-
Gärtnerisches Kulturverfahren Unter bestimmten Verhältnissen der
gärtnerischen Pflanzenanzucht besteht Interesse an künstlichen Substraten, weil
hier normale Böden oder natürliche Substrate nicht anwendbar sind.
-
Künstliche Substrate, wie z.B. feinteiliges Polystyrol, sind zwar
schon früher beschrieben wordem und für eng begrenzte Anwendungsbereiche z.B. aus
dem deutschen Patent 1 240 327 bekannt. Der Nachteil derartiger Substrate besteht
unter bestimmten Anwendungsbedingungen aber vor allem darin, daß sie nicht ausreichend
reißfest und elastisch sind, sondern in der Regel sogar von pulvriger oder körniger
Beschaffenheit. Häufig ist auch die Wasserkapazität oder die Geschwindigkeit der
Wasseraufnahme unzureichend. Ein Nachteil ist fernerhin, daß die biologische Abbaufähigkeit
oder Stabilität des Trägermaterials nicht variabel gehalten werden kann, und daß
häufig auch die Pfelanzenverträglichkeit zu wünschten übrig läßt.
-
Es wurde nun gefunden, daß in bestimmter Weise hergestellte poröse
oder faserförmige Kusntstoffpolymerisate in zahlreichen Anwendungsfällen bisher
bekannten künstlichen oder natürlichen Substraten überlegen sind.
-
Erfindungsgegenstand ist ein gärtnerisches Kulturverfahren mittels
eines künstlichen Substrats, das gekennzeichnet ist durch das Besäen oder Bepflanzen
eines porösen oder faserigen, durch Polymerisation in Gegenwart einer nicht polymerisierenden,
reversibel erstarrten Phass als Matrixgeber unter Umgehung des Spinnprozesses hergestellte,
Kunststoffs als künstlichem Substrat.
-
Die Herstellung poröser bzw. faserförmiger Kunststoffe ist in der
Patentanmeldung P 17 20 286.7 und in den Zusatzanmeldungen P 17 70 543.0, P 17 70
529o2, P 17 70 552.1, aowie in der Patentanmeldung P 18 06 652.9 beschrieben. Kunststoffe,
die unter Umgehung des Spinnprozesses in Form poröser oder faseriger Gebilde erhalten
worden sind, werden auch als Poromere bezeichnet.
-
FUr das erfindungsgemäße Kulturverfahren besonders geeignet sind solche
Poromere, die mit einer Lamellenstruktur versehen sind0 In Versuchen mit verechiedenen
Samen bzw. Pflanzenarten wurde festgestellt, daß die erfindungsgemäßen Materialien
eine einwandfreie Pflanzenverträglichkeit besitzen.
-
Bekanntlich iat die Begrünung von erodiertem Gelände, also etw steilen
Straßen und Uferböschungen, Künstenstreifen, Dinen usw, sehr schwierig» In solchen
Fällen ist entweder kein humuslatiger Mutterboden vorhanden oder die Oberfläche
des anstehenden Boden@ ist durch die Atmoaphärilien ständig so stark gestört, daß
eine geschlossene, den Boden später fixierende Pflanzendecke sich nicht bildet.
Hier können Matten aus den genannten Materialien mit Erfolg als Trägersehicht für
verschiedene Pflanzenarten und damit zur Ansammlung von Humus verwendet werden.
Die Humusansammlung wird begünstigt durch die Tatsache, daß die erfindungsgemäßen
Meterialien verhältnismäßig rasch verrottend hergestellt werden können und nach
einer durch Vorversuche leicht zu ermittelnden und variierbaren Zeitdauer selbst
für die Humusbildung aktiv unterstützend zur Verfügung stehen.
-
Die besondere Leistung der erfindungsgemäßen Substrate - auch gegenüber
bekannten künstlichen Substraten - besteht darin, daß diese praktisch unabhängig
vom Neigungswinkel des Geländes und ohne maxchinelle Hilfsmittel in einfacher Weise
aufgebracht werden können, und daß das Saatgut auch bei nachträglichem Aufbringen
auf das bereite im Gafände ausgebrachte Substrat gut festgehalten wird* Im Hinblick
auf die Tatsache, daß das beabsichtigte Biotop in
wechselndem Gelände
unter Umständen angepaßt, d.h. variabel, gehalten werden muß, ist diese Möglichkeit
des nachträglichen Aufbringens von Saatugt besonders wichtig. Versieht man Matten
@@ erfindungsgemäßen künstlichen Substrats mit einer Lamellenstruktur, so haftet
der Samen besonders gut am künstlichen Substrat, Gegebenenfalls kann aber auch eine
zusätzliche Fixierung pflanzenverträglichen Klebstoffen, also etwa verschiedenen
Kunststoffdispersionen vorgenommen werden. Die hohe Wasserkapazität des Materials
ermöglicht eine relativ schnelle Keimung und Begrünung, wobei sich herausgestellt
hat, daß auch die Anordnung @@ Substrats in verschiedenen Neigungswinkeln keine
größeren Unterschiede in der Wachstumsgeschwindigkeit hervorruft.
-
Das Material kann aber auch vorteilhaft für andere spezielle Fälle
der Pflanzenanzucht herangezogen werdnen. So ist es möglich, sog. Rollrasen auf
entsprechend hergestellten und zugeschnittenen Matten bzw. Bahnen anzuziehen. Hierbei
besteht der Vorteil 9n der gu-ten Anzuchtbedeingungen infolge der sehr hohen Wasserrückhaltung
des Materials und in der sicheren Fixierung des Saatgutes in der Oberflächenstruktur
des kpnstlichen Substrats, seiner elastischen Eigenschaften, die ein leichtes Aufrollen
der fertigen Rasensoden und einen einwandfreien Transport an den Or% der Verwendung
ermöglicht, sowie in der Befestigung der sehr reißfesten Grassoden auf der gegebenen
Unterlage.
-
In Form von Flocken oder wolligen Gebilden kann das Kunststoffmaterial
mit sehr gutem Erfolg als Substrat zur Anzucht verschiedener Pflanzen, s.B. für
Stecklingsvermehrung, sowohl in reiner Form als auch in Mischung mit Erde, Torf
und anderen Materialien verwendet werden. Vorteilhaft ist dabei, daß die Verrottungsgeschwindigkeit
in Abhängigkeit von der chemischen Strunk tur der Poromeren in fast beliebiger Weise
etwa zwischen der Haltbarkeit von Polystyrolschaum oder der geringen Haltbarkeit
von Torf eingestellt werden kann0 Auch eine höhere Verrottungsgeschwindigkeit als
etwa die von Torf kann mühelos erzielt werden. Da das Material einerseits in der
Regel von offenzelliger Struktur, andererseits mit großer Oberfläche vergehen ist9
ist
es auch bei dieser Verwendungsform bekannten natürlichen und
künstlichen Substraten überlegen0 Auch läßt sich der faserförmige Kunststoff in
verschiedenem Verarbeitungszustand zur Auflockerung von Böden und Substraten und
zur Erhöhung deren Wasserhaltefähigkeit einsetzen. In Form von zusammenhängenden
oder unterbrochen Schichten, Blöcken oder Nestern kann etwa bei der Herstellung
von Dachgärten oder auch in anderen Fällen der Landschaftsgärtnerei das Material
vor teilhaft zur Erhöhung der Wasserkapazität des Kulturbodens Verwendung finden.
Eine spezielle und praktisch bisher nicht durchgefhrte Verwendungsart beatehz darin,
Samen verschiedener, in Kultur befindlicher Pflanzenarten in entsprechend schmale
Streifen des Kunststoffmaterials einzuarbeiten und diese als Saatband abzulegen.
-
Der Vorteil dieser Maßnahme besteht in der gleichmäßigen und vorherbestimmbaren
Ablage der einzelnen Samenkörner, im Schutz des Samenkorns bzw. Keimlinge gegenüber
ungünstigen Umweltbedingungen und nicht zuletzt in der Möglichkeit, das Ausbringen
von Saatgut maschinell zu vervollkommnen.
-
Die im folgenden Abschnitt angegebenen Mengen ("Teile") beziehen sich
auf das Gewicht.
-
Herstellung eines Poromerfellse In 30 Teilen Wasser werden 2,1 Teile
Butandiol-1,4-monoacrylat gelöst und nach Zusatz von 0,035 Teilen sulfuriertem Rizinusöl,
0,8 Teile Butandiol-1,4-diacrylat, das 0,035 Teile Benzoinmethyläther gelöst enthält,
emulgiert. Anschließend werden 1,5 Teile einer 40,'-igen wäßrigen Dispersion eines
Mischpolymerisate aus 85,' n-Butylacrylat, 7,' Acrylsäure, 5,' N-Methylolacrylamid
und 3% Butandiol-1,4-diacrylat zugesetzt0 Mit dem Gemisch wird Je ein vernadeltes
Trockenvlies aus Zellwollfasern mit einem Vliesgewicht von 100 g/m2 (Probe B) bzwO
ein Spun-bonded Polypropylen-Vlies (Vliesgewicht ca. 70 g/m2, Probe A) getränkt
und die Masse auf einem kühlbaren Metallband bei -20°C zum kristallinen Erstarren
gebracht.
Anschließend bestrahlt man be Minuten mit Philips-Schwarzlichtlampen TL 40 W/08,
taut auf, wäscht das Produkt mit Wasser und trocknete Man erhält poröse Materialien
mit groblamelliger Struktur und hoher Wasseraufnahmefähigkeit.
-
Weitere Rezepturen für saugfähige Produkte sind in der Tabelle zusammengestellt.
Es werden die gleichen Wasser-, Benzoinmethyläther,- Emulgator-Mengen und Vliesse
eingesetzt, Tabelle Rezepturen für die Herstellung saugfähiger Materialien (Poromerfellen)
einfach mehrfach äthylenisch äthylenisch Zusätze ungesättigte ungesättigte Verbindungen
Verbindungen (Teile) (Teile) (Teile) Butandiol- Hexandiol-1,6- 40% wäßrige Polymerdisper-1,4-mono-
diacrylat (1,45) sion eines Mischpolymerisats acrylat (1,45) aus 85% n-Butylacrylatm
7% Acrylsäure, 5% N-Methyloacrylamid und 3% Butandiol-1,4-diacryat (1,5) Acrylsäure
Butandioldiacry- Disperion wie oben (2,5) (0,85) lat (0,8) n-Butylacrylat (0,85)
Äthylengly- Äthylenglykoldi- Dispersion wie oben (2,5) kolmonoacry- acrylat (1,5)
lot (1,5) Butandiol- Butandioldi 55%-ige wäßrige Dispersion ei-1,4-monoacry- acrylat
(1,0) nes Mischpolymerisats aus 89% lat (1,9) Vinylidenchlorid und 11% Methylacrylat
(1,1) Butandiol- Bis-N-methylolacryl-1,4-monoacry- amid-glykoläther (0,96) lat (2,54)
Beispiel
1 Um die Verwendungsmöglichkeit des faserförmigen Kunststoffpolymerisats bei der
Begrünung von Steilhängen aufzuzeigen, wird folgender Versuch durchgefUhrt: Poromerfelle,
die, wie vorstehend beschrieben, hergestellt aind, werden in Form von Matten der
Abmessung 100 s 30 cm in eine tibliche Nährlösung getaucht und anschließend auf
Platten befestigt, die im Neigungswinkel von 00, 150, 300, 450 und 700 aufgestellt
werden. Die so in unterschiedliche Lage gebrachten Fellstllcke werden nun einmal
mit einer Grasssmenmischung (Berliner Tiergarten-Mißchung) oder mit anderen Samenarten
(z.B. einer Mischung von Rot- und Bastard-Klee) angesät. Bei entsprechender Wahl
der Lamellenstruktur der Mattenoberfläche haftet der Samen vollständig am künstlichen
Substrat. Gegebenenfalls kann aber auch eine zusätzliche Fixierung mit pflanzenverträglichen
Klebstoffen (verschiedenen Kunststoffdispersionen) vorgenommen werden. Die hohe
Wasserkapazität des Materials ermöglicht eine relativ schnelle Keimung und Begrünung,
wobei zwischen der unterschiedlichen Exposition keine größeren Unterschiede im Wachstum
vorhanden sind. Die Wasserzufuhr im weiteren Verlauf des Versuchs hängt von der
Schichtdicke des Materials und - im Freilandversuch - von den Niederßchlagsverhåltnissen
ab. Man kann künstlich bewässern, durch Gießen, Beregnen, oder besondere vorteilhaft
durch Besprühen, wobei sich der relativ geringe Wasserbedarf des erfindungsgemäßen
Substrats günstig auswirkt.
-
Vergleich: Unter den beschriebenen Bedingungen ist eine befriedigende
Anzucht einer geschlossenen Pflanzendecke auf normalem Boden oder anderen bisher
verwendeten künstlichen Substraten nicht möglich, wenn der Neigungswinkel höher
als 300 ist.
-
Beispiel 2 Die in ähnlicher Weise wie im Beispiel 1, Jedoch auf einer
ebenen
Asphaltfläche begrünten Kunststoffbahnen werden abgehoben,
in Rollen aufgerollt und nach einigen Tagen auf eine zu begrünende Fläche ausgelegt.
Bereits nach 5 bis 10 Tagen setzt die von den @oden ausgehende Durchwurzelung des
darunterliegenden Bodens ein.
-
Bei der so hergestellten Rasenfläche bleibt die Kunststoffträgerschicht
mehrere Wochen bis Monate erhalten und bildet schließlich einen Bestandteil der
entstehenden Humusdecke.
-
Beispiel 3 In Abhäbngigkeit vom Anwendungszweck sind Kunststoffmatten
von unterschiedlicher biologischer Stabilität erwünscht. Der Abbau der verschieden
zusammengesetzten Materialien, der vor allem bei der Verwendung als Bodenverbesserungsmittel
von Bedeutung ist, läßt sich über die CO2-Produktion im geschlossenen system er
mitteln.
-
Bei einer für die Erfassung der Bodenatmung geeigneten Versuchs anordnung
wurden Jeweils 1200 g Boden mit zwei unterschiedlichen Typen des wie oben beschrieben
hergestellten Materials (Problem n mit Polypropylenanteil und Proben B mit Zellwollanteil)
ange reichert Das in kleinen Stückchen von 3 bzw. 10 am sowie im unzerkleinerten
Zustand beigemischte Kunststoffmaterial wurde auf jeweils 1900 mg Kohlenstoff Je
1200 g Boden bemessen Die während einer Inkubationszeit von 24 Tagen gemessene C02-Produktion
ergab im ersten Fall (Probe A) eine innerhalb der Fehlergrenze lis gende Abbaurate,
die bei der zweiten Probe (Probe B) zwischen 9 und 12% lag.
-
Über die Zusammensetzung läßt sich das Material - wie aus diesem Beispiel
zu ersehen ist - in seiner mikrobiellen Abbaufähigkeit variieren.
-
Die vorteilhafte Verwendung des beschriebenen Materials bei der Stecklingsvermehrung
geht aus folgendem Versuch hervor:
Poinsettien-Stecklinge wurden
auf verschiedenen Substraten - ohne und mit Beimischung des genannten Kunststoffmaterials
- in 5 cm Gittertöpfe gepflanzt und danach unter eine Sprühnebeleinrichtung gestellt.
Nach 2 Wochen waren die Stecklinge bewurzelt und für das Umtopfen geeignet, Zu diesem
Zeitpunkt wurde das Bewurzelungsergebnis in den verschiedenen Substraten nach guter,
geringer und nicht erfolgter Bewurzelung ermittelt.
-
Wie aus den nachfolgenden Zahlen zu ersehen ist, wurde durch den Zusatz
des Kunststoffmaterials die Bewurzelung gegenüber dem praxisüblichen Vergleichssubstrat
gefördert.
-
Ver- - Substrat Bewurzelung glied gut gering ohne 1 Praxisübliches
Substrat (Torfkultursubstrat/ 68 17 15 Schaumpolystyrol/Sand = 2:1:1) 3 Torfkulturgubstrat/
78 21 1 Poromerfl. /Schaumpolystyrol (2:1:1) * 4 Poromerflocken 69 29 2 * = erfindungsgemäßes
Material Neben dem verbesserten Anzuchtergebnis ist such die bessere Eignung der
Substrate für den Transport von Pflanzen (geringeres Gewicht, höhere Wasserkapazität,
und bei reinem Kunststoffmaterial auch die Ausschließung unerwünschter Keime) zu
erwähnen.