Die Erfindung betrifft ein korrosionsgeschütztes Stahlblech
vorzugsweise Karosserieblech für den Fahrzeugbau mit
einer zusätzlichen Beschichtung und ein Verfahren zur Herstellung
bzw. zum Aufbringen der zusätzlichen Schicht.
Korrosionsgeschütztes Stahlblech kommt in vielfältiger Weise in
der Bau-, Anlagenbau-, Hausgeräte- und Automobilindustrie zum
Einsatz. Als metallische Überzüge werden bevorzugt Zink- und
Zinklegierungsüberzüge verwendet, da sie neben ihrer Eigenschaft,
die Stahloberfläche von den Korrosionsmedien abzutrennen (Barri
erewirkung), auch an Verletzungsstellen, wie z. B. Schnittkanten
der vorveredelten Bleche, einen katodischen Schutz des Stahlun
tergrundes bewirken.
Zink- und Zinklegierungsüberzüge unterliegen jedoch nach Art und
Grad der Korrosionsbelastung einer Eigenkorrosion (Weißrost),
wenn nicht eine in bezug auf die Zusammensetzung der umgebenden
Atmosphäre ausreichend dicke Schutzschicht aufgebracht wurde.
Während des Transportes und der Lagerung wird das metallisch
vorveredelte Stahlblech deshalb durch temporäre Korrosionsschutz
maßnahmen geschützt, und die gefertigten Blechteile werden bei
stärkerer Korrosionsbelastung und/oder zum Erzielen eines dekora
tiven Aussehens abschließend organisch beschichtet.
Es ist bekannt, verzinkte oder legierverzinkte Stahlbleche durch
Beölung mit Korrosionsschützölen oder durch chemische Passivie
rung mittels verdünnter Chromsäure temporär gegen Korrosion zu
schützen. Nachteilig bei der Korrosionsschutzbeölung ist die
Notwendigkeit, das Öl vor einer abschließenden organischen
Beschichtung oder einer dieser vorausgehenden Vorbehandlung, z. B.
Phosphatieren, vorzugsweise durch alkalische Entfettung zu
entfernen. Dadurch entstehen hohe Kosten für die Abwasserbehand
lung und die Abfallentsorgung. Die chemische Passivierung ist auf
Dauer ebenfalls kein zu bevorzugendes Verfahren, da auch hierbei
die erforderliche Abwasserbehandlung kostenintensiv ist und bei
der verarbeitenden Industrie Bestrebungen bestehen, auf Chrom
enthaltende Werkstoffe und Prozeßchemikalien gänzlich zu verzich
ten.
Es ist auch bekannt, auf Stahlblech duktile Zink- und Zink-Alumi
nium-Schichten oder spröde Zink-Nickel- und Zink-Eisen-Schichten
aufzubringen. Derartige Überzüge haben den Nachteil, daß sie beim
Verarbeiten mit umformenden Fertigungsverfahren zu Abrieb unter
schiedlicher Ausprägung neigen und zu hohem Werkzeugverschleiß
führen. Der Abrieb kann - teils durch Kaltverschweißung - in den
Werkzeugen agglomerieren und verursacht dann Eindrücke in den
Blechteilen sowie Oberflächenbeschädigungen. Der größere Teil
dieser Probleme kann durch ggf. örtliches Auftragen von Zieh
hilfsmitteln auf den Blechen sowie durch geeignete Werkstoffwahl
und Oberflächenausführung der Umformwerkzeuge beherrscht werden.
Beide Maßnahmen verursachen jedoch erhebliche Zusatzkosten.
Außerdem hat die erste Maßnahme negative Auswirkungen auf die
Abfallentsorgung, die Verklebbarkeit der Blechteile und die
Elektrotauchlackierbarkeit, wenn sich Zusatzbeölungen bei z. B.
gelagerten Automobil-Karosseriekomponenten in unten liegenden
Falzbereichen angesammelt haben.
Es sind auch organische Beschichtungen verzinkter bzw. legierver
zinkter Feinbleche bekannt. Sie erfordern im allgemeinen eine
Zwischenbehandlung, beispielsweise durch Phosphatieren und
chemisches Passivieren der entfetteten Bleche, um eine gute
Haftung der organischen Beschichtung und den geforderten hohen
Korrosionsschutz sicherzustellen. Da diese Prozesse praktisch
immer naßchemischer Art sind, fallen bei ihrer Durchführung neben
den Kosten für die eigentliche Prozeßdurchführung auch solche für
Abwasserbehandlung und Abfallentsorgung an. Es besteht deshalb in
der verarbeitenden Industrie die Forderung nach den beim Stahl
hersteller vorgenommenen Nachbehandlungen, die es erlauben, auf
naßchemische Prozesse bei der Zwischenbehandlung vor der organi
schen Stückbeschichtung weitgehend zu verzichten.
Es ist weiterhin bekannt, Stahlbleche im Vakuum mit Aluminium u. a.
Metallen zu beschichten, um diese gegen Korrosion zu schützen.
Dazu wird das Stahlblech nach entsprechenden Vorbehandlungspro
zessen über einen Verdampfer geführt, in dem sich das Schichtma
terial befindet, das mittels Elektronenstrahlen verdampft wird
(DE 39 01 365 A1). Dieses Verfahren und das damit hergestellte
Schichtsystem ist jedoch nicht für alle eingangs genannten
Anwendungsfälle zweckmäßig, da Zink durch seine zusätzliche
kathodische Wirkung einen besseren Korrosionsschutz, besonders bei
der Verarbeitung der Stahlbleche, gewährleistet.
Es ist auch bekannt, metallische oder nichtmetallische Substrate,
die als Bänder oder Platten vorliegen, zur Erhöhung der Abrieb- und
mechanischen Korrosionsfestigkeit mit SiOx im Vakuum zu
beschichten. Dabei werden die zu beschichtenden Substrate über
Elektronenstrahl-Linienverdampfer geführt und der Elektro
nenstrahl längs einer geraden Linie auf der Oberfläche eines
rotierenden SiO₂-Rohres abgelenkt. Das Rohr erstreckt sich über
die gesamte Breite des zu beschichtenden Substrates (DE 41 13 364 C1).
Dieses Verfahren ist für das Anwendungsgebiet nicht geeig
net, da die Beschichtung von Stahlblech nur mit SiOx keine der
Anforderungen erfüllt.
Es ist auch bekannt, zum Korrosionsschutz auf Stahlblechbahnen
eine Si-Zn-Doppelschicht aufzubringen. Dazu wird auf die
Stahlblechbahn eine Zn-Schicht aufgebracht und darauf eine
Si-Schicht aufgedampft (DE 42 37 276 A1). Dieses Verfahren hat
den entscheidenden Nachteil, daß es sehr hohe Kosten verursacht
und damit wirtschaftlich kaum anwendbar ist. Si als Verdampfungs
material ist sehr teuer und der Prozeß der Verdampfung sehr
schwierig, denn Si ist schwer verdampfbar. Damit ist das Aufbrin
gen von Si-Schichten im großtechnischen Einsatz sehr unproduktiv.
Es ist auch bekannt, einen festhaftenden organischen Überzug auf
Metall im Vakuum derart aufzubringen, daß die metallische Fläche
durch Bürsten vorbehandelt und danach eine Zinkschicht aufge
dampft wird. Darauf wird eine Sperrschicht gedampft, die aus
Metall, einer organischen Masse oder einem Gemisch aus diesen
besteht. Darauf folgen weitere Schichten, wobei die Sperrschicht
auch aus Siliziumoxid bestehen kann (DE-OS 24 46 250). Abgesehen
von dem hohen technologischen Aufwand bietet die SiO₂-Schicht
keinen temporären Schutz ohne Einfluß auf Nachfolgeprozesse,
denen das Blech unterzogen wird. Sie dient als eine Sperrschicht
für nachfolgende Beschichtungen und hat somit eine andere Wir
kung.
Schließlich ist es auch bekannt, auf das Stahlblech eine Alumi
nium-Grundierung und auf dieser eine Schicht aus einer Mischung
aus Si- und Al-Oxiden aufzubringen (US-PS 2.907.679). Diese
Schicht wirkt nicht als temporärer Schutz des beschichteten
Stahlbleches. Sie sind denkbar für den Einsatz in der
Verpackungsindustrie, wo sie eine andere Aufgabe zu erfüllen haben.
Diese Schichten neigen im allgemeinen zur Rißbildung.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein korrosionsge
schütztes Stahlblech zu schaffen, welches vorzugsweise als Karosserieblech
im Kraftfahrzeugbau Anwendung findet. Es soll einen temporären
Korrosionsschutz aufweisen und ein günstiges Reibungsverhalten haben.
Das korrosionsgeschützte Stahlblech soll gut preßverformbar und
schweißbar, vorzugsweise punktschweißbar sein und ein hohes
Adhäsionsvermögen für nachfolgende organische Beschichtungen,
insbesondere Klebstoffe, Lacke und Folien besitzen und auch
elektrotauchlackierbar sein. Das Verfahren zum Aufbringen der
zusätzlichen Schicht auf dem Zink- oder Zinklegierungsüberzug
soll umweltverträglich sein und eine hohe Produktivität gewähr
leisten. Das Verfahren darf sich nicht negativ auf die Eigen
schaften des Zink- oder Zinklegierungsüberzuges auswirken.
Erfindungsgemäß wird die Aufgabe nach den Merkmalen des Anspru
ches 1 gelöst. In den Unteransprüchen werden weitere Ausgestal
tungen der erzeugten Schicht sowie das Verfahren zum Aufbringen
der Schicht beschrieben.
Es wurde gefunden, daß die erfindungsgemäße, extrem dünne Schicht
aus einem Oxid bzw. Oxidgemisch einen sehr guten temporären Schutz des
verzinkten Stahlbleches gegen Weißrostbildung bietet. Auch im
verformten Zustand zeigen diese Schichten eine gute Weißrost
beständigkeit, d. h. die Schichten sind trotz ihres bekannterma
ßen normalerweise "glasartigen" Charakters mechanisch ohne
Abplatzungen oder Rißbildung verformbar.
Es ist auch eine gute Schweiß-
und Lackierbarkeit als notwendige Kriterien für den praktischen
Einsatz von korrosionsgeschütztem Stahlblech gegeben. Diese
beschichteten Stahlbleche lassen sich aufgrund der geringen Dicke
der zusätzlichen Schicht wie herkömmlich verzinktes Stahlblech
schweißen und lackieren. Selbst Elektrotauchlackieren ist mög
lich, obwohl das Schichtmaterial elektrisch nicht leitend ist.
Gründe hierfür sind wahrscheinlich die geringe Dicke und die
Rauheit der Zinkschicht. Die Schicht hat keinen Einfluß an Nachfolge
prozesse und ist während dieser Zeit von Bestand.
Die gesundheitlich unbedenkliche Zusammensetzung der Schichten
erfordert beim Verarbeiten der beschichteten Stahlbleche keine
zusätzlichen Schutzmaßnahmen für das Bedienpersonal.
Da die erfindungsgemäßen Schichten aus ohnehin im Stahl vorhande
nen Elementen bestehen, sind die beschichteten Stahlbleche
vollständig recycelbar und können nach Gebrauch ohne zusätzliche
Maßnahmen im Stahlwerk eingeschmolzen werden.
Aufgrund der Zusammensetzung und der geringen Schichtdicke
zeichnen sich die Schichten durch die Wirtschaftlichkeit und die
hervorragende Umweltverträglichkeit aus. Beim Aufbringen der
Oxidschichten entstehen keine umweltschädlichen Belastungen oder
Rückstände.
Die hohe Wirtschaftlichkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens ist
besonders auch durch das Hochratebedampfen mit Elektronenstrah
len, die mit Axialkanonen erzeugt werden, gegeben. Die dazu
bekannten Einrichtungen gestatten es, auf einer Beschichtungs
breite im Meterbereich Stahlblech, d. h. Bandstahl, mit einer
"statischen" Beschichtungsrate von 1 bis mehrere Mikrometer pro
Sekunde im kontinuierlichen Betrieb zu beschichten. Da die
notwendige Schichtdicke der Oxidschicht weit unter einem Mikrome
ter liegt, sind Transportgeschwindigkeiten des zu beschichtenden
Stahlbleches im Bereich von mehreren Metern pro Sekunde möglich.
Diese Bandgeschwindigkeit entspricht den Werten, die für das
Schmelztauchbeschichten oder elektrochemische Verzinken im
großtechnischen Maßstab üblich sind, so daß die Prozesse auch in
Reihe bei einem Banddurchlauf durchgeführt werden können.
Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht darin, daß als
Ausgangsmaterial für die Beschichtung, d. h. zur Herstellung
eines korrosionsgeschützten Stahlbleches, stöchiometrische Oxide
oder Oxidgemische Verwendung finden können. Gerade für die
Siliziumoxidbeschichtung kann Quarzglas (SiO₂) verwendet werden,
welches sehr kostengünstig herstellbar ist.
Ein weiterer Vorteil der Anwendung dieses Verfahrens liegt in
seiner Umweltverträglichkeit. Vakuumbeschichtungsverfahren
belasten die Umwelt nur gering, da sie in geschlossenen Behältern
(Rezipienten) ablaufen müssen. Weiterhin entstehen bei diesem
Prozeß keine zu entsorgenden Rückstände, Flüssigkeiten und
Abgase. Das als Verschmutzung in der Beschichtungsanlage auftre
tende Siliziumoxid ist im wesentlichen mit dem in der Natur
vorkommenden identisch und dadurch gut recycelfähig. Da als
Verdampfungsmaterial ebenfalls natürlich vorkommende stöchiome
trische Oxide verwendet werden, ist auch die Herstellung und
Entsorgung dieser Stoffe nicht umweltbelastend.
Das Verfahren kann sowohl zum einseitigen als auch zum doppelsei
tigen Beschichten angewendet werden.
An einem Ausführungsbeispiel wird die Erfindung näher erläutert.
In der zugehörigen Zeichnung ist ein einseitig beschichtetes
Stahlblech im Schnitt dargestellt.
Auf dem Stahlblech 1 ist auf galvanischem Weg eine Zinkschicht 2
in einer Dicke von 8 µm aufgebracht. Auf die Zinkschicht 2 ist
eine SiOx-Schicht 3 mit einer Schichtbelegung von 0,8 g/m² im
Vakuum aufgedampft. Das entspräche einer Schichtdicke von ca. 350 nm,
wenn das Substrat keine Rauheit aufweisen würde.
Aufgrund der realen Rauheit (Mittenrauheitswert Ra z. B. 1,3 µm)
ist die tatsächliche Schichtdicke wesentlich geringer. Das
Verfahren zur Herstellung des korrosionsgeschützten Stahlbleches
ist folgendes:
Das Stahlblech wird in bekannter Weise mit Zink beschichtet, z. B.
galvanisch verzinkt. In einem nächsten Verfahrensschritt wird
im Vakuum die SiOx-Schicht aufgedampft. Die Bedampfungskammer
wird zunächst auf etwa 8×10-3 Pa evakuiert. Zur Reinigung und
Oberflächenaktivierung der Zinkschicht wird das Stahlblech im
gleichen Vakuumzyklus einer intensiven Plasmabehandlung unterzo
gen. Danach wird das galvanisch verzinkte Stahlblech auf 150°C
vorgewärmt. Nachdem die Verdampfungsbedingungen stabil einge
stellt sind, wird das verzinkte Stahlblech mit einer konstanten
Geschwindigkeit von 3 m/s durch die Bedampfungsstation geführt
und dabei beschichtet. Als Verdampfungsmaterial wird ein Quarz
glasrohr (SiO₂) als Linienverdampfer verwendet. Mit einer Elek
tronenkanone vom Axialtyp wird bei einer Leistung von ca. 160 kW
eine "stationäre" Beschichtungsrate von 1 µm/s auf einer
Beschichtungsbreite von 1 m in der Ebene des Stahlbleches
erreicht. Durch die teilweise Dissoziation des Verdampfungsgutes
stellt sich in der Bedampfungskammer ein Druck von etwa 5×10-2 Pa
ein. Dieser Druck ist maßgeblich sowohl für die gleichmäßige
Bedeckung der vergleichsweise rauhen Zinkoberfläche als auch für
die stöchiometrische Zusammensetzung der Oxidschicht. Durch die
Prozeß- und Kondensationswärme steigt die Temperatur des
Stahlbleches bei der Beschichtung auf maximal 160°C an.
Bei doppelseitiger Beschichtung wird entweder das Stahlblech
entsprechend umgelenkt über einen weiteren Linienverdampfer oder
ein zweites Mal über den gleichen Linienverdampfer geführt.