DE3530336A1 - Verfahren zur kultivierung des gefluegelembryos - Google Patents
Verfahren zur kultivierung des gefluegelembryosInfo
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Description
Die Geflügelembryo wird in der Forschung wegen seiner im Ver
gleich zum Säugerembryo leichteren experimentellen Handhabung
vielfältig eingesetzt. Dieser Vorzug hat zur Überlegung geführt,
daß befruchtete Vogelei routinemäßig, z. B. bei Nachweis und
bei der Überprüfung toxischer Substanzen anzuwenden. Daß dies bis
jetzt nicht erfolgt ist, ist darauf zurückzuführen, daß die weit
gehend undurchsichtige Eischale einer zuverlässigen, gezielten
Applikation von Substanzen im Wege steht.
Besonders schwerwiegend in diesem Zusammenhang ist die Tatsache,
daß die einzelnen Eikompartimente zu verschiedenen Zeitpunkten
der Embryogenese resorbiet werden. So trennt sich gleich zu
Beginn der Bebrütung einer Dotterphase mit ausgeprägter flüssiger
Konsistenz ab, die in der ersten Hälfte der Empbryogenese als Nah
rungsquelle dienst, während der verbleibende viskose Dotter erst
im Endabschnitt der embryoanlen Entwicklung resorbiert wird.
In dem dazwischen liegenden Zeitraum wird dann das Eiklar vom
Embryo aufgenommen. Je nach Applikation in das jeweilige Eikom
partiment ist daher mit einer zeitlich verschiedenen Resorption
der betreffenden Substanz zu rechnen. So läßt sich zeigen, daß
eine Verabreichung von Hexadecan in das Eiklar gleich zu Beginn
der Inkubation sich nicht in der flüssigen Dotterphase anrei
chert und somit in dieser Entwicklungsphase auch nicht vom Em
bryo aufgenommen wird (eigener Versuch). Da die Einwirkung von
Substanzen auf die Embryonen meist von deren Entwicklungsstatus
abhängt, ist bei einer verzögerten Aufnahme mit einer Verringe
rung oder gar mit dem Ausbleiben der zu erwartenden Wirkung zu
rechnen.
Um eine gezielte Applikation zu gewährleisten, wurden verschieden
artige Inkubationsverfahren erprobt, die einen direkten Zugang
zum Embryo ermöglichen:
Eröffnen der Eischale, Explantierung des Embryos
Ersetzen der Eikompartimente durch künstliche Nähmedien,
Kultivierung des Embryos ohne Eischale. Davon wird meines
Wissens die Applikation am eröffneten Ei als einzige Methode
zum routinemäßigen Nachweis toxischer Auswirkungen praktiziert
(1). Diese Methode eignet sich jedoch nur für Substanzen, die
ihre Wirkung innerhalb weniger Stunden entfalten, da der Embryo
unter diesen Bedingungen nicht über einen längeren Zeitraum am
Leben erhalten werden kann. Dies gilt auch mit Ausnahme der
Kultivierung für die übrigen oben aufgeführten Verfahren.
Demgegenüber läßt sich bei der Kultivierung des Embryos über
einen weitaus längeren Zeitraum am Leben erhalten, vereinzelt
sogar bis kurz vor dem Schlupf aus dem Ei. Dieses Verfahren
hat aber bis heute keine Anwendung beim Nachweis toxischer Sub
stanzen gefunden und zwar u. a. deswegen, weil bisher die Kul
tivierung erst nach einer 3tägigen Vorinkubation möglich war.
In dieser Phase vollziehen sich aber entscheidende Differenzie
rungsvorgänge, so daß das Modell für Eingriffe teratogener,
mutagener oder concerogener Substanzen meist nicht geeignet ist.
Das von uns entwickelte Verfahren zur Kultivierung des Hühner-
und Wachtelembryos erlaubt eine Kultivierung bereits vom Beginn
der Bebrütung an. Bei dem Verfahren haben wir uns bemüht, die
Gasaustauschvorgänge denen des schalenhaltigen Eies anzupassen.
Im folgenden soll deren Bedeutung für die ovale Entwicklung
kurz ausgezeigt werden:
Das bebrütete Vogelei nimmt über die Poren der Eischale O2 auf
und gibt H2O (Wasserdampf) und CO2 an die Umgebung ab. Der Vor
gang des Gasaustausches wird über einen Diffusionsprozeß gesteu
ert. Die aus- bzw. eintauschbare Gasmenge ist bei gegebenem
Druckunterschied im wesentlichen von der Größe der Porenfläche
abhängig. Lediglich in den ersten 2-3 Tagen der Bebrütung
scheinen die Eimembranen auf Grund ihrer Feuchtigkeit den Gas
austausch zu limitieren. Als Regel gilt, daß Vogeleier im
Verlauf der Inkubation ca. 15% des Eigewichtes in Form von
H2O nach außen abgeben. Die H2O-Austauschrate ist im Gegensatz
zur O2-Eintauschrate, die mit zunehmender Entwicklung des Em
bryos zunimmt, während der gesamten Inkubationsdauer annähernd
konstant. Veränderungen der H2 O-Austauschrate führen zu Störun
gen der Embryogenese und letztlich zum Absterben des Embryos;
wahrscheinlich sind daran Störungen der osmotischen Verhältnisse
ursächlich beteiligt. Man neigt heute zu der Auffassung, daß
Veränderungen im H2O-Austausch sich nachhaltiger auf die Embryo
genese auswirken als Verschiebungen im O2-Austausch, da in der
ersten Hälfe der Embryogenese die O2 -Austauschkapazität der
Eischale den embryonalen O2-Bedarf bei weitem übersteigt. Ledig
lich in der Endphase der fetalen Entwicklung, in der die Gasaus
tauschkapazität der Eischale in etwa dem O2-Bedarf des Fetus
entspricht, führen hypoxische Zustände zu lebensbedrohenden Situ
ationen des Fetus.
Bei der von uns entwickelten Methode zur Kultivierung des Geflü
gelembryos (Hühner- und Wachtelembryos) wird das befruchtete Ei
nach Entfernen der Kalkschale und der Eimembranen in einen oval
geformten Glasbehälter übergeführt, und dieser mit einer handels
üblichen Membran verschlossen. Im Brutschrank (37-30°C)
entwickeln sich dann innerhalb von 2-3 Tagen bei 90-100% der be
fruchteten Eier Blutgefäße und in der Keimscheibe ein pulsieren
des Herz aus. Zu diesem Zeitpunkt wird die Membran mit einer fei
nen Nadel perforiert, um den Gasaustausch zu intensivieren. Als
Folge des erhöhten H2O-Austritts kommt es zu einer Erhöhung des
Gewichtsverlustes und zu einem Abfall des O2-Partial
druckes bzw. Anstieg des CO2-Partialdruckes im Inkubationsgefäß.
Einer Perforation der Membran vor diesem Zeitpunkt wirkt sich
nachteilig auf die Induzierung der Embryogenese aus. Anderer
seits führt ein mehrfaches Perforieren zum alsbaldigen Absterben
der Embryonen.
Die Embryogenese kann auch dadurch eingeleitet werden, daß bei
perforierter Folie die Keimscheibe mit verdünntem Eiklar (3 Tei
le Eiklar, 2 Teile H2O) überschichtet wird.
Nach unseren Beobachtungen setzt die Entwicklung unter den Kul
turbedingungen nur dann ein, wenn die Oberfläche der Keimscheibe
einen entsprechenden Feuchtigkeitsgrad aufweist. Dieser wird bei
unserer Methode dadurch erreicht, daß die Membran anfangs nicht
perforiert wird bzw. die Keimscheibe mit verdünntem Eiklar über
schichtet wird. Unter diesen Umständen kann dann der Embryo bis
maximal zum 19. Tag am Leben erhalten werden.
Ein auffallender Befund bei der schalenlosen Kultivierung ist
die Auftrennung des Dotters in 2 Phasen unterschiedlicher Kon
sistenz (vgl. S. 1), wobei die flüssige Phase im ersten Abschnitt
der Embryogenese bis zum 4. Tage zunimmt und dann wieder abfällt
(Fig. 3), ähnlich dem Verlauf beim schalenhaltigen Ei.
Das aufgezeigte System erlaubt eine gezielte und wiederholte
Applikation an von z. B. toxischen Stoffen in die verschiedenen
Eikkompartimente z. B. Amnionhöhle, Allantois, Dottersack, Eiklar,
Embryo. Ebenso können aus diesen Kompartimenten gezielt und wieder
holt Proben für biologisch-medizinische Untersuchungen entnommen
werden. Wird die Membran hierbei erneut perforiert, so kann sie
problemlos erneuert werden.
Das System erlaubt außerdem eine konstante Beobachtung und Regi
strierung der Motilität.
Schließlich ist das System hervorragend geeignet zur Kulti
vierung von Bakterien, Viren und Pilzen.
- a) Wie oben ausgeführt, ist bei der von uns praktizierten Methode eine Kultivierung vom Beginn der Inkubation an möglich. Damit ist die Phase der Organogenese in der Kultur mit einbezogen. Da mutagene und teratogene Substanzen vor allem in dieser Phase zur Auswirkung kommen, ist der kultivierte Embryo zur Überprü fung derartiger Substanzen hervorragend geeignet.
- b) Die Kultivierung erfolgt zusammen mit den übrigen Eikomparti menten (Dotter, Eiklar). Für die Wirksamkeit embryotoxischer Substanzen dürfte die gezielte Applikation in diese Komparti mente von ausschlaggebender Bedeutung sein. Dies läßt sich am kultivierten Ei besonders einfach und erforderlichenfalls in wiederholter Folge durchführen. Umgekehrt können dem System (Dotter, Eiklar, Amnion, Allantois) gezielt und wiederholt Proben entnommen werden. Damit sind ideale Voraussetzungen gegeben, die Bedingungen, die bei der Entfaltung embryotoxischer Substanzen eine Rolle spielen, zu studieren.
- c) Der kultivierte Embryo stellt ein komplexes System dar, das über mehr oder weniger ausgeprägte Nerven- und Kreislauffunktionen verfügt, ein differenziertes Zellsystem für spezifische Aufga ben aufbaut und schließlich auch die Möglichkeit besitzt, toxische Substanzen über die Allantiosflüssigkeit auszuscheiden. Insgesamt stellt damit der kultivierte Embryo ein bei weitem aussagekräftigeres System als die Zellkulturen dar.
- d) Das Modell des kultivierten Embryos erlaubt Einsparungen von Tierversuchen in größerem Umfange. Dies ist vor allem dadurch bedingt, daß Proben von einem und demselben Embryo wiederholt gewonnen werden können, der Embryo über einen relativ langen Zeitraum am Leben erhalten werden kann und schließlich Methoden zur kontinuierlichen Messung von verschiedenen Parametern ein gesetzt werden können.
- Literatur:
Luepke. M. P. 1982; embryo toxicity testing of cosmetic ingredients by H. E. T.; Reprints 12. Int. Congress IF. SC. C. Paris.
Claims (4)
1. Verfahren zur Kultivierung des Geflügelembryos zum Nachweis
z. B. der Toxizität von Substanzen,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Embryogenese vom Nullten Tag der Bebrutung nach
Entfernen der Eischale uns der Eimenbranen induziert wird,
wobei das befruchtete Ei in einen temperierten Behälter
gefüllt wird, der durch eine Wasserdampf durchlässige Membran
abgeschlossen ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Membran nach Ausbildung der Herzaktivität und der
Blutgefäße perforiert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1,
daß die Membran aus Zellophan besteht.
4. Verfahren nach Anspruch 1,
daß die Membran eine Wasserdampfdurchlässigkeitsrate
aufweist, die der gesamten Oberfläche der Eischale
entspricht.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19853530336 DE3530336A1 (de) | 1985-08-24 | 1985-08-24 | Verfahren zur kultivierung des gefluegelembryos |
Applications Claiming Priority (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19853530336 DE3530336A1 (de) | 1985-08-24 | 1985-08-24 | Verfahren zur kultivierung des gefluegelembryos |
Publications (1)
Publication Number | Publication Date |
---|---|
DE3530336A1 true DE3530336A1 (de) | 1987-02-26 |
Family
ID=6279303
Family Applications (1)
Application Number | Title | Priority Date | Filing Date |
---|---|---|---|
DE19853530336 Withdrawn DE3530336A1 (de) | 1985-08-24 | 1985-08-24 | Verfahren zur kultivierung des gefluegelembryos |
Country Status (1)
Country | Link |
---|---|
DE (1) | DE3530336A1 (de) |
Cited By (4)
Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
---|---|---|---|---|
WO1993001272A2 (en) * | 1991-07-06 | 1993-01-21 | University Of Leicester | Bioassay method |
EP1344452A1 (de) | 2002-03-14 | 2003-09-17 | Namaxx Genomics Gmbh | Verfahren und Vorrichtung zur Retortenaufzucht von Geflügelembryonen |
DE102016114085A1 (de) | 2016-07-29 | 2018-02-01 | Systamatec GmbH | Vorrichtung zur automatisierten Toxizitätsprüfung von Substanzen an einer Gesamtheit von befruchteten Geflügeleiern und Verfahren |
WO2023213272A1 (en) * | 2022-05-04 | 2023-11-09 | The University Of Chicago | Methods and compositions for improving fertility |
-
1985
- 1985-08-24 DE DE19853530336 patent/DE3530336A1/de not_active Withdrawn
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Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
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WO1993001272A2 (en) * | 1991-07-06 | 1993-01-21 | University Of Leicester | Bioassay method |
WO1993001272A3 (en) * | 1991-07-06 | 1993-03-18 | Univ Leicester | Bioassay method |
EP1344452A1 (de) | 2002-03-14 | 2003-09-17 | Namaxx Genomics Gmbh | Verfahren und Vorrichtung zur Retortenaufzucht von Geflügelembryonen |
DE102016114085A1 (de) | 2016-07-29 | 2018-02-01 | Systamatec GmbH | Vorrichtung zur automatisierten Toxizitätsprüfung von Substanzen an einer Gesamtheit von befruchteten Geflügeleiern und Verfahren |
DE102016114085B4 (de) | 2016-07-29 | 2023-09-07 | Systamatec GmbH | Vorrichtung zur automatisierten Toxizitätsprüfung von Substanzen an einer Gesamtheit von befruchteten Geflügeleiern und Verfahren |
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