und den Sequenzen, die im Virus verblieben, gab, was eine
Reparatur von ICP27 durch homologe Rekombination verhindert. Kürzlich wurde
von einer geringfügigen
Reversion einer ICP4-Deletionsmutante/ICP4-exprimierende Zelllinienkombination
zu einem pathogenen Phänotyp
berichtet, bei denen es eine Überlappung
zwischen den verbliebenen viralen und insertierten Sequenzen gab
und daher die Reparatur der ICP4-Mutation durch homologe Rekombination
möglich
war.
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Ergebnisse
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Männliche
Lewis-Ratten wurden stereotaktisch mit 1 μl einer 109 pfu/ml
Vorratslösung
von den HSV-Stämmen
entweder z϶ MN:16 oder z϶ MN:+, wie oben beschrieben,
oder mit 1 μl
eines 109 pfu/ml des HSV-1-Stammes 1716/pR9
in das Striatum inokuliert. Zur Inokulation wurde eine ausgezogene
Glaskapillare verwendet und das Impfmaterial über einen Zeitraum von 5 min
eingeführt.
-
1716/pR9 ist, wie vorher beschrieben,
der Stamm 1716 (ICP34.5 deletiert) mit einem IacZ-Gen, das in das
nicht-essentielle UL43-Gen insertiert ist. Nach 2 Tagen wurden die
Ratten getötet
und die Schnitte mit X-gal angefärbt,
um auf IacZ-Aktivität
zu prüfen.
X-gal positive Zellen wurden in allen Fällen gezählt.
-
-
Diese Ergebnisse zeigen, dass zwar
die Deletion von ICP34.5 die Expression eines heterologen Gens nicht
ausschließt,
diese Deletion allein aber keinen hocheffizienten Gentransfer zulässt, obwohl
es einen Virus mit stark reduzierter Pathogenität bereitstellt. Das zusätzliche
Entfernen des essentiellen IE-Gens ICP27, was ein Virenwachstum
auf einer ICP27-Expressionszelllinie erfordert, stellt jedoch nicht
nur zusätzliche
Sicherheit wegen der absoluten Blockierung einer produktiven Infektion
in jedem Zelltyp in der Abwesenheit von ICP27 und wahrscheinlich
reduzierter Zytotoxizität
bereit, sondern es erhöht
auch signifikant und unerwartet die Anzahl an Zellen, von welchen
ein heterologes Gen exprimiert werden kann. Überdies ist diese Anzahl von
Zellen im Vergleich zur Inokulation mit einem Virus, der die ICP27-Mutation
allein trägt
(der weniger sicher ist, da ICP34.5 nicht deletiert ist), nicht
signifikant reduziert.
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Das Experiment, in dem z϶ MN:16
verwendet wurde, wurde unter Verwendung von stereotaktischer Inokulation
in das Striatum von zwei drei Monate alten Krallenaffen (Callithrix
jacchus) wiederholt, was sehr ähnliche
Ergebnisse wie bei den Rattenexperimenten ergab. Hier färbten sich
mehr als 600 Zellen mit X-gal blau, jeweils in 75 μm-Schnitten,
viele davon mit neuronaler Morphologie. Also wurden die mit Ratten
erhaltenen Ergebnisse auf relevantere Modelle für menschliche Krankheiten ausgeweitet,
in diesem Fall mit einer Spezies, die oft als Modellsystem zum Studium
der Parkinsonschen Krankheit verwendet wird.
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Diese Ergebnisse zeigen deutlich,
dass obwohl die Deletion von ICP34.5 aus dem HSV-Genom einen nicht-neurovirulenten
Phänotyp
bereitstellt, die Effizienz der heterologen Genexpression einer
solchen Mutante im Gehirn schwach ist. In Kombination mit der Deletion
von ICP27 stellten jedoch ICP34.5/ICP27-Deletionsmutanten eine unennrartet
hoch-effiziente Genübertragung
ins Gehirn bereit. Dies legt in Kombination mit dem erwarteten Vorteil
eines hohen Grades an zusätzlicher
Sicherheit und vermutlich reduzierter Zytotoxizität bei der
Verwendung der Doppelmutante nahe, dass HSV-1-ICP34.5/ICP27-Deletionsmutanten sehr
erfolgversprechend zur weiteren Entwicklung als Vektoren zur Genübertragung
in das Nervensystem sind.
-
Beispiel 2 – HSV-Stämme mit
fehlerhaftem ICP34.5, ICP27 und VMW65
-
Nach der Infektion mit einer ICP27/ICP34.5-Doppelmutante
wird der Stoffwechsel der Wirtszelle immer noch durch die Expression
einer Anzahl von anderen HSV-Genen verändert, die in vivo toxisch
sein könnten.
Wir haben daraufhin weiter überlegt,
dass das Entfernen weiterer Gene zur Minimierung der HSV-Genexpression
nochmals die Eigenschaften des Virus zur Verwendung als ein Vektor
verbessern würde.
Um dies zu erreichen, wurde eine inaktivierende Mutation in VMW65
gemacht, dem virionalen transkripitionalen Aktivierungsprotein,
das im Virion enthalten ist und zur Stimulation der IE-Genexpression nach
der Infektion verantwortlich ist (Ace et al., 1989). Diese Mutation
sollte die Mengen von ICP0 und den anderen IE-Genen ICP22 und 47
stark reduzieren. Diese VMW65-Mutanten müssen in der Kultur nicht zusätzlich durch
ein funktionales VMW65-Gen komplementiert werden, da sie entweder
in sehr hoher Vielzahl oder durch Zugabe von Hexamethylenbisacetamid
(HMBA) in das Medium (McFarlane et al., 1992) wachsen.
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Viren
-
Die ICP34.5-Deletionsmutanten mit
einer Mutation, die eine funktionale Inaktivierung der transkriptional-aktivierenden
Aktivität
von VMW65 bewirkt, wurden durch Co-Kultivierung (in BHK-Zellen mit
3 mM HMBA) von Stamm 1716, der eine Deletion in beiden Kopien von
ICP34.5 enthält
(MacLean et al., 1991), mit Stamm in1814 (Ace et al., 1989), der
ein funktional inaktiviertes VMW65-Gen enthält, hergestellt. Die Genomstruktur der
gewonnenen Plaques wurde durch dem Fachmann bekannte Verfahren analysiert
(Restriktionsverdau der gereinigten genomischen DNA und „Southern
blotting") und der
Virus, der beide Mutationen von in1814 und 1716 enthält, wurde
weitere fünf
Male „plaquegereinigt", was den Virusstamm
1764 ergab.
-
ICP27 wurde vom Stamm 1764 unter
Verwendung von p϶ MnIacZ entfernt und die gereinigte genomische
DNA des Stammes 1764 ergab den Stamm z϶ MN:64, wie im Beispiel
1 bei der Deletion von ICP27 aus dem Stamm 1716 mit Ausnahme des
Zusatzes von 3 mM HMBA in das Medium.
-
Ergebnisse
-
Der HSV-Stamm z϶ MN:64 wurde
sowohl in vitro als auch in vivo getestet, vergleichbar mit den
in Beispiel 1 beschriebenen Viren. Die Ergebnisse zeigten, dass
in vivo zwei Tage nach der stereotaktischen Inokulation von 1 × 106 pfu in das Striatum von männlichen
Lewis-Ratten eine ähnliche
Anzahl von blauen Xgal gefärbten
Zellen in Gehirnschnitten beobachtet wurde wie auch für z϶ MN:+
und z϶ MN:16 (ungefähr
700 blau gefärbte
Zellen/75 μm
Schnitt). Obwohl jedoch der Umfang der Genübertragung für alle drei
Viren relativ ähnlich
war, war das durch Elektronenmikroskopie bestimmte Ausmaß der Infiltration
von Makrophagen in z϶ MN:64 etwas reduziert im Vergleich
zu z϶ MN:+ und z϶ MN:16, was auf einen niedrigeren
Grad an Zytotoxizität und/oder
Immunogenität hindeutet,
möglicherweise
assoziiert mit der reduzierten HSV-Genexpression bei der Verwendung
von z϶ MN:64.
-
In vitro waren diese Unterschiede
deutlicher, da Primärkulturen
von Darmneuronen (entnommen aus den Gedärmen von 7 Tage alten Sprague-Dawley-Ratten (Saffrey
et al., 1991)) ein beträchtlich
gesteigertes Überleben
(abgeschätzt
durch Tnpan-Blaufärbung)
und eine Erhaltung der neurologen Morphologie nach drei Tagen in
der Kultur nach Behandlung in einer 96-Testschalen-Mikrotiterplatte mit 2 × 106 pfu/Testschale von z϶ MN:64 im
Vergleich zu z϶ MN:+ oder z϶ MN:16 zeigten. So
hielten 60–80%
der Zellen mit z϶ MN:64 neuronale Prozesse drei Tagen im
Vergleich zu ungefähr
20% mit z϶ MN:+ oder z϶ MN:16 aufrecht. Selbst
bei z϶ MN:64 war jedoch die Anzahl an Zellen mit normaler
neuronaler Morphologie nach sieben Tagen gegenüber den unbehandelten Kulturen
deutlich reduziert. So zeigte z϶ MN:64 in diesem Versuch
zur Abschätzung
der Toxizität verstärkte Eigenschaften
im Vergleich zu z϶ MN:+ und z϶ MN:16, die sich
auch auf die in vivo-Situation, wie oben beschrieben, erweitern
lässt.
-
Beispiel 3 – HSV-Stämme mit
fehlerhaftem ICP34.5, ICP27, VMW65 und ICP4
-
Die ICP4-Pegel werden jedoch wahrscheinlich
nur gering durch die Mutation in VMW65 reduziert, und es ist demnach
wünschenswert
ICP4 ebenfalls funktional zu inaktivieren. Es wurden daher mutierte HSV-Stämme konstruiert,
bei denen zusätzlich
das ICP4-Gen entfernt wurde. Also wurde ein weiterer mutierten HSV-Stamm
mit fehlerhaftem ICP34.5, ICP27, ICP4 und VMW65 hergestellt. Dieser
Stamm sollte in infizierten Zellen Genprodukte nur in einem geringem
Umfang exprimieren mit Ausnahme eines insertierten heterologen Gens,
da weder durch VMW65, ICP27 oder ICP4 und im Wesentlichen auch nicht
von ICP0 oder ICP22 eine HSV-Genexpression stimuliert wird.
-
Viren
-
Beide Kopien von ICP4 wurden von
dem Stamm z϶ MN:64 zuerst durch die Entfernung von IacZ
aus dem ICP27-Locus entfernt. Dies wurde durch homologe Rekombination
der gereinigten genomischen DNA des z϶ MN:64-Stamms mit
Plasmid p϶ MN in B1/30-Zellen und einer Selektion von nicht-IacZ
enthaltenden Plaques durch X-gal Anfärbung (weiße Plaques) und „Southern
blotting" erlangt,
um sicher zu stellen, dass das gesamte lac-Z-Gen entfernt ist, was
den Stamm 1764/27–w ergab. Die Nukleotidnummerierung
bezieht sich auf die HSV-Stamm 17+-Sequenz (Gendatenbank Nr. HE1
CG). Ein Plasmid, das eine Deletion von ICP4 (p϶ ICP4)
ermöglicht,
wurde dann unter Verwendung von ICP4 flankierenden Sequenzen (nts
123,459–126,774 [Sau3al-Sau3al]
und nts 131,730–134,792
[Sphl-Kpnl], separiert durch Xbal- und Sall-Stellen, die von pSP72 abgeleitet
sind; Promega, in dem das Konstrukt hergestellt wurde) aufgebaut
. Ein Notl-Fragment mit ungefähr 0,8
kb (nts 124,945–125,723),
das die kodierende Region von ICP34.5 enthält, wurde außerdem entfernt,
um die Reparatur der ICP34.5-Deletion während der homologen Rekombination
mit 1764/27–/w
zu verhindern.
-
Eine chimäre LAT-Promotor-Kassette (nts
118,866–120,221
[Pstl-BstXl]/CMV
IE-Promotor (von pcDNA3 (Invitrogen))/IacZ (von pCH110; Pharmacia) – die pR20-Kassette – wurde
dann in die einzige Xbal-Stelle insertiert, was p϶ ICP/pR20
ergab. Dieses Plasmid wurde dann in den Stamm 1764/27–/w
durch homologe Rekombination wie oben eingeführt und IacZ exprimierende
Plaques durch Anfärbung
mit X-gal und Plaque-Reinigung auf B4/27-Zellen (siehe unten) identifiziert,
wobei man die Mutationen von sowohl ICP4 als auch ICP27 komplementiert,
was den Virusstamm 1764/27/4–/pR20 ergab. Der über Plaques
gereinigte Virus konnte weder in B1/30-Zellen (Exprimierung von
ICP27, aber nicht ICP4) noch in BHK-Zellen (Exprimierung weder von
ICP27 noch ICP4) eine produktive Infektion verursachen.
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ICP27/ICP4 doppelt komplementiernde
Zelllinien
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Eine komplementierende Zelllinie
(B4/27), die das Wachstum von ICP27/ICP4-Deletionsviren ermöglicht,
in welcher die Reparatur der ICP27 oder ICP4-Deletionen durch homologe
Rekombination nicht möglich ist,
wurde durch Co-Transfektion des Plasmids pSG130BS (das die ICP27
Kodierungssequenz und den Promotor enthält; Sekulovich et al., 1988)
mit pICP4 (ein Ddel-Sphl-Fragment
[nts 126,764–131,730],
das die ICP4-Kodierungsregion und den Promotor, der zwischen den
EcoRV- und Sphl-Stellen von pSP72 [Promega] kloniert ist, enthält) und
pMamNeo (Invitrogen; kodiert die Neomycin-Resistenz) in die BHK-Zellen
und Selektion der neomycin-resistenten Klone hergestellt. Ein Klon,
der besonders starkes Wachstum einer ICP4- und einer ICP27-Mutante
zulässt,
wurde ausgewählt
(B4/27).
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Bisher wurde noch nicht von ICP4/ICP27-Deletionsmutanten/Zelllinien-Kombinationen berichtet,
bei denen die Reparatur von ICP4 oder ICP27 durch homologe Rekombination
während
des Viruswachstums nicht möglich
ist.
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Ergebnisse
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1764/27/4–pR20
wurde in vivo wie in Beispielen 1 und 2, und in vitro wie in Beispiel
2 getestet. Die in vitro-Ergebnisse waren ähnlich den Ergebnissen von
z϶ MN:64 mit der Ausnahme, dass die neuronale Morphologie
(Anwesenheit von Vorgängen,
engl.: presence of processes) bis zum Ende des Experiments (7 Tage) erhalten
blieb ohne Anstieg an Zelltod im Vergleich zu den unbehandelten
Kontrollen. Dies zeigt die reduzierte Toxizität dieses Virus im Vergleich
zu z϶ MN:16 und z϶ MN:64. Diese Ergebnisse legen
nahe, dass diese Viren bis zu solch einem Grad abgeschwächt sind,
dass die Wirkungen auf die Physiologie der Wirtszellen minimal sind
und vermuten lassen, dass jede verbliebene Toxizität in vivo
wahrscheinlich mit Immunreaktionen auf den Viruspartikel nach einer
Inokulation wie auch mit Immunreaktionen auf die höheren Mengen
des exprimierten, heterologen Gens, in diesem Falle IacZ, assoziiert
ist.
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Die in vivo-Ergebnisse bei Ratten
zeigten nach zwei Tagen unter Verwendung von 1 × 106 pfu
von 1764/27–/pR20,
wie in Beispiel 1 inokuliert, eine ähnliche Anzahl von transfizierten
Zellen wie bei den anderen Mutanten z϶ MN:+, z϶ MN:16
und z϶ MN:64, und von den in vitro-Daten kann erwartet
werden, dass dies mit weiterer reduzierter Toxizität verbunden
ist. In diesem Falle wurde diese reduzierte Toxizität und/oder
Immunogenität
durch verbesserte Expressionseigenschaften auf lange Sicht gezeigt.
Unter Verwendung der hier beschriebenen Promotor/IacZ-Kombination
(pR20), die anders ist als die, die in Beispiel 1 und 2 verwendet
wurde, aber im Unterschied zum MMLV LTR-Promotor während der Herpeslatenz aktiv
ist (unveröffentlichte
Ergebnisse), bleiben etwa 30% der nach zwei Tagen mit X-gal blau
angefärbten
Zellen noch nach einem Monat blau angefärbt. Zum Vergleich dazu bleiben
etwa 5% der Zellen, verglichen mit nach zwei Tagen, noch nach einem
Monat blau gefärbt,
wenn ein nur in ICP27 deletierter Virus verwendet wurde, der die
pR20-Promotor/IacZ-Kassette
in den ICP27-Locus insertiert hat.
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Beispiel 4 – HSV-Stämme mit
fehlerhaftem vhs
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Die Zellphysiologie wird daher für Stämme, die
in ICP34.5, ICP27, ICP4 und VMW65 mutiert sind, nur durch Proteine
verändert,
die in die Zelle des Virions abgegeben werden und möglicherweise
durch die Expression von ICP6, das immer noch als ein IE-Gen exprimiert
werden kann. Von diesen virionalen Proteinen sind die meisten Strukturproteine
und das virionale „host-shutoff"-Protein (vhs). Vhs ist für die Destabilisierung der
Wirts-mRNA zu Gunsten der Translation von schneller produzierten
HSV-mRNA nach der Infektion verantwortlich (Reef Hardy und Sandri-Goldin,
1994) und ist somit potentiell stark zytotoxisch. Somit kann eine
weitere Modifikation an den mutierten HSV-Stämmen
gemäß der Erfindung
durch funktionale Aktivierung von vhs vorgenommen werden (die für das Wachstum
in Kultur entbehrlich sind).
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Bisher wurden noch keine vhs-Mutationen
in Vektoren eingeschlossen, von denen berichtet wurde, dass sie
auf Genübertragung
in vivo getestet wurden. Die ICP27- und ICP4-Deletionen zeigen keine Überlappung
zwischen dem Virus und den verwendeten komplementiernden Sequenzen
in der doppeltexprimierenden Zelllinie (d. h. Exprimierung von ICP27
und ICP4), die jede Reversion durch homologe Rekombination verhindert,
und die ICP34.5-Mutation stellt ein höchstes Maß an Sicherheit für den unwahrscheinlichen
Fall, dass die ICP27- und ICP4-Deletionen repariert werden sollten,
bereit.
-
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