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Verfahren zur Erzeugung von gebrauchsfertigem Arbeitsdampf von beliebigem
Druck. Bei der Erzeugung von Dampf zum Betrieb von Kraftmaschinen treten mancherlei
Störungen auf, die in der Regel um so bedenklicher sind, je höher die Drucke sind,
unter denen der Dampf erzeugt wird. Sie kommen vor allen Dingen bei solchen Arbeitsmitteln
in Betracht, die bei gewöhnlichem Druck und bei gewöhnlicher Temperatur flüssig
sind, wie z. B. Wasser, Quecksilber usw. Sie sind um so größer, je größer die Verdampfungswärme
der Flüssigkeit ist, besonders groß also gerade beim Wasser, dem gebräuchlichsten
Arbeitsmittel für Dampferzeuger. Die wichtigsten Störungen ergeben sich aus Siedeerscheinungen.
Sie bestehen z. B. in Siedeverzügen und Überhitzungen des Wassers, Überhitzungen
der Wandungen, plötzlichen Gleichgewichtsstörungen, Schlägen usw. Sie sind um so
bedenklicher, je größer die Drucke sind, mit denen die Kraftmaschinen arbeiten sollen.
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Durch die vorliegende Erfindung werden diese Schwierigkeiten und Gefahren
beseitigt auf Grund der Erkenntnis, daß fast alle jene Störungen sieh letzten Endes
darauf zurückführen lassen, daß in irgendeinem Stadium der Erzeugung von Dampf von
vorgeschriebenem Druck eine Scheidung von Wasser und Dampf eintritt, wobei im allgemeinen
Wasser und Dampf zwar dieselbe Temperatur. im übrigen aber ganz verschiedene physikalische
Eigenschaften haben, insbesondere ganz verschiedene spezifische Gewichte, verschiedene
Wärmeleitfähigkeit usw.
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Diese Scheidung von Wasser und Dampf tritt hauptsächlich in zweierlei
Art in die Erscheinung Wird Dampf in der üblichen Weise erzeugt, so scheidet sich
durch einen Siedevorgang Wasser und Dampf in der Weise, daß der Dampf vermöge seines
geringeren spezifischen Gewichtes im Wasser hochsteigt. Er strebt, sich oberhalb
der Wasseroberfläche zu sammeln. Wasser und Dampf können dabei die gleiche Temperatur
haben. Die Überführung von Wasser in Dampf geschieht durch Wärmezufuhr, aber zunächst
ohne Temperatursteigerung, so daß Wasser und Dampf von gleicher Temperatur nebeneinander
bestehen können.
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Diese Art der Scheidung von Wasser und Dampf läßt sich nun durch passende
Regelung von Druck und Temperatur vermeiden. Sie wird erfindungsgemäß insbesondere
dadurch verhütet, daß die Dampferzeugung oberhalb der kritischen Werte vorgenommen
wird. Das Wasser wird zu diesem Zweck von Anfang an unter einen hohen Druck gesetzt,
der mindestens gleich dem kritischen Druck ist, und unter diesem Druck erhitzt.
Dabei findet mit zunehmender Temperatur des Wassers nicht mehr eine Abscheidung
von Dampf aus dem Wasser statt. Der Vorgang verläuft
vielmehr in
groben Zügen so, daß sich mit wachsender Temperatur ganz allmählich die Kohäsion
der Wasserteilchen vermindert, bis die ganze Masse die kritische Temperatur angenommen
hat. Dann ist die Kohäsion und die Oberflächenspannung des Wassers gleich Null.
Ein Flüssigkeitsspiegel und überhaupt eine scharfe Oberflächenbegrenzung der Masse
besteht nicht mehr. Die ganze Masse befindet sich in einer Art indifferentem Zustand,
den man auffassen kann als den eines molekularen Staubes oder Dunstes, den man °bensowenig
als Flüssigkeit wie als Dampf ansprechen könnte. Von der Flüssigkeit unterscheidet
sich dieser kritische Zustand durch das Fehlen der Kohäsion, vom Dampf aber durch
das Fehlen des Diffusionsvermögens. Die Teilchen des so gelockerten Stoffes leisten
einer Trennung keinerlei Widerstand mehr und werden bei jeder Erschütterung auf'-gewirbelt.
Die Wärmebewegung der. Teilchen ist gerade so groß, daß sie die Kohäsion überwunden
hat, aber noch nicht groß genug, um die Teilchen von selbst auseinander zu treiben.
Durch jede noch so kleine Wärmezufuhr aber bekommt nun diese gelockerte, staubähnliche
Masse ein Expansionsbestreben. Durch die geringste Steigerung der Temperatur erhält
sie ein Diffusionsvermögen und damit sofort die Eigenschaft eines wirklichen Dampfes,
ohne daß es zu diesem Übergang irgendwelcher Verdampfungswärme bedürfte. Dieser
Dampf hat annähernd dasselbe spezifische Gewicht wie zuvor die Flüssigkeit.
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Es gibt also bei dem kritischen Druck-oder bei höheren Werten des
Druckes überhaupt keine Möglichkeit mehr, flüssiges Wasser und Dampf von gleicher
Temperatur nebeneinander zu haben, wie das bei allen niederen Drucken der Fall ist.
Es gibt vielmehr bei den hohen Drucken nur das eine oder das andere, je nach der
Temperatur der Masse, und der Übergang vom einen zum anderen findet statt durch
den obenerwähn, ten Zwischenzustand des molekularen Dunstes oder Staubes. Die ganze
Masse erreicht jenen Zwischenzustand gleichzeitig in allen ihren Teilen, wenn sie
die kritische Temperatur erreicht.
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Man gewinnt nun auf diese Weise zunächst nur Dampf von einem Druck,
der dem kritischen Druck gleich oder höher ist als dieser. Mit solchen hohen Drucken
kann man praktisch in Arbeitsmaschinen zur Zeit nicht arbeiten. Man muß also den
Druck vermindern. Dies geschieht durch besondere druckmindernde Vorrichtungen, z.
B. durch Drosselventile. Bei dieser Druckverminderung würde sich aber sofort der
Dampf teilweise kondensieren. Es würde also wieder eine Scheidung von Wasser und
Dampf gleicher Temperatur eintreten. Damit würden von neuem alle die mit solcher
Scheidung verknüpften Schwierigkeiten eintreten und noch neue dazu. Es müßte z.
B. das ausgeschiedene Wasser von den in Dampfform verbliebenen Teilen getrennt werden,
was praktisch fast unmöglich ist, wenn man nicht erhebliche Umständlichkeiten in
Kauf nehmen will.
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Um dieser zweiten Art der Scheidung von Wasser und Dampf gleicher
Temperatur, wie sie durch die Herabregelung des Druckes auf die Gebrauchshöhe eintritt,
zu begegnen, wird erfindungsgemäß vor oder während der Druckregelung so viel Wärme
zugeführt, daß eine Kondensation nicht mehr eintreten kann. Die Wärmezufuhr kann
dabei so geregelt werden, daß die Temperatur unverändert bleibt. oder aber so, daß
sie weiter ansteigt. Man kann das Arbeitsmittel auch schon vor der Entspannung überhitzen
und es danach unter Wärmezufuhr mit oder ohne Temperatursteigerung entspannen. Unter
Umständen erweist @es sich als besonders vorteilhaft, mehrere dieser Arten miteinander
zu verbinden, beispielsweise derart, daß der Dampf zunächst bei gleicherhaltener
Temperaturentspannt und dann bei gleicherhaltenem Druck weiter erhitzt wird.
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Diese verschiedenen Arten der Wärmezufuhr in Verbindung mit Entspannung
des Dampfes lassen sich mit Vorteil auch bei der gewöhnlichen Art der Dampferzeugung
mit unterhalb des kritischen Druckes liegenden Drucken anwenden.
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Die Wärmezufuhr in irgendeinem Stadium der Dampferzeugung kann in
beliebiger Art durchgeführt werden, sei es mit den Heizgasen, die auch den Erhitzer
heizen, oder mit einer besonderen Heizung z. B. elektrisch I b2
durch Heizwiderstände,
die im überhitzer liegen. Man kann auch einen stark überhitzten Dampf, z. B. Quecksilberdampf,
in-das Arbeitsmittel einblasen und kann ferner die Reibung des Dampfes an irgendwelchen
festen Flächen oder seine innere Reibung zur Überhitzung mit heranziehen.
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Die Frage der Wärmezufuhr vor oder w.ährend der Einregelung des Dampfdruckes
auf den Gebrauchsdruck hat gar nichts zu tun mit der Frage der Überhitzung des Gebrauchsdampfes
derart, wie es für den Betrieb der Arbeitsmaschinen notwendig und allgemein üblich
ist. Eine solche Überhitzung muß selbstverständlich mit dem nach vorliegendem Verfahren
erzeugten und auf den Gebrauchsdruck gebrachten Dampf ebenfalls noch vorgenommen
werden. Sie kann mit der Wärmezufuhr, die zur Einregelung des Gebrauchsdruckes notwendig
ist, vereinigt werden. Sie kann aber auch unabhängig davon vor der Zuführung des
Dampfes zur Arbeitsmaschine
oder auf einer Zwischenstufe der Arbeitsmaschine
erfolgen. Das alles bedarf keiner besonderen Erwähnung und wird auch hier nicht
besonders beansprucht. Es kommt hier wesentlich darauf an, daß - richtige Einstellung
der Drucke vorausgesetzt - die Wärmemenge, die dem Wasser in irgendeinem beliebigen
Stadium der Dampferzeugung zugeführt wird, nicht unter das sich aus dem Grundgedanken,
nämlich der Vermeidung der Dampf-'Wasserscheidung, ergebende Mindestmaß herabgeht.
Man könnte diesen Grundgedanken auch so aussprechen: daß an keiner Stelle Verdampfungswärme
umgesetzt wird.
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Erst durch die Vereinigung der beschriebenen beiden Maßnahmen, nämlich
Dampferzeugung beim kritischen Druck oder oberhalb und weitere Wärmezufuhr vor oder
während der Druckreduktiön auf den Gebrauchsdruck, ist es möglich, z. B. Wasserdampf
von einem für Arbeitsmaschinen geeigneten, unterhalb des kritischen Druckes liegenden
Druck so zu erzeugen, daß die Hauptquelle aller Schwierigkeiten und Gefahren der
Hochdrückdampferzeugung gänzlich vermieden wird, nämlich vor allem das Sieden oder
allgemeiner: das gleichzeitige Vorhandensein vonWasser und Dampf in einem Raum,
der überall gleiche Temperatur haben kann, wobei aber Wasser und Dampf sich trotz
gleicher Temperatur voneinander vermöge ihrer spezifischen Gewichte, vermöge ihrer
latenten Wärme, vermöge ihrer Kohäsionskräfte u. dgl. wesentlich unterscheiden.
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Für Wasser liegt der kritische Druck bei 224,5k- auf den Quadratzentimeter
und die kritische Temperatur bei 37q.° C.
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Ein besonderer Vorteil der Anwendung so hoher Drucke, wie sie hiernach
in Betracht kommen, liegt noch darin, daß dadurch die Zersetzung des Wassers in
Berührung mit den Eisenteilen und die Zerstörung dieser Eisenteile, die sonst mit
der Temperatur rasch wächst, wesentlich vermindert wird; man kann deshalb erheblich
höhere Temperaturen anwenden und hierdurch den thermischen Wirkungsgrad steigern.
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Was vom Wasser als Arbeitsmittel gesagt wird, gilt ganz ähnlich von
irgendwelchen anderen Arbeitsmitteln für Dampfmaschinen.
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Statt Wasser oder einen anderen chemisch einfachen Stoff kann man
auch eine wäßrige Lösung von festen oder flüssigen Stoffen oder Mischungen verschiedener
Stoffe als Arbeitsmittel verwenden, wobei die Dämpfe auch getrennt erzeugt und beispielsweise
im Erhitzer oder im überhitzer gemischt werden können; die Dämpfe können auch in
getrennten Kraftmaschinen verwendet und beispielsweise im Kondensator miteinander
so in Wärmeaustausch gebracht werden, daß die Abwärme des einen zur Vorwärmung des
anderen dient. Als Flüssigkeit können auch insbesondere verflüssigte Metalle, z.
B. Quecksilber, dienen. Die Anwendung solcher anderen Stoffe für sich allein oder
in Verbindung miteinander oder mit Wasser bietet u. U. Vorteile, wenn es sich darum
handelt, Arbeitsmittel zu erhalten, die andere physikalische Konstanten haben als
das Wasser, beispielsweise anderen kritischen Druck und andere kritische Temperatur,
oder die sich in Berührung mit den Baustoffen der Anlage (Eisen o. dgl.) bei höherer
Temperatur weniger leicht zersetzen. Werden mehrere Flüssigkeiten in Verbindung
miteinander im selben Erhitzer erhitzt, so ist es zweckmäßig, Temperatur und Druck
so zu wählen, daß beide oberhalb der höchsten kritischen Werte der beteiligten Arbeitsmittel
liegen.
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Die beste Ausführungsform der Erfindung ist die, daß das Arbeitsmittel
(z. B. Wasser) mittels einer Druckpumpe, die den erforderlichen Druck liefert, stetig
durch ein beheiztes Rohrsystem hindurchgetrieben wird, derart, daß es auf diesem
Wege durch das beheizte Rohrsystem eine immer höhere Temperatur bekommt, bis an
der Stelle, wo es die kritische Temperatur erreicht, der Unterschied zwischen Dampf
und Wasser ganz von selbst und ohne irgendwelchen unstetigen Übergang aufhört, wie
dies oben bereits beschrieben ist. Geht das Arbeitsmittel nunmehr noch weiter durch
das beheizte Rohr hindurch, so kann ihm auch noch diejenige Wärmemenge zugeführt
werden, die @es braucht, um ohne Kondensation auf den Gebrauchsdruck herabgeregelt
zu werden. Ferner kann ihm ebenso auch die überhitzungswärme zugeführt werden, die
es für den Arbeitsprozeß in der Maschine braucht. Es verläßt dann die Maschine und
geht durch den Kondensator zur Pumpe zurück, die es unter dem kritischen oder einem
noch höheren Druck wieder in das Rohrsystem zurückpumpt.
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Um die Vorteile des neuen Verfahrens zu sichern und die Gefahren zu
vermeiden, die mit einer raschen Entlastung des Erhitzers verbunden sind, ist es
vorteilhaft, den von der Speisepumpe erzeugten Druck selbsttätig zu regeln. Dies
kann nach irgendeinem der für solche Regelungen bekannten Verfahren, am besten in
Abhängigkeit vom Druck des die Speisepumpe verlassenden Arbeitsmittels, geschehen.
Statt dessen oder in Verbindung damit kann auch ein mit dem -Erhitzer in Verbindung
stehender Druckspeicher dazu verwendet werden, im Falle eines rasch auftretenden,
erhöhten Kraftbedarfs mindestens den kritischen Druck aufrechtzuerhalten.