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Cytostatisch wirkende Arzneimittel
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Die Erfindung bezieht sich auf antineoplastisch wirkende Arzneimittel.
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Kürzlich wurde ein die Komplexveröindung cis- Diamminodichloroplatin(II)
enthaltendes Arzneimittel als Chemotherapeuticum gegen Krebs in den Handel gebracht.
Diese unter dem International Nonproprietary Name (INN) Cisplatin bekannte Verbindung
hat sich als äußerst potentes Antitumormittel, insbesondere bei der Behandlung von
Hoden- und Eierstocktumoren erwiesen. Nachteilig an Cisplatin ist seine relativ
große Toxizität.
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Besonders gravierend sind seine Nephrotoxizität, sowie seine zu bleibenden
Gehörschäden führende Wirkung. Nieren- und Gehörschäden, werden bereits nach Verabreichung
einer einzigen therapeutischen Dosis mit erheblicher Häufigkeit festgestellt. Neben
der neuro- und haemototoxischen Wirkung sind für die Patienten vor allem noch die
langanhaltende starke Obelkeit und der damit verbundene Brechreiz äußerst unangenehm.
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Es wurden in letzter Zeit zahlreiche andere Platinkomplexe (DE-OS
24 45 418, DE-OS 28 37237, DE-OS 26 26 559, DE-OS 25 39 179) und Komplexverbindungen
anderer Obergangsmetalle als cytostatisch wirkende Mittel vorgeschlagen. In der
DE-OS 28 01 355 werden einem braunen amorphen Komplex, gewonnen durch Reaktion von
Ascorbinsäure mit einer -Titan(III)- und einer Kupfer(II)verbindung (Molverhältnis
36:1:6) kurative und prophylaktische Wirkungen gegen u.a. Leukämie zugeschrieben.
Außerdem wurde von der Verbindung Bis(cyclopentadienyl)-titan(IV)dichlorid <Titanocendichlorid)
berichtet, sie weise bei Verabreichung in Dimethylsulfoxid / Natriumchlorid-Lösung
eine dem Cisplatin vergleichbare Antitumorwirkung auf, ohne dessen Toxizität zu
erreichen (H.Köpf, P.Köpf-Maier, Angew. Chem.Intern.Ed.18(1979), 477-478). Es ist
bekannt, daß Titan in den Leukozyten von Patienten mit Leukämie und Morbus Hodgkin
enthalten ist (J.P.McCue, Biochem.
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Med.7(1973),282) und daß es möglich ist, Komplexe von Titan(IV) mit
der antineoplastischen Verbindung Procarbazin herzustellen [J.P.McCue, J.H.Kennedy,
J.Electrochem.Soc.122(1975),221l.
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Oberraschend wurde nun gefunden, daß die Titankomplexverbindungen
Difluoro- und Dibromobis(1 -phenyl-1 ,3-butandionato)titan(tV) eine dem Cisplatin
vergleichbare cytostatische Wirkung aufweisen, aber weitaus ungiftiger als dieses
sind. Dieser bedeutsame Vorteil gegenüber Cisplatin läßt sich durch vergleichende
Untersuchungen an den gängigen Tumormodellen belegen. Beispielsweise wurde in einem
weiter unten beschriebenen Vergleichsversuch am Sarkom 180-Tumonnodell an Mäusen
für Cisplatin und die genannten Titankomplexvrbindungen eine etwa gleichgroße therapeutische
Dosis ermittelt, d.h. eine Dosis, die zu einer Heilung der Versuchstiere führte:
Bei einer Dosis von etwa 8 bis 10 mg/kg Cisplatin bzw. der Titankomplexverbindungen
wurden die Tumormäuse geheilt. Bei Erhöhung der Dosis von Cisplatin auf etwa 16
mg/kg zeigen sich bereits toxische Wirkungen, während bei den obigen Titankomplexverbindungen
eine toxische Wirkung erst ab einer Dosis von etwa 160 mg/kg beobachtet wird. Bei
vergleichbarer Wirkung besitzen demnach die obigen Titankomplexverbindungen im Vergleich
zu Cisplatin eine bedeutend größere therapeutische Breite.
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Difluoro- und Dibromobis(1-phenyl-l ,3-butandi-onato)titan(IV) eignen
sich daher als Chemotherapeutica zur Behandlung von Krebskrankheiten.
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Gegenstand der Erfindung sind daher Arzneimittel enthaltend Difluoro-und/oder
Dibromobis(l-phenyl-l,3-butandionato)titan(I-V), insbesondere zur Bekämpfung von
Krebskrankheiten.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung von Difluoroundloder
Dibromobis(1'-phenyl-1 ,3-butandionato)titan(IV) zur Herstellung von Arzneimitteln,
insbesondere von solchen gegen Krebskrankheiten, auf nichtchemischem Weg.
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Die erfindungsgemäßen Arzneimittel werden vor allem intravenös, aber
auch intramuskulär, intraperitoneal-, subkutan oder peroral verabreicht.
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Auch eine äußerlich Applikation ist möglich. Bevorzugt ist die Verabreichung
durch intravenöse Injektion oder intravenöse Infusion.
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Die Arzneimittel werden nach an sich bekannten Verfahren hergestellt,
wobei die Titanverbindungen als solche oder gegebenenfalls in Kombination mit geeigneten
pharmazeutischen Trägerstoffen eingesetzt werden.
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Enthalten die neuen pharmazeutischen Zubereitungen neben dem Wirkstoff
pharmazeutische Trägerstoffe, beträgt der Wirkstoffgehalt dieser Mischungen 0,1
bis 99,5, vorzugsweise 0,5 bis 95 Gewichtsprozent der Gesamtmischung.
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In Obereinstimmung mit der Erfindung werden die Wirkstoffe in jeder
geeigneten Formulierung angewandt unter der Voraussetzung, daß die, Ausbildung bzw.
Aufrechterhaltung von ausreichenden Wirkstoffspiegeln gewährleistet ist. Das kann
beispielsweise durch orale oder parenterale Gabe in geeigneten Dosen erreicht werden.
Vorteilhafterweise iiegt die pharmazeutische Zubereitung der Wirkstoffe in Form
von Einheitsdosen vor1 die auf die gewünschte Verabreichung abgestimmt sind. Eine
Einheitsdosis kann zum Beispiel eine Tablette, ein Dragee, eine Kapsel, ein Suppositorium
oder eine gemessene Volumenmenge'eines Pulvers, eines Granulates, einer Lösung,
einer Emulsion oder einer Suspension sein.
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Unter " Einheitsdosis' im Sinne der vorliegenden Erfindung wird eine
physikalisch bestimmte Einheit, die eine individuelle Menge des aktiven Bestandteils
in Kombination mit einem pharmazeutischen Trägerstoff enthält, verstanden, deren
Wirkstoffgehalt' einem Bruchteil oder einem Vielfachen einer therapeutischen Einzeldosis
entspricht. Eine' Einzeldosis enthält vorzugsweise die Menge Wirkstoff, die bei
einer Applikation verabreicht wird und die gewöhnlich einer ganzen, einer halben,
einer drittel oder einer viertel Tagesdosis entspricht. Wenn für eine einzelne therapeutische
Verabreichung nur ein Bruchteil, wie"die Hälfte oder ein Viertel, der Einheitsdosis
benötigt wird, ist die Einheitsdosis vorteilhafterweise teilbar, z.B. in Form einer
Tablette mit Bruchkerbe.
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Die pharmazeutischen Zubereitungen gemäß der Erfindung können, wenn
sie in Einheitsdosen vorliegen und für die Applikation z.B. am Menschen bestimmt
sind, etwa 0,1 bis 500 mg, vorteilhafterweise 10 bis 200 mg
und
insbesondere 50 bis 150 mg Wirkstoff enthalten.
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Im allgemeinen erweist es sich in der Humanmedizin als vorteilhaft,
den oder die Wirkstoffe bei parenteraler Gabe in einer Tagesdosis von etwa 0,1 bis
etwa 5, vorzugsweise 1 bis 3 mg/kg Korpergewicht, gegebenenfalls in Form mehrerer,
vorzugsweise 1 bis 3 Einzelgaben zur Erzielung der gewünschten Ergebnisse zu verabreichen.
Eine Einzelgabe enthält den oder die Wirkstoffe in Mengen von etwa 0,1 bis etwa
5, vorzugsweise 1 bis 3 mgjkg Körpergewicht. Bei einer oralen Behandlung können
ähnliche Dosierungen zur Anwendung kommen.
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Die therapeutische Verabreichung der pharmazeutischen Zubereitung
kann 1 bis 4 mal am Tage zu festgelegten oder variierenden Zeitpunkten erfolgen,
z.B. jeweils nach den Mahlzeiten und/oder am Abend.
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Es kann jedoch erforderlich sein, von den genannten Dosierungen abzuweichen,
und zwar in Abhängigkeit von der Art, dem Körpergewicht und dem Alter des zu behandelnden
Individuums, der Art und der Schwere der Erkrankung, der Art der Zubereitung und
der Applikation des Arzneimittels sowie dem Zeitraum bzw. Intervall, innerhalb welchem
die Verabreichung erfolgt. So kann es in einigen Fällen ausreichend sein, mit weniger
als der oben genannten Menge Wirkstoff auszukommen, während in anderen Fällen die
oben angeführte Wirkstoffmenge überschritten werden muß. Es kann sich auch als zweckmäßig
erweisen, das Arzneimittel nur einmalig oder im Abstand von-mehreren Tagen zu verbreichen.
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Die Festlegung der jeweils erforderlichen optimalen Dosierung und
Applikationsart der Wirkstoffe kann durch jeden Fachmann aufgrund seines Fachwissens
leicht erfolgen.
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Die pharmazeutischen Zubereitungen bestehen in der Regel aus den Titankompl
exverbi ndungen und nichttoxischen, pharmazeutisch verträglichen Arzneimittelträgern,
die als Zumischung oder Verdünnungsmittel in fester, halbfester oder flüssiger Form
oder als Umhüllungsmittel, beispielsweise in Form einer Kapsel, eines Tablettenüberzugs,
eines Beutels oder'eines anderen Behältnisses, für den therapeutisch aktiven Bestandteil
in Anwendung kommen. Ein Trägerstoff kann z.B. als Vermittler für die Arzneimittelaufnahme
durch den Körper, als Formu-
lierungshilfsmittel, als Süßungsmittel,
als Geschmackskorrigeni, als Farbstoff oder als. Konservierungsmittel dienen.
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Zur. oralen Anwendung können z.B. Tabletten, Dragees, harte und weiche
Kapseln, z.B. aus Gelatine, dispergierbare Pulver, Granulate, wäßrige und ölige
Suspensionen, Emulsionen, Lösungen oder Sirupe kommen.
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Tabletten können inerte Verdünnungsmittel, z.B. Calciumcarbonat, Calciumphosphat,
Natriumphosphat oder Lactose; Granulierungs- und Verteilungsmittel, z.B. Maisstärke
oder Alginate; Bindemittel, z.B.
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Stärke, Gelatine oder Akaziengummi; und Gleitmittel, z.B. Aluminium-oder
Magnesiumstearat, Talkum oder Silikonöl, enthalten. Sie können zusätzlich mit einem
Oberzug versehen sein, der auch so beschaffen sein kann, daß er eine verzögerte
Auflösung und Resorption des Arzneimittels im Gastrointestinaltrakt bewirkt, so
daß z; B. eine bessere Verträglichkeit, Prothrahierung oder eine Retardierung erreicht
wird.
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Gelatinekapseln können den Arzneistoff vermischt mit einem festen,
z.B. Calciumcarbonat oder Kaolin, oder einem öligen,' z.B. Oliven-, Erdnuß- oder
Paraffinöl, Verdünnungsmittel enthalten.
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Wäßrige Suspensionen können Suspendiermittel, z.B. Natriumcarboxymethylcellulose,
Methylcellulose, Hydroxypropylcellulose, Natriumalginat, Polyvinylpyrrolidon, Traganthgummi
oder Akaziengummi; Dispergier- und Benetzungsmittel, z.B. Polyoxyethylenstearat,
Heptadecaethylenoxycetanol, Polyoxyethylensorbitolmonooleat oder Lecithin; Konservierungsmittel,
z.B. Methyl- oder Propylhydroxybenzoate; Geschmacksmittel; Süßungsmittel, z.B.Saccharose,
Lactose, Natriumcyclamat, Dextrose, Invertzuckersirup, enthalten.
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Ulige Suspensionen können z.B. Erdnuß-, Oliven-, Sesam-, Kokos- oder
Paraffinöl und Verdickungsmittel, wie z.B. Bienenwachs, Hartparaffin oder Cetylalkohol,
enthalten; ferner Süßungsmittel, Geschmacksmittel und Antioxidantien.
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In Wasser dispergierbare Pulver und Granulate können die Titankomplexverbindungen
in Mischung mit Dispergier-, Benetzungs- und Suspendiermitteln,
z.B.
den oben genannten, sowie Süßungsmitteln, Geschmacksmitteln und Farbstoffen enthalten.
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Emulsionen können z.B. Oliven-, Erdnuß- oder Paraffinöl neben Emulgiermitteln,
wie z.B. Akaziengummi, Traganthgummi, Phosphatiden, Sorbi tanmonooleat, Polyoxyethylensorbitanmonooleat,
und Süßungs-und Geschmacksmitteln enthalten Zur parenteralen Anwendung des Arzneistoffes
dienen steril injizierbare wäßrige-Suspensionen, isetonische Salzlösungen oder sonstige
Lösungen, die Dispergier- oder Benetzungsmittel und/oder pharmakologisch verträgliche
Verdünnungsmittel, z.B. Propylen- oder Butylenglykol, und/oder Lösungsvermittler,
z.B. Tweene, Cremophore oder Polyvinylpyrrolidon, enthalten.
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Der Wirkstoff kann gegebenenfalls mit einem oder mehreren der angegebenen
Träger- oder Zusatzstoffe auch in mikroverkapselter Form formuliert werden.
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Die Herstellung der Titankomplexverbindungen erfolgt nach -bekannen
Methoden durch Umsetzung von Titantetrafluorid bzw. -bromid mit Benzoylaceton unter
sorgfältigem Feuchtigkeitsausschluß in inerten Lösungsmitteln, wie beispielsweise
Benzol, Methylenchlorid oder Chloroform [N.Serpone und R.C.Fay, Inorg.Chem. 6, 1835
(l967)].
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Herstellung von Dibromobis(1-phenyl-1 ,3-butandionato)titan(IV), TiBr
(bzac) [bzac = C6H5-C(O)CHC(O)-CH3] 7,0 g (0,019 Mol) Titantetrabromid, gelöst in
40 ml trockenem Benzol, werden zu 8,0 g (0,050 Mol) Benzoylaceton, gelöst in 100
mol trockenem' Benzol, gegeben. Das Reaktionsgemisch wird 30 Minuten unter Rückfluß
erhitzt, wobei ein trockener Stickstoffstrom durch die Lösung geleitet wird. Nach
Abdestillieren von etwa 40 ml Lösungsmittel wird das bräunlich-rote Produkt gesammelt
und zweimal aus einem Benzol/Hexangemisch umkristallisiert und im Vakuum bei 800C
getrocknet.
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Schmelzpunkt 219 - 222'0C.
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Herstellung von Difluorobis(l'-pheny1-1 ,3-butandionato)titan(IV),
TiF2(bzac)2 17,4 g (0,108 Mol) Benzoylaceton, gelöst in 85 ml- Methylenchlorid,
werden unter Rühren langsam zu einer Suspension von 5,40 g (0,0436 Mol) Titantetrafluorid
in etwa 350 ml Methylenchlorid zugegeben. Durch das Reaktionsgemisch wird unter
Rühren ein langsamer Strom von trockenem Stickstoff geleitet bis die Entwicklung
von Fluorwasserstoff beendet -ist, was etwa 20 Stunden dauert. Die gelb-orange Lösung
wird filtriert, dann unter vermindertem Druck auf ungefähr das halbe Volumen eingeengt.
Beim Abkühlen kristallisiert ein gelbes Produkt aus, das abfiltriert und im Vakuum
getrocknet wird (Ausbeute 11,0 g was 62 % der theoretisch berechneten Menge entspricht).
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Schmelzpunkt: 196 - 198,50C.
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Cytostatische Wirksamkeit von TiBr2(bzac)2 und TiF2(\szac)2 Ca. 6
Wochen alten 18 bis 20 g schweren weiblichen NMRI-Mäusen werddn ca. 106 Sarkom 180-Tumorzellen
intraperitoneal (i-.p.) übertragen, die auf demselben Mäusestamm derselben Lieferung
gezüchtet werden und unmittelbar vor der Transplantation entnommen werden. Beim
Oberimpfen werden die Tiere randomisiert. Pro Dosierung werden 10 Mäuse verwendet.
Als Kontrollsubstänz werden Cisplatin bzw. Cyclophosphamid eingesetzt. Die Anzahl
der Kontrollgruppen (unbehandelte Tiere) wird so ge-
wählt, daß
sie in etwa der Quadratwurzel aus der Gesamtzahl der Gruppen entspricht. Die Substanzen
werden als Mikrosuspensionen in üblichen Lösungsvermittlern, wie beispielsweise
Cremophors (Polyoxyethylenderivate von Sorbitanestern) oder Tweene (Umsetzungsprodukte
von Ethylenoxid mit Fettkörpern), jeweils 24 Stunden nach der Transplantation i.p.'
gespritzt.