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Peptidkomplex mit für Mycobacterium tuberculosis und Hyco-
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bacterium leprae spezifischen Antigerßeterminaten, zur diagnostischen,
prophylaktischen und Therapeutischen Anwendung.
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Es ist bekannt, daß aus Tuberkelbakterien Antigene zu isolieren sind,
die zum Beispiel bei intracutaner Injektion verzögerte Hautreaktionen auslösen,
die zur Diagnostik der Tuberkulose verwendet worden (1). Ebenso ist bekannt, daß
aus leprösem Gewebe Teststoffe für die Diagnostik der Lepra zu gewinnen sind (2).
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Diese Teststoffe werden durch verschiedene Reinigungsverfahren aus
Mycobacterium tuberculosis und Mycobacterium leprae gewomen. Der aus Mycobacterium
tuberculosis gewonnene Teststoff ist ein Gemisch von differenten Proteinen und Polysacchariden.
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Der aus Mycobacterium leprae gewonnene Teststoff enthält zudem noch
Gewebsbestandteile. Beide Teststoffe enthalten eine Vielzahl von Antigene, die sich
in ihrer Wirkung überlagern. Sie besitzen keine Beziebung zur Resistenz des Organismus
gegen Turbenkulose und Lepra. Die Teststoffe lassen als Gemisch verschiedener Substanzen
auch keine genauen quantitativen Aussagen über die Immunitätslage von Patienten
mit Hilfe moderner in vitro-Methoden (zum Beispiel Lymphocytentransformetionstest,
quatitative Bindung von Antigenen an Lymphocyten) zu. Zudem erschweren unspezifische
Reaktionen die Diagnostik.
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Es wurde nun gegunden, daß man diese Machteile vermeiden und die verzögerte
und humorale Immunitätslage dadurch feststellen kann, daß man aus Mycobacterium
teberculosis einem Oligopeptidkomplex isoliert, der gemeinsame Antigendeterminanten
für Mycobacterium tuberculosis und Mycobacterium leprae hat.
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Unter Oligopeptidkomplex ist erfindungsgemäß ein solcher zu verstehen,
der
ein Molekulargewicht von unter 2500 hat.
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Der Oligopeptidkomplex ist bei neutralen pH-Werten stabil gegen hErbitzen
auf 100°C in wäßrigen Lösungen . Es ist auch relativ stabil gegen Erhitzen auf 100°C
in 0,1 normaler Essigsäure, Er läßt sich durch eine UM2-Membran der Firma Amicon
filtrieren. Bei der Phenolextraktion nach Westphal und Mitarbeitern (3) geht der
Oligopeptidkomplex in die Phenolphase über. Der Ologopeptidkomplex wird aus wäßrigen
Lösungen durch Zugabe von Terbium III Chlorid bis zu hohen Verdünnungen gefällt.
Nach der Fällung mit Terbium III Chlorid ist er schwer löslich in wäßrigen Lösungen.
Der Oligopeptidkomplex ist leicht löslich in Wasser, schwer löslich in Alkohol,
Äther und Chloroform.
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Die Isolierung dieses Peptidkomplexes kann zum Beispiel derart vorgenommen
werden, daß man ausMycobacterium teberculosis nach dem von Wilhelm (4) entwickelten
Verhahren ein Ribonucleoprotein darstellt und dieses Ribonucleoprotein einer Hochspannungselektrophorese
(50 V/cm) bei pH 5,7 in 0,1 molarem Eisessig-Pyridin-Puffer unterzieht. Der Peptidkomplex
kann nach Elution, zum Beispiel mit destilliertem Wasser oder 0,1 molerer Essigsäure,
von begleitenden Aminosäure durch Sephadexfiltration gereinigt werden.
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Die Herstellung des erfindungsgemäß zu verwendenden Peptidkomplexes
ist jedoch nicht auf ein bestimmtes Verfahren beschränkt. So kann man den Oligopeptidkomplex
zum Beispile auch erhalten, wenn man ihn aus dem Ribonucleoprotein durch Dünnschichtchromatographie
an I-ieselgel oder anderen Adsorbentien trennt. Es ist auch möglich, Tuberlxelbalsterien
mit Phenol nach Westphel und Mitarbeitern zu extrahieren und die Phenolphase anschließend
über eine UM 2-Membran der Firrna Amicon zu filtrieren oder Filtrationsverfahren
mit Sephadex durchzuführen. Es ist ebenffals mög].ich, den Peptidkomplex dadurch
zu gewinnen, daß man das nach Wilhelm (4) gewonnene Ribonucleoprotein einer Phenolextraktion
nach Westphal und Mitarbeitern unterwirft. Der kleinmolekulare Peptidkomplex kann
nach den bekannten Verfahren der Eiweißchemie auch synthetisch gewonnen werden.
Die Herstellungsverfahren sind selbst nicht Gegenstand der Erfirdung.
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Es war nicht vorauszusehen, daß ein derart charakterisierter
Oligopeptikomplex
spezifische Antigendeterminaten gegen Mycobacterium tuberculosi und Mycobacterium
leprae besitzt. Nit diesem singulären Antigengeligt en sehr gut, quantitative Messungen
der Immunitätslage im verzögerten und humoralen Immunsystem so..
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wohl in vitro als in vivo durchzuführen.
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Es war ebenfalls nicht vorauzzusehen, daß die mit dem Oligopeptidkomplex
im ilauttest ausgelöste verzögerte Reaktion zeitlich früher ihr Maximum erreicht,
als die durch Tuberkulin ausgelöste Reaktion.
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Die Ablesung der Peaktion kann bereits nach 24 Stunden erfolgen gegenüber
48 bis 72 Stunden bei 'l'uberkulin. Das stellt einen erheblichen Fortschritt dar.
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So ist zum Beispiel durch Testung mit dem Oligopeptidkomplex sowohl
in vivo als auch in vitro ein hoher Trenneffekt zwischen BCG-geimpften, tuberkulinpositiven
von tuberkulinpositiven, an Tuberkulose erkrankten Personen zu erreichen.
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Mit Testdosen von 1 ng und 10 ng ist innerhalb von 48 Stunden die
Möglichkeit des Bestehen einer aktiven Tuberkulose beim Kind mit großer Sicherheit
zu erkennen.
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Extrapulmonale Tuberkuloseformen reagieren stärker als pulmonale Tuberkulseformen
und sind dadurch mit dem Oligopeptid sehr gut zu erkennen. Sie weisen bereits rilt
1 ng Peptid nach 24 Stunden eine deutliche Reaktion auf.
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Personen, die an fortgeschrittener tertiärer Lungentuberkulose des
Stadiums ITI erkrankt sind zeigen geringere Reaktionen als der sonen mit tertiärer
Lungentuberkulose im Stadium I und II.
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Gegenüber extrapulmonalen Tuberkulosen und pulmonalen Tuberkulosen
ohne Pleuritis reagieren Personen mit einer tuberkulösen Pleuritis schwächer.
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Insgesamt zeigen die Testungen, daß die durch den Oligopeptidkomplex
ausgelöste Reaktion Beziehung zur spezifischen Resistenz aufweist.
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Im Gegensatz zu gercinigtem Tuberkulin, das eine hohe Basisstimulationsrate
der Lymphocyten bewirkt (), läßt der erfindungsgemäße
Oligopeptidkomplex
eine exakt dosisabhängige Messung der ver zögerten Immunität im Lymphocytentransformationstest
zu. Gegenüber Tuberkulin zeiner Lymphocyten von tuberkulinnegativen Personen hierbei
keine Stimulation.
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Hierdurch sind zum ersten Mal exakte in vitro-Messungen der verzögerten
Immunität bei Tuberkulose und Lepra mäglich. Dieses stellt einen weiteren großen
Fortschritt dar.
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Nach Entfernung des Oligopeptidkoplexes aus den von Wilhelm isolierten
Ribonucleoprotein findet sich keine immunologische wirdsame Komponente im Rückstand
der Auferbeitung. Der Oligopeptidkornplex ist somit der antigene Bestandteil des
Ribonucloproteins.
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Da mit dem von Wilkem isolierten Ribonucleoprotein aus Mycobacterium
tuberculosis eine resistenzsteigernde Wirkung gegen eine Infektion mit virulenten
Mycobacterien tuberculosis nachgewiesen werden konnte(6) und der Oligopeptidkomplex
der antigene Bestandteil des Ribonucleoproteins ist, kann der Peptidkomplex zur
Resistenzsteigerung gegen eine Infektion mit Mycobacteruim tuberculosis eingesetzt
werden. Wegen der gemeinsamen Antigendeterminate mit Mycobacterium leprae kann der
erfindungsgemäße Oligopeptidkomplex für eine Resistenzsteigerung gegen eine Infektion
mit Mycobacterium leprae vorgesehen werdeii.
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Die in den Beispielen angegebenen Teile sind, falls sie nicht ausdrücklich
als Volumenanteile angegeben sind, Gewichtsteile.
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Beispiel 1 Hitzeabgetötete, lyophilisierte Tuberkelbakterien (typus
humanus oder bovinus) werden im Ultra-Turrax und Potterhomogenisator ill 0,2 molarem
Phosphatpuffer pII 7,2 homogenisiert. Das Homogenisat wird bei 10 000 Umdrehungen
fünfzehn Minuten zentrifugiert und der Überstand dreißig Minuten mit Phosphatpuffer
beladener DEAE-Zellulose gerührt. Die DEAE-Zellulose wird drei bis fünf mal mit
0,2 molarem Phosphatpuffer pH 7,2 gewaschen und die Waschlösung jeweils verworfen.
Sodann wird die beladene DEAE-Zellulose in eine Säule gefüllt und mit Phosphatpuffer
gewaschen, bis die Extinktion unter 0,1 abgesunken ist. Danach wird mit 0,1 molarer
Essigsäure pH 3,2 weiter gewaschen, bis die Extinktion unter 0,1 abgesunken
ist.
Dahach wird der Essigsäurelösung 3 % NaCl zugefügt und die mit der NaCl-Front im
Eluat erscheinende Ribenucleoproteinfraktion gesammelt. Nach Dialyse gegen destilliertes
Wasser wird die Ribonucleoproteinfraktion eingeengt und lyophilisiert. Ausbeute
aus 30 g Tuberkelbakterien etwa 30 mg. Das Ribonucleoprotein wird sodann in destilliertem
Wasser gelöst (30 mg in 100 /µg) und auf ein präparatives Elektrophoersepapier,
zum Beispiel Whatmen Nr. I, aufgetragen. Die Elektrophorese erfolgt in 0,1 molarem
Pyridin-Eisessig-Puffer, pH 5,7 mit 50 v/ cm 45 Minuten. Ein Randstreifen wird mit
Amidoschwarz, ein zweiter mit Minhydrin gefärbt. Die scharfe amidoschwarz-und ninhydrigefärbte
Baude wird ausgeschnitten und mit destilliertem Wasser eluiert und anschließend
lyonhilisiert.
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Der so eluierte Peptidkomplex ist in destilliertem Wasser und physiologischen
Salzlösungen sehr gut löslich. Er kann sowohl über Sephadex, UM 2-Membranen und
bakteriendicht Filter ohne Wirkungsverlust filtriert werden.
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Der Peptidkomplex wird bei Meerschweinchen gegen gereinigtes Tuberkulin
standerdisieri. Ein ng entsprechen einer Tuberkulineinheit (gereinigtes Tuberkulin
llöchst).
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Zur Intracutantostung wird der Peptidkomplex in 0,9 % NaCl-Lösung
gelöst. Erhitzen auf 100°C hat keinen Einfluß auf die Wirksamkeit. Der gelöste Peptidkomplex
ist mehrere Monate ohne Wirkungsverlust stabil.
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Die Testung erfolgt mit in Zehnerpotenzen abgestuften Konzentrationen.Es
werden jeweils 0,1 ml strong intracutan injiziert. Die Ablesung erfolgt nach 24,
48 und 72 Stuitiden durch Ausmessung des Infiltrats.
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Bei der Testung mit 1 ng und 10 ng kann die Möglichkeit des Bestehens
einer aktiven Tuberkulose (extrapulmonale und pulmonale Formen) des Kindes mit großer
Sicherheit innerhalb von 48 Stunden erkannt werden. Bereits mit 1 ng ist dies bei
mindestens 75 % der Kinder nach 24 Stunden möglich. Mit 0,1 ng und 1 ng ist die
Möglichkeit des Bestehens einer extrapulmonalen Tuberkulose bei. Kindern und Erwachsenen
innerhalb von 48 Stunden mit großer Sicherheit
erkennbar.
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BCC-geimpfte Kinder bleiben bei Tentung mit 1 ng zu einem großen Prozentsatz
negativ. Es ergibt sich ein hoher Trenneffekt zwischen BCG-geimpften und an Tuberkulose
erkrankten Personen.
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Bereits kleine Infiltrate sind als spezifisch anzusehen. Diese konnte
bei einem Infiltrat von 3 mm Durchmesser, das mit 0,1 ng ausgelöst wurde, histologisch
nachgewiesen werden. Nicht infizierte Personen entwicklen keine Reaktion. Unspezifische
Reaktionen wurden nicht beobachtet.
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Erwachsene mit tertiärer Lungentuberkulose zeigen in fortgeschrittenen
Stadien schwächere Reaktionen gegenüber Patienton in weniger fortgeschrittenen Stadien.
Patienten mit einer tuberkulösen Pleuritis entwickeln schwächere Reakionen als Patienten
mit Lungentuberkulose ohne Pleuritis.
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Die mit dem Oligopeptidkomplex ausgelösten Reaktionene sind in der
Konzuntrationsabhängigkeit und oder Reaktionsstärke nicht identisch mit den durch
gereinigtes Tuberkulin hervorgerufenen Reaktionen.
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Beispiel 2 Messung der Stimulierbarkeit von Lymphocyten im Lymphocytentransformationstest
nach Harztman und Mitatbeitern (7).
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Im Lymphocytentransformationstest b£wirkt das Peptid eine dosisabhängige
Stimulation der Lymphocyten von tuberkulinpositiven, natürlich infizierten Personen
in einem Bcreich von 1 µg bis 10 pg.
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Oligopeptidkornplex pro Kultur. Lymphocyten von tuberkulinnegativen
Personen werden nicht stimuliert. Eine unspezifische Basisstimulation, wie sie durch
gereinigtes Tuberkulin ausgelöst wird (5), ist nicht nachweisbar. Im Gegensatz zu
den Lymphocyten von natürlich infizierten Personen, waren Lymphocyten von BCG-geimpften
Personen nicht meßbar stimulierbar. Lyrnphocyten von Personen mit einer tuberkulösen
Pleuritis waren ebenfalls nicht meßbar stimulierbar.
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Beispiel 3 Serumproben von Leprakranficen, Tuberkulosekranlcen und
auf Tuberkulin
positiv reagierende, gesunde Personen, sowie auf
Tuberkulin negativ reagierende Personen wurden im Mikroouchterlonytest auf humorale
Antikörper untersucht. Bei auf Tuberkulin negativ und positiv reagierenden gesunden
Personen ergaben sich keine Reaktionen.
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Bei an Tuberlwlose erkrankten Personen kam es nur vereinzelt zu Präzipitationsreaktionen.
Diese Seren stammten ausschließlich von Patienten mit fortgeschrittenen tertiären
Lungentuberkulosen. Bei Lepra kranken mit einer lepromatösen Verlaufsform ergaben
sich auffallend starke Präzipitationsrealctionen , während Leprakranke mit einer
tuberkuloiden Verlaufs form nur schwache oder keine Reaktionen aufwiesen.
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Literatur 1. Microbiology, Ed.: Davis, B.D., H. Dulbecco, H.N.
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Fixen, H.S. Ginsberg, B. Wood.
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Mschr. Kinderheilk. 117 (1969) 290-291 7. Hartzman, R.J., Segall,
M., Bach, M.L. and Bach, F.H.: Histocompatibility Matching, Transplantation 11 (1971)
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