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Technisches Gebiet
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Die Erfindung liegt auf dem Gebiet der Medizintechnik und betrifft ein Bestrahlungsgerät zur Prävention von Wundinfektionen sowie zur Förderung der Heilung von Wunden und Wundinfektionen mit Hilfe von Licht, wobei das Bestrahlungsgerät eine optische Inaktivierung von pathogenen Mikroorganismen, die in Wundinfektionen vorkommen, bewirkt.
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Hintergrund der Erfindung
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Antibiotikaresistenzen von pathogenen Keimen nehmen seit vielen Jahren zu und sind ein ernstes Problem in der modernen Medizin. Es besteht die Gefahr, dass Infektionen mit konventionellen Methoden zukünftig nicht mehr behandelbar sind. Unter den in Krankenhäusern erworbenen Infektionen sind Wundinfektionen die größte Gruppe. Sie treten in Deutschland häufig auf und sind mit jährlichen Kosten in Milliardenhöhe verbunden. Vor dem geschilderten Hintergrund sind neue Methoden, die ohne Antibiotika Infektionen erst gar nicht entstehen lassen oder diese heilen von großem Interesse.
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Stand der Technik
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Bisherige antibiotikafreie Ansätze zur Behandlung von Wundinfektionen, die z.B. in
EP2016809B1 dargestellt sind, konzentrieren sich auf neue, topisch anzuwendende Substanzen wie Antiseptika, welche immer das Risiko von Hautirritationen und Unverträglichkeiten beinhalten oder bei der Anwendung Schmerzen verursachen. Teilweise sind die Substanzen auch zytotoxisch, es kann zu perkutanen Resorptionen kommen oder die Substanzen behindern sogar die Granulation und damit die Wundheilung.
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Darüber hinaus sind aus der Schrift
WO2015/070832A1 Geräte zur Wundbehandlung und -desinfektion mit kalten, atmosphärischen Plasmen auf Basis von dielektrischen Barriereentladungen bekannt. Die Plasmen emittieren jedoch UV-Strahlung, die lebenden Zellen potenziell schädigen kann. Zudem arbeiten die Systeme mit einem die Haut berührendem Dielektrikum, was besonders bei infizierten Wunden schon aus hygienischen Gründen problematisch ist. Andere in
EP2016809B1 offengelegte Lösungen funktionieren berührungslos mittels Plasma-Jets. Dabei sind aber spezielle Gase aus Flaschen zuzuführen, die regelmäßig ausgetauscht und transportiert werden müssen. Zudem sind Plasma-Jets kleinflächig, was den Behandlungsaufwand bei größeren Wunden erhöht.
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Zur Überwindung dieser Nachteile kann berührungslos und ohne Verwendung von Zusatzstoffen eine flächige Bestrahlung der Wunde mit Licht erfolgen. Seit etwa 10 Jahren ist bekannt, dass violettes Licht im Wellenlängenbereich von 400 bis 420 nm antibakteriell wirkt [
M. Maclean et al., Highintensity narrow-spectrum light inactivation and wavelength sensitivity of Staphylococcus aureus, FEMS Microbiol. Lett., 285 (2008), 227-232]. Im Gegensatz zu UV-Strahlung ist dieses Licht für menschliche Haut sehr gut verträglich. Es konnte außerdem bereits gezeigt werden, dass auch in Wunden vorkommende Keime mit violettem Licht optisch deaktivierbar sind [
F. D. Halstead et al., The antibacterial activity of blue light against nosocomial wound pathogens growing planktonically and as mature biofilms, Appl. Environ. Microbiol., 82, Nr.13, (2016), 4006-16]. Weiter wurde mit Hilfe von Tierversuchen demonstriert, dass sichtbares Blaulicht mit einer Wellenlänge von 420 bis 500 nm [
EP3275506A1 ,
F. Jaffary et al., Macroscopic effect of blue light cure on wound healing in NMRI mice NMRI, Adv. Biomed. Res. 3, 106 (2014)] und Rotlicht im Bereich von 600 bis 750 nm [
WO2013/056110A1 ,
B. J. Erdle et al., Effects of Continuous-Wave 670-nm Red Light on Wound Healing, Dermatol. Surg. 34 (2008), 320-325] die Wundheilung günstig beeinflussen.
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Aus dem Stand der Technik bekannte, relevante Licht-Bestrahlungsgeräte und ihre Nachteile werden im Folgenden aufgeführt.
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In der Druckschrift
WO2016/011233A1 wird die Desinfektion von Objekten mit violettem und blauem Licht beschrieben. Dabei sind die verwendeten Lichtwellenlängen und Bestrahlungsstärken aber nicht für die Heilung von Wunden und ihre besonderen Anforderungen ausgelegt, sondern es wird nur eine keimreduzierte Oberfläche angestrebt und keine neuartige medizinische Behandlungsoption.
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Aus Patentschrift
EP3275506A1 ist zwar ein Blaulichttherapiegerät für die Verbesserung der Heilung von Wunden bekannt. Hierbei ist jedoch von Nachteil, dass die besonders effektiv antibakteriell wirkenden violetten Lichtanteile von 400 bis 420 nm Wellenlänge sowie Rotlichtanteile zur Heilungsoptimierung ausgelassen werden und die Blaulichtdosen von maximal 18,5 J/cm
2 für eine ausreichende Desinfektionswirkung in der Wunde zu gering sind.
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Ferner besteht eine weitere bereits bekannte Vorgehensweise [
WO2014/075101A1 ] darin, einen Wundverband mit LEDs (lichtemittierende Dioden), die farbiges Licht emittieren, auszustatten. Vorrichtungen dieser Art arbeiten aber immer berührend und verwenden bisher nicht für eine Keimreduktion optimierte Wellenlängen.
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Beschreibung der Erfindung
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Die Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Bestrahlungsgerät bereitzustellen, dass einerseits die für die Wundheilung optimalen Wellenlängen im blauen (420 bis 500 nm) und roten (600 bis 750 nm) Spektralbereich des Lichtes abstrahlt und das andererseits gleichzeitig violettes Licht mit einer Wellenlänge von 400 bis 420 nm und einer Dosis liefert, das für die Reduktion von pathogenen Wundkeimen am besten ist.
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Das Gerät bestrahlt die komplette Läsion aus einem Abstand von mindestens 1 cm gleichzeitig, gleichmäßig und berührungslos. Auf diese Weise kann insbesondere eine postoperative Wundinfektion mittels optischer Keimzahlreduktion verhindert (prophylaktische Behandlung) und die Heilung vorhandener Wunden und Wundinfektionen beschleunigt werden.
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Die Keimzahlreduktion geschieht, indem die Mikroorganismen den keimtötenden Lichtanteilen im Wellenlängenbereich von 400 bis 420 nm mit einer Strahlendosis von mindestens 20 J/cm
2 ausgesetzt werden. Infolgedessen verlieren die Keime ihre Infektions- und Reproduktionsfähigkeit. Die Rotlichtanteile stimulieren gleichzeitig ein Hautzellenwachstum und fördern den Wundverschluss. Blaulicht kann darüber hinaus durch Verbesserung der NO (Stickstoffmonoxid)-Bildung eine Erhöhung der Blutzirkulation und der Kollagensynthese in Wunden bewirken, so dass die Wundheilung beschleunigt wird [
EP3275506 ]. NO ist außerdem imstande in menschlichem Gewebe Schmerzzustände zu lindern, was bei Patienten mit Wunden von besonderem Interesse ist.
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Die zu verwendenden Strahlungsdosen in den verschiedenen Wellenlängenbereichen hängen von der jeweiligen Wunde, ihrer Position am Körper, ihrem aktuellen Status und vom Patient (Alter, Größe, Gewicht etc.) ab. Die Rotlicht- und Blaulicht-Strahlungsdosen sind daher variabel im Bereich von 0,1 J/cm2 bis 100 J/cm2. Für die keimtötende Wirkung des violetten Lichtes sind höhere Dosen im Bereich von 20 bis 400 J/cm2 nötig.
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Ein erfindungsgemäßes Bestrahlungsgerät weist eine LED (lichtemittierende Dioden) - Lichtquelle und eine zugehörige Steuereinheit auf. An der Steuereinheit kann der Benutzer alle Behandlungsparameter, wie insbesondere die Strahlungsdosen in den verschiedenen Wellenlängenbereichen, einstellen. Die LED-Lichtquelle wird von mehreren unterschiedlichen LEDs, die violettes, blaues und rotes Licht mit einer spektralen Halbwertsbreite von 5 bis 25 nm emittieren und gleichmäßig auf einer Platine verteilt sind, gebildet. Die Emissionsmaxima der LEDs liegen bevorzugt bei den Wellenlängen 400 bis 415 nm (violett), 450 bis 480 nm (blau) und zwischen 620 und 730 nm (rot).
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Die LED-Lichtquelle enthält außerdem eine Reflektor-Optik zur gleichmäßigen, flächigen Verteilung aller Strahlungsanteile und zur Bündelung des Lichtes auf der Wunde. Anstelle einer Reflektor-Optik kann auch ein optisches Diffusor-Element vor den LEDs eingesetzt werden oder das Diffusor-Element wird zusätzlich zu der Reflektor-Optik verwendet. Die LED-Lichtquelle kann, beispielsweise mittels eines Statives, so positioniert werden, dass die zu behandelnde Wunde mit der emittierten Strahlung beaufschlagbar ist.
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Die mit Hilfe des Bestrahlungsgerätes ausgeleuchtete Fläche auf dem Körper des Patienten ist durch Skalierung, d.h. durch Veränderung der LED-Stückzahl, vergrößer- oder verkleinerbar und liegt im Bereich von etwa 15 bis 300 cm2. Bei gegebener LED-Stückzahl kann außerdem der ausgeleuchtete Bereich zur Behandlung kleiner Wunden durch Blenden vor der Lichtquelle reduziert werden.
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Das erfindungsgemäße Bestrahlungsgerät ist durch die nachfolgend genannten Vorteile gekennzeichnet.
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Das Gerät kombiniert in neuartiger Weise Strahlungsanteil, die in der Wunde keimreduzierend wirken mit Lichtanteilen, die die Wundheilung fördern. Somit können Wundinfektionen verhindert und die Wundheilung verbessert werden.
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Aufgrund der Verwendung von sichtbarer LED-Strahlung ist die Anwendung für die menschliche Haut, im Gegensatz zu UV-Strahlung, gesundheitlich unbedenklich.
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Außerdem sind zur Erzielung der keimreduzierenden Wirkung des Lichtes keinerlei topisch oder systemisch zu verabreichenden externen Zusatzstoffe wie Photosensibilatoren, Antiseptika oder Antibiotika nötig, die zu Nebenwirkungen oder Unverträglichkeiten führen können. Chemikalienrückstände in der Wunde und deren potenziell schädigende Wirkung auf den Menschen werden vollständig vermieden. Die Lichtanwendung ist zudem im Gegensatz zum Auftrag von Chemikalien schmerzfrei und berührungslos. Die berührungslose Anwendung ist im Vergleich zu berührenden Behandlungen hygienisch vorteilhaft. Da die Desinfektion mit Licht antibiotikafrei abläuft, besteht nicht die Gefahr der Bildung von Antibiotikaresistenzen.
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Weiter ist die Behandlung einfach, da die gesamte Wunde gleichzeitig bestrahlt wird und die LED-Lichtquelle nur einmal ausgerichtet werden muss.
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Ein zusätzlicher Vorteil besteht in der kostengünstigen Anwendbarkeit des Gerätes. Entsprechende LEDs sind preiswert in der Anschaffung, langlebig und besitzen einen hohen elektrooptischen Wirkungsgrad. Außerdem müssen keine kostenintensiven Verbrauchsmaterialien oder Zusatzmedien wie z.B. Edelgase bereitgestellt werden.
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LEDs sind im Gegensatz zu Plasmaquellen, die Hochspannungen erfordern, mit sicherer Niederspannung betreibbar. Damit ist das erfindungsgemäße Gerät neben der Anwendung in Kliniken und Arztpraxen potenziell auch für eine Heimanwendung geeignet. Dies ist von besonderem Interesse, da ein Teil der Wundinfektionen erst nach der Entlassung aus der Klink auftritt und die Klinik-Aufenthaltsdauern immer kürzer werden.
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Figurenliste
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Die Erfindung wird als Ausführungsbeispiel anhand von
- 1 Prinzipskizze eines LED-Bestrahlungsgerätes als perspektivische Ansicht
- 2 Prinzipskizze der LED-Lichtquelle mit Reflektor und Diffusor-Element als Draufsicht
- 3 Emissionsspektrum des LED-Bestrahlungsgerätes
näher erläutert.
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1 zeigt ein Ausführungsbeispiel in Form einer Prinzipskizze des LED-Bestrahlungsgerätes als perspektivische Darstellung. Das LED-Bestrahlungsgerät weist eine Steuereinheit 1 auf, an der alle Behandlungsparameter einstellbar sind und die die LEDs mit elektrischem Strom versorgt. Die Steuereinheit ist mit einem Stativ 2 verbunden, an dessen Ende die LED-Lichtquelle angebracht ist. Das Stativ ermöglicht ihre Positionierung oberhalb der Wunde 6 am zu behandelnden Körperteil 5 des Patienten.
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Wie 2 zeigt, wird im vorliegenden Ausführungsbeispiel die LED-Lichtquelle von einer Platine mit LEDs 3, dem Reflektor 4 und dem optischen Diffusor-Element 7, das sich in Strahlrichtung vor den LEDs befindet, gebildet. Das Diffusor-Element ist in diesem Ausführungsbeispiel eine Streuscheibe. Die Platine mit LEDs 3 enthält mehrere, matrixförmig angeordnete LEDs. Im Ausführungsbeispiel werden die drei verschiedenen LED-Typen 3.1, 3.2 und 3.3 verwendet. Von den LEDs wird Strahlung in den Wellenlängenbereichen 400 bis 420 nm, 420 bis 500 nm und 600 bis 750 nm emittiert. Mit Hilfe des Diffusor-Elements 7 und des Reflektors 4 wird eine homogene, flächige Beleuchtung der Wunde 6 mit allen Strahlungsarten erreicht. Bei den emittierten Strahlungen handelt es sich um sichtbares violettes, blaues und rotes Licht. Durch entsprechende Ausrichtung der LED-Lichtquelle mit Hilfe des Statives 2 kann die zu behandelnde Wunde 6 vollständig, gleichmäßig und berührungslos bestrahlt werden.
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In 3 ist das Emissionsspektrum des LED-Bestrahlungsgerätes in der beschriebenen Ausführungsform dargestellt. Es besitzt Emissionsmaxima 8 bei 410 nm, 470 nm und 630 nm Wellenlänge. Die Halbwertsbreiten 9 der Emissionsspektren der drei LED-Typen sind kleiner als 20 nm.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Steuereinheit
- 2
- Stativ
- 3
- Platine mit LEDs
- 3.1
- LED mit einem Emissionsmaximum im Violetten
- 3.2
- LED mit einem Emissionsmaximum im Blauen
- 3.3
- LED mit einem Emissionsmaximum im Roten
- 4
- Reflektor-Optik
- 5
- zu behandelndes Körperteil des Patienten
- 6
- Wunde
- 7
- Diffusor-Element in Form einer Streuscheibe
- 8
- Emissionsmaxima der Emissionsspektren
- 9
- Halbwertsbreiten der Emissionsspektren
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 2016809 B1 [0003, 0004]
- WO 2015/070832 A1 [0004]
- EP 3275506 A1 [0005, 0008]
- WO 2013/056110 A1 [0005]
- WO 2016/011233 A1 [0007]
- WO 2014/075101 A1 [0009]
- EP 3275506 [0012]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- M. Maclean et al., Highintensity narrow-spectrum light inactivation and wavelength sensitivity of Staphylococcus aureus, FEMS Microbiol. Lett., 285 (2008), 227-232 [0005]
- F. D. Halstead et al., The antibacterial activity of blue light against nosocomial wound pathogens growing planktonically and as mature biofilms, Appl. Environ. Microbiol., 82, Nr.13, (2016), 4006-16 [0005]
- F. Jaffary et al., Macroscopic effect of blue light cure on wound healing in NMRI mice NMRI, Adv. Biomed. Res. 3, 106 (2014) [0005]
- B. J. Erdle et al., Effects of Continuous-Wave 670-nm Red Light on Wound Healing, Dermatol. Surg. 34 (2008), 320-325 [0005]