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Herstellung von Schneidwerkzeugen mit erhöhter Schnitthaltigkeit Gegenstand
der vorliegenden Erfindung bildet die Herstellung von Schneidwerkzeugen aller Art,
Messer, chirurgische Instrumente u. dgl., welche bei großer Rostsicherheit und Widerstandsfähigkeit
gegen den Angriff von Säuren durch besonders hohe Schnitthaltigkeit ausgezeichnet
sind. Schneidwerkzeuge, welche die genannten Eigenschaften besitzen, werden gemäß
der Erfindung durch Verwendung von ihrer legierungstechnischen Zusaminensetzung
nach bekannten Legierungen erhalten, und zwar von rostsicheren Stahllegierungen
mit o.7 bis i.i% Kohlenstoff, 10 bis i0°/, Chrom mit 0,75 bis 2°/o Mangan.
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Die Warenbearbeitung der Legierung geschieht mittels Schmieden oder
Walzen. Ein für die Bearbeitung durch spanabhebende Werkzeuge im kalten Zustande
erforderlicher weicher Zustand kann durch mehrstündiges Glühen bei 80o bis 70o°
C erhalten werden, also in derselben Weise wie für eine Reihe von anderen Sonderstählen.
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Obwohl die gemäß der Erfindung für Schneidwerkzeuge zu verwendenden
Stahllegierungen innerhalb eines bereits in der französischen Patentschrift 6o8
888 angeführten Legierungsbereichs liegen; so fehlte es doch an der Erkenntnis,
daß in dem oben angegebenen engbegrenzten Gebiet ein 0ptimum an Schnitthaltigkeit
erreicht wird. Für die Erreichung möglichst günstiger Ergebnisse ist es dabei wichtig,
daß bei der Behandlung der Legierung an sich bekannte Regeln beachtet werden. Dazu
gehört, daß. man den Stahl bei einer Temperatur von etwa 105o° C frei an der Luft
erkalten läßt, besonders nachdem er vor der eigentlichen Härtung an der Luft eine
bestimmte Zeit der Härtungstemperatur ausgesetzt war, um der Trägheit zu begegnen,
mit welcher die Umwandlungen in diesem Stahl verlaufen. Man erzielt sehr hohe Härtegrade
von 64.o bis 67o Brinell. Um den gehärteten Gegenständen die für Schneidwerkzeuge
erforderliche Zähigkeit zu verleihen, wird der Stahl angelassen. Die Anlaßtemperaturen
richten sich nach dem Verwendungszweck der Werkzeuge. Bemerkenswert ist, daß für
viele Zwecke ein längeres Anlassen bei verhältnismäßig hohen Temperaturen, wie 4.0o
bis 50o° C; zulässig ist, und daß der Stahl selbst dann noch hohe Härte und Elastizität
neben verhältnismäßig großer Zähigkeit aufweist.
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Die außerordentlich hohe Qualität der Schneiden der nach der Erfindung
hergestellten Werkzeuge ergab sich aus vergleichenden Versuchen mit-auf anderem
Wege hergestellten Werkzeugen. Sowohl in bezug auf Dauerhaftigkeit
der
Schneiden als auch auf die Schnittleistung erwiesen sich die nach der Erfindung
hergestellten Werkzeuge nicht nur den im Handel erhältlichen Werkzeugen aus sogenanntem
rostfreiem Chrom- oder Chromnickelstahlweit überlegen, sondern sie übertrafen sogar
die aus reinstem schwedischetn Kohlenstoffstahl verfertigten.
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Wenn auch die Oualität eines für Schneidwerkzeuge bestimmten Stahles
sich nicht so genau wie etwa eines Baustahles zahlenmäßig festlegen läßt, so seien
hier doch die Ergebnisse von mechanischen Prüfungen angeführt, welche die Hochwertigkeit
der Legierung im gehärteten und angelassenen Zustande deutlich erkennen lassen und
welche auch nicht entfernt mit den bisher bekannten sogenannten rostfreien Stählen
zu erreichen gewesen sind:
Anlaß- Zugfestigkeit Dehnung"/, Brinell- Rock-well- Härte |
°C k /mmz norm. Meßlg. Härte (C-Skala) |
etwa 25o etwa 195 etwa 2 etwa 6oo etwa 59.5 |
- 475 - 200 - 4 - 570 - 56.5 |
Die angeführten Zahlenwerte gelten für den vor dem Anlassen durch freie Abkühlung
an der Luft von etwa io5o° C gehärteten Stahl, dessen ursprüngliche Härte etwa 655
Brinell bzw. Rockwell etwa 62,5 beträgt.
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Es konnte festgestellt werden, daß durch den absichtlichen Zusatz
der angegebenen Mengen von Mangan die Rostsicherheit der Chromstähle bei höheren
Kohlenstoffgehalten verbessert wird. Bekanntlich wird die Neigung zur Passivität
und damit auch die Rostsicherheit der hochprozentigen Chromstähle (i o bis 16
% Cr) stark erniedrigt, sobald als Strukturelement solche Carbide auftreten,
die durch die Wärmebehandlung beim Härten nicht gelöst und auf diese Weise zum Verschwinden
gebracht werden können. Diese Carbide stammen aus einem ledeburitartigen Eutektikum
und finden sich bei Chromstählen mit io bis 16o% Cr, sobald der Kohlenstoffgehalt
o.6 bis 0.7 % überschreitet. Auch durch die angegebenen Mangangehalte wird das Auftreten
dieser Carbide nicht verhindert, dagegen wird ihr nachteiliger Einfluß auf die Rostsicherheit
beseitigt. Durch zahlreiche Versuche konnte nämlich der Nachweis erbracht werden,
daß der Stahl eine den gewöhnlichen niedriggekohlten rostfreien Stählen (etwa 0.4'/o)
völlig gleich-,vertige Rostsicherheit besitzt. Dabei gelten für beide Stahlsorten
in Bezug auf die Rostsicherheit die gleichen Einschränkungen: eine völlig befriedigende
Rostsicherheit wird nämlich nur nach sachgemäßer Härtung und Anlassen erhalten;
die Oberfläche des Stahles muß rein metallisch und völlig frei von Glühspanresten
sein, womöglich eben und von guter Politur; das Versuchswasser und die Versuchsatmosphäre
dürfen nicht durch zu reichliche Gegenwart von Schwefeldioxyd und* Schwefelwasserstoff
verunreinigt sein, wie das bei den Abwässern von Fabrikanlagen oder in der Atmosphäre
von Großstädten und Industrie-Bezirken der Fall sein kann. Sind diese Bedingungen
erfüllt, so erhält der Stahl ebenso wie die bekannten niedriggekohlten rostfreien
Stähle dauernd seine Passivität, d. h. er kann wochen-, ja monatelang mit luftgesättigtem
Wasser und feuchter Luft in Berührung stehen, ohne dä,ß sich irgendwelche Rostangriffe
an seiner Oberfläche ausbilden, während der manganfreie oder manganarme hochgekohlte
hochprozentige Chromstahl unter denselben Bedingungen verhältnismäßig leicht rostet.
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Ebenso wie der bekannte rostfreie Stahl ist der Stahl der dauernden
Berührung mit Chloridlösungen, z. B. Meereswasser, nicht gewachsen. Jedoch sind
in allen Fällen, wo Rostangriffe auftreten können, diese auf die Oberfläche beschränkt.
Durch einfaches Schaben können sie leicht entfernt werden, wobei die unversehrte
blanke Metalloberfläche zum Vorschein kommt. Es fehlen somit die gefürchteten tieferen
Anfressungen, wie sie bei allen nicht rostfreien Stählen leicht auftreten.
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Auch in seinem Verhalten gegenüber Säure ist der Stahl sehr ähnlich
den bekannten niedriggekohlten rostfreien Stählen. Durch natürliche Pflanzen- und
Fruchtsäuren, wie Essigsäure, Weinsäure, Zitronensäure usw., wird er nicht oder
auch nur sehr -wenig angegriffen. Eine stärkere Einwirkung haben die reinen chemischen
Präparate derselben Säuren, offenbar weil ihnen die Kolloide fehlen, die in den
natürlichen organischen Säuren vorkommen und welche die Passivität fördern. Von
den organischen Säuren ist die Oxalsäure für den Stahl am gefährlichsten. Bei allen
Säuren und besonders bei den starken Mineralsäuren muß zwischen kurz und lang andauernder
Einwirkung unterschieden werden. Bei kurz andauernder Einwirkung wird der Stahl
von verdünnter Salpetersäure gar nicht, von verdünnter Schwefelsäure etwas und am
meisten von verdünnter Salzsäure
angegriffen. Bei lang andauernder
Einwirkung löst der Stahl gerade umgekehrt am meisten Salpetersäure, weniger Schwefelsäure
und am wenigsten Salzsäure. Im Vergleich zu anderen nicht rostfreien Stählen wird
der Stahl bei lang andauernder Einwirkung von Schwefel- und Salzsäure mehr und von
Salpetersäure weniger gelöst.
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Durch Weichglühen geht die Rostsicherheit und Korrosionswiderstandsfähigkeit
mehr oder weniger verloren. Mittels Lufthärtung von hoher Temperatur und nachherigen
Anlassens bei Temperaturen nicht über 500° C wird die Rostsicherheit -und Korrosionsbeständigkeit
wiederhergestellt.
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Die Vorzüge der Erfindung lassen sich wie folgt zusammenfassen: i.
In bezug auf die Herstellung des Stahles: Verhältnismäßig billige Legierungsbestandteile
(gew. Manganeisen und billige Chromeisensorten mit mittleren Kohlenstoffgehalten)
können verwendet werden. 2. In bezug auf die Wärmebehandlung Da bei dem beschriebenen
Härtungsverfahren schroffe Temperaturänderungen nicht vorkommen, kommen schädliche
Spannungen, die zum Verziehen des Werkstückes oder zu Härterissen führen, in Fortfall.
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3. In bezug auf die Qualität der fertigen Schneid-,verkzeuge: Große
Schnitthaltigkeit, die sogar diejenige der aus reinstem schwedischem Kohlenstoffstahl
hergestellten übertrifft. Große Rostsicherheit und großeWiderstandsfähigkeit gegenüber
dem Angriff von Säuren.