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Betreff. Anmeldung zur Erteilung eines Patents für nachstehend beschriebenes
Verfahren.
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Bezeichnung: Behandlung cyanidhaltiger Kreislaufwässer, Abwässer und
Schlämme zur Verbesserung verschiedener Qualitätsmerkmale.
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Die Erfindung betrifft die Entgiftung cyanidhaltiger Wässer, Abwässer
und Schlämme durch Zugabe von Aldehyden, vornehmlich Formaldehyd, unter bestimmten
Reaktions-Bedingungen.
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Es ist bekannt, dass bei einer Vielzahl technischer Prozesse cyanidhaltige
Wässer, Abwässer und Schlämme anfallen. Teils kommen die Cyanidgehalte durch Verwendung
von Cyanidsalzen bei bestimmten Arbeiten, wie z. B. in der Galvano-Technik, zustande,
teils werden sie bei der Produktion technischer Güter als unerwünschte Begleitstoffe
gebildet, wie z. B. beim Hochofenprozess oder beim Verkoken von Kohle.
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Beim Hochofenprozess werden mit dem Koks und verschiedenen Erzen sowie
mit den Zuschlagmitteln Alkalien in den Ofen eingetragen, in dem sie in gewissen
Temperaturzonen mit dem Stickstoff des Hochofenwindes und dem Koks-Kohlenstoff Alkalicyanide
bilden. Die Entstehung von Cyaniden im Hochofen ist auch durch Reduktion von Alkalikarbonaten
möglich, falls diese durch abrutschende Ansätze in den Unterofen gelangen.
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Das im Hochofen gebildete Cyanid wird mit dem Hochofengas ausgetragen;
es tritt bei der nachfolgenden Nassreinigung des Hochofengases in Form löslicher
Verbindungen in das Wasser über.
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Auch bei der Trockenreinigung verbleibt ein wesentlicher Teil des
Cyanids in gelöster Form in den Nasskühlern, so dass bei beiden Verfahren der Hochofengasreinigung
cyanidhaltige Wässer anfallen.
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Nach verschiedenen Literaturarbeiten belief sich der Cyanidgehalt
im Gichtgas bei der Erzeugung von: Stahlroheisen auf 16 mg CN1/Nm3 Ferromangan auf
343 mg CN'/Nm3 Hämatitroheisen auf 43 mg CN'/Nm3 Im Falle der Hämatitroheisen-Erzeugung
war im Gichtstaub noch wasserlösliches Cyanid enthalten, das weiteren 20,5 mg CN1/Nm3
entsprach.
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Für Cyanidgehalte im Gichtgas-Waschwasser gibt Domes folgende Werte
an: Thomasroheisen 2,3 - 14,3 mg CN'/l Stahlroheisen 0,1 - 33,3 mg CN'/l Giessereiroheisen
4,7 - 15,1 mg CN'/l Ferromangan 89,4 - 202 mg CN'/l Seit Ende der fünfziger Jahre
sind die Hüttenwerke dazu übergegangen, die Wasch- und Kühlwasser der Hochofengas-Reinigung
im Kreislauf zu führen. Bei dieser Betriebsweise werden ins Kreislaufwasser übertretende
Feststoffe vor den Kühltürmen durch Flockungs- und Sedimentationsanlagen in Form
von Schlämmen abgeschieden. Teilweise werden bei diesem Vorgang auch durch die Kreislaufführung
angereicherte Verbindungen mit abgeschieden, indem man z. B. vor den Flockungs-
und Sedimentationsanlagen freie Kohlensäure durch Belüftung austreibt und damit
die Ausfällung von Calcium- und Zink-Karbonaten erzwingt, die dann ebenfalls als
Schlamm anfallen.
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Die Cyanidgehalte der Wasch- und Kühlwässer steigen bei der Kreislaufführung
erheblich an und erreichen Werte bis zu einigen hundert Milligramm pro Liter. Das
Cyanid kann hier in Form einfacher Bindungen an Alkalien oder in komplexer Bindung
mit Metall-Ionen, hauptsächlich an Zink gebunden, vorliegen. Daraus ergeben sich
grosse Probleme bei der Belüftung und Kühlung des Wassers in Kühltürmen durch das
Austreiben des nicht komplex gebundenen Cyans in die Atmosphäre.
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Auch die Deponie der bei den Reinigungsverfahren anfallenden Schlämme
ist wegen des Gehalts an löslichen einfachen und komplexen Cyanidverbindungen und
einer möglichen Gefährdung von Grundwasser sehr problematisch.
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Veröffentlichungen und die bekannten Erfahrungen einer grossen Zahl
europäischer und aussereuropäischer Hüttenwerke zeigen, dass die Behandlung der
Gichtgaswaschwässer im Hinblick auf eine Cyanidentfernung bis jetzt nicht gelöst
ist.
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Besonders aussichtsreich schien lange Zeit die Anwendung des Oxydationsverfahrens,
bei dem unter Zugabe von Chlor oder chlorhaltigen Verbindungen Cyanid zum Cyanat
oxidiert wird, das zu CO und NH3 verseift. Diese oxydative Behandlung der gesamten
anfallenden hochofengaswaschwässer scheidet wegen des damit verbundenen hohen Verbrauchs
an Chemikalien zur pH-Wert-Korrektur, des hohen Aufwandes für Oxydationsmittel
(der
Chlorverbrauch wird nicht allein durch die Cyanide bestimmt), der stark wechselnden
Änderungen der Betriebsbedingungen, der erheblichen Mess- und regeltechnischen Schwierigkeiten,
der Auswirkungen dieser Behandlungen auf die Bildung von An- und Ablagerungen aufgrund
der erforderlichen pH-Wert-Korrektur sowie des in der Verwendung von Chlor als Oxydationsmittel
begründeten Korrosionsangriffes aus.
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Auch die Entgiftung cyanidhaltiger Hochofengaswaschwässer durch die
Zugabe von Eisensalzen wird in nur geringem Umfang angewendet. Voraussetzung für
eine im Hinblick auf den Gewässerschutz zufriedenstellende Abwasserbehandlung ist
eine möglichst weitgehende mechanische Abtrennung des an Eisen gebundenen Cyanids.
Ein Nachteil des Verfahrens sind die vergleichsweise hohen Restcyanidgehalte und
die Aufwendungen für dabei entstehende voluminöse und schlecht zu entwässernde Schlämme.
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Nach von Dobes beschriebenen Betriebsuntersuchungen auf einem polnischen
Hüttenwerk war es möglich, durch Zusätze von Eisen(II)-sulfat einen Cyanidgehalt
von rund 200 mg/l um 98 % der freien und um 88 % der gesamten Cyanide auf insgesamt
Restcyanidgehalte von 1,6 bis 4,0 mg CN/l zu senken. Der erreichte Restcyanidgehalt
hängt von der Ionenstärke der Lösung, dem Überschuss an Eisen(II)-sulfat und der
Reaktionsdauer ab.
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Die Bindung von Cyanid durch Zugabe von zweiwertigem Eisensulfat setzt
eine genaue Stabilisierung des pH-Wertes um 9 voraus.
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Bei der mechanischen oder chemisch/mechanischen Reinigung von Hochofengaswaschwasser
entstehen cyanidhaltige Schlämme, deren Deponie zunehmend grössere Schwierigkeiten
bereitet, da die Auslaugung von Cyanid und damit eine Gefährdung des Grundwassers
nicht ausgeschlossen werden kann. Dies gilt ähnlich für die Trockengasreinigung,
da die trocken anfallenden Stäube pyrophore Eigenschaften haben, die aus sicherheitstechnischen
Gründen und auch aus Gründen der Luftreinhaltung in eine schlammförmige Konsistenz
überführt werden müssen.
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Zur Behandlung cyanidhaltiger Hochofengasschlämme kommt die Zugabe
von zweiwertigen Eisensalzen und die thermische Trocknung in Betracht.
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Voraussetzung für die thermische Trocknung der Schlämme ist die vorausgehende
Entwässerung mit Filterpressen. Bei der thermischen Trocknung in einem Drehrohr-
oder Etagenofen wurden im halbtechnischen Maßstab bei Material-Endtemperaturen von
rund 750 0C und Behandlungszeiten von rund 30 min Cyanidgehalte unter 5 mg/kg Trockensubstanz
erreicht. Die Schwierigkeiten der verfahrensspezifischen Aufbereitung der Schlämme,
vor allem im Hinblick auf die Zuführung des ausserordentlich klebenden Materials
in die Trocknung, sind noch nicht gelöst. Bisher ist kein Fall einer Anwendung der
thermischen Trocknung zur Behandlung von Hochofengaswaschwasser-Schlämmen vor der
Deponie bekannt geworden.
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Die Möglichkeit zur Bindung von freiem Cyanid in Schlämmen durch Zugabe
zweiwertiger Eisensalze wurde vor einigen Jahren in einem westdeutschen Hüttenwerk
genutzt. 60 m3 Schlamm wurden über eine Zeit von 2 h/d in einem Durchlaufreaktor,
Inhalt 150 1, mit 800 bis 1.200 1 schwefelsäurehaltiger Abbeize vermischt und einem
Eindicker zugeführt. Die Reaktions ist nach 15 bis 20 min abgeschlossen. Im Ablauf
des Eindickers wurden Cyanidgehalte gemessen, die 8 mg CN/l nicht überstiegen.
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Nachteilig bei der Behandlung von Hochofengaswaschwasser schlämmen
mit diesem Verfahren sind, wie bei der Oxydation von Hochofengaswaschwasser, die
verbleibenden vergleichsweise hohen Restcyanidgehalte. Diese Vorbehandlung von Hochofengas
waschwasser-Schlämmen zur Deponie kann aus der Sicht des Gewässerschutzes noch nicht
befriedigen. Der Schlamm enthält neben Eisen( II) -hexacyanoferrat (II)-Cyanokomplexe
mit Fe++-Ionen sowie Älkali- und Erdalkalimetalle, die in neutralem oder saurem
Medium ziemlich stabil sind, sich aber in Gegenwart von Alkalien unter Bildung löslicher
Eisen(II)-cyanide zersetzen.
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Die Anwendung dieses Verfahrens zur Behandlung von Hochofengaswaschwässern
ist mit einem beträchtlich erhöhten Schlammanfall verbunden. Eine zweckmässige Behandlung
dieser Schlämme ist zur Zeit nicht abzusehen.
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Erfindungsgemäss wurde demgegenüber ein Verfahren entwickelt, bei
dessen Anwendung - in im Kreislauf geführten Hochofengaswaschwässern enthaltene
freie und komplex gebundene Cyanide in kaum toxische Verbindungen übergeführt werden,
wobei die als Cyanid-Komplexe gelösten Metalle nach Verlust des komplexbildenden
Ions, je nach vorhandenen sonstigen Anionen, als Karbonate, Phosphate, Hydroxide
u. a. ausfallen. Sie werden dann in den Flockungs-und Sedimentationsanlagen zusammen
mit den sonstigen Feststoffen als Schlamm abgezogen.
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- in Abwässern enthaltene Cyanide in kaum toxische Verbindungen überführt
werden, die, je nach den örtlichen Verhältnissen, eine problemlose Mitbehandlung
in biologischen Kläranlagen bzw. eine unmittelbare Ableitung in die Vorflut erlauben.
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- die Gefahren bei der Deponie cyanidhaltiger Schlämme wesentlich
vermindert werden.
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Das erfindungsgemässe Verfahren besteht darin, dass cyanidhaltige
Abwässer mit Formaldehyd versetzt werden. Dabei bilden sich kaum toxische Polymere
des Glykonitrils.
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Die Reaktionsgeschwindigkeit ist von verschiedenen Faktoren abhängig.
Sie wird grösser mit höherer Wassertemperatur,
in Gegenwart von Ammoniumsalzen und reduzierenden Stoffen.
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Der pH-Wert soll zwischen 8 und 10 liegen.
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Erprobt wurde das erfindungsgemässe Verfahren an einem Gichtgaswaschwasser.
Dieses Wasser wird in einem Kreislauf mit einer mittleren Aufenthaltszeit von ca.
100 h umgepumpt.
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Es hat einen pH-Wert von 8,95 die Phenolphthaleinalkalität beträgt
75 ml 0,1 n HCl/l die Methylorangealkalität beträgt 365 ml 0,1 n HCl/l der Cyanidgehalt
beträgt 644,8 mg CN'/l, (bestimmt nach Destillation aus weinsaurer Lösung).
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Das Wasser wurde mit steigenden Mengen Formaldehyd versetzt.
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Dabei bildete sich rasch ein weisser, kristalliner, gut filtrierbarer
Niederschlag von hauptsächlich Zinkkarbonat. Die Menge des Niederschlags, bestimmt
nach Filtration, Glühen und Auswiegen, korrespondierte mit den zugesetzten Mengen
an Formaldehyd.
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Folgende Restcyanidgehalte wurden nach zwei Stunden Reaktion mit Formaldehyd
gemessen:
Formaldehydzugabe Restcyanidgehalt Formaldehyd, 100 %ig
gerechnet bestimmt nach Destillation mit Weinsäure mg/l mg/l 480 328,6 640 228,8
800 108,2 960 20,8 1.200 0,0 Als Mittel aus den ersten vier Werten errechnet sich
ein Aufwand von 100 mg Formaldehyd 100 %ig für den Umsatz von rund 65 mg CN'.
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Für den Betrieb ist es von Bedeutung, dass die Cyanid-Umwandlung durch
Zugabe von Formaldehyd mit einer Ausfällung von gelösten Stoffen unter kontrollierbaren#
Bedingungen verbunden ist, wodurch die Gefahr von Ablagerungen in unzugänglichen
Bereichen des Kreislaufs gemindert wird.
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Die Vorteile des erfindungsgemässen Verfahrens im Vergleich zu der
Oxidation des Cyanids mit Chlor sind vor allem darin zu sehen, dass - dieses Verfahren
die Behandlung von Hochofengaswaschwasser mit vertretbarem technischen und finanziellem
Aufwand überhaupt erst ermöglicht,
- in allen Anwendungsfällen
der Chloridgehalt des Abwassers nicht erhöht wird, - das Verfahren einen wesentlich
kleineren anlagentechnischen Aufwand verursacht, - bei einer Überdosierung keine
zusätzlichen Entgiftungs massnahmen ergriffen werden müssen, denn Aldehyde, speziell
Formaldehyd, sind dem biologischen Abbau zugänglich, - die Kosten für Chemikalien
und Wartung wesentlich geringer sind, - keine besonderen Sicherheitsprobleme bei
Bevorratung und Anwendung des Entgiftungsmittels bestehen.
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Bei der Umsetzung von 1 kg CN' mit Chlor und Kalkhydrat werden 6,8
kg Chlor und 7,15 kg Kalkhydrat benötigt. Bei Preisen von 0,60 DM/kg Chlor flüssig
und 0,10 DM/kg Kalkhydrat ist dies ein Aufwand von 4,08 DM + 0,72 DM = 4,80 DM pro
kg CN' für Chemikalien.
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Dagegen kann die Umsetzung von Cyanid mit Formaldehyd mit einem Aufwand
von maximal 1,54 kg Formaldehyd 100 %ig pro kg CN' getätigt werden. Bei einem Preis
von 57,00 DM/100 kg für eine Ware mit 30 Gewichtsprozent Formaldehyd ergibt dies
Kosten von 2,93 DM/kg CN'.
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Die Behandlung von cyanidhaltigen Schläipnen nach dem beschriebenen
Verfahren vermeidet die Nachteile, die sich aus einer Entgiftung durch Zugabe von
Eisen(II)-salzen ergeben.