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Wellendichtung
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Zum Abdichten sich gegeneinander drehender Teile werden Dichtungen
verwendet. Diese Dichtungen wirken im allgemeinen zwischen einem feststehenden Gehäuse
und einer drehbar gelagerten, aus dem Gehäuse herausragenden Welle. Spindeln in
allen bekannten Formen und für die unterschiedlichen Anwendungen können nur störungsfrei
arbeiten und hohe Gebrauchsdauern erreichen, wenn sie durch wirksame Dichtungen
während der gesamten Betriebszeit geschützt werden, so daß das Eindringen von Schmutz
und Flüssigkeit und in vielen Anwendungsfällen auch das Austreten von Schmierstoffen
verhindert wird.
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Es gibt eine Vielzahl von berührenden und berührungsfreien Wellendichtungen,
die sehr genau in den Standard-Handbüchern für den Maschinen-und Apparatebau und
in den Herstellerdruckschriften beschrieben sind.
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Berührende Dichtungen, bei denen die Dichtlippen mit einem definierten
~ Anlagedruck auf den drehenden Maschinenteilen schleifen, dichten in der Regel
sicher gegen eindringende Fremdstoffe ab, sie sind jedoch bei hohen Drehzahlen,
bedingt durch den schleifenden Kontakt und die dabei erzeugte Reibungswärme, nur
beschrånkt einzusetzen, da sieffientwder durch die Reibung und Wärme zerstört werden
und /oder diese Temperaturerhöhung die benachbarten Bauteile, im Regelfall die Lagerung,
bzw. das gesamte System nachteilig beeinflussen.
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Die Gebrauchsdauer der Lagerungen und der Schmierstoffe werden bei
erhöhter Betriebstemperatur erheblich reduziert. Die zulässige maximale Umfangsgeschwindigkeit
der berührenden Dichtungen unterschiedlicher Ausführung ist begrenzt und hängt ab
von der Bauform, den Umgebungsbedingungen sowie von den Werkstoffen der Dichtung.
Erheblichen Einfluß haben auch die Schmierung und die Beschaffenheit der Gegenlauff'ä~he
zur Dichtlippe.
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Die obere Einsatzgrenze für die Berührungsdichtungen liegt bei einer
Umfangsgeschwindigkeit von 30 mis. Werden die von den Herstellern vorgeschriebenen
Einbaumaße eingehalten, so treten Temperaturen an den Laufflächen auf, die zu einer
Erwärmung und damit verbundenen Maßänderung im Lager- und Spindel system führen,
die die Genauigkeit und Funktion der Maschine wesentlich beeinträchtigen.
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Berührungsfreie Dichtungen mit einem sehr engen.glatten radialen oder
axialen Spalt oder mit einem Labyrinthspalt, die bislang in schnelidrehenden Spindeln
eingesetzt sind, werden nicht in allen Anwendungsfällen ihrer Aufgabe gerecht.
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Allgemein wird zusätzlich vor die berührungsfreie Dichtung eine mit
der Welle rotierende Schildscheibe gesetzt, die das direkte Auftreffen von Verunreinigungen
und Flüssigkeiten auf den Dichtspalt verhindert und Schmutz und Flüssigkeit wieder
abschleudert. Die Wirksamkeit der Dichtung, die bestimmt wird von der Länge des
Dichtspaltes oder der Anzahl der Labyrinthe, ist mit dem häufig nur geringen zur
Verfügung stehenden Einbauraum oft sehr begrenzt Um eine steife Spindel zu bekommen,
muß der Abstand zwischen dem äußeren Kraftangriffspunkt am Spindelwellenende und
der Lagerstelle so kurz wie nur möglich sein.
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Um r:ährend des Schleifvorganges das Eindringen von Kühlmittel und
Schmutz zu verhindern, kann auch ein Sperrmedium z.B. Druckluft eingesetzt werden
und die Dichtwirkung verstärken. tVird aber beim Abschalten der Spindel die Sperrluft
oder der mit Druckluft zugeführte Ölnebel abgeschaltet, so kann Tropfwasser aus
dem Arbeitsraum durch den Dichtspalt bzw. Labyrinth ins Spindelinnere gelangen.
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Ebenso ist das Eindringen von Kühlmittel möglich, wenn bei geringen
Drehzahlen die Schleuderwirkung der Schildscheibe nicht mehr vorhanden ist und die
Sperrluft ausfällt.
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Vor allem bei den modernen Hochleistungszerspanungstechnologien im
Maschinen- und Apparatebau, ebenso wie bei der Holz-, Stein- und Substratbearbeitung
für die Elektronikindustrie, müssen sehr große Kühlmittelmengen an die Werkzeugeingriffszone
gebracht werden, um die Zerspanungswärme und die Späne abzuführen.
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Die deutlich größere Kühlmittelmenge, die sehr häufig unter hohem
Druck zugeführt werden muß, erfordert eine verbesserte Abdichtung der Arbeits- und
Werkstückspindeln gegen eindringende Flüssigkeit und Schmutz.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Arbeits- und Werkstückspindeln
während des Arbeitsprogrammes und während der Stillstandsphasen gegen Eindringen
von Kühlflüssigkeit abzudichten.
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Es ist also eine Wellendichtung notwendig, die bei Stillstand und
sehr niedrigen Drehzahlen der Welle diese hermetisch nach außen abdichtet und die
bei mittleren bis zu den höchsten Drehzahlen wie eine berührungslose Dichtung wirkt.
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Die Aufgabenstellung wird gelöst durch Verwendung einer elastischen
und berührenden Wellendichtung bekannter Bauart, die auf dem rotierenden Teil des
Spindelsystems montiert ist und deren Anlagedruck an die Dichtfläche mit zunehmender
Umfangsgeschwindigkeit, da die dabei wirksam werdenden Fliehkräfte an der Dichtlippe
den Anlagedruck mehr und mehr aufheben, abnimmt und schließlich ganz aufgehoben
wird. Um das Abheben der Dichtlippe von der Dichtfläche zu unterstützen und bereits
bei wesentlich niedrigerer Umfangsgeschwindigkeit zu bewirken, wird erfindungsgemäß
Druckluft über eine Vielzahl von Düsenbohrungen, die in geeigneter Weise über die
Dichtfläche verteilt angebracht sind, zwischen die Wirkungsfläche der elastischen
Dichtlippe und die Dichtfläche geblasen. Unter Dichtfläche im Sinne der vorliegenden
Erfindung ist die von der Wirkungsfläche der Dichtlippe
überdeckte
Anlagefläche am nicht rotierenden Maschinenteil zu verstehen.
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Die Düsenbohrungen sind somit von der Wirkungsfläche der Dichtlippe
überdeckt.
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Das somit derzeugte Luftpolster läßt in idealer Weise den Abhebezeitpunkt
regeln. So wird bei langsamen und schnellen Drehzahlen eine wirkungsvolle Abdichtung
erreicht, die die Eigenschaften der Spindel nicht nachteilig beeinflußt. Die abgeschaltete
Spindel ist so, mit und ohne Druckluftbeaufschlagung, sicher vor eindringendem Schmutz
und Flüssigkeit geschützt.
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Der beispielhafte Aufbau einer erfinungsgemäßen Dichtung ist in der
Abbildung dargestellt.
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Figur 1 - Querschnitt durch das Dichtungs/-Lagersystem einer Spindel
mit einer elastischen Axialwellendichtung In FIG. 1 ist der Axialwellendichtring
1 in der Schildscheibe 2 befestigt, mit der die Lager 4 und 5 auf der Welle 3 fixiert
werden. Die Gegenlaufscheibe 6 ist an ihrer Dichtfläche 12 mit vielen kleinen Bohrungen
8 versehen, deren Teilkreis auf dem Lippendurchmesser des Axialwellendichtringes
1 liegt und die durch den Druckluftanschluß 10 mit Luft versorgt werden Die zweite
Möglichkeit der Druckluftzufuhr ist ein schmaler Spalt kurz unter der Anlagefläche
der Lippe, was ebenfalls ein Abheben der Lippe bewirkt.
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Als dritte öglichkeit wird die Gegenlaufscheibe 6 aus porösem Sintermaterial,
also luftdurchlässigem Material, ausgeführt.
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Die Dichtlippe 11 stützt sich an der Dichtfläche 12 ab. Mit steigender
Drehzahl der mit' der Welle 3 über-die Schildscheibe 2 fest verbundenen Wellendichtung
1 nehmen die Fliehkräfte an der Dichtlippe 11 zu und versuchen die schräg an die
Dichtlippe 12 angestellte Dichtlippe 11 radial nach außen auszurichten.
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Dabei nimmt der Anlagedruck der Dichtlippe 11 an die Dichtfläche 12
bis auf den Wert O ab, bis schließlich die Dichtlippe 11 von der Dichtfläche 12
abhebt. Um den Abhebevorgang der Dichtung zu unterstützen, wird Druckluft verwendet,
die an der die Wirkungsfläche darstellende Kontaktfläche zwischen der Dichtung 1
und der Dichtfläche 12 ein Luftpolster aufbaut und der Anlagekraft der Dichtlippe
11 entgegenwirkt. Die Abhebedrehzahl der Dichtlippe 11 von der Dichtfläche 12 kann
somit auf niedrigere Drehzahlen vorverlegt werden und ebenso kann die Reibung im
Obergangsbereich minimiert werden. So wird bei schnellen und langsamen Drehzahlen
eine wirkungsvolle Abdichtung erreicht. Ebenso ist die stehende Spindel, mit und
ohne Druckbeaufschlagung, vor eindringendem Tropfwasser geschützt.
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Die Labyrinthe innerhalb der schleifenden Abdichtung haben die Aufgabe,
einen größtmöglichen Widerstand gegen Eindringen von Druckluft in das Spindelinnere
zu gewährleisten, damit ein Austreiben des Grundöls aus dem Fett der Lager nicht
stattfindet und die nach außen strömende Luft einen genügenden Schutz gegen eindringende
feste Partikel bietet und dadurch die Dichtlippe vor Verschleiß geschützt wird.
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Die Erfindung läßt sich sinngemäß auch bei Radialwellendichtungen
anwenden, wenn die Radialwellendichtung im rotierenden Teil befestigt ist und die
Druckluft durch einen Ring mit einer Vielzahl von Düsenbohrungen zwischen die Kontaktflächen
der einen oder mehreren Dichtlippen und der nichtrotierenden zylindrischen Anlagefläche
zugeführt wird und somit Druckpolster erzeugt, die den Abhebezeitpunkt steuern läßt.
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Für alle Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung ist wichtig,
daß die Düsenbohrungen von der Wirkungsfläche des Wellendichtringes überdeckt werden,
da nur auf diese Weise gewährleistet ist, daß bei der Beaufschlagung mit Druckmedium
ein gleichmäßiges Abheben eintritt.
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Die Angabe "eine Vielzahl von Düsenbohrungen" beziehungsweise "ein
Kranz von Düsenbohrungen" bedeutet im Sinne der vorliegenden Erfindung eine derart
große Anzahl von vorzugsweise gleichmäßig verteilten Düsenbohrungen, daß bei der
Beaufschlagung mit Druckmedium ein gleichmäßiges Abheben der Wirkungsfläche des
Wellendichtringes über die gesamte Dichtfläche eintritt.
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Jeder Fachmann ist aufgrund dieser Hinweise in der Lage, eine geeignete
Anzahl von Düsenbohrungen festzulegen.
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