-
Verfahren zur Herstellung genauer Kreisteilungen mit Hilfe einer Kreisteilmaschine.
Die heute allgemein gebräuchlichen Kreisteilmaschinen mit Schnecke und Schneckenrad
gewährleisten hinsichtlich der Drehbewegung der Teilscheibe bei sorgfältiger Ausführung
eine verhältnismäßig hohe Genauigkeit, die sich auch kaum wesentlich weiter steigern
läßt. Infolge des meist ziemlich großen Schneckenraddurchmessers ist die Winkeldrehung
der Teilscheibe mit dem darauf befestigten, zu teilenden Gegenstand trotz des unvermeidlichen
Spielraums der Teilscheibenachse in ihren Lagern in der Regel ausreichend genau.
Es gelang jedoch bisher nicht, die Genauigkeit, die sich bei der Winkeleinstellung
der Teilscheibe einhalten läßt, in allen Fällen auch für die herzustellende Teilung
zu erreichen. Die Übertragung der Winkelstellung der Teilscheibe auf den zu teilenden
Kreis erfolgt bekanntlich durch Ziehen eines Striches mit dem Reißerwerk. Für die
fertige Teilung ist also eine bestimmte Winkelstellung gegeben durch die Verbindungslinie
des Teilstrichs mit dem Mittelpunkt der Teilung, d. h. mit dem Punkte, der beim
Ziehen des Striches mit dem Reißerwerk zufällig gerade den Achsendrehpunkt der Teilscheibe
bildet. Da die Lage dieses Punktes innerhalb des Achsenspielraums beliebig schwanken
kann, so erkennt man, daß die Genauigkeit der hergestellten Teilung nur dann ungefähr
gleich derjenigen der Winkeldrehung der Teilscheibe ist, wenn der Halbmesser der
Teilung nicht kleiner ist als der Halbmesser des Schneckenrades der Teilmaschine.
Bei kleineren Kreisen nimmt die erzielbare Genauigkeit ab, und zwar um so mehr,
je kleiner der Halbmesser der Teilung gegenüber dem Halbmesser des Schneckenrades
ist, weil 'der Achsenfehler der Teilmaschine infolge 'seiner stets gleichbleibenden
Größe bei abnehmendem Teilungsdurchmesser in immer stärkerem Maße die übertragene
Winkelgröße beeinflußt und damit die Teilung verschlechtert. Da man heute bei einer
Reihe von Instrumenten Teilungen von verhältnismäßig kleinem Durchmesser verwendet,
so entsteht der Nachteil, daß man auch mit einer guten Teilmaschine keine kleinen
Teilungen herstellen kann, die dieselbe Genauigkeit besitzen wie die Teilmaschine
selbst.
-
Die Erfindung sucht diesen Übelstand zu beseitigen, indem man, ähnlich
wie es bei der praktischen Verwendung von Kreisteilungen durch das gleichzeitige
Ablesen zweier einander gegenüberliegender Stellen der Teilung bereits geschieht,
auch bei- der Herstellung der Teilungen die einzelnen Winkelstellungen nicht durch
die Verbindungslinie von Teilstrich und Mittelpunkt festlegt, sondern durch einen
Durchmesser. Es geschieht dies folgendermaßen. Man versieht die betreffende Teilmaschine
mit zwei Reißerwerken, die symmetrisch zur Teilscheibenachse einander gegenüber
angeordnet sind, und vollzieht die Teilung des Kreises in der Weise, daß man für
j ede Stellung der Teilscheibe bei unveränderter Lage derselben stets mit beiden
Reißerwerken je einen Strich zieht, also einen Durchmesser
festlegt.
Dadurch wird die auf den Kreis übertragene Winkelstellung, auch bei beliebig kleinem
Halbmesser der Teilung, nicht mehr durch die dabei vorhandene augenblickliche Lage
der Teilscheibenachse beeinflußt, sondern sie ist unabhängig davon mit der durch
die Einstellung der Teilscheibe gegebenen Genauigkeit festgelegt. Man erhält also
eine Teilung, die auch bei beliebig kleinem Durchmesser trotz des stets vorhandenen
Achsenspielraums der Teilscheibe doch dieselbe Genauigkeit besitzt wie eine Teilung
vom Durchmesser des Schneckenrades. Voraussetzung ist dabei allerdings, daß nun
bei der Benutzung einer solchen Teilung auch stets beide zusammengehörigen Striche
des Durchmessers für die Ablesung herangezogen werden; es muß also eine solche Teilung,
falls sie die erstrebte hohe Genauigkeit liefern soll, stets an beiden gegenüberliegenden
Stellen abgelesen werden. Das Mittel aus beiden Ablesungen gibt den richtigen Wert.
-
Es würde an sich bei diesem Teilungsverfahren bereits genügen, wenn
man die Teilung auf der Teilmaschine nur für einen Winkelbereich von 18o° ausführte,
da die andere Hälfte des Umfanges durch die mit dem zweiten Reißerwerk gezogenen
Striche gleichzeitig mit geteilt wird. Man muß jedoch im allgemeinen damit rechnen,
daß zwischen der Achse des Schneckenrades und der Drehachse der Teilscheibe auch
ein fester Exzentrizitätsfehler vorhanden ist, der sich auf die Teilung überträgt.
Man würde dann also, wenn man nur x8o° teilt, eine Teilung erhalten, bei der die
gegenseitigen Abstände der einzelnen Teilstriche, auch abgesehen von den zufälligen
Fehlern infolge des Spielraums der Teilscheibenachse, periodisch sich ändern in
einem Maße, das durch die Größe dieser Exzentrizität gegeben ist. Naturgemäß kann
es sich hierbei nur um sehr kleine absolute Beträge handeln, die für viele Zwecke
außer Betracht bleiben können, aber bei der hier erstrebten hohen Genauigkeit doch
zu berücksichtigen sind. Eine solche Teilung mit ungleichen Abständen der Teilstriche
würde zwar bei richtiger Ablesung die gewünschte hohe Genauigkeit liefern, wäre
aber doch aus verschiedenen anderen Gründen unerwünscht. Es empfiehlt sich daher,
die Teilung in der geschilderten `'eise über den ganzen Umfang auszuführen. Man
stellt also bei einer Umdrehung der Teilscheibe mit den beiden Reißerwerken gleichzeitig
zwei volle, voneinander getrennte Teilungen her und erhält somit eine über den ganzen
Umfang verlaufende Doppelteilung, bei der die Mitte je zweier zusammengehöriger
Striche die richtige Winkelstellung unabhängig vom Exzentrizitätsfehler der Teilsci:eibenachse
liefert. Wird eine derartige Doppelteilung bei jeder Meßstellung stets an beiden
gegenüberliegenden Stellen abgelesen, so ergibt sich der von allen Achsenfehlern
befreite, genaue Wert der betreffenden Winkelstellung. Es ist auf diese Weise der
Einfluß der jeweiligen Lage der Drehachse sowohl bei der Herstellung wie auch bei
der Benutzung der Teilung vollständig ausgeschaltet.
-
Die gegenseitige Lage der beiden Teilungen zueinander kann man je
nach dem Verwendungszweck oder den Ablesemitteln verschieden wählen. Man kann sie
beispielsweise derart anordnen, daß sie getrennt nebeneinander verlaufen oder entlang
einer Trennungslinie sich berühren. Meist wird es zweckmäßiger sein, die beiden
Teilungen ineinanderzulegen, so daß jeder Teilungswert durch einen Doppelstrich
festgelegt ist, dessen Mitte leicht geschätzt werden kann. Um dabei für alle Stellen
des Umfangs ein zuverlässiges Ablesen zu ermöglichen, wird man die beiden Reißerwerke
nicht genau einander gegenüber anordnen, sondern den Winkel, den sie in bezug auf
die Teilscheibenachse einschließen, um einen kleinen Betrag von 18o° verschieden
wählen, und zwar in einem solchen Maße, daß der Abstand der beiden Einzelstriche
jedes Doppelstrichs einerseits an keiner Stelle zu groß wird, um noch genügend genau
die Mitte schätzen zu können, und anderseits auch an keiner Stelle zu klein wird,
damit nicht ein Übereinandergreifen oder Überdecken der beiden Striche erfolgt.
Die Art der Ableseeinrichtungen spielt bei der Benutzung einer solchen Doppelteilung
keine Rolle. Es bleibt sich also gleichgültig, ob die Ablesung mit Nonius, mit einem
Ablesemikroskop oder auf sonstige Weise erfolgt. Anstatt, wie bei einer gewöhnlichen
Teilung, auf einen bestimmten Strich einzustellen, wird nunmehr auf die Mitte zwischen
den zwei Strichen eines Doppelstriches eingestellt. Auch der bereits wiederholt
angewandten gleichzeitigen Ablesung zweier einander gegenüberliegender Stellen einer
Teilung im gleichen Okulargesichtsfelde steht bei einer solchen Doppelteilung nichts
im Wege.
-
Eine zur Ausübung des neuen Verfahrens dienende Teilmaschine unterscheidet
sich von den allgemein bekannten Teilmaschinen nur dadurch, daß an Stelle des sonst
üblichen einen Reißerwerks deren zwei vorhanden sind, die das gleichzeitige Herstellen
beider Teilungen ermöglichen. Es kann also jede vorhandene Teilmaschine in einfacher
Weise für das neue Verfahren hergerichtet werden.
-
Bemerkt sei noch, daß es bekannt ist, einen auf einer Teilmaschine
geteilten Kreis mit einer doppelten Teilung zu versehen, derart, daß man zuerst
den Kreis in üblicher Weise
teilt, ihn sodann um nahezu x8o ° gegenüber
der Teilscheibe verdreht und in dieser Lage nochmals eine vollständige Teilung vornimmt,
so daß sich ebenfalls eine aus Doppelstrichen gebildete Teilung ergibt. Abgesehen
davon, daß solche Teilungen bisher wohl nur für Untersuchungszwecke hergestellt
wurden, kann man durch das dabei angewandte Verfahren lediglich einen etwa vorhandenen
festen Exzentrizitätsfehler der Teilmaschine ausschalten; die durch den stets vorhandenen
Spielraum der Teilscheibenachse verursachten, zufälligen Fehler werden jedoch auf
die herzustellende Teilung übertragen, und zwar, wie oben ausgeführt, in um so stärkerem
Maße, je kleiner der Teilungshalbmesser im Verhältnis zum Schneckenradhalbmesser
der Teilmaschine ist.