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Die
vorliegende Erfindung betrifft neue Mehrfacheinheitsdosierungsformen
mit anhaltender Freisetzung zur oralen Verabreichung und deren Herstellung
und Verwendung.
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HINTERGRUND
DER ERFINDUNG
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Bei
der oralen Verabreichung handelt es sich um eine praktische Methode
für die
Verabreichung therapeutischer Mittel; die orale Verabreichung kann jedoch
eine schlechte biologische Verfügbarkeit
und eine Vergeudung von Arzneimittel zur Folge haben. Eine schnelle
Entleerung des Mageninhalts kann zu einer niedrigen biologischen
Verfügbarkeit
führen, insbesondere
wenn das verabreichte therapeutische Mittel nur bei dem niedrigen
pH-Wert des Magens gut löslich
ist und/oder nur in einer engen Region des proximalen Teils des
Magen-Darm-Trakts
resorbiert wird. Weiterhin kommt bei der oralen Verabreichung der
zusätzliche
Nachteil zum Tragen, daß die
Resorptionszeit von Patient zu Patient schwankt, da sich die pH-Werte
des Magens und die zum Auflösen des
Arzneimittels benötigten
Zeiten unterscheiden, was dazu führt,
daß die
für das
Erreichen von Spitzenplasmakonzentrationen benötigten Zeiten unvorhersehbar
sind.
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Eine
Optimierung der oralen Verabreichung hinsichtlich einer Verbesserung
der oralen biologischen Verfügbarkeit,
einheitlicher Resorptionszeiten und verminderter Vergeudung an Arzneimittel
läßt sich
erreichen, indem man die Zeit verlängert, die das therapeutische
Mittel in der gastrischen Umgebung verbringt.
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Der
Stand der Technik lehrt mehrere Methoden zur Verlängerung
der Retention von Dosierungsformen im Magen. Bei einer solchen Methode
bedient man sich Schwimm dosierungsformen, die aufgrund ihrer geringen
Dichte oben auf dem Magensaft treiben. Wie andere Dosierungsformen,
die im Magen zurückgehalten
werden, sorgen sie für
eine bessere Auflösung
des therapeutischen Mittels im Magen und eine bessere Resorption
an der Resorptionsstelle im Magen, und sie ermöglichen eine topische Behandlung
des Magen-Darm-Trakts sowie eine systemische Behandlung von Krankheiten.
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Schwimmdosierungsformen
sind im Handel als Einzeleinheits- und Mehrfacheinheits-Schwimmsysteme
erhältlich.
Madopar (Roche Products, Welwyn Garden City, Großbritannien) ist ein Beispiel
für ein
Einzeleinheitssystem, das Levodopa und Benserazid als hydrodynamisch
ausgewogene Systemformulierung enthält, die es ermöglicht,
die Plasmakonzentrationen von Levodopa gleichmäßig zu halten.
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Einzeleinheits-Schwimmsysteme
unterliegen jedoch einer "alles
oder nichts"-Magenentleerung,
ein Problem, das sich jedoch glücklicherweise durch
die Verwendung von Mehrfacheinheits-Dosierungsformen vermeiden läßt. Darüber hinaus
sorgen Mehrfacheinheiten für
eine gleichmäßigere Verteilung
des therapeutischen Mittels im Magen-Darm-Trakt.
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In
der US-Patentschrift 4140760 werden gemischte Gelsysteme von Alginat
und Pektin offenbart. Whitehead et al. (Eur. J. Pharm. Sci. 4 (Supp): 5182
und J. Controlled Release 55 3–12)
haben auf Calciumalginatperlen basierende Mehrfacheinheits-Schwimmdosierungsformen
entwickelt. Es wurde gefunden, daß diese Perlen, wenn man sie
während
des Herstellungsverfahrens gefriertrocknet, aufgrund des während des
Gefriertrockens gebildeten porösen
Systems auf dem Magensaft schwimmen. Sie können damit mehr als 5,5 Stunden
lang im Magen zurückgehalten
werden. Bei der Herstellung der Perlen tropft man Natriumalginat
in eine Lösung
oder Suspension von Calciumchlorid und einem therapeutischen Mittel.
Hierdurch kommt es zu einer Ausfällung
von das therapeutische Mittel enthaltenden Calciumalginatperlen,
die sich dann unter Bildung einer Schwimmdosierungsform gefriertrocknen
lassen.
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Die
Bandbreite an therapeutischen Mitteln, die sich in diese Perlen
einarbeiten lassen, ist jedoch durch die Tatsache eingeschränkt, daß die Calciumionen
dieser Formulierung mit bestimmten pharmazeutischen Bestandteilen
in Wechselwirkung treten und ihre Resorption im Körper vermindern
können. Es
sollte daher von Nutzen sein, eine Dosierungsform mit einer Zusammensetzung,
die keine Calciumionen enthält,
zu entwickeln, so daß sich
auch pharmazeutische Bestandteile, die mit Calciumionen inkompatibel
sind, einarbeiten lassen.
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Gemäß der vorliegenden
Erfindung wird daher eine Mehrfacheinheits-Schwimmdosierungsform, enthaltend
ein Algensäuresalz,
ein Pektin und einen pharmazeutischen Wirkstoff bereitgestellt,
wobei der pharmazeutische Wirkstoff mit Calciumionen kompatibel
oder inkompatibel sein kann.
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KURZE DARSTELLUNG
DER ERFINDUNG
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Bereitgestellt
wird eine Mehrfacheinheits-Schwimmdosierungsform, enthaltend ein
Algensäuresalz
ausgewählt
aus Natriumalginat oder Kaliumalginat, ein Pektin mit hohem Estergehalt
mit einem Estergehalt von mehr als 50% entlang der Biopolymerkette
und einen pharmazeutischen Wirkstoff für die orale Verabreichung.
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Offenbart
wird ein Verfahren zur Herstellung einer Mehrfacheinheits-Schwimmdosierungsform, enthaltend
ein Algensäuresalz,
ein Pektin und einen pharmazeutischen Wirkstoff, wobei man bei diesem Verfahren
eine Biopolymerlösung
oder -suspension eines Algensäuresalzes
und Pektin, die außerdem ein
lösliches
oder unlösliches
therapeutisches Mittel enthält,
zu Säure
tropft; die auf diese Weise erhaltenen Hydrogelperlen vom Medium
abtrennt; sie in flüssigem
Stickstoff schockgefriert; und sie gefriertrocknet.
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Bereitgestellt
wird eine Mehrfacheinheits-Schwimmdosierungsform, enthaltend ein
Algensäuresalz,
ein Pektin und einen pharmazeutischen Wirkstoff, zur Verwendung
in der Therapie.
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AUSFÜHRLICHE
BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
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Gemäß der vorliegenden
Erfindung wird eine Mehrfacheinheits-Schwimmdosierungsform, enthaltend
ein Algensäuresalz
ausgewählt
aus Natriumalginat oder Kaliumalginat, ein Pektin mit hohem Estergehalt
mit einem Estergehalt von mehr als 50% entlang der Biopolymerkette
und einen für
die orale Verabreichung geeigneten pharmazeutischen Wirkstoff, bereitgestellt.
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Whitehead
et al. offenbaren Mehrfacheinheits-Schwimmdosierungsformen, die
auf Calciumalginatperlen basieren, die mehr als 5,5 Stunden lang im
Magen zurückgehalten
werden können.
Die Verwendung dieser Perlen ist jedoch durch die Tatsache eingeschränkt, daß viele
pharmazeutische Wirkstoffe nicht mit Calciumionen kompatibel sind.
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Gemäß D. Thorn
et al. (Prog. Fd. Nutr. Sci., 6, 97–108) bilden Biopolymerlösungen von
Alginaten und Pektinen in Abwesenheit von Calcium oder hohen Konzentrationen
an Zucker bei einem niedrigen pH-Wert elastische Gele.
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Überraschenderweise
wurde gefunden, daß sich
Mehrfacheinheits-Schwimmdosierungsformen aus Biopolymerlösungen von
Alginaten und Pektinen herstellen lassen, in die sich auch ein pharmazeutischer
Wirkstoff einarbeiten läßt, wobei
diese Biopolymerlösungen
mit einem größeren Spektrum
an pharmazeutischen Wirkstoffen kompatibel sind, als die zuvor im
Stand der Technik offenbarten. Die vorliegende Erfindung eignet
sich insbesondere für
die orale Verabreichung von pharmazeutischen Wirkstof fen, die nicht
mit Calcium bzw. Calciumionen kompatibel sind. Darüber hinaus
bleiben die Dosierungsformen der vorliegenden Erfindung länger am
Schwimmen und haben ein gleichmäßiges Freisetzungsprofil für pharmazeutische
Wirkstoffe über
einen weiteren pH-Wert-Bereich (pH 1 bis 5). Durch diesen pH-Wert-Bereich
werden alle pH-Wert-Bereiche
abgedeckt, die für
den nicht-nüchternen
sowie für
den nüchternen
menschlichen Magen zu erwarten sind.
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Weiterhin
lassen sich die Arzneimittelfreisetzungszeiten für die Dosierungsformen der
vorliegenden Erfindung variieren, indem man den Assoziationsgrad
zwischen dem Algensäuresalz
und dem Pektin im Hydrogelsystem verändert. Dies läßt sich bewerkstelligen,
indem man das Verhältnis
von Algensäuresalz
zu Pektin in der Formulierung verändert oder den pH-Wert verändert, bei
dem die Biopolymere zur Bildung von Hydrogelen angesäuert werden.
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Die
Erfindung stellt daher Mehrfacheinheits-Schwimmdosierungsformen,
enthaltend ein Algensäuresalz,
Pektin und einen pharmazeutischen Wirkstoff, bereit.
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Bei
dem Pektin handelt es sich um ein Pektin mit hohem Estergehalt mit
einem Estergehalt von mehr als 50% entlang der Biopolymerketten.
Vorzugsweise handelt es sich bei dem Pektin um Pektin mit hohem
Methoxygehalt.
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Das
zu verwendende Algensäuresalz
wird ausgewählt
aus Kalium- und Natriumalginat. Vorzugsweise verwendet man Natriumalginat.
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Der
pharmazeutische Wirkstoff kann aus einem weiten Spektrum an Arzneimitteln
ausgewählt werden
und kann H2-Antagonisten, Antibiotika, antibakterielle
Mittel und Antipilzmittel einschließen.
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Beispiele
für pharmazeutische
Wirkstoffe, die bei einer Wechselwirkung mit Calciumionen vom Körper weniger
gut resorbiert werden sind Biphosphonate wie Aldendronsäure und
Dinatriumetidronat und antibakterielle Mittel wie Ciprofoxacin und
Tetracycline. Zu den Tetracyclinen zählen Doxycyclin und Oxytetracyclin.
Die vorliegende Erfindung eignet sich daher für die orale Verabreichung dieser
Arzneimittel.
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Weiterhin
wird sich die vorliegende Erfindung auch zur Erhöhung der biologischen Verfügbarkeit von
Wirkstoffen mit einem engen Resorptionsbereich im oberen Dünndarm wie
z.B. Frusemid, Cyclosporin, Allupurinol und Ciprofloxacin und Wirkstoffen,
die bei dem höheren
pH-Wert des Dünndarms
schlecht löslich
sind, bzw. dafür
nicht geeignet sind, eignen. Zu diesen Arzneimitteln zählen unter
anderem Diazepam, Chlordiazepoxid, Cinnarizin und Captopril.
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Bei
einer bevorzugten Ausführungsform
wird die Dosierungsform aus einer Biopolymerlösung oder -suspension hergestellt,
die Natriumalginat in einer Konzentration im Bereich von 1% w/v
und Pektin mit hohem Methoxygehalt in einer Konzentration von 1% w/v
enthält.
Die Lösung
bzw. Suspension enthält
außerdem
den pharmazeutischen Wirkstoff in einer entsprechenden Menge.
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Die
Erfindung stellt weiterhin ein Verfahren zur Herstellung der Mehrfacheinheits-Dosierungsform
bereit.
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Eine
wäßrige Lösung von
Algensäuresalz und
Pektin in den entsprechenden Konzentrationen wird mit der erforderlichen
Menge eines pharmazeutischen Wirkstoffs versetzt. Der pharmazeutische Wirkstoff
kann löslich
oder unlöslich
sein. Die auf diese Weise erhaltene Lösung bzw. Suspension wird dann
tropfenweise zu Säure
gegeben, wodurch man Hydrogelperlen erhält, die von dem Medium abgetrennt,
gefroren und gefriergetrocknet werden. Das Material kann unter Anwendung
von allgemein bekannten Verfahren zur Gefriertrocknung einschließlich herkömmlicher
Gefriertrocknung eingefroren werden; vorzugsweise wird das Material
durch Schockgefrieren in flüssigem
Stickstoff eingefroren. Die auf diese Weise erhaltenen Perlen sind
mit dem phamazeutischen Wirkstoff beladen. Geeigneterweise beläuft sich
die Größe der Perlen
auf etwa 0,1 bis 10 mm; vorzugsweise beträgt die Größe der Perlen etwa 2,5 mm.
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Die
Größe der Perlen
kann im Bereich von etwa 1 bis etwa 8 mm liegen. Bevorzugt sind
Perlen mit einem Durchmesser von etwa 3 bis etwa 4 mm; und ganz
besonders bevorzugt sind Perlen mit einem Durchmesser von etwa 3,15
mm.
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Vorzugsweise
ist das bei dem Verfahren verwendete Algensäuresalz ausgewählt aus
Kalium- und Natriumalginat. Besonders bevorzugt verwendet man Natriumalginat.
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Vorzugsweise
ist das Pektin ausgewählt
aus Pektin mit hohem Estergehalt mit einem Estergehalt von mehr
als 50% entlang der Biopolymerketten. Ganz besonders bevorzugt verwendet
man Pektin mit hohem Methoxygehalt.
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Die
Hydrogelperlen können
durch im Stand der Technik bekannte Mittel schockgefroren werden, beispielsweise
indem man sie in flüssigen
Stickstoff eintaucht.
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Die
Bedingungen für
die Gefriertrocknung können
zum Beispiel eine Temperatur von –40°C über 24 Stunden sein.
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Bei
einer bevorzugten Ausführungsform
ist die Biopolymerlösung
bzw. -suspension, die angesäuert
werden und eine Hydrogelsubstanz bilden soll, so beschaffen, daß Natriumalginat
in einer Konzentration von 1% w/v und das Pektin mit hohem Methoxygehalt
in einer Konzentration von 1% w/v vorliegt. Die Lösung oder
Suspension enthält
darüber
hinaus den pharmazeutischen Wirkstoff in einer entsprechenden Menge..
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Die
Dosierungform der vorliegenden Erfindung eignet sich auch zur topischen
Behandlung des Magen-Darm-Trakts.
Die Dosierungsform kann insbesondere für die Verabreichung von pharmakologischen
Wirkstoffen an die Schleimhaut des oberen Magen-Darm-Trakts beispielsweise
zur Behandlung von Helicobacter pylori von Nutzen sein. Weiterhin erlaubt
die vorliegende Erfindung auch die systemische Behandlung von Krankheiten.
Es wird somit die Dosierungsform der vorliegenden Erfindung zur
Verwendung in der Therapie und ein Verfahren zur Behandlung eines
einer Therapie bedürftigen
Patienten bereitgestellt, bei dem man dem Patienten eine ein entsprechendes
therapeutisches Mittel enthaltende Dosierungsform der vorliegenden
Erfindung verabreicht.
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BEISPIELE
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Beispiel 1
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Natriumalginat
(1% w/v) und Pektin mit hohem Estergehalt mit einem Methylestergehalt
von mehr als 50% wurden in destilliertem Wasser gelöst. Die
unlösliche
Verbindung Griseofulvin wurde in der Biopolymerlösung suspendiert. Die Suspension
wurde dann aus einer Spritze (1 Zoll von der Oberfläche) mit
einem 21-G-Nadelaufsatz
tropfenweise in 500 ml mit einem Vortex gemischte HCl über einen
Konzentrationsbereich von 0,01 M bis 0,1 M gegeben. Es bildeten
sich mit Arzneimittel beladene Hydrogelperlen. Die Perlen wurden
vom Medium abgetrennt, in flüssigem
Stickstoff schockgefroren und 24 Stunden lang bei –40°C gefriergetrocknet.
Die Griseofulvin-Beladungseffizienz betrug 97%.
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Beispiel 2
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Natriumalginat
(1% w/v) und Pektin mit hohem Ester gehalt mit einem Methylestergehalt
von mehr als 50% wurden in destilliertem Wasser gelöst. Die
lösliche
Verbindung Paracetamol wurde in der Biopolymerlösung suspendiert. Die Suspension
wurde dann aus einer Spritze (1 Zoll von der Oberfläche) mit einem
21-G-Nadelaufsatz
tropfenweise in 500 ml mit einem Vortex gemischte HCl über einen
Konzentrationsbereich von 0,01 M bis 0,1 M gegeben. Es bildeten
sich mit Arzneimittel beladene Hydrogelperlen. Die Perlen wurden
vom Medium abgetrennt, in flüssigem
Stickstoff schockgefroren und 24 Stunden lang bei –40°C gefriergetrocknet.
Die Paracetamol-Beladungseffizienz betrug 40%.
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Beispiel 3
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Die
gefriergetrockneten Perlen aus Beispiel 1 wurden über einen
Zeitraum von 12 Stunden in vitro auf destilliertem Wasser und auf
einem künstlichen Magensaft
mit einem pH-Wert im Bereich von pH 1 bis pH 5 auf verlängertes
Schwimmen getestet. Das Schwimmen war von pH-Wert unabhängig.
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Ebenfalls
aufgezeichnet wurde das Arzneimittelfreisetzungsprofil, wobei gefunden
wurde, daß es über diesen
in-vitro-pH-Wert-Bereich gleichmäßig ist.