DE4132981A1 - Verfahren zur rekonstruktion der bewegungstrajektorie eines strassenfahrzeugs - Google Patents
Verfahren zur rekonstruktion der bewegungstrajektorie eines strassenfahrzeugsInfo
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Description
Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zum Erfassen und Speichern analoger Meßwerte in einem
Fahrzeug und deren dauerhaften Speicherung im Anschluß an ein Unfallereignis. Ein derartiges Verfahren,
das zusätzlich auch noch digitale Daten, sog. Statussignale, erfaßt und speichert ist bereits aus EP-B1-01 18 818
bekannt. Das in dieser Patentschrift zur Umsetzung des Verfahrens vorgeschlagene Gerät ist
nach heutigem Sprachgebrauch als "Unfalldatenschreiber" zu bezeichnen.
Unfalldatenschreiber haben die Aufgabe, nach Möglichkeit alle für die Rechtsprechung wichtigen
Informationen über das Verhalten des Fahrzeugführers für einen begrenzten Zeitraum aufzuzeichnen und
diese nach dem Eintritt eines Unfallereignisses dauerhaft abzuspeichern. Die für die Rechtsprechung
wichtigen Informationen bestehen einerseits aus sog. Statusdaten, die durch eine einfache Ja/Nein-
Entscheidung (1 Bit) charakterisiert werden können. Beispiele für diese Kategorie sind zum Beispiel
Blinker ein/aus, Licht ein/aus und Hupe betätigt/unbetätigt. Daten, die das Bewegungsverhalten des
Fahrzeugs vor der Kollision betreffen, fallen hingegen grundsätzlich in analoger Form an. Auch diese
Informationen müssen in einer Art und Weise festgehalten werden, die es ermöglicht, die Bewegungslinie
des Fahrzeugs und die in jedem Punkt eingehaltene Fahrgeschwindigkeit zu ermitteln. Außerdem ist es
vorteilhaft, wenn das Gerät in der Lage ist, den Eintritt eines Unfallereignisses anhand der von ihm
erfaßten Daten selbständig zu erkennen und die dauerhafte Speicherung der Daten selbsttätig
vorzunehmen.
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erfassung der Fahrzeuggeschwindigkeit relativ zu einem erdfesten
Koordinatensystem und einer darauf aufbauenden Rekonstruktion der Bewegungstrajektorie dieses
Fahrzeugs.
Bei dem aus der EP-B1-01 18 818 bekannten Unfalldatenschreiber wird das Bewegungsverhalten des
Fahrzeugs in bezug auf ein fahrzeugfestes Koordinatensystem über Beschleunigungssensoren, die die
Beschleunigungskomponenten in Fahrzeuglängsrichtung und -querrichtung sowie die Gierbeschleunigung
des Fahrzeugs erfassen, ermittelt. Außerdem verfügt der bekannte Unfalldatenschreiber über einen
zusätzlichen Sensor, der radumdrehungsabhängig arbeitet und zur Bestimmung der Fahrzeug
geschwindigkeit bzw. der zurückgelegten Wegstrecke dient. Die zitierte Patentschrift enthält keine Lehre,
wie die Fahrzeugtrajektorie aus diesen erfaßten analogen Daten zu ermitteln ist.
Das hier vorgeschlagene Verfahren geht davon aus, daß die Bewegung des Fahrzeugs vor dem
Unfallereignis als zweidimensionale Bewegung auf der Fahrbahnoberfläche beschrieben werden kann.
Eine derartige Bewegung besitzt, sofern sie keinen Einschränkungen, zum Beispiel wie bei der
Zwangsführung eines Schienenfahrzeugs, unterliegt, drei Freiheitsgrade. Dabei handelt es sich um zwei
translatorische und einen rotatorischen Freiheitsgrad, vgl. Fig. 1. Weiterhin geht das hier vorgeschlagene
Verfahren davon aus, daß es vor einem Unfall für ein Straßenfahrzeug typischerweise lediglich zwei Arten
von Bewegungen gibt. So gibt es einerseits Bewegungsbahnen, auf denen die maximalen Seiten
führungskräfte der Fahrzeugreifen nicht überschritten werden und andererseits die geradlinige
Fortbewegung des Fahrzeugs im vollgebremsten Zustand. Transiente Zustände, die vom erstgenannten
in den zweitgenannten Zustand führen sind üblicherweise von so kurzer Dauer, daß man sie ohne große
Fehler wahlweise dem erstgenannten oder dem zweitgenannten Zustand zuschlagen kann.
Während der Vollbremsphase bewegt sich das Fahrzeug geradlinig. Wird ein Schleudervorgang des
Fahrzeugs vor Eintritt in die Kollision ausgeschlossen, was üblicherweise anhand der übrigen für den
Unfall vorliegenden Anknüpfungstatsachen möglich ist, kann man davon ausgehen, daß sich das
Fahrzeug während des Bremsvorgangs geradlinig etwa in Richtung der Fahrzeuglängsachse bewegte.
Unter dieser Voraussetzung ist die Bewegungstrajektorie des Fahrzeugs für diese Bewegungsart durch
einfache Integration der Geschwindigkeit zu errechnen.
Die Einschränkung, daß sich das Fahrzeug vor einem möglichen Bremsvorgang auf Bahnen bewegen soll,
auf denen die maximalen Seitenführungskräfte der Reifen nicht überschritten werden, schließt
beispielsweise die Rekonstruktion eines Schleudervorgangs vor der Kollision aus. Unter dieser
Einschränkung genügt es jedoch, zwei unabhängige Bewegungsgrößen zu erfassen, um das
Bewegungsverhalten des Fahrzeugs zu beschreiben.
Bewegt sich das Fahrzeug auf einer Bahn, bei der die maximalen Seitenführungskräfte der Reifen nicht
überschritten werden, so kann sein Bewegungsverhalten mittels eines Differentialgleichungssystems
beschrieben werden. In (1) wird für den Fall, daß die Seitenführungskräfte der Reifen Fs in linearem
Zusammenhang mit dem Schräglaufwinkel α des Reifen stehen, also Fs= C · α gilt, folgendes
Differentialgleichungssystem angegeben
vgl. Fig. 2. Hierin bedeuten:
mg: Fahrzeugmasse,
Jgz: Gierträgheitsmoment,
Iv, Ih: Abstand des Vorder- bzw. Hinterreifens vom Schwerpunkt,
Cv, Ch: resultierende Schräglaufsteifigkeiten aus Reifen-, Radaufhängungs- und Lenkungselastizität der Vorder- und Hinterreifen,
δ: Einschlagwinkel des Vorderreifens,
β: Schwimmwinkel, d.h. Winkel, den die Fahrzeuggeschwindigkeit mit der Längsachse des Fahrzeugs einschließt,
ψ: Gierwinkelgeschwindigkeit des Fahrzeugs,
v: Geschwindigkeit des Fahrzeugs.
Jgz: Gierträgheitsmoment,
Iv, Ih: Abstand des Vorder- bzw. Hinterreifens vom Schwerpunkt,
Cv, Ch: resultierende Schräglaufsteifigkeiten aus Reifen-, Radaufhängungs- und Lenkungselastizität der Vorder- und Hinterreifen,
δ: Einschlagwinkel des Vorderreifens,
β: Schwimmwinkel, d.h. Winkel, den die Fahrzeuggeschwindigkeit mit der Längsachse des Fahrzeugs einschließt,
ψ: Gierwinkelgeschwindigkeit des Fahrzeugs,
v: Geschwindigkeit des Fahrzeugs.
Dieses Differentialgleichungssystem stellt ein "lineares Einspurmodell mit zwei Freiheitsgeraden" dar.
Das Differentialgleichungssystem enthält einerseits die Parameter mg, Jgz lv lh, Cv und Ch.
die lediglich vom Fahrzeugtyp bzw. der Art der Bereifung abhängig sind, andererseits die Parameter
v, ψ, β und δ die die Bewegung des Fahrzeugs beschreiben. Da die vier letztgenannten Parameter
über die beiden Gleichungen des Differentialgleichungssystems gekoppelt sind, genügt es, lediglich zwei
von ihnen zu bestimmen, um die übrigen beiden zu berechnen. Das Differentialgleichungssystem ist, wie
in der Mechanik üblich, invariant gegenüber einer Umkehr der Zeitrichtung. Es ist daher möglich, es,
ausgehend von einem bekannten Startpunkt mit den Werten v0, ψ₀, β₀ und δ₀ bei bekannten
Verläufen von beispielsweise v(-t< und δ(-t) als sog. Anfangswertproblem zu lösen. Werden die
Größen v(t) und δ(t) meßtechnisch erfaßt, so sind die notwendigen Anfangswerte v0 und δ₀
automatisch bekannt. Die Orientierung des Fahrzeugs im Unfallzustand ψ₀ ergibt sich meist aus den
Randbedingungen des Unfalls. Für den Wert β₀ müßte bei dem Verfahren zunächst ein Schätzwert
vorgegeben werden; ein annähernd richtiger Wert kann im nachhinein durch eine iterative Bestimmung
mittels anderer Anknüpfungstatsachen aus dem Unfallereignis ermittelt werden.
Sind die Werte ψ(-t) und β(-t) aus der Lösung des Differentialgleichungssystems errechnet, so läßt
sich beispielsweise über die Beziehungen
die Bewegungstrajektorie des Fahrzeugs berechnen.
Das genannte Differentialgleichungssystem stellt nur ein einfaches Beispiel einer möglichen ma
thematischen Beschreibung des Fahrzeugverhaltens dar, das der grundsätzlichen Darlegung des
Erfindungsgedankens dienen soll. Der Erfindungsgedanke erstreckt sich aber auch auf kompliziertere
Modelle, insbesondere mehrspurige Modelle und solche mit einer realitätsnahen Beschreibung der
Reifenkennlinie.
Das soeben beschriebene Modell nutzt neben der Fahrzeuggeschwindigkeit den Lenkwinkel, um das
Bewegungsverhalten des Fahrzeugs zu beschreiben. Es sind jedoch auch noch andere Modelle möglich,
die andere Bewegungsgrößen zur Beschreibung des Bewegungsverhaltens heranziehen.
Unterstellt man zur Beschreibung etwa ein Einspur-Fahrzeugmodell ohne Seitenkräfte nach Fig. 3. so läßt
sich zur Rekonstruktion des Bewegungsverhaltens beispielsweise auch die über dem Hinterrad
gemessene Querbeschleunigung heranziehen. In diesem Fall lautet das Differentialgleichungssystem
- = aq(t) · v(t)
² + ² = v(t). (5)
² + ² = v(t). (5)
Über die Lösung dieses Differentialgleichungssystems läßt sich die Bewegungstrajektorie des Fahrzeugs,
beschrieben durch die Parameterdarstellung x(t) und y(t), ebenfalls ermitteln. Auch in diesem Fall
stellt das genannte Differentialgleichungssystem nur ein einfaches Beispiel einer möglichen ma
thematischen Beschreibung dar, das gegebenenfalls erweitert werden kann.
Für das Einspur-Fahrzeugmodell ohne Seitenkräfte läßt sich die über dem Hinterrad wirkende
Querbeschleunigung auch aus dem Verhältnis der Fahrzeuggeschwindigkeiten in Fahrzeuglängs- und
Fahrzeugquerrichtung gemäß den Gln.
bestimmen. Hierin bedeuten
vl: Geschwindigkeit in Fahrzeuglängsrichtung,
vq: Geschwindigkeit in Fahrzeugquerrichtung,
lh: Abstand des Meßpunktes für die Geschwindigkeit von der Hinterachse,
Rh: Kurvenradius des Fahrzeugs auf der Hinterachse.
vq: Geschwindigkeit in Fahrzeugquerrichtung,
lh: Abstand des Meßpunktes für die Geschwindigkeit von der Hinterachse,
Rh: Kurvenradius des Fahrzeugs auf der Hinterachse.
Der so ermittelte Querbeschleunigungswert kann dann in dem bereits zuvor beschriebenen Verfahren zur
Rekonstruktion der Bewegungslinie verwendet werden. Auch für den Fall, daß die Geschwindigkeit in
Fahrzeuglängsrichtung und -querrichtung zur Bestimmung der Bewegungsbahn erfaßt werden, sind
kompliziertere Fahrzeugmodelle als Grundlage für die Rekonstruktion möglich.
Der Einsatz mathematischer Fahrzeugmodelle, die auch als "Simulationsmodelle" bezeichnet werden, ist
in der Fahrzeugindustrie bekannt. So beschreibt beispielsweise die DE 36 08 420 eine "Vorrichtung zur
Bestimmung der Bewegung eines Fahrzeugs". Bisher dienen diese Simulationsmodelle jedoch stets dazu,
Schätzwerte für physikalische Größen zu liefern, die nicht direkt gemessen werden können oder aber nur
unter hohem technischen Aufwand meßtechnisch zu erfassen sind. In der zitierten Schrift ist dies
beispielsweise gemäß Anspruch 2 die Gierwinkelgeschwindigkeit des Fahrzeugs.
Diese Simulationsmodelle arbeiten stets zeitlich vorwärts, parallel zum tatsächlichen Fahrzeug; es handelt
sich um Fahrzeug-Parallelmodelle. Es gibt derzeit noch keine Anwendung, in der versucht wird, die
Bewegungstrajektorie eines Fahrzeugs mit dem Parallelmodell zu ermitteln.
Wie aus den bisher genannten Gleichungen ersichtlich ist, ist es in allen Fällen notwendig, die
Fahrzeuggeschwindigkeit zumindest dem Betrage nach zu ermitteln. Obwohl es aus der Patentschrift
EP-B1-01 18 818 nicht explizit ersichtlich ist, scheinen dort zwei Meßsysteme zur Ermittlung der
Fahrzeuggeschwindigkeit zum Einsatz zu kommen. Zum einen verfügt der bekannte Unfalldatenschreiber
über einen Sensor, der radumdrehungsabhängig arbeitet und damit die Fahrzeuggeschwindigkeit bzw.
die zurückgelegte Wegstrecke erfassen kann. Dieses Verfahren besitzt den prinzipiellen Nachteil, das es
einerseits den Schlupf zwischen Rad und Straße unberücksichtigt läßt und andererseits einen festen
Abrollumfang des Rades zugrundelegen muß. Da die Fahrzeuge bei Verkehrsunfällen häufig noch vor der
Kollision bis zur Blockiergrenze der Reifen verzögert werden, ist dieses Verfahren aufgrund des zuerst
genannten Nachteils ungeeignet, die Kollisionsgeschwindigkeit zu bestimmen. Die Bestimmung der
Ausgangsgeschwindigkeit des Fahrzeugs vor dem Einleiten der Bremsung mittels dieses Meßverfahrens
ist ebenfalls vergleichsweise ungenau, da der Abrollradius des Fahrzeugrades beispielsweise vom
Abnutzungsgrad des Reifens, dem Reifeninnendruck und der Beladung des Fahrzeugs abhängig ist.
Desweiteren verfügt der bekannte Unfalldatenschreiber über Beschleunigungssensoren, die die
Beschleunigung in Fahrzeuglängs- und querrichtung erfassen. Die Beschleunigungssensoren in
Fahrzeuglängsrichtung sollen mutmaßlich dazu dienen, das Bewegungsverhalten während eines stark
gebremsten Zustandes zu erfassen, da der dann auftretende hohe Schlupf zwischen Reifen und Fahrbahn
eine Erfassung der Geschwindigkeit über den radumdrehungsabhängig arbeitenden Sensor unmöglich
macht. Für den Fall, daß die Rekonstruktion der Bewegungstrajektorie des Fahrzeugs mit Hilfe der
Beschleunigungsdaten erfolgt, ist, grob gesagt, eine doppelte Integration erforderlich, die über die
Fahrzeuggeschwindigkeit zu der Fahrzeugposition führt.
Die beiden genannten Verfahren müssen in dem bekannten Unfalldatenschreiber zwangsweise alternativ
zum Einsatz kommen, je nachdem, in welchem Schlupfbereich die Fahrzeugreifen arbeiten. Diese
Vorgehensweise bringt aber entscheidende Nachteile mit sich. Bei der Rekonstruktion des Bewegungs
verhaltens des Fahrzeugs vor der Kollision kann nunmehr nicht in allen Fällen an den Fahrzustand bei
Kollisionseintritt angeknüpft werden, da die Fahrgeschwindigkelt für den Fall, daß die Reifen vor der
Kollision blockierten, in diesem Punkt nicht mehr bekannt ist. Dieses Manko kann man - auch dies wird
aus der zitierten Patentschrift nicht ersichtlich - auf zweierlei Art und Weise zu kompensieren versuchen.
Die erste Möglichkeit besteht darin, zunächst über die einfache Integration der Fahrzeugbeschleunigung
während der Phase der blockierten Räder den durch die Bremsung verursachten Geschwindigkeitsverlust
des Fahrzeugs zu bestimmen. Subtrahiert man diesen von der über den radumdrehungsabhängig
arbeitenden Sensor ermittelten Ausgangsgeschwindigkeit des Fahrzeugs vor dem Bremsvorgang, so erhält
man die Kollisionsgeschwindigkeit des Fahrzeugs. Die Kollisionsgeschwindigkeit ist somit bekannt und
es kann in üblicher Weise an den Kollisionspunkt angeknüpft werden. Dieses Verfahren besitzt den
prinzipiellen Nachteil, daß sämtliche Meßfehler des radumdrehungsabhängig arbeitenden Sensors in die
Ermittlung der Kollisionsgeschwindigkeit mit einfließen und nicht kompensiert werden können.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, die Fahrzeugbewegung, ausgehend von der bekannten Endstellung
des Fahrzeugs, über die Beschleunigungsdaten rückwärts bis zur Kollision zu verfolgen, dann rückwärts
durch die Kollision "durchzurechnen" und dann an den solchermaßen rekonstruierten Zustand bei
Kollisionseintritt anzuknüpfen. Diese Vorgehensweise orientiert sich an der in der forensischen
Unfallrekonstruktion üblichen Vorgehensweise der sog. "Rückwärtsrechnung". Dieses Verfahren hat den
prinzipiellen Nachteil, daß sich sämtliche Fehler, die sich der Rekonstruktion der Bewegungslinie des
Fahrzeugs auf Grundlage der Sensordaten ergeben, über der Zeit aufaddieren und die berechnete
Kollisionsgeschwindigkeit von der tatsächlichen abweichen lassen. Außerdem gibt es Schwierigkeiten, die
Rekonstruktion der Fahrlinie an die Endposition anzuknüpfen, da beispielsweise nicht bekannt ist, welches
die letzte Richtung der Fahrzeuggeschwindigkeit vor Erreichen der Endposition war.
In dem erfindungsgemäßen Verfahren wird die Bewegungsgeschwindigkeit des Fahrzeugs gegenüber der
Fahrbahnoberfläche über ein korrelatives Meßverfahren ermittelt. Der Vorteil des erfindungsgemäßen
Verfahrens gegenüber dem aus der EP-B1-01 18 818 ersichtlichen Verfahren besteht darin, daß ein im
Prinzip hochgenaues Verfahren, das für sämtliche Schlupfbedingungen des Reifens gültig ist, die bisher
alternativ anzuwendenden Verfahren ersetzt. Außerdem wird in jedem Punkt direkt die Geschwindigkeit
des Fahrzeugs gemessen und muß nicht erst über Beschleunigungsdaten errechnet werden. Auf diese
Weise ist es stets möglich, an den Kollisionseintritt als festen Bezugspunkt anzuknüpfen und sich auf die
Rekonstruktion der davorliegenden, juristisch ausschließlich interessanten Bewegungslinie zu
beschränken.
Korrelative Meßverfahren zur Ermittlung der Geschwindigkeit sind in der Praxis bekannt. So wird
beispielsweise in der EP-A-02 22 267 ein Verfahren zur berührungslosen Geschwindigkeits- und
Längenmessung beschrieben, das insbesondere bei stranggenossenem Material Einsatz finden soll. Auch
auf dem Gebiet des Kraftfahrzeugbaus sind korrelative Meßverfahren seit langem bekannt (s. DE-S
34 35 866).
Der Einsatz eines korrelativen Meßverfahrens zur Ermittlung der Fahrzeuggeschwindigkeit bringt im
vorliegenden Anwendungsfall drei entscheidende Vorteile. Zum einen kann stets an den Zeitpunkt des
Kollisionseintrittes angeknüpft werden und sich die Rekonstruktion der Bewegungstrajektorie auf den
juristisch interessanten Bereich der Bewegung vor der Kollision beschränken. Zum zweiten wird ein bei
der juristischen Wertung des Ereignisses äußerst interessanter Parameter, die Fahrzeuggeschwindigkeit,
mittels eines äußerst genauen Verfahrens in engen Grenzen erfaßt. Drittens spielt dieser letztgenannte
Parameter auch bei der Rekonstruktion der Bewegungslinie eines Fahrzeugs die entscheidende Rolle, daß
auch die Genauigkeit der Rekonstruktion der Bewegungsbahn verbessert wird.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Rekonstruktion der Bewegungslinie eines Fahrzeugs kombiniert drei
Teillösungen miteinander. Zum ersten die Erkenntnis, daß zur Beschreibung des Bewegungsverhaltens
eines Fahrzeugs vor der Kollision in der Regel zwei unabhängige Parameter genügen. Aufbauend auf
dieser Erkenntnis wird ein klares Verfahren zur Rekonstruktion der Bewegungslinie vorgeschlagen. Die
Erkenntnis, daß es bei der Lösung, des Differentialgleichungssystems zweckmäßig ist, an den
Kollisionseintritt anzuknüpfen und daß die Geschwindigkeit der entscheidende Parameter in sämtlichen
Differentialgleichungen ist, führte auf den Einsatz eines Geschwindigkeitsmeßverfahrens, daß einerseits
hochgenau ist und andererseits für sämtliche Schlupfbereiche des Reifens einsatzfähig ist.
Sowohl der Einsatz des genannten mathematischen Verfahrens zur zeitlich rückwärtsgerichteten
Rekonstruktion der Bewegungstrajektorie eines Fahrzeugs als auch der Einsatz eines korrelativen
Meßverfahrens zur Geschwindigkeitsbestimmung des Fahrzeugs, das im beabsichtigten Einsatzfall der
Erfindung ganz besondere Vorteile bietet, hat offensichtlich nicht nahegelegen, da sowohl der Einsatz
mathematischer Modelle als auch der Einsatz korrelativer Meßverfahren im Fahrzeugbau seit langem
bekannt sind, ohne daß ihre besondere Vorteile beim Einsatz eines Unfalldatenschreibers miteinander in
Verbindung gebracht worden sind.
(1) Zomotor, A.: Fahrwerktechnik: Fahrverhalten. Vogel Buchverlag, Würzburg 1987.
Claims (5)
1. Verfahren zur nachträglichen, zeitlich rückwärtsgerichteten Rekonstruktion der Bewegungs
trajektorie eines Straßenfahrzeugs insbesondere im Anschluß an ein Unfallereignis unter
Verwendung von mindestens zwei Sensoren für analoge Signale sowie einer Meßwerterfassungs
einrichtung und eines Datenspeichers, dadurch gekennzeichnet, daß eines der analogen Signale
die Geschwindigkeit des Fahrzeugs oder deren Komponente in Fahrzeuglängsrichtung ist und
diese mittels eines korrelativen Meßverfahrens ermittelt wird und die Bewegung des Fahrzeugs
mittels einer stationären Auswerteinrichtung, beispielsweise einem Digitalrechner, über die Lösung
eines Differentialgleichungssystems ermittelt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei einem zweiten analogen
Signal um den Lenkwinkeleinschlag des Fahrzeugs handelt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Lenkwinkeleinschlag über
den Lenkradwinkel erfaßt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei dem zweiten analogen
Signal um die Beschleunigung in Fahrzeugquerrichtung handelt.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei dem zweiten analogen
Signal um die Geschwindigkeit des Fahrzeugs in Fahrzeugquerrichtung handelt, die über ein
korrelatives Meßverfahren erfaßt wird.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19914132981 DE4132981A1 (de) | 1991-01-23 | 1991-10-04 | Verfahren zur rekonstruktion der bewegungstrajektorie eines strassenfahrzeugs |
Applications Claiming Priority (2)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE4101817 | 1991-01-23 | ||
DE19914132981 DE4132981A1 (de) | 1991-01-23 | 1991-10-04 | Verfahren zur rekonstruktion der bewegungstrajektorie eines strassenfahrzeugs |
Publications (2)
Publication Number | Publication Date |
---|---|
DE4132981A1 true DE4132981A1 (de) | 1992-08-06 |
DE4132981C2 DE4132981C2 (de) | 1993-07-22 |
Family
ID=25900427
Family Applications (1)
Application Number | Title | Priority Date | Filing Date |
---|---|---|---|
DE19914132981 Granted DE4132981A1 (de) | 1991-01-23 | 1991-10-04 | Verfahren zur rekonstruktion der bewegungstrajektorie eines strassenfahrzeugs |
Country Status (1)
Country | Link |
---|---|
DE (1) | DE4132981A1 (de) |
Cited By (3)
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DE102009013765A1 (de) | 2009-03-18 | 2010-09-23 | Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft | Head Unit für ein Kraftfahzeug |
CN117912259A (zh) * | 2024-03-19 | 2024-04-19 | 中汽数据有限公司 | 一种基于汽车电子数据的交通事故再现方法、装置、电子设备及存储介质 |
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1991
- 1991-10-04 DE DE19914132981 patent/DE4132981A1/de active Granted
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