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Gewinnung reicher Gemische von Schwefeldioxyd und Luft aus ärmeren
Gasen durch Druckabsorption DieGewinnung von reinemSchwefeldioxyd aus Röstgasen
von Schwefelerzen oder Verbrennungsgasen von Schwefel geschieht in bekannter Weise,
indem man das in diesen Gasen enthaltene Sch-,vefeldioxyd in Wasser löst und dann
durch Erhitzen der Lösung auf Siedetemperatur und Einblasen von Dampf wieder austreibt.
Nach Kondensation des Dampfes erhält man :annähernd ioo%iges@ Schwefeldioxydgas.
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Zur Weiterverarbeitung auf Kontaktschwefelsäure und Oleum wurde in
früherer Zeit das so gewonnene reine Schwefeldioxyd mit dem dreifachen Volumen Luft
gemischt und dann durch Überleiten des Gemisches über eine platinhaltige Kontaktsubstanz
bei geeigneter Temperatur in Schwefelsäureanhydrid übergeführt, welches durch Schwefelsäure
absorbiert wurde.
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Obwohl dieses Verfahren gegenüber der später eingeführten direkten
Verarbeitung von gereinigten Röstgasen große Vorzüge besaß, so mußte es doch aufgegeben
werden, weil sich das Erhitzen der dünnen wäßrigen S02 Lösung auf Siedetemperatur
trotz umfangreicher Rückgewinnung von Wärme zu teuer stellte. Man gebrauchte für
die Gewinnung von ioo kg-reinem Schwefeldioxyd aus Röstgasen etwa 150 kg
Kohl. Dieser Auf-. wand an Kohle und umfangreicher Erhitzungsapparatur für die dünne
Lösung .kann erspart werden, wenn man die Wiederaustreibung des Schwefeldioxydgases
aus der Lösung und die Herstellung des Gasgemisches für den Schwefelsäureprozeß
auf kaltem Wege bewirkt.
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Wird beispielsweise ein Röstgas von 6 Volumprozent SO,-Gehalt in aufsteigender
Richtung durch einen 2o m hohen, mit Koksstücken gefüllten Turm geleitet, der mit
der gerade erforderlichen Menge Wasser berieselt wird, so erhält man bei kühler
Temperatur eine Lösung von etwa 9 kg SO" im Kubikmeter, während oben die
Endgase fast völlig frei von SOZ entweichen. Dieser Vorgang verläuft nach dem Henry-Daltonschen
Gasabsorptionsgesetz, nach welchem sich in je-
dem Punkte des Turms ein Gleichgewichtszustand
zwischen der Spannung des Schwefeldioxydes im Gase und in der Flüssigkeit herstellen
muß.
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Wenn man nun die im ersten Turm erhaltene kalte S02 Lösung auf einen
zweiten Rieselturm aufgibt, durch welchen die erforderliche Menge frischer Luft
in aufsteigender Richtung gesaugt wird, so muß der Prozeß in umgekehrter Richtung
verlaufen. Man wird alsdann unten eine annähernd von Schwefeldioxyd befreite Flüssigkeit
und oben ein Gasgemisch von SO, und Luft erhalten. Da selbstverständlich
bei der beschränkten Zeitdauer der Berührung stets eine gewisse Spannungsdifferenz
zwischen dem SO,-Gehalt der Flüssigkeit und des Gases vorhanden sein muß, so wird
man beim kalten Arbeiten niemals unter gewöhnlichen Verhältnissen
einen
ebenso reichen SOZ Gehalt im Gasgemisch- erlängen können, als der in den ursprünglichen
Röstgasen war. Eine solche Arbeitsweise kann trotz der großen Reinheit der erzielten
Gasmischung keinen praktischen Wert haben.
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Der Erfindung gemäß wird nun die Gewinnung eines reichen und reinen
Gasgemisches von SO, und Luft ohne Erhitzung der Schwefeldioxydlösung in
der Weise erzielt, daß die Absorption des Schwefeldioxyds aus den Ursprungsgasen
unter Überdruck, etwa nach dem Verfahren des Patentes 421725,
erfolgt und
die- Wiederaustreibung aus der kalten wäßrigen Lösung mittels eines Luftstroms unter
Atmosphärendruck oder geringem Minderdruck, welcher durch die Ansaugung der beizumischenden
Luft hervorgerufen wird. Man kann auf diesem Wege nicht nur Gasmischungen von 2o0%o
S02 und 8o % Luft erhalten, sondern auch solche von noch höherem Gehalt, was von
dem angewandten Absorptionsdruck abhängig ist. Da indessen ein Gehalt von 25 Volumprozent
SO= nicht überschritten werden darf, weil sonst ,der Sauerstoffgehalt der Mischung
für den Oxydationsprozeß nicht mehr ausreichen würde, so müßte ein höherer S02-Gehalt
durch weitere Beimischung von Luft wieder herabgesetzt werden.
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Für die Gewinnung von Gasgemischen von 18 bis 2o Volumprozent S02
auf kaltem Wege müssen clieLösungen einenGehalt von etwa 30 bis 35 kg S02 im Kubikmeter
besitzen. Dieser Gehalt läßt sich aus normalen Röstgasen unter Anwendung eines Überdruckes
von etwa 3 Atmosphären erzielen. Bei ärmeren Gasen muß ein entsprechend höherer
Absorptionsdruck angewendet werden. Man kann aber auch mit _ einem geringeren SO,-Gehalt
der Lösungen arbeiten, denn es ist nicht notwendig, daß die Gase für den Kontaktprozeß
einen S02 Gehalt von 1,8 bis 2o Volumprozent besitzen. Dieser hohe Gehalt ermöglicht
nur, auch beim Kontaktprozeß selbst mit kalten Gasen zu arbeiten. Da die Reaktionswärme
so reicher Gase ausreichend ist, den Prozeß im Gange zu halten, so ist es nur nötig,
die Kontaktmasse bei Beginn. auf Reaktionstemperatur anzuwärmen.
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Eine zur Ausführung des Verfahrens geeignete Apparatur ist in der
Zeichnung dargestellt: Ein Kompressor A ist mit drei Zylindern versehen, dem Dampfzylinder
a, denn Kompressionszylinder b und dem Expansionszylinder c. Der letztere hat den
Zweck, die Spannkraft der nicht absorbierten Gase in bekannter Weise für den Betrieb
des Kompressors wieder nutzbar zu machen. Damit dies in ausreichender Weise geschehen
kann, ist in die Leitung vom Absorber zum Expansionszylinder der Erwärmungsapparat
B eingeschaltet, welcher entweder mit verfügbarer Abhitze . geheizt wenden kann
oder eine direkte Feuerung erhält. Der Dampfzylinder a kann selbstverständlich durch
elektrischen Antrieb oder eine andere beliebige Kraftübertragung ersetzt werden.
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Die vom Kompressionszylinder b durch die Leitung d angesaugten, vorher
gereinigten Röstgase werden im komprimierten Zustande durch die Leitung e nach dem
Röhrenkessel C geführt, in welchem sie ihre Kompressionswärme abgeben, zweckmäßig
an die vom Absorber D durch die Leitung g kommenden Abgase, die hiernach durch Leitung
h zu ihrer weiteren Erwärmung in das Röhrensystem des Erhitzers B gelangen und von
diesem -durch Leitung ,i zum Expansionszylinder c.
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Vom Apparat C treten die gekühlten komprimierten Gase durch Leitung
f unten in den unter angemessenem Überdruck gehaltenen Absorber D ein, welcher mit
kleinstöckigem Koks oder anderem geeigneten Material gefüllt ist, das durch das
Rohr k mit Wasser berieselt wird. Die sich im unteren Teile des Absorbers -ansammelnde
SO2-Lösung , deren Standhöhe an einem Glase erkennbar ist, wird durch den in D herrschenden
Druck durch die Leitung 1, regulierbar durch ein eingeschaltetes Ventil, auf die
Höhe des Entgasungsturms E, eines gewöhnlichen Bleimantelturms, getrieben. In diesem,
der ebenfalls mit kleinstöckigem Koks o.`dgl. gefüllt ist, wird die herabrieselnde
Flüssigkeit einem aufsteigenden Luftstrom entgegengeführt, der durch das Gebläse
F mittels Leitung m durch die unten im Turm E befindliche öfnung 7a angesaugt wird.
Die Stärke des Luftstroms wird s0 bemessen, daß möglichst S02 reiche Gasgemische
erzielt werden, soweit dies entsprechend der Stärke der S02 Lösung nach dem Henry-Daltonschen
Gesetz angängig ist. Die von ihrem SO,-Gehalt annähernd befreite Flüssigkeit gelangt
durch Rohr o stetig zum Abflüß.
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Falls überschüssiger Abdampf vorhanden ist,' könnte dieser der für
die Entgasung der .S0,-Lösung angesaugten Luft beigemischt werden. Er würde aber
durch die herabrieselnde kalte Flüssigkeit bereits in der untersten Zone des Turmes
niedergeschlagen werden und nur die Wirkung haben, daß die in der Lösung verbliebene
kleine restliche SO2-Menge noch etwas weiter herabgesetzt wird. Einen Einfluß auf
den Grad der Entgasung in den höher gelegenen Teilen des Turmes würde eine solche
Dampfbeimischung nicht haben können. Das erzielbare Maximum des S02 Gehalts der
Gase ist auch in einem
solchen Falle lediglich von der Temperatur
und dem Gehalt der vom Absorber kommenden S02-Lösung abhängig.
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Auch eine mäßige Erwärmung der Lösung auf dem Wege vom Absorber zum
Entgaser kann keinen praktischen Wert haben. Die Kosten der Erwärmung würden erheblich
größer sein als die Vorteile, welche dadurch erzielt werden. Nach dem Verfahren
der Erfindung bietet es keine Schwierigkeiten, schon aus der kalten Lösung im Gegenstrom
mit Luft SO, -reiche Gasgemische zu erzielen.
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Da die Gase bei ihrem Austritt aus der kalten Lösung nur einen geringen
Wassergehalt besitzen, so kann eventuell auf ihre vollständige Trocknung verzichtet
werden. Auch ihre Vorwärmung ist entbehrlich, wenn mit hohem S02 Gehalt, soweit
zulässig, gearbeitet wird. Die Gase gelangen dann unmittelbar vom Gebläse F durch
Rohr p in den Kontaktofen G, welcher vorher auf Reaktionstemperatur angeheizt ist.
Derselbe kann mit einem Kühlmantel r versehen sein oder auch zwischen der ersten
und zweiten Kontaktschicht ein eingebautes Rohrsystem erhalten, um überschüssige
Reaktionswärme hinwegzunehmen. Dies kann durch Kühlung mittels Luft oder der kalten
Abgase der Druckabsorption zwecks Vorwärmung vor ihrer weiteren Erwärmung erfolgen.
Beim Arbeiten mit Gasen von geringerem SO.,-Gehalt können auch diese zu ihrer Vorwärmung
durch den Kühlmantel oder das Rohrsystem in bekannter Weise geleitet werden, bevor
sie in die erste Kontaktschicht eintreten. Durch Rohr q gelangen die Gase in die
S-0,-Absorptionsanlage.
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Der technische Fortschritt des Verfahrens besteht darin, daß man mit
seiner Hilfe auch alle Gase anstandslos verarbeiten kann, deren unmittelbare Verarbeitung
nach dem Kontaktverfahren auf Schwierigkeiten stößt. Es sind dies namentlich solche
Röstgase, welche gasförmige Kontaktgifte enthalten, die nach dem elektrostatischen
Reinigungsverfahren nicht abgeschieden werden können. Während in solchen Fällen
bald ein Zurückgehen der Wirkung der Kontaktsubstanz eintritt, behält diese beim
Arbeiten mit den nach dem neuen Verfahren gewonnenen reinen Gasgemischen unbegrenzte
Zeit ihre volle Wirksamkeit.
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Als ein weiterer Vorteil des Arbeitens nach demVerfahren ist anzusehen,
daß an Stelle der beim Röst- oder Schwefelverbrennungsprozeß bereits zur Hälfte
verbrauchten Luft wieder frische Luft getreten ist, welche noch ihren vollen Sauerstoffgehalt
besitzt. Man kann daher durchschnittlich mit der dreifachen Gasstärke und ohne Vorwärmung
der Gase arbeiten, wodurch der Umfang der Kontaktapparatur eine derartige Verminderung
erfährt, daß dadurch die Kosten der Kompressions- und Absorptionsanlage ausgeglichen
werden. Beim Betriebe fallen die Kosten der Vorwärmung der Gase weg, die bei zurückgegangener
Kontaktwirkung und dünnen Gasen oft sehr hoch sind. An ihre Stelle treten die geringeren
Kosten der Erwärmung der unter Druck befindlichen Abgase vor ihrer Expansion in
der Maschine. Für diesen Zweck stehen auf Metallhütten meist Abhitzen von Reduktions-
oder Schmelzöfen kostenlos zur Verfügung.