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Vierradantrieb für Kraftfahrzeuge
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Bisher weist ein grosser Teil der vierradangetriebenen Kraftfahrzeuge
einen starren l/l-Antrieb der Vorder- und Hinterachse, zumeist mit der Möglichkeit
des Zu- und Abschaltens des Vorderantriebs auf. Beim zugeschalteten Vorderradantrieb
kann bei einer Vollbremsung wegen der Entlastung der Hinterräder und der starren
Verbindung zwischen Vorder- und Hinterachse Blockieren sämtlicher Räder auftreten.
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Zur Vermeidung dieses Nachteils sind bereits Vierradantriebe vorgeschlagen
worden, bei denen entweder der Vorder- oder Hinterradantrieb über einen Freilauf
mit dem Schaltgetriebe verbunden ist und die Achsübersetzungen unterschiedlich ausgebildet
sind, so dass der Vierradantrieb erst bei entsprechendem Schlupf der direkt mit
dem Schaltgetriebe verbundenen Achse zur Wirkung kommt. Dabei besteht jedoch, abgesehen
von dem Nachteil, dass die Antriebskraft nicht in gleicher Uebersetzung auf sämtliche
Räder übertragen wird, beim Bremsen ebenfalls das problem, dass bei einer Gefahrbremsung
zuerst die Räder der über den Freilauf angetriebenen Achse blockieren und dadurch
bei schlechter Fahrbahn auch die Räder der direkt vom Schaltgetriebe angetriebenen
Achse blockiert werden.
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Bei Anordnung eines zusätzlichen Differentials zwischen Vorder- und
Hinterachse, welches auch als Differential mit unterschiedlicher Drehmoment-Aufteilung
ausgebildet sein kann, ist ein Ausschalten des Vorder- und Hinterradantriebs nicht
möglich, so dass beim Bremsen auch hierbei die antriebsseitig hergestellte Verbindung
zwischen Vorder- und Hinterachse eine der Achslastverteilung angepasste Bremskraftverteilung
verhindert.
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Diese Nachteile zu beseitigen, hat sich die Erfindung zur Aufgabe
gesetzt. Es soll ein Antrieb geschaffen werden, welcher sowohl bei trockener Fahrbahn
als auch bei schlechten Strassen- oder Geländeverhältnissen das Lenk- und Bremsverhalten
nicht beeinträchtigt.
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Diese Aufgabe wird durch die in den kennzeichnenden Teilen der Patentansprüche
1 und 2 angegebenen, einander nebengeordneten Erfindungen gelöst. In einer Weiterbildung
des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 erfolgt das Lösen der zwischen Vorder- und
Hinterradantrieb angeordneten Kupplung durch den Bremsbetätigungsdruck.
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In einer Weiterbildung des Gegenstandes des Patentanspruches 2 ist
die zwischen Vorder- und Hinterradantrieb angeordnete Kupplung als Reibungskupplung
ausgebildet, deren mit Reibbelag ausgerüstetes Kupplungsteil mit dem Hinterradantrieb
verbunden ist und deren mit den Vorderrädern verbundenes Kupplulgstcil mindestens
einen in Umfangsrichtung schwenkbar angeordneten, eine Gegenreibfläche bildenden
Ring aufweist, welcher auf seiner der Reibfläche gegenüberliegenden Rückseite über
Schrägflächen und Rollglieder mit in gleicher Richtung verlaufenden Schrägflächen
der Kupplungsglocke derart in Verbindung steht, dass die Masse des mit Schrägflächen
ausgerüsteten Ringes bei einer Winkelbeschleunigung eine axial wirkende, die Kupplung
schliessende Kraft erzeugt, wobei ein reibungsselbstverstärkter Reibungskraftschluss
entsteht.
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In einer noch weitercn Ausbildung der Erfindung kann das automatische
Oeffnen und Schliessen der Kupplung durch eine manuell betätigte Tellerfeder ausgeschaltet
werden.
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In einer noch weiteren Ausbildung der Erfindung wird bei einem Kraftfahrzeug,
bei welchem der Antrieb nach dem Schaltgetriebe über ein Differential in die Räder
einer Achse gleitet und jede Differentialabtriebsseite über einen Kegeitrieb mit
je einer mit einer automatisch ein- und ausschaltenden Kupplung ausgerüsteten Abtriebswelle
verbunden, welche je ein Rad der zweiten Achse antreibt.
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In den Zeichnungen sind Ausführungsbeispiele der Erfindung dargestellt.
In Fig. 1 ist schematisch das Triebwerk eines mit Vierradantrieb ausgerüsteten Kraftfahrzeugs
dargestellt, in Fig. 2 eine an das Schaltgetriebe angeflanschte Kupplung, in Fig.
3 ein Längsschnitt durch eine sowohl automatisch als auch manuell betätigte, ebenfalls
an das Schaltgetriebe angeflanschte Kupplung, deren wesentliche, die automatische
Schaltung vornehmenden Teile in einem Zylinderschnitt in Fig. 4 veranschaulicht
sind. Schliesslich ist in Fig. 5 die Unteransicht eines Kraftwagens wiedergegeben,
bei dem der Antrieb auf die llinterräder über je eine Abtriebsseite des Differentials
des Vorderradantriebs erfolgt und in jedem Antriebsstrang eine automatisch arbeitende
Kupplung angebracht ist.
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In Fig. 1 sind mit 1, 2, 3 und 4 die Räder des Kraftwagens gekennzeichnet.
Der Motor 5 mit der Anfahrkupplung 6 und dem Schaltgetriebe 7 treibt über das Kegelradpaar
8,das Differential '9, die Vorderräder 1 und 2 über die Gelenkwellen 10 und 11 an.
Auf der Abtriebswelle des Schaltgetriebes 7 sitzt am Ausgang des Gehäuses die Kupplung
12, welche in Fig. 2 vergrössert, jedoch auch schematisch wiedergegeben ist. Von
dort erfolgt der Antrieb über die Gelenkwelle 13 auf das Kegelradpaar 14 mit Differential
15, Gelenkwellen 16 und 17 auf die flinterräder 3 und 4. Die in Fig. 2 vergrössert
dargestellte
Kupplung sitzt auf der Abtriebswelle 71 des Schaltgetriebes,
mit welcher das am Aussenumfang mit einer Verzahnung ausgerüstete Flanschteil 121
der Kupplung kraftschlüssig verbunden ist. Auf der Verzahnung des Flanschteils ist
axial beweglich die Kupplungsglocke 122 angeordnet. Flanschteil 121 und Kupplungsglocke
122 schliessen die Lamelle 124 ein, welche über eine Verzahnung den Abtriebsflansch
1214 der Kupplung und damit die Gelenkwelle 13 antreibt. Die Kupplung ist normalerweise
durch die Tellerfeder 123 geschlossen und wird beim Bremsen des Fahrzeugs, und zwar
von einem bestimmten Bremsdruck ab, über Drucköl vom Bremszylinder, der durch die
Leitung 129 dem Zylinder 128 zugeführt wird, betätigt.
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Im Zylinder 128 ist der Kolben 1210 mit dem Druckstössel 121l, abgestützt
durch eine Kegeldruckfeder 1212> untergebracht.
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Der Stössel 1211 steht mit dem Hebel 12 der sich auf einem Fortsatz
72 am Schaltgetriebedeckel des Schaltgetriebes 7 abstützt, über das Ausrücklager
126 mit der Tellerfeder 123 in Verbindung. Wird mit dem Fahrzeug eine Gefahrbremsung
durchgeführt, so wird nach Ueberwinden des Federdruckes der Kegelfeder 1212 die
Kupplung gelöst und der hinterradantrieb vom Vorderradantrieb getrennt. Dadurch
ist eine unabhängige Bremsbetätigung ermöglicht.
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Bei der sowohl automatisch, als auch manuell betätigten Kupplung nach
Fig. 3 und 4 ist der Kupplungsflansch 15 auf die Getriebewelle 141 des Schaltgetriebes
14 gesetzt. Er trägt eine Aussenverzahnung, über welche die Kupplungsglocke 16 geschonen
ist. In der Kupplungsglocke ist auf Rollen 17 der Ring 26 gelagert, welcher zusammen
mit dem Kupplungsflansch 15 die mit Reibbelag ausgerüstete Lamelle 28 umschliesst.
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Letztere stellt das mit der Hinterachse verbundene Kupplungsteil dar,
während der Kupplungsflansch mit der Kupplungsglocke und dem Ring das mit den Vorderrädern
verbundene Kupplungsteil
bildet. Die Lamelle 28 ist in der Aussenverzahnung
der Kupplungsnabc 2t3, welche über das Nadellager 22 auf der Getriebewelle 141 gelagert
ist, axial frei aufgehängt.
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Die Kupplungsnabe 29 ist mit dem Flansch des Wellengelenks 24 der
fiinterachsantriebswelle 25 verschraubt.
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Im vorliegenden Fall ist die Kupplung mit einer zusätzlichen manuellen
Betätigung ausgerüstet. Hierzu weist die Kupplung auf der Antriebsseite eine Belleville-Tellerfeder
18 auf, welche an der Supplungsglocke 16 auf zwei Sprengringen 162 und 163 abgestützt
ist. In der Darstellung ist die Kupplung durch den Betätigungszug 21, der die Feder
18 über den auf dem, am Getriebegehäuse befestigten Fortsatz 142 abgestützten Betätigungshebel
2() über das Ausrücklager 19 gespannt hat, geschlosscll. I)er vom fahrer zu betätigende,
nicht mit dargestellte !!handhebel ist mit einer Raste ausgerüstet.
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in automatischer Funktion befindet sich die Tellerfeder 18 der Kupplung
in der unterbrochen gezeichneten, in der über die Planlage hinweggehende Position.
Dabei liegt der Sprengring 16 am Kupplungsflansch 15 an, die Kupplungslamelle 28
läuft mit Spiel um, der Antrieb erfolgt nur über die Vorderräder. Zur Ausübung der
Automatikfunktion weist der Ring 26 auf seiner der Reibfläche gegenüberliegenden
Rückseite Schrägflächen 2611auf, in denen Rollen 23 liegen, welche sich auf Schrägflächen
161 der Kupplungsglocke 16 abstützen. Ring 26 und Kupplungsglocke sind durch Rückzugfedern
27, die den Ring in Ausgangsstellung halten, verbunden. Die Schrägbahnen 161 und
261 sind derart ausgebildet, dass die Rollen 23 am Ende der Schrägbahnen Formschluss
in Umfangsrichtung herstellen.
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Unter der Voraussetzung, dass die Uebersetzung des Hinterradantriebs
grösser/gleich der Uebersetzung des Vorderradantriebs ist, wird bei Vorwärtsfahrt,
also mit Drehung der Kupplung im Uhrzeigersinn, beispielsweise bei einer extremen
Steigungsfahrt und schlüpfriger Fahrbahn, die Lamelle 28 bei durchdrehenden Vorderrädern
vom mit den Vorderrädern in Verbindung stehenden Kupplungsteil mit Winkelbeschleunigung
überholt. Dadurch bleibt der Ring 26 infolge seiner Trägheit gegenüber der Kupplungsglocke
16 zurück, läuft vermittels der Rollen 23 auf den Schrägflächen 161 und 261 auf
und kommt infolge seiner Axialbewegung mit der Lamelle 28 in Reibschluss. Die Reibungskraft
wird entsprechend dem Neigungswinkel der Schrägbahnen bis zur Selbsthemmung verstärkt,
falls der Tangens des gewählten Winkels kleiner als der Reibwert des Belages ist.
Das ganze spielt sich in einem sehr kleinen Zeitraum ab, so dass sofort nach Einsetzen
des Schlupfvorganges an den Vorderrädern das volle Antriebsmoment auf die Hinterräder
übertragen wird. Die Kupplung wird gelöst, sobald der mit den Ilintcrräder in Verbindung
stehende Kupplungsteil den mit den Vorderrädern verbundenen Teil der Kupplung überholt,
d.h. sobald der Kraftschluss der Vorderräder für den Vortrieb ausreicht. Wird aus
dem Zustand des eingeschalteten Antriebs der Hinterräder heraus eine Stoppbremsung
durchgeführt, so wird die Kupplung gelöst, weil beim Uebergang vom Vierradantrieb
in den gebremsten Zustand die Lamelle 28 von der Kupplungsglocke 16 überholt wird
und die Rollen 23 infolge des zu Anfang dieses Vorgangs noch bestehenden Reibschlusses
zwischen Lamelle 28 und Ring 26 in ihrc Ausgangsposition geführt werden. In diescr
Position ist die Lamelle gelüftet.
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Es kann Antriebs-Fahrzustände geben, bei denen der Fahrer unbedingt
verhindern will, dass der Hinterradantrieb unterbrochen wird. Beispielsweise kann
auf völlig vereister Strecke der Fall auftrcten, dass ein Schlupf, auch an den Vorderrädern,
zur Aufrechterhaltung eines Restes an Seitenführung vermieden werden muss. Hierzu
kann die Kupplung mit hilfe eines mit einer Raste ausgerüsteten Handhebels vom Fahrer
geschlossen werden. Nach Ueberwindung des vereisten Strassenabschnittes muss die
Kupplung nach Lösen der Raste durch Zurückführen des Handhebels wieder geöffnet
werden, um das bei automatischer Funktion der Kupplung vom Antrieb unabhängige Lenk-
und Bremsverhalten zu gewährleisten.
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In Fig. 5 ist ein Ausführungsbeispiel wiedergegeben, bei dem sich
der Antrieb hinter dem Differential in zwei mit automatisch arbeitenden Kupplungen
ausgerüstete Stränge zu den Hinterrädern aufteilt.Diese Anordnung weist den fahrtechnischen
Vorteil auf, dass bei einem einseitigen, in den Gleitschlupf übergehenden Vorderrad
nur das Hinterrad der betreffenden Seite zusätzlich angetrieben wird und, abgesehen
davon, dass das gleitende Vorderrad sofort durch das zusätzlich antreibende hinterrad
in seiner Drehzahl reduziert und dadurch selbst wieder in den Zustand eines günstigeren
Kraftschlusses gebracht wird, durch den Antrieb des Hinterrades ein Cegenmoment
wn die fiochachse als Ausgleich zu dem auf der gegenüberliegenden Seite unbeeinträchtigt
gebliebenen Antriebsmoment erzeugt wird, so dass das Fahrzeug nicht zum Schleudern
kommt.
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In Fig. 5 treibt der Motor 31 über die Motorkupplung 32 das Schaltgetriebe
33 an, dessen Abtriebsritzel 34 über das Tellerrad 35 das einzige Differential des
Fahrzeugs 36 in Bewegung setzt.
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Die beiden Differentialabtriebswellen 361 und 362> welche über
die Celenkwellen 37 und 38 die Vorderräder 39 und 40 antreiben, weisen Kegelräder
363 und 364 auf, welche über Kegelritzel 41 und 42 die im Schaltgetriebe 33 untergebrachten
Wellen 43 und 44 antreiben. Diese Wellen sind mit den Kupplungen 45 und 46 verbunden,
deren Lamellen im Augenblick des durchrutwschenden Vorderrades das flinterrad derselben
Antriebsseite antreiben. Der Antrieb der Hinterräder 49 und 50 erfolgt über die
mit Gelenken 47 und 62 bzw. 48 und 63 ausgerüsteten Wellen 51 und 52 auf die in
den Schräglenkern 58 und 59 gelagerten Wellen 64 und 65 über die Kegelradpaare 60
und 61. Die Uebersetzung der Hinterradantriebe ist einige Prozent grösser als die
der Vorderräder. Im vorliegenden Beispiel sind in den Hinterradantrieben die Scheiben
53 und 54 der mechanisch durch einen gemeinsamen Sattel 55 betätigten Feststell-
und Betriebsbremsen und an den Wellengelenkflanschen der Vorderradantriebe die Vorderradscheibenbremsen
46 und 47 angeordnet.
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