Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur hydrolytischen Aufbe
reitung von bei der Herstellung von Chlor- und/oder Organochlor
silanen anfallenden Destillationsrückständen zu reinem Chlorwas
serstoff und rieselfähigem Feststoff, welcher hauptsächlich aus
Polysiloxanen oder Kieselsäure besteht. Der Chlorwasserstoff kann
beispielsweise der Umsetzung mit Silicium zugeführt werden.
Bei der Umsetzung von technischem Siliciummetall mit Chlor, Chlor
wasserstoff oder Organochlorid wird nach destillativer Abtrennung
der Zielprodukte ein Rückstand erhalten, welcher vorrangig aus
polyfunktionellen Chlor- und/oder Organochlorsilanen, -disilanen
sowie -disiloxanen besteht und suspendierte Kontaktmasse (Sili
ciumstaub, Metallchloride oder -phosphide) enthält. Dieses Ge
misch ist praktisch unbrauchbar. Es läßt sich jedoch auf Grund
seines hohen Chloridgehaltes nur unter erheblichem ökonomischem
Aufwand entsorgen.
Es sind Verfahren bekannt, die eine hydrolytische Aufarbeitung des
Destillationsrückstandes mit Chlorwasserstoffrückgewinnung unter
gleichzeitigem Erhalt silicatischer Feststoffe beschreiben. So
erfolgt in der GB-PS 1 173 022 die Chloridentfernung in Form von
Chlorwasserstoff durch Zusatz von Natriumbicarbonat oder Alkohol.
Erhalten wird ein klebriges, nur sehr schwer handzuhabendes Pro
dukt. Da dies zusätzliche technologische Stufen erfordert, wurde
zur Umgehung dieses Nachteils durch Zugabe eines emulgierbaren
Kohlenwasserstoff-Lösungsmittels, eines Emulgators und Wasser zu
den Rückständen eine wässrige Emulsion erzeugt, die als Hydro
phobiermittel verwendbar ist. In der DE-PS 30 05 743 wird die Zu
mischung eines Kohlenwasserstofföles zum Rückstand vor der Hydro
lyse mit Wasser, einer wässrigen Calciumchloridlösung oder konzen
trieter Salzsäure beschrieben. Erreicht wird die Verbesserung der
Hantierbarkeitseigenschaften des erhaltenen Siloxangels. Aus der
DE-PS 37 42 614 ist ein Prozeß bekannt, bei dem die Hydrolyse
bei 60 bis 140°C mit Dampf durchgeführt wird. Zwischenzeitlich
wird Luft oder ein Stickstoff-Sauerstoff-Gemisch eingeleitet.
In diesem mehrstufigen Verfahren gelingt es, einen Feststoff
zu erhalten, welcher einen eluierbaren Restchlorid-Gehalt von
etwa 5 Gew.-% (gem. Ausführungsbeispiel) aufweist.
Alle angeführten Verfahren sind technologisch aufwendig und er
fordern teilweise hohe Temperaturen oder Zusätze, wie z. B.
Kohlenwasserstofföle.
Aufgabe der Erfindung ist das Auffinden eines Verfahrens, das
in technologisch einfacher Durchführung unter milden Bedingungen
die hydrolytische Aufbereitung der bei der Chlor- bzw. Organo
chlorsilansynthese anfallenden Destillationsrückstände zur Ge
winnung von reinem Chlorwasserstoff und rieselfähigem Feststoff
ermöglicht.
Überraschenderweise wurde gefunden, daß durch die Hydrolyse von
Destillationsrückständen der Direkten Synthese von Chlor und/oder
Organochlorsilanen bei einer Temperatur von 20 bis 100°C, vor
zugsweise von 35 bis 60°C, mit Schwefelsäure einer Konzentration
von 20 bis 70 Gew.-%, vorzugsweise von 40 bis 60 Gew.-%, und der
anschließenden Vermischung des abgetrennten Hydrolyseproduktes
mit Calciumhydroxid, Calciumoxid, Calciumcarbonat oder deren
technischen Gemischen bis zur neutralen Reaktion, ein rieselfähi
ger Feststoff, welcher entweder hauptsächlich aus Polysiloxanen
oder aus Kieselsäure besteht, erhalten wird. Durch das Vermischen
mit Calciumhydroxid, Calciumoxid, Calciumcarbonat oder deren
technischen Gemischen wird aus dem ursprünglich feuchten Hydrolyse
produkt ein trockener, rieselfähiger Feststoff. Dieser Fest
stoff enthält maximal 5 Gew.-% Restchlorid sowie weniger als
20 Gew.-% Wasser, die Schüttdichte beträgt 0,5 bis 1 g/ml.
Die abgetrennte flüssige Phase wird der Hydrolyse wieder zugeführt
bzw. zur Wäsche und Trocknung des bei der Umsetzung freigesetzten,
gasförmigen Chlorwasserstoffes verwendet.
Durch intensiven Kontakt, z. B. in einer Glockenboden- oder Füll
körperkolonne, mit der einzusetzenden Schwefelsäure und/oder der
nach Abtrennung des Hydrolyseproduktes erhaltenen, mit Chlorwasser
stoff gesättigten Schwefelsäure wird ein Gas mit mehr als 98 Gew.-%
Chlorwasserstoff, 0,01 bis 0,1 Gew.-% Ethylchlorid, weniger als
500 ppm Kohlenwasserstoffen, 500 bis 1000 ppm Wasser sowie 1 bis
2 Vol.-% Inertgase (vorrangig Stickstoff und Wasserstoff) erhal
ten. Dieses Chlorwasserstoffgas kann beispielsweise sofort der
Umsetzung mit Silicium zu Trichlorsilan und Siliciumtetrachlorid
zugeführt werden.
Bei kontinuierlicher Fahrweise wird vorteilhafterweise die durch
die Hydrolyse der Destillationsrückstände sowie das feuchte Hydro
lyseprodukt abgeführte Wassermenge durch entsprechende Regulie
rung des Wasseranteils der einzusetzenden und/oder der mit Chlor
wasserstoff gesättigten Schwefelsäure substituiert.
Als Schwefelsäure wird beispielsweise die bei der Trocknung und
Reinigung von Chlorwasserstoffgas für die Hydrochlorierung von
Siliciummetall anfallende hochprozentige Schwefelsäure verwendet.
Calciumhydroxid, Calciumoxid, Calciumcarbonat oder deren tech
nisches Gemisch kann z. B. in Form von Kalkmörtel, technischem
Kalk mit einem Calciumoxidgehalt über 50 Gew.-% oder gebrochenem
oder gemahlenem Kalkstein zum Einsatz kommen.
Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens sind die Umwandlung
des praktisch unbrauchbaren Destillationsrückstandes der Direk
ten Synthese von Chlor- und/oder Organochlorsilanen zu verwert
baren Produkten mittels einfacher Technologie und unter milden
Reaktionsbedingungen. Weiterhin gelingt es durch die erfindungs
gemäße Verfahrensweise oridierbare Verunreinigungen, wie z. B.
Phosphin, zu beseitigen.
Ausführungsbeispiele
Beispiel 1
Eine ca. 55%ige Schwefelsäure 1 mit 450 kg/h und ein Destil
lationsrückstand 2, aus der Umsetzung von Silicium mit Chlor
wasserstoff, der 78 Gew.-% Chlorid enthält, mit 100 kg/h werden
kontinuierlich dem Rührkessel 3 zugeführt und hier bei einer
sich einstellenden Temperatur von ca. 47°C zur Reaktion ge
bracht. Der dabei entstehende Chlorwasserstoff 5 durchströmt
mit 50 kg/h eine Glockenbodenkolonne 4, die im Gegenstrom mit
einer mit Chlorwasserstoff gesättigten Schwefelsäure 9 mit 1,1 m3/h
beaufschlagt wird. Um einen trockenen Chlorwasserstoff zu er
halten, wird der Massestrom 9 im Solekühler 11 auf ca. -20°C
abgekühlt, so daß der Chlorwasserstoff 5 mit ca. -15°C zur
weiteren Verwendung abgeführt werden kann. Die im Rührkessel 3
erhaltene Suspension von mit Chlorwasserstoff gesättigter Schwe
felsäure und feinverteiltem, festen Hydrolyseprodukt in Form
von hauptsächlich Kieselsäure läuft über den seitlichen Ablauf 6
einem Filter zu. Hier folgt die Abtrennung des Hydrolyseproduktes
von der flüssigen Phase, der mit Chlorwasserstoff gesättigten
Schwefelsäure 9, welche über die Pumpe 10, den Solekühler 11
und die Kolonne 4 mit ca. 1,1 m3/h wieder in den Rührkessel zu
rückgeführt wird. Die Schwefelsäure 1 wird unter Beachtung des
Wasseranteils so eingestellt, daß die für die Hydrolyse der Hoch
sieder 2 stöchiometrisch erforderliche Wassermenge und die durch
das feuchte Hydrolyseprodukt 8 abgeführte Wassermenge wieder
substituiert wird.
Das noch mit Chlorwasserstoff gesättigte Hydrolyseprodukt wird
über einen Vakuumtrockner 12, der mit 100 Torr arbeitet, welche
von einem Wasserstrahler 13 erzeugt werden, auf einen Chlorid
gehalt von 4,4 Gew.-% gebracht. Anschließend wird dieses Produkt
mit ca. 0,5 kg Calciumoxid (60 Gew.-% CaO) 15 pro kg feuchtes
Hydrolyseprodukt vermischt. Nach 30 min. ist ein rieselfähiger
Feststoff 16 entstanden, der 4,7 Gew.-% Restchlorid enthält.
Der Chlorwasserstoff 5 verläßt mit -15°C die Anlage mit einer
Zusammensetzung von 98,2 Gew.-% Chlorwasserstoff, 785 ppm
Ethylchlorid und 250 ppm flüchtigen Kohlenwasserstoffen, es ist
kein Phosphin nachweisbar.
Beispiel 2
Durchführung gemäß Beispiel 1, jedoch wird zur Neutralisation
des feuchten Hydrolyseproduktes 8, das 4,4 Gew.-% Gesamtchlorid
enthält, 0,49 kg/kg feuchtes Hydrolyseprodukt eines technischen
Kalks, der 61% CaO enthält, verwendet.
Der rieselfähige Feststoff enthält danach noch 3,4 Gew.-% an
Restchlorid. Phosphin kann im entweichenden Chlorwasserstoff
gas nicht nachgewiesen werden.
Beispiel 3
Durchführung gemäß Beispiel 1, jedoch wird als Rückstand 2
ein Destillationsrückstand der Direkten Synthese von Methyl
chlorsilanen mit einem Gesamtchlorid-Gehalt von 51 Gew.-% ein
gesetzt, die Zuführung der Schwefelsäure 1 erfolgt über die
Glockenbodenkolonne. Zur Neutralisation sind 0,25 kg/kg feuch
tes Hydrolyseprodukt Calciumhydroxid oder 0,62 kg/kg feuchtes
Hydrolyseprodukt des in Beispiel 2 beschriebenen technischen
Kalks erforderlich. Der erhaltene, rieselfähige Feststoff hat
einen Restchloridgehalt von 2, 6 Gew.-% oder 2, 0 Gew.-%.
Phosphin kann im entweichenden Chlorwasserstoffgas nicht nach
gewiesen werden.
Beispiel 4
Durchführung gemäß Beispiel 1, jedoch werden die Destillations
rückstände aus Beispiel 1 und aus Beispiel 3 im Gewichtsverhält
nis 1 : 1 gemacht. Zur Neutralisation des feuchten Hydrolyse
produktes sind 0,31 kg/kg feuchtes Hydrolyseprodukt Calcium
carbonat oder 0,28 kg/kg feuchtes Hydrolyseprodukt Calcium
hydroxid eingesetzt als Kalkmörtel erforderlich. Der Restchlorid
gehalt im trockenen, rieselfähigen Feststoff beträgt 2,4 Gew.-%.
Phosphin kann im entweichenden Chlorwasserstoffgas nicht nach
gewiesen werden.
Beispiel 5 (Vergleichsbeispiel)
Durchführung gemäß Beispiel 1, jedoch wird als Strom 1 Wasser
eingesetzt. Im entweichenden Chlorwasserstoffgas ist Phosphin
nachweisbar. Das feuchte Hydrolyseprodukt ist schwer abtrennbar
und enthält 11,8 Gew.-% Chlorid. Nach Neutralisation mit Calcium
hydroxid wird ein feuchter Brei mit 50 Gew. Wasser und 14,1
Gew.-% Restchlorid erhalten.
Beispiel 6 (Vergleichsbeispiel)
Durchführung gemäß Beispiel 1, jedoch wird als Strom 1 konzen
trierte Salzsäure eingesetzt. Im entweichenden Chlorwasser
stoff ist Phosphin nachweisbar. Das feuchte Hydrolyseprodukt
enthält 22,8 Gew.-% Chlorid. Nach der Neutralisation mit 0,27
kg/kg feuchtes Hydrolyseprodukt Calciumhydroxid wird ein feuch
ter Brei mit 45 Gew.-% Wasser und 18,3 Gew.-% Restchlorid er
halten.
Bezugszeichenliste
1
Schwefelsäure
2
Destillationsrückstand (Hochsieder)
3
Rührkessel
4
Glockenbodenkolonne
5
Chlorwasserstoff
6
Suspension von mit Chlorwasserstoff gesättigter Schwefel
säure und feinverteiltem, festen Hydrolyseprodukt
7
Filter
8
feuchtes Hydrolyseprodukt
9
mit Chlorwasserstoff gesättigte Schwefelsäure
10
Pumpe
11
Solekühler mit Kühlsole
12
Vakuumtrockner
13
Vakuumanschluß zum Wasserstrahler
14
Mischer
15
Kalk (Calciumoxid)
16
rieselfähiger Feststoff