DE4001230A1

DE4001230A1 - Verfahren zur auslaugfesten bindung anorganischer abfallstoffe

Info

Publication number: DE4001230A1
Application number: DE19904001230
Authority: DE
Inventors: Rudolf Dipl Chem Dr Re Kuerner; Dietmar Drach
Original assignee: Individual
Current assignee: Individual
Priority date: 1990-01-18
Filing date: 1990-01-18
Publication date: 1991-07-25

Description

In den Industrieländern fallen mit steigender Tendenz jährlich Millionen Tonnen von anorganischen Abfallstoffen, wie Filter und Flugstäuben, an. Weitere Millionen Tonnen befinden sich in Zwischenlagern und müssen noch für die Endlagerung aufbereitet werden. Derartige anorganische Abfallstoffe, wie Filter- und Flugstäube, enthalten häufig giftige Stoffe, wie Schwermetalle, die bei der Deponierung durch Regenwasser ausgewaschen und über das Grundwasser verteilt werden. Derartige anorganische Ab fallstoffe werden daher als "belastete Industrieabfälle" (Stufe 3) oder als "Sondermüll" (Stufe 4) eingestuft und müssen zur Endlagerung einer Sonderbehandlung unterworfen werden.

Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe bestand somit darin, ein Verfahren zu bekommen, mit dem solche überwiegend anorgani schen Abfallstoffe in einer Weise gebunden werden, die es gestattet, sie auf normalen Mülldeponien abzulagern, ohne daß die Gefahr einer Auslaugung giftiger Stoffe, wie Schwermetalle und organischer Giftstoffe, besteht.

Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zur auslaugfesten Bindung feinteiliger, wenigstens überwiegend anorganischer Abfallstoffe, insbesondere von Filter- oder Flugstäuben, dadurch gelöst, daß man sie mit reaktiver Kiesel säure umsetzt.

Überraschenderweise werden durch eine solche Umsetzung der anorganischen Abfallprodukte mit reaktiver Kieselsäure diese anorganischen Abfallstoffe derart gebunden, daß eine auslaugfe ste Masse entsteht, wobei, was besonders überraschend ist, gleichzeitig auch enthaltene organische Giftstoffe, wie Dioxine und andere Kontaminationen, gebunden und vor einer Auslaugung bewahrt werden. Die erhaltenen Produkte besitzen die Bedenklich keitsstufe 1 (Hausmüll) und können somit in normalen Deponien abgelagert werden.

Die Umsetzung kann erforderlichenfalls je nach Ausgangsmaterial bei erhöhter Temperatur durch äußeres Erwärmen durchgeführt werden, doch ist es ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens, daß die Umsetzung im Regelfall spontan bei Umge bungstemperatur abläuft, so daß keine äußere Erhitzung erfor derlich ist. Vorzugsweise wird die Umsetzung bei Umgebungstempe ratur durchgeführt. Die reaktive Kieselsäure braucht für die beabsichtigte Bindung der Abfallstoffe nur mit diesen vermischt zu werden. Hierzu kann beispielsweise eine Suspension oder Lösung der Kieselsäure oder eines Kieselsäure bildenden Stoffes auf die Abfallstoffe aufgesprüht werden, wonach diese zweckmäßig noch gründlich durchgemischt werden.

Besonders vorteilhaft ist es, das Gemisch der Reaktionspartner bzw. das erhaltene Reaktionsgemisch einer Formgebung zu unter ziehen. Beispielsweise kann das Gemisch oder Reaktionsprodukt hierzu in einer Presse zu Formkörpern verpreßt werden, die als solche oder nach einem Brechen in Einzelstücke einer Deponie zugeführt werden können. Stattdessen kann das Gemisch oder Reaktionsprodukt auch mit Hilfe eines Extruders zu einem Strang ausgepreßt werden, der nach dem Erhärten in Stücke zerschlagen oder vor dem Erhärten zerschnitten wird. Weiterhin ist es möglich, das Gemisch oder Reaktionsprodukt zu Pellets zu agglomerieren. Hierzu kann im Grundsatz jeder beliebige Zwangs mischer verwendet werden, mit dem bekanntermaßen pelletisiert werden kann. Solche Zwangsmischer sind Mischgranulatoren, in denen sowohl die Umsetzung als auch anschließend oder gleichzei tig eine Agglomerierung zur Bildung von Pellets oder Granulat erfolgt.

Bei der Umsetzung mit der reaktiven Kieselsäure entstehen wahrscheinlich aus den Metallverbindungen unlösliche Silicate, in die auch organische Giftstoffe, wie Dioxine, Furane und andere Stoffe eingeschlossen werden.

Die reaktive Kieselsäure kann in unterschiedlicher Form zugefügt werden, wobei diese Formen nicht notwendigerweise alle unterein ander äquivalent in der Reaktionsfähigkeit sind. Besonders vorteilhaft ist es, die reaktive Kieselsäure in der Form wenigstens einer hydrolysierbaren Siliciumverbindung zuzuführen, die entweder vor dem Vermischen mit dem Abfallstoff hydrolysiert wurde oder besonders zweckmäßig bereits in Berührung mit dem Abfallstoff mit Hilfe von Wasser in statu nascendi hydrolysiert wird. Solche hydrolysierbaren Verbindungen sind insbesondere Kieselsäureester, wie Ethylsilicat, in monomerer oder polymeri sierter Form oder Siliciumtetrachlorid und/oder Trichlorsilan. Bei der Hydrolyse solcher Siliciumverbindungen bildet sich Kieselsäure in reaktiver Form, wie sie im vorliegenden Verfahren erwünscht ist.

Stattdessen kann auch Kieselsäure in Form eines Kieselsäuresols oder Kieselsäuregels oder als frisch gefällte Kieselsäure verwendet werden. Diese sind aber weniger bevorzugt, da sie weniger reaktiv sind und schnell altern und damit ihre Reaktivi tät teilweise einbüßen.

Die reaktive Kieselsäure wird dem überwiegend anorganischen Abfallstoff vorzugsweise in einer Menge von 2 bis 25, besonders bevorzugt in einer Menge von 5 bis 15, insbesondere in einer Menge von 7,5 bis 12,5 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht des überwiegend anorganischen Abfallstoffes, zugesetzt.

Eine weitere Verbesserung des Verfahrens wird dadurch erreicht, daß man zusätzlich das Reaktionsprodukt von Abfallstoff und Kieselsäure mit Hilfe von Siliconen und/oder Silazanen hydropho biert und somit das für eine Auslaugung erforderliche Wasser daran hindert, in die Masse einzudringen. Dadurch wird eine zusätzliche Sperre gegen Auslaugen von Giftstoffen erzielt.

Silicone sind im Regelfall Gemische verschiedener Polysyloxane mit kondensationsfähigen Gruppen, die für ihre wasserabweisend machenden Eigenschaften bekannt sind. Silazane sind Silicium- Stickstoff-Verbindungen mit alternierenden Silicium- und Stickstoff-Atomen der allgemeinen Formel H₃Si-(NH-SiH₂) _n-NH-SiH₃, worin n Null oder eine ganze Zahl beispielsweise von 1 bis 10 ist. Ein Beispiel hierfür ist Disilazan. Andere Silazane haben zyklische Struktur der allgemeinen Formel (SiH₂-NH)_n, wie beispielsweise Cyclotrisilazan, worin n 3 ist.

Als Silicone oder Silazane werden zweckmäßig solche verwendet, die flüssig oder in Wasser emulgierbar sind. Die Silicone und Silazane können entweder zusammen mit der reaktiven Kieselsäure den Abfallstoffen zugesetzt und zugemischt werden. Dieses hat den Vorteil, daß die Hydrophobierung innerhalb der gesamten Masse erfolgt. Sie können aber auch nachträglich auf das Reaktionsgemisch, insbesondere nach dessen Formgebung, aufge bracht werden, wie beispielsweise durch Aufsprühen, wobei allerdings nur die Oberfläche der Formlinge hydrophobiert wird. Man kommt in diesem Fall jedoch mit geringeren Mengen des Silicons oder Silazans aus.

Die Silicone und/oder Silazane werden, bezogen auf das Gesamtge wicht von überwiegend anorganischem Abfallstoff und reaktiver Kieselsäure, zweckmäßig in einer Menge von 0,1 bis 5 Gew.-%, besonders in einer Menge von 0,5 bis 3, vor allem in einer Menge von 1 bis 2 Gew.-% zugesetzt. Wie erwähnt, setzt man beim Zumischen zu dem Reaktionsgemisch im Regelfall mehr als bei oberflächlichem Aufbringen auf das Reaktionsgemisch, insbesonde re auf dessen Formlinge zu.

Beispiel

Als Ausgangsstoff wurde ein Filterstoff einer Müllverbrennungs anlage mit folgendem Schwermetallgehalt verwendet:

6410 mg/kg Zink,
1850 mg/kg Blei,
432 mg/kg Zinn,
400 mg/kg Kupfer,
103 mg/kg Kupfer,
39 mg/kg Cadmium,
16 mg/kg Nickel,
4,9 mg/kg Quecksilber,
0,41 mg/kg Arsen.

Auf ein Kilogramm dieses Filterstaubes wurden 100 g Ethylsilicat und für die Hydrolyse erforderliches Wasser sowie 10 g eines für Hydrophobierung bekannten handelsüblichen Polysyloxangemisches aufgesprüht und gründlich zugemischt. Das Gemisch wurde in einer Presse zu einem Formling verpreßt und nach der Erhärtung zu Stücken zerbrochen. Die Stücke wurden mit Wasser eluiert, wobei sich zeigte, daß keine Stoffe auslaugbar waren und die Eluate Trinkwasserqualität hatten.

Claims

1. Verfahren zur auslaugfesten Bindung feinteiliger, wenigstens überwiegend anorganischer Abfallstoffe, insbesondere von Filter- oder Flugstäuben, dadurch gekennzeichnet, daß man sie mit reaktiver Kieselsäure umsetzt.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als reaktive Kieselsäure solche verwendet, die in statu nascendi durch Hydrolyse eines Kieselsäureesters und/oder von Siliciumtetrachlorid und /oder Trichlorsilan gewonnen wurde.

3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als reaktive Kieselsäure ein Kieselsäuresol oder -gel verwendet.

4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als reaktive Kieselsäure frisch gefällte Kieselsäure verwendet.

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekenn zeichnet, daß man die reaktive Kieselsäure in einer Menge von 2 bis 25, vorzugsweise 5 bis 15, besonders von 7,5 bis 12,5 Gew.-%, bezogen auf das Trockengewicht des wenigstens überwiegend anorganischen Abfallstoffes, verwendet.

6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekenn zeichnet, daß man die Umsetzung bei Umgebungstemperatur durchführt.

7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekenn zeichnet, daß man das Gemisch und/oder Reaktionsprodukt einer Formgebung, vorzugsweise durch Verpressen oder Agglomerieren, unterzieht.

8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekenn zeichnet, daß man zusätzlich mit einem Silicon und/oder Silazan behandelt.

9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß man das Silicon und/oder Silazan zusammen mit der reaktiven Kieselsäure mit dem wenigstens überwiegend anorganischen Abfallstoff vermischt.

10. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß man das Reaktionsprodukt, vorzugsweise nach Formgebung, mit dem Silicon und/oder Silazan behandelt.

11. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß man das Silicon und/oder Silazan in einer Menge von 0,1 bis 5, vorzugsweise von 0,5 bis 3, besonders von 1 bis 2 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht von wenigstens überwiegend anorganischem Abfallstoff und reaktiver Kieselsäure, verwendet.