DE2241424B2 - Verfahren zum betreiben eines fluessigkeitsraketentriebwerkes - Google Patents
Verfahren zum betreiben eines fluessigkeitsraketentriebwerkesInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Flüssigkeitsraketentriebwerks, welches für Einstoff-
und Zweistoffbetrieb ausgelegt ist, wobei im Einstoffbetrieb Hydrazin, Hydrazinderivate oder Gemische
aus diesen und im Zweistoffbetrieb zusätzlich ein damit hypergol reagierender kryogener Oxydator, wie
F'uor, Sauerstoffdifluorid oder Sauerstoff-Fluor-Gemisch als Treibstoff verwendet wird.
Stand der Technik ist es, ein Flüssigkeitsraketentriebwerk zur Erzeugung niedriger Schübe mit katalytisch
zersetztem Wasserstoffperoxid, zur Erzeugung mittlerer Schübe mit katalytisch zersetztem Hydrazin und zur
Erzeugung hoher Schübe mit hypergol reagierenden ίο katalytischen Zersetzungsprodukten von Hydrazin und
Wasserstoffperoxid zu betreiben.
Außer Wasserstoffperoxid und Hydrazin sind bei Flüssigkeitsraketentriebwerken u.a. Hydrazinderivate
sowie Gemische aus Hydrazin und Hydrazinderivaten als monergole Treibstoffe gebräuchlich.
Schließlich ist es auch bekannt, daß Brennstoffe, wie Hydrazin, Hydrazinderivate oder Gemische aus diesen,
und ein damit hypergol reagierender kryogener Oxydator, wie Fluor, Sauerstoffdifluorid oder Sauerstoff-Fluor-Gemisch,
für Flüssigkeitsraketentriebwerke interessante Treibstoffkombinationen darstellen, und
zwar wegen iiires hohen Leistungsvermögens.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren eingangs genannter Gattung zu entwickeln,
das es ermöglicht, Flüssigkeitsraketentriebwerke ohne nennenswerten regeltechnischen Aufwand wahlweise
mit Hydrazin, Hydrazinderivaten oder Gemischen aus diesen auf niedrigem Schubniveau oder mit einem
Brennstoff vorerwähnter Art und einem damit hypergol reagierenden kryogenen Oxydator wie Fluor, Sauerstoffdifluorid
oder Sauerstoff-Fluor-Gemisch, auf hohem Schubniveau arbeiten zu lassen, und zwar auf eine
Weise, die jedwedes Explosionsrisiko ausschließt und im Zweistoffbetrieb eine Vorkühlung des Einblasekopfes
der Raketenbrennkammer sowie der zu diesem führenden Leitungen für den kryogenen Oxydator
überflüssig macht.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß sowohl im Einstoff- als auch im Zweistoffbetrieb das
Hydrazin, Hydrazinderivat oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisch in einem Gasgenerator vollständig
katalytisch zersetzt wird und die Zersetzungsprodukte auf dem Wege zur Raketenbrennkammer durch einen
Wärmetauscher geleitet werden, wo sie lediglich während des Zweistoffbetriebes stark abgekühlt werden,
und zwar im Wärmeaustausch mit dem der Raketenbrennkammer zuströmenden kryogenen Oxydator,
der dabei vom flüssigen in den dampfförmigen Zustand übergeht.
Erfindungsgemäß betriebene Flüssigkeitsraketentriebwerke kommen mit vergleichsweise kleinen Treibstoffbehältern
aus, was sich aus der großen Dichte bzw. Gemischdichte der verwendeten hochenergetischen
Treibstoffe erklärt. Auf die Treibstoffwahl für den Einstoff- und Zweistoffbetrieb ist es auch zurückzuführen,
daß sie im letzterwähnten Betriebszustand einen etwa um den Faktor drei größeren Schub liefern als im
erstgenannten Betriebszustand. Die im Einstoffbetrieb mittels Hydrazin, Hydrazinderivat oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisch
erzielbare Vorbeschleunigung erweist sich dabei als ausreichend, um den kryogenen
Oxydator an den Boden des entsprechenden Treibstoffbehälters zu drücken. Dadurch erübrigt es sich, im
Oxydatorbehälter zur gravitationsunabhängigen Gestaltung des Fördervorgangs einen Ausstoßbalg zu
installieren, was infolge der Aggressivität des Oxydators mit einem Risiko behaftet wäre. Zu diesen Vorteilen
gesellen sich beim Betreiben von Flüssigkeitsraketen-
triebwerken nach dem erfindungsgemäßen Verfahren noch zwei weitere, die nachfolgend zur Aufzählung
gelangen: Da nämlich im Wärmetauscher, der beim Einstoffbetrieb — wie bereits erwärm - oxydatorseitig
abgeschaltet ist, während des Zweistoffbetriebes der kryogene Oxydator im Wärmeaustausch mit den
katalytischen Zersetzungsprodukten des. Hydiazins, Hydrazinderivats oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisches
vollständig verdampft und in diesem Aggregatszustand dem Einblasekopf der Raketenbrennkammer
zugeführt wird, entfällt die sonst erforderlich aufwendige Vorkühlung des letzteren und der zu diesem
führenden Oxydatorleitungen. Außerdem resultiert aus der dadurch gewährleisteten gas- bzw. dampfförmigen
Einförderung sämtlicher Treibstoffe in die Raketenbrennkammer eine leichtere Regelbarkeit und eine
bessere Gemischaufbereitung im ZweistoTbetrieb.
Vorstehende Ausführungen machen die besondere Eignung des erfindungsgemäßen Betriebsverfahrens für
solche Flugmissionen deutlich, wo die Leistungsanforderungen an Flüssigkeitsraketentriebwerke über die bloße
Erteilung eines einzigen genau definierten Antriebsimpulses hinausgehen. Der Fall ist dies beispielsweise beim
Einschuß geostationärer Satelliten in die 24-h-Bahn oder beim Einschuß von Raum- oder Planetensonden
auf ihre interplanetare Bahn.
In Ausgestaltung der Erfindung werden die während des Zweistoffbetriebes im Wärmetauscher durch den
verdampfenden kryogenen Oxydator stark abgekühlten katalytischen Zersetzungsprodukte des Hydrazins, Hydrazinderivats
oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisches zur Regenerativkühlung oder Filmkühlung des
Triebwerkes herangezogen. Da im Gasgenerator die vorerwähnten monergolen Treibstoffe einwandfrei
gesteuert auf katalytischem Wege vollständig in ihre Bestandteile zersetzt werden, ist die vorerwähnte, leicht
zu verwirklichende Maßnahme mit keinerlei Risiko behaftet. Anders liegen dagegen die Verhältnisse bei der
sonst gebräuchlichen direkten Verwendung flüssigen Hydrazins zu Kühlzwecken. In diesem Fall besteht unter
bestimmten Umständen die Möglichkeit einer spontanen thermischen Hydrazinzersetzung in der Kühlzone
und somit die Gefahr einer Explosion.
Bei erfindungsgemäß betriebenen Flüssigkeitsraketentriebwerken mit einem Speicherbehälter für das
Hydrazin, Hydrazinderivat oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisch, einem Speicherbehälter für den kryogenen
Oxydator und einem Druckgassystem zum wahlweisen Bedrucken des erstgenannten Speicherbehälters
oder beider Speicherbehälter mit inertem Druckgas für eine Treibstoffeinförderung in die Raketenbrcnnkammer
wirkt es sich raum- und gewichtssparend aus, wenn der Gasgenerator für die katalytische Zersetzung des
Hydrazins, Hydrazinderivats oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisches und der diesem nachgeschaltete
Wärmetauscher für die Abkühlung der katalytischen Zersetzungsprodukte beim Zweistoffbetrieb und die
Verdampfung des bei dieser Betriebsart zur Einförderung in die Raketenbrennkammer gelangenden kryogenen
Oxydators eine bauliche Einheit bilden.
Weist ein Flüssigkeitsraketentriebwerk, das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren betrieben wird, eine oder
mehrere Steuerdüsen bzw. Steuerdüsengruppen zum Erzeugen von Steuermomenten um mindestens eine der
drei Triebwerkshauptachsen auf, empfiehlt es sich, aus Gründen der Einfachheit dafür zu sorgen, daß die
Steuerdüsen bzw. Steuerdüsengruppen im Bedarfsfall mit vom Gasgenerator für die katalytische Zersetzung
ydrazin
des Hydrazins, Hydrazinderivats oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisches
abgezapften katalytischen Zersetzungsprodukten beaufschlagbar sind. Eine andere,
wegen des zusätzlichen Bedarfs an Katalysatoren allerdings etwas aufwendigere Möglichkeit der Erzeugung
von Steuerschüben besteht in der Zufuhr abgezweigten flüssigen Hydrazin·?, Hydrazinderivats
oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisches zu den Steuerdüsen bzw. Steuerdüsengruppen und einer
katalytischen Zersetzung desselben an Ort und Stelle.
Die Erfindung wird anhand des in der Zeichnung schematisch dargestellten und nachfolgend ausführlich
beschriebenen Ausführungsbeispiels näher erläutert.
Die Figur zeigt in Form einer Prinzipskizze ein u.a. beispielsweise für Raumflugmissionen hervorragend
geeignetes Flüssigkeitsraketentriebwerk 1 mit integriertem Lagekorrektursystem 2 zum Erzeugen von
Steuermomenten um Gier-, Nick- und Rollachse. Das Raketentriebwerk 1, dessen Brennkammer mit 3 und
Schubdüse mit 4 bezeichnet sind, arbeitet bei Bedarf eines niedrigen Schubes im Einstoffbetrieb, beispielsweise
mit katalytisch zersetztem Hydrazin, und bei Bedarf eines hohen Schubes im Zweistoffbetrieb,
beispielsweise mit den letzterwähnten Zersetzungsprodukten und damit hypergol reagierendem dampfförmigen
Fluor. Das Hydrazin wird mittels Druckgas aus seinem Speicherbehälter 5a in einen Gasgenerator 6
eingefördert, wo es katalytisch vollständig zu Wasserstoff und Stickstoff zersetzt wird. Die Hydrazinzersetzungsprodukte
gelangen vom Gasgenerator 6 in einen nachgeschalteten Wärmetauscher 7.
Während des Zweistoffbetriebes gelangt auch flüssiges Fluor unter Druckgaseinwirkung vom entsprechenden
Speicherbehälter 5b in den Wärmetauscher 7. Darin verdampft es im Wärmeaustausch mit den Hydrazinzersetzungsprodukten
vollständig, die dabei eine starke Abkühlung erfahren. Das dampfförmige Fluor strömt
vom Wärmetauscher 7 über eine Leitung 8 direkt der Raketenbrennkammer 3 zu. Die stark abgekühlten
Hydrazinze. Setzungsprodukte werden nach Austritt aus dem Wärmetauscher 7 — wie der mit 9 bezeichnete
Leitungszweig andeutet — zunächst zur regenerativen Triebwerkskühlung herangezogen, bevor sie in die
Raketenbrennk ammer 3 eingeblasen werden.
Während des Einstoffbetriebs ist der Wärmetauscher 7 oxydatorseitig abgeschaltet. Die Hydrazinzersetzungsprodukte
passieren folglich den Wärmetauscher 7 ohne merkliche Abkühlung. Von ihm gelangen sie über
eine direkte Leitung 10 in die Raketenbrennkammer 3.
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, erfolgt die Treibstoff-Förderung sowohl im Einstoff- als auch im
Zweistoffbetrieb mittels inerten Druckgases, das in einem Druckbehältnis 11 gespeichert ist. Ein im
Hydrazinbehälter 5a installierter Ausstoßbalg 12 gestaltet die Hydrazinförderung gravitationsunabhängig. Im
Fluorbehälter 5b erübrigt sich die Installation solch eines Ausstoßbalges, da die im Einstoffbetrieb dem
Raketentriebwerk 1 mitgeteilte Vorbeschleunigung ausreicht, um das Fluor an den Behälterboden zu
drücken.
Zum Lagekorrektursystem gehören zwei Steuerdüsengruppen. Jede Steuerdüsengruppe weist eine Düse
13a, 14a mit dem Hauptschub gleichgerichteter Sieuerschubrichtung, eine Düse 13c, 14c mit dem
Hauptschub entgegengerichteter Steuerschubrichtung und eine Düse 136, 146 mit tangentialer Steuerschub
richtung im Uhrzeigersinn (13b) bzw. Gegenzeigersinn
(14b) auf. Die wechselweise Beaufschlagung der
Steuerdüsen 13a bis c und 14a bis c mit Sleuermedium
wird durch Ventile 15a bis c und 16a bis c oder dergleichen Absperrorgane geregelt. Als Siteuermedium
dienen beispielsweise vom Gasgenerator 6 über Leitungen 17,18 abgezapften Hydrazinzersetzungspro-
dukte. Es kommt aber auch abgezweigtes flüssiges Hydrazin als Steuermedium in Frage. In diesem Fall
bedarf es allerdings der Zuordnung von Katalysatoren zu den Steuerdüsen 13a bis cund 14a bis c.
Hierzu 1 Blatt Zeichnungen
Claims (4)
1. Verfahren zum Betreiben eines Flüssigkeitsraketentriebwerks, welches für Einstoff- und Zweistoffbetrieb
ausgelegt ist, wobei im Einstoffbetrieb Hydrazin, Hydrazinderivate oder Gemische aus
diesen und im Zweistoffbetrieb zusätzlich ein damit hypergol reagierender kryogener Oxydator, wie
Fluor, Sauerstoffdifluorid oder Sauerstoff-Fluor-Gemisch als Treibstoff verwendet wird, dadurch
gekennzeichnet, daß sowohl im Einstoff- als auch im Zweistoffbetrieb das Hydrazin, Hydrazinderivat
oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisch in einem Gasgenerator (6) vollständig katalytisch
zersetzt wird und die Zersetzungsprodukte auf dem Wege zur Raketenbrennkammer (3) durch einen
Wärmetauscher (7) geleitet werden, wo sie lediglich während des Zweistoffbetriebes stark abgekühlt
werden, und zwar im Wärmeaustausch mit dem der Raketenbrennkammer (3) zuströmenden kryogenen
Oxydator, der dabei vom flüssigen in den dampfförmigen Zustand übergeht.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die während des Zweistoffbetriebes im
Wärmetauscher (7) durch den verdampfenden kryogenen Oxydator stark abgekühlten katalytischen
Zersetzungsprodukte des Hydrazins, Hydraiinderivats oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisches
zur Regenerativkühlung oder Filmkühlung des Triebwerks (1) herangezogen werden.
3. Flüssigkeitsraketentriebwerk, das nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 betrieben wird, mit
einem Speicherbehälter für das Hydrazin, Hydrazinderivat oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisch,
einem Speicherbehälter für den kryogenen Oxydator und einem Druckgassystem zum wahlweisen
Bedrücken des erstgenannten Speicherbehälters oder beider Speicherbehälter mit inertem Druckgas
für eine Treibstoffeinförderung in die Raketenbrennkammer, dadurch gekennzeichnet, daß der
Gasgenerator (6) für die katalytische Zersetzung des Hydrazins, Hydrazinderivats oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisches
und der diesem nachgeschaltete Wärmetauscher (7) für die Abkühlung der katalytischen Zersetzungsprodukte beim Zweistoffbetrieb
und die Verdampfung des bei dieser Betriebsart zur Einförderung in die Raketenbrennkammer
(3) gelangenden kryogenen Oxydators eine bauliche Einheit bilden.
4. Flüssigkeitsraketentriebwerk, das nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 betrieben wird, mit
einer oder mehreren Steuerdüsen bzw. Steuerdüsengruppen zum Erzeugen von Steuermomenten um
mindestens eine der drei Triebwerkshauptachsen, dadurch gekennzeichnet, daß die Steuerdüsen bzw.
Steuerdüsengruppen (13a bis 13cund 14a bis i4c)m\l
vom Gasgenerator (6) für die katalytische Zersetzung des Hydrazins, Hydrazinderivats oder Hydrazin-Hydrazinderivat-Gemisches
abgezapften katalytischen Zersetzungsprodukten beaufschlagbar sind.
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