DE4420816A1 - Verfahren zum Steuern und/oder Regeln des Wasserhaushaltes einer Produktionsanlage - Google Patents

Verfahren zum Steuern und/oder Regeln des Wasserhaushaltes einer Produktionsanlage

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Description

Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Steuern und/oder Regeln des Wasserhaushaltes einer Produktionsanlage, die aus einer Vielzahl von Teilanlagen besteht, bei der wäß­ rige Stoffströme zwischen den Teilanlagen zirkulieren. Insbe­ sondere bezieht sich die Erfindung auf ein Verfahren zum Steuern des Wasserhaushaltes einer Papierfabrik mit Wasser als einem wesentlichen Stoffstrom, wobei für die Stoff- bzw. Wasserströme in den Teilanlagen der Papierfabrik offene Be­ hälter oder geschlossene Tanks vorhanden sind, die mitein­ ander verbunden sind.
Komplexe Produktionsanlagen bestehen aus einer Vielzahl von Teilanlagen. Diese Teilanlagen sind miteinander durch Stoff­ ströme vernetzt. Ein Teil dieser Stoffströme zirkulieren zwi­ schen den Teilanlagen.
Letzteres gilt speziell für eine Papierfabrik, die aus wenig­ stens einer Papiermaschine und der zugehörigen Peripherie zur Aufbereitung von Altpapier besteht. Für die Papierherstellung ist Wasser der wesentliche Hilfsstoff, d. h. ohne Wasser wäre eine Papierherstellung nicht möglich. Das Wasser übernimmt bereits in der Stoffaufbereitung den Transport der Faser- und Füllstoffe. Es ermöglicht eine gleichmäßige Verteilung aller dem Papierstoff zugesetzten Bestandteile und ist Vorausset­ zung für die Bildung einer gleichmäßigen Papierbahn. Wasser dient also einerseits als Transport- und andererseits als Suspensionsmittel.
Speziell in Papierfabriken zirkuliert Wasser zwischen den einzelnen Teilanlagen, wozu jeweils Speicher in Form von offenen Bütten bzw. Behältern oder geschlossenen Tanks vor­ handen sind. Sind Speicher leer, kommt es zu Verzögerungen im Prozeßablauf oder auch zu Stillständen der Teilanlagen. Da­ durch werden die Kreisläufe unterbrochen. Zum Aufrechterhal­ ten der Produktion oder zum Vermeiden von Störungen bei Pro­ duktionsstillstand kann es notwendig sein, daß Frischwasser in den Kreislauf eingeschleust oder Kreislaufwasser ausge­ schleust, d. h. in die Abwasserreinigung geleitet werden muß.
Bei herkömmlichen Papiermaschinen werden die Speicherinhalte, d. h. die Sollwerte der Füllstände, häufig noch von Hand ver­ stellt. Vom Stand der Technik ist es auch bekannt, Vorsteue­ rungen und Verriegelungen über ein Automatisierungssystem auf die Füllstände wirken zu lassen.
Aufgabe der Erfindung ist es demgegenüber, den Wasserhaushalt von Produktionsanlagen derart zu steuern, daß einerseits die Störungen in der Produktion so gering wie möglich gehalten werden, daß aber andererseits Frischwasser so wenig wie mög­ lich benötigt werden und gleichzeitig Kreislaufwasser so ge­ ring wie möglich in die Abwasserreinigung ausgeschleust wer­ den müssen.
Die Aufgabe ist erfindungsgemäß bei einem Verfahren der ein­ gangs genannten Art dadurch gelöst, daß die Wasserströme, insbesondere die Wassermengenverteilung, in den Teilanlagen, mittels Fuzzy-Logik gesteuert bzw. geregelt werden, wobei die Fuzzy-Regeln über Petri-Netze in ein Fuzzy-Petri-Netz-Modell eingebunden sind.
Zur Realisierung eines Fuzzy-Systems, insbesondere zur Anwen­ dung bei Papierfabriken, werden einerseits Regeln für die einzelnen Speicher und andererseits Regeln für das Gesamt­ system, bei dem der Vernetzung der Teilanlagen Rechnung ge­ tragen ist, verwendet. Vorteilhafterweise dienen als Quelle für die Aufstellung der Fuzzy-Regeln die Aktionsregeln der Anlagenbediener, das Wissen über die Produktion durch Prozeß­ analysen und das Wissen, das durch Bilanzierung und Modellie­ rung der Wasserströme und der Speicherinhalte gewonnen wurde. Für die Erstellung der Petri-Netze werden dagegen die Kennt­ nisse der Systemstrukturen eingebracht.
Die Anwendung von Fuzzy-Logik für den allgemeinen Betrieb von Produktionsanlagen ist zwar verschiedentlich schon vorge­ schlagen worden. Ebenso sind Petri-Netze zur Darstellung von Regelstrukturen vorbekannt. Speziell für das Steuern des Was­ serhaushaltes einer Produktionsanlage wurden Fuzzy-Petri- Netze bisher nicht angewandt. Überraschenderweise konnte ge­ zeigt werden, daß damit insbesondere bei Papierfabriken die Produktivität erheblich gesteigert werden kann.
Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Figurenbeschreibung eines Ausführungs­ beispiels anhand der Zeichnung. Es zeigen
Fig. 1 das Fließschema der Wasserkreisläufe einer Papier­ fabrik,
Fig. 2 das zugehörige Fuzzy-Set zur Beschreibung des Füll­ standes einer Bütte bzw. eines Tankes im Wasserkreis­ lauf gemäß Fig. 1
Fig. 3 ein Beispiel für die Anwendung von Fuzzy-Logik auf den Wasserkreislauf gemäß Fig. 1 und
Fig. 4 ein zugehöriges Petri-Netz.
Eine Papierfabrik beinhaltet üblicherweise wenigstens eine Papiermaschine und die zugehörige Peripherie, die insbeson­ dere zur Stoffaufbereitung aus Altpapier dient. Eine solche Gesamtanlage ergibt sich in vereinfachter Form aus Fig. 1, wobei der obere Bereich die Materialaufbereitung und der untere Bereich die eigentliche Papiermaschine darstellt. Ver­ bunden sind beide Bereiche durch Leitungen, welche die Was­ serzirkulation verdeutlichen. Im einzelnen sind Behälter für die flüssige Papiermasse einerseits und für das Wasser ande­ rerseits dargestellt, die über Ventile verbunden sind. Auf die eigentliche Papierherstellung in Bahnen wird nicht im einzelnen eingegangen.
Zur Stoffaufbereitung im oberen Bereich der Produktionsanlage gehören ein sogenannter Pulper Pu31 und Bütten K31 bis K36. Offene Bütten C1 bis C14 dienen für die Aufnahme von Wasser.
Im Pulper Pu31 wird das Altpapier in Rückwasser gelöst, das aus der Bütte C12 kommt. Außerdem wird Trichterwasser und Rückwasser aus der Abwasserreinigung dazugegeben. Das Trich­ terwasser ist Wasser, das im gesamten Betrieb anfällt und faserhaltiges Wasser, welches im Reinigungsprozeß in der Kläranlage anfällt. Im Pulper Pu31 befindet sich ein Zopf zur Unratbeseitigung. Nach der Stapelbütte K31 wird der flüssige Papierbrei in sogenannten Fiberrizern gereinigt.
In Fig. 1 dienen die Stapelbütten K31, K33 und K35 als Vor­ rats- und Pufferbehälter. In einer Mischbütte K34 wird der Papierbrei aus der Bütte K33 mit anderen Stoffen zur Papier­ herstellung gemischt. Es erfolgt also ein Stofffluß zwischen den einzelnen Bütten.
Die Stoffflüsse zu den Bütten K35 und K36 sind konsistenzge­ regelt. Dafür wird Wasser jeweils aus der Wasserbütte C12 entnommen. Die Bütte K36 wird immer 100% vollgefahren. Dazu wird aus der Bütte K35 ein so großer Stoffstrom zur Bütte K36 gepumpt, daß ein Überlauf zurück nach K35 gewährleistet ist. Von der Bütte K36 geht der Stofffluß zur eigentlichen Papier­ maschine im unteren Bereich der Fig. 1.
Die Papiermaschine ist in eine sogenannte Naß- und in eine sogenannte Trockenpartie unterteilt. Zur Naßpartie gehören der Stoffauflauf, die Siebpartie, die sogenannten Foils und die Pressenpartie. Zur Trockenpartie gehören dagegen die Vor- und Nachtrockenpartie und die Leimpresse. Vor dem Stoffauf­ lauf wird der flüssige Papierbrei über einen Siebwasserkreis­ lauf auf eine Konsistenz von 1% verdünnt. Der Stoffauflauf übernimmt die Führung der Fasersuspension auf ein Sieb. Durch Unterteilung in Ober- und Untersieb wird eine Mehrschichtig­ keit des Endproduktes als Papierbahn 500 erreicht. In der Siebpartie sorgen die sogenannten Foils für die Entwässerung der Faserstoffsuspension. Das in der Siebpartie anfallende Wasser wird in der Bütte C12 gesammelt und dem Prozeß über den Pulper P31 und die Bruchpulverbehälter C4 bis C8 wieder zugeführt.
Von der Siebpartie wird die Papierbahn 500 von sog. Pick-up- Walzen 41 ff. aufgenommen und in die Pressenpartie überführt. Das von der Siebpartie kommende und von der Pressenpartie übernommene Papier hat einen Trockengehalt von ca. 20%. In der Pressenpartie muß möglichst viel Wasser aus dem Papier entfernt werdend da bei der nachfolgenden Trockenpartie wesentlich mehr Energie zur Entfernung der gleichen Wasser­ menge benötigt wird als zu diesem Zeitpunkt. Das Papier ver­ läßt die Pressenpartie mit einem Trockengehalt von 50%. Das anfallende Wasser geht in die Wasserbütte C12.
Einer mechanischen Wasserentfernung durch Pressen und Saugen sind Grenzen gesetzt. Daher wird das Papier in der Trocken­ partie durch Wärmezufuhr weiter entwässert, wozu die Trocknung mit dampfbeheizten Trockenzylindern vorgenommen wird.
Der Randabschnitt in der Trockenpartie geht immer in die sogenannten Bruchpulver der Bütten C5, C6, C7 und C8, in wel­ che Wasser aus der Bütte C12 hinzugegeben wird. Der Stoff aus den Bruchpulvern C5 bis C8 wird zur Bütte C4 gepumpt und ge­ langt von dort nach K34.
In der Fig. 1 ist C19 eine Pufferbütte mit Überlauf. Der Überlauf wird so bemessen, daß die Gesamtwassermenge in der Papieranlage unter allen Umständen die gleiche bleibt. Es ist daher möglich, daß dem Prozeß Wasser aus der Bütte C19 zuge­ führt wird, so daß der Überlauf zur Abwasseraufbereitung Null ist.
Die Konsistenz des Stoffes in der Bütte C4 soll auf jeden Fall gleich der Konsistenz des Stoffes, der von der Bütte K33 nach K34 geht, sein. Da die Bütte C12 sowohl als Puffer für überschüssiges Wasser als auch als Reservetank dient, soll die Bütte C12 ein Niveau von 50% haben. Das Wasser für die Sprüher kommt in Fig. 1 aus der Bütte C19. Wenn C19 kein Wasser liefert, muß Frischwasser verwendet werden.
Aus Vorstehendem ist die Komplexität der bei der Papierher­ stellung bezüglich des Wasserhaushaltes zu beachtenden Vor­ gänge ersichtlich. Wenn die Verhältnisse Stoff/Wasser, d. h. also die Konsistenz, konstant sind, sind auch die Frischwas­ sermenge, Prozeßwassermenge, Abwassermenge und Füllstände konstant. In diesem Fall würden sich die Wasserkreisläufe im Gleichgewicht befinden.
Anhand Fig. 2 wird der Begriff des Büttenfüllstandes ver­ deutlicht. In der Teilfig. 2a ist der zulässige Füllstand bei einer scharfen Bewertung des Büttenniveaus und in der Teilfig. 2b bei einer unscharfen Bewertung des Büttenniveaus wiedergegeben. Letzteres wird nachfolgend im einzelnen ausge­ führt.
Es wird eine Zugehörigkeitsfunktion µ(x) definiert, welche den Zugehörigkeitsgrad einer jeweils unscharfen Menge aus­ drückt. Die Funktion µ(x) bewertet jedes Element der Menge mit einer reellen Zahl im Intervall zwischen 0 und 1. Der Zugehörigkeitswert µ(x) = 0 kennzeichnet dabei die Nichtzuge­ hörigkeit und der Zugehörigkeitswert µ(x) = 1 die beste Zuge­ hörigkeit eines Elementes zur Menge. Während in Fig. 2a nur die Werte 0 und 1 erlaubt sind, verläuft in Fig. 2b µ(x) entsprechend vorgegebener Abhängigkeit mit im wesentlichen stetiger Änderung, so daß ein unscharfes Verhalten vorliegt.
Die unscharfe Zugehörigkeitsfunktion µ(x) drückt also inhalt­ lich eine Möglichkeitsbewertung aus. Sie unterscheidet sich damit wesentlich von der Wahrscheinlichkeitsbewertung in der Statistik.
Mit der oben definierten Zugehörigkeitsfunktion µ(x) wird die Unschärfe in einem Rechner darstell- und berechenbar. Spe­ ziell für das Stoffmanagement kann diese Unschärfe bei der Koordinierung der Stoffdichteänderungen und der Behälter­ niveaus im Wasserkreislauf der Papiermaschine in vielfältiger Weise genutzt werden. Dies ist insbesondere der Fall bei der Ermittlung von Steuerhandlungen, mit denen beim Abriß der Papierbahn flexibel der stetige Übergang von zulässigen zu unzulässigen Niveaus in den Bütten berücksichtigt werden muß. Dabei drückt die Unschärfe die jeweilige Güte der Bütten­ niveaus als Abbild von Produktionsbedingungen aus, auf die flexibel mit angepaßten Steueroperationen reagiert werden kann.
Anhand Fig. 3 ist der Einsatz eines Fuzzy-Kontroll-Konzeptes an obigem System verdeutlicht. Es werden Steuerregeln voraus­ gesetzt, die unabhängig vom Ist-Zustand Stellgrößenänderungen aktivieren, um so eine gewünschte Zustandsverteilung im System zu erreichen. Die Steuerregeln beschreiben damit eine Zuordnungsvorschrift zwischen dem Systemzustand und den Stellgliedhandlungen. Dabei kann der Systemzustand durch die Regelabweichungen und deren Trend ausgedrückt werden und die Stellgrößen entweder als inkrementale oder absolute Verände­ rungen angegeben werden.
In Fig. 3 wird ein Fuzzy-Regler 100 beispielhaft zur Niveau­ regelung der Bütten K34 und K35 im Wasserkreislauf der Papiermaschine eingesetzt. Der Regler 100 soll den stoßfreien Zu- und Ablauf in diesen Bütten bei unterschiedlichen Betriebszuständen der Papiermaschine ermöglichen. Für jedes Ventil wird aus den Abweichungen und dem Trend der zugehöri­ gen Pufferfüllstandshöhen eine Regelmenge für die notwendigen Ventilverstellungen ermittelt. Um einer Explosion der Regel­ menge entgegenzuwirken, werden dabei Teilmengen gebildet, die sich aus getrennten Betrachtungen des Zustandes der Papier­ maschine und der vor und nach dem Ventil 135 angeordneten Bütten K 34 und K 35 ergeben. Dafür werden die Regelabwei­ chungen der Füllstandshöhen in jeweils vier unscharfe Quanti­ fizierungsstufen und zwar
- positiv big (PB), positiv small (PS), negativ small (NS) und negativ big (NB)
eingeteilt. Der Trend der Regelabweichungen wird in den drei Quantifizierungsstufen negativ (N), zero (Z) und positiv (P) und die Stellgliedveränderung in den Mengen "Ventil öffnen" und "Ventil schließen" ausgedrückt. Durch das gleichzeitige Wirken mehrerer Regeln wird in der Defuzzyfizierungsphase zwischen den groben Fuzzyregeln interpoliert, so daß trotz des Vergröberungseffektes fein abgestufte Steueraktivitäten im Prozeß wirksam werden können.
Das Verschmelzen der unscharfen Steuerregeln durch das De­ fuzzyfizieren verleiht dem Fuzzy-Regler 100 ein robustes Steuerverhalten. Die zu erwartende Regelgüte ist nicht von der Anzahl der Regeln abhängig, sondern resultiert aus den Nachbarschaftseigenschaften des Zustandsgebietes der Regel­ strecke, wie sie z. B. bei lokalen Nichtlinearitäten anzutref­ fen sind.
Aus der Betrachtung der Teilregelmengen für das Ventil 135 wird deutlich, daß die Regeln sowohl kooperativ als auch kon­ trär wirkende Stellgliedsverstellungen auslösen können. Be­ findet sich in der dem Ventil 135 vorgelagerten Bütte K34 des Ventils zu viel und in der nach dem Ventil 135 angeordneten Bütte K35 zu wenig Stoff, so werden aus beiden Regelmengen solche Regeln aktiv, die das Öffnen des Ventils 135 fordern. Dadurch wird der kooperative Einfluß beider Regelmengen auf das Stellglied deutlich.
Anhand der Fig. 3 wurden die Regeln für einzelne Speicher definiert. Daneben sind auch Regeln aufstellbar für das Gesamtsystem, womit insbesondere der Vernetzung der Gesamt­ anlage Rechnung getragen ist. Hierfür werden die Aktions­ regeln der Anlagenfahrer, d. h. die eigentlichen Produktions­ regeln, verwendet und weiterhin das Wissen über die Produk­ tion, welches durch Prozeßanalysen ermittelbar ist. Zusätz­ lich wird das Wissen, das durch Bilanzierung und Modellierung der Stoffströme und der Speicherinhalte gewonnen wird, in die Gesamt regeln eingebracht.
Wenn man die Regeln der Fuzzy-Logik für die Verstellung der Ventile jeweils zu einer komplexen Regel vergröbert und in einem Fuzzy-Petri-Netz als unscharfe Transition zusammenfaßt, wird die Steuerung des Produktionssystems verbessert. Dies gilt insbesondere zur Steuerung des Füllstandsniveaus und/oder der Stoffdichte im Wasserkreislauf der Papier­ maschine.
Das Fuzzy-Petri-Netz ist ein Modellkonzept für operative Ent­ scheidungsprozesse in komplexen Produktionssystemen, in dem Kenntnisse über die Systemstruktur gemeinsam mit technologi­ schen Erfahrungen der Anlagenexperten für die Auswahl von operativen Steueraktivitäten genutzt werden. Dabei lassen sich in bekannter Weise zwischen Prozeß und Fuzzy-Petri-Net­ zen Zuordnungen definieren, die insbesondere die Komponenten des Petri-Netzes mit dem Produktionssystem verknüpft. Bei­ spielsweise entsprechen die Transitionen des Petri-Netzes be­ stimmten Steueroperationen, die Plätze des Petri-Netzes be­ stimmten Arbeitsfortschrittsbestimmungen, der Markenstrom des Petri-Netzes dem Objekt bzw. Stoffstrom und die Flußreaktion des Petri-Netzes der Systemstruktur in der Produktionsanlage.
Wenn der Arbeitsfortschritt in einem komplexen System durch das asynchrone Zusammenwirken mehrerer parallel wirkender Teilprozesse bestimmt wird, sind Petri-Netze zur Beschrei­ bung der zeitlich nacheinander und parallel auszuführenden Steueroperationen besonders geeignet. Das Fuzzy-Petri-Netz- Konzept verbindet die Unschärfe der Fuzzy-Technologie mit dem Beschreibungskonzept von parallelen Vorgängen durch Petri- Netze.
Beispielsweise in der Papierfabrik gemäß Fig. 1 mit dem vor­ gegebenen Stoff- und Wasserhaushalt wird ein Fuzzy-Petri-Netz als Modellkonzept für die Wasserkreisläufe verwendet und in Fig. 4 wiedergegeben. Mit diesem Modell werden die parallel und asynchron auszuführenden Ventilstellungen für die Stoff­ ströme zwischen den Pulpern und Bütten situationsbezogen be­ stimmt. Die Steueraktionen bzw. Ventileinstellungen werden dabei mit ihren Einsatzbedingungen unscharf durch Transitio­ nen (senkrechte Striche) und Plätze (Kreise) im Petri-Netz ausgedrückt. Die Niveaus der Pulper bzw. Bütten beschreiben die Prozeßbedingungen für das Verstellen der Stoffströme. Sie werden durch Plätze in dem Modell gekennzeichnet, die ent­ sprechend dem Füllstand mit Marken gefüllt sind. Zur Verände­ rung der Füllstände in den Behältern dienen die Ventile. Sie drücken damit die Steuermöglichkeiten in den Wasserkreisläu­ fen aus. Im Petri-Netz werden letztere durch Transitionen be­ schrieben, die Stoff aus dem vorgelagerten Behälter in einem von der Ventilstellung abhängigen Verhältnis auf den nachge­ lagerten übertragen. Da dieser Übertragungsvorgang flexibel vom Öffnungsgrad des Ventils abhängig ist, wird er auch als Unscharfverschalten der Transitionen bezeichnet. Der Marken­ inhalt der Plätze bestimmt damit den Zeitpunkt für Verände­ rungen an den angrenzenden Transitionen. Durch das Schalten der Transitionen entsteht somit zwischen den Plätzen ein Mar­ kenstrom, der wie der Stoffstrom zwischen den Bütten der Was­ serkreisläufe von den Eingangsplätzen auf Ausgangsplätze transformiert wird.
In den Plätzen wird der Markeninhalt durch eine unscharfe Zu­ gehörigkeitsfunktion µ(x) bewertet. Diese Unschärfe signali­ siert die Notwendigkeit, den Füllstand des betreffenden Be­ hälters zu verändern. Der Zugehörigkeitswert 1 beschreibt die Einhaltung des Soll-Niveaus und verlangt deshalb keine Ven­ tiländerungen. Ein Wert kleiner als 1 drückt dagegen eine Ab­ weichung vom Sollwert aus. Er bewirkt einen Druck auf die Veränderung der Ventilstellung, die jedoch nur ausgeführt wird, wenn dadurch keine weitere Verschlechterung eines ande­ ren Behälters ausgelöst wird.
Im Fuzzy-Petri-Netz werden somit nur Steuerhandlungen ausge­ wählt, die sich kooperativ zueinander verhalten. Durch die unscharfe Bewertung der Ventilstellungen an den Transitionen wird erreicht, daß zur Verbesserung der Behälterniveaus nur zulässige Stoffströme ausgeführt werden. In Abhängigkeit von der Größe der Störung sind somit unscharfe Kompromisse zwi­ schen der Erfüllung von Soll-Füllstandshöhen in den Bütten und Soll-Stoffströmen möglich. Die Wahl der Zugehörigkeits­ funktionen an den Plätzen und Transitionen ermöglicht, daß beide Auswahl von Steuerhandlungen in den Wasserkreisläufen gleichermaßen Expertenerfahrungen berücksichtigt werden kön­ nen. Enge, steil abfallende Zugehörigkeitsfunktionen kenn­ zeichnen dabei Behälter-Niveaus oder Stoffströme, die unbe­ dingt einzuhalten sind, während breite, flach abfallende Funktionen eine hohe Variabilität der entsprechenden Kompo­ nenten des Wasserkreislaufes ausdrücken.
In Fig. 4 sind die gleichen Symbole wie in Fig. 1 verwen­ det: Das Fuzzy-Petri-Netzmodell des Wasserkreislaufes der Papierfabrik enthält für alle Pulper und Bütten der Papier­ maschine entsprechende unscharf bewertete Plätze. Dabei wird davon ausgegangen, daß jeder Platz mit Stoff einer bestimmten Dichte gefüllt ist. Durch die Transitionen zwischen den Plät­ zen wird die Wirkung der Ventile in dem Netz-Modell beschrie­ ben. Die Pfeile zwischen Plätzen und Transitionen kennzeich­ nen dabei die Stoffflußrichtung. An jeder Transition erfolgt neben dem Stofftransport auch eine Dichte-Anpassung des Stof­ fes, so daß eine Vergleichmäßigung der Dichten in den Puffern erfolgen kann.
Zur Stoffdichte-Anpassung wird Prozeßwasser aus dem Pulper C12 verwendet, so daß jede Transition über Kanten mit dem C12-Pulper und mit den vor- und nachgelagerten Behältern ver­ bunden ist. Jede Kante ist mit einem Rezepturfaktor versehen, der von der Dichte des jeweiligen Stoffflusses abhängig ist. Bei jeder Steuermaßnahme zur Veränderung des Behälterniveaus wird dadurch auch der Prozeßwasserbedarf berücksichtigt, der zur Anpassung der unterschiedlichen Stoffdichten notwendig ist. Gleichzeitig wirkt der C12-Pulper mit seinem Füllstand als Prozeßbedingung für den Stofffluß zwischen den Behältern. Eine Niveaukorrektur zwischen den Stoffbehältern ist deshalb nur in dem Maße möglich, wie Prozeßwasser in C12 zur Ver­ gleichmäßigung bzw. zur Anpassung der Sollstoffdichten be­ reitgestellt werden kann.
Von letzterem abgesehen garantiert die Modellstruktur des Petri-Netzes insbesondere, daß genau der Behälter bevorzugt mit Prozeßwasser versorgt wird, dessen Füllstand am dringend­ sten verbessert werden muß. Der am stärksten gestörte Behäl­ ter wird durch seinen schlechten Zugehörigkeitswert so hoch bei der Auswahl von Steuerhandlungen priorisiert, daß er vor­ rangig vor allen anderen Puffern den Zugriff auf das Prozeß­ wasser in C12 enthält.
Vom reinen Wasserhaushalt abgesehen garantiert die Rückfüh­ rung des Stoffflusses aus den Pulpern C3 bis C7 in die Bütte K34 die Gültigkeit des Petri-Netz-Modells auch für Steuer­ handlungen beim Abriß der Papierbahn. Der erhöhte Stofffluß aus dem C4-Pulper wirkt dabei zur Verminderung des Stoffein­ trages über das Ventil K34. Die unterschiedliche Versorgung der Bütte K34 erfolgt dabei situationsbedingt unscharf und stoßfrei über den Pulper C4 oder 31.
Durch die Kombination von Fuzzy-Regelung und dem beschriebe­ nen Petri-Netz-Modellkonzept kann also ein Prozeßleitsystem geschaffen werden, das sich insbesondere bei komplexen Ent­ scheidungsprozessen, wie sie bei der Steuerung des Wasser­ haushaltes einer Papierfabrik anfallen, erfolgreich einsetzen läßt.

Claims (5)

1. Verfahren zum Steuern und/oder Regeln des Wasserhaushaltes einer Produktionsanlage, die aus einer Vielzahl von Teilan­ lagen besteht, bei der flüssige Stoffströme mit Wasser zwi­ schen den Teilanlagen zirkulieren, insbesondere zum Steuern des Wasserhaushaltes einer Papierfabrik mit Wasser als einem wesentlichen Stoffstrom, wobei für die Stoff- bzw. Wasser­ ströme in den Teilanlagen offene Behälter oder geschlossene Tanks vorhanden sind, die miteinander verbunden sind, da­ durch gekennzeichnet, daß die Wasser­ ströme, insbesondere die Wassermengenverteilung in den Teil­ anlagen, mittels Fuzzy-Logik gesteuert bzw. geregelt werden, wobei die Fuzzy-Regeln über Petri-Netze in ein Fuzzy-Petri- Netz-Modell eingebunden sind.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn­ zeichnet, daß zur Anwendung von Fuzzy-Logik Regeln für die einzelnen Teilanlagen aus den miteinander verbundenen offenen Bütten und geschlossenen Tanks verwendet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn­ zeichnet, daß zur Anwendung von Fuzzy-Logik-Regeln für das Gesamtsystem, bei dem der Vernetzung der Teilanlagen Rechnung getragen ist, verwendet werden.
4. Verfahren nach Anspruch 2 und/oder Anspruch 3, da­ durch gekennzeichnet, daß als Quelle für die Aufstellung der Fuzzy-Regeln
  • - die Aktionsregeln der Anlagenbediener,
  • - das Wissen über die Produktion durch Prozeßanalysen und
  • - das Wissen, das durch Bilanzierung und Modellierung der Wasserströme und der Speicherinhalte gewonnen wurde, verwendet wird.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn­ zeichnet, daß in das Fuzzy-Petri-Netz-Modell die Systemstruktur der Produktionsanlage einbezogen wird.
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