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Die Erfindung betrifft eine Niveauerzwingungseinrichtung für Fahrzeuge zur Personenbeförderung, die einen Wagenkasten aufweisen, der sich über eine Feder auf einem Fahrgestell abstützt.
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Insbesondere befasst sich die Erfindung mit Schienenfahrzeugen zur Personenbeförderung, beispielsweise Straßenbahnen.
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In Straßenbahnanlagen werden die Haltestellen häufig mit Hochbahnsteigen ausgerüstet, damit die Oberkante des Bahnsteigs und der Boden des Wagenkastens annähernd niveaugleich sind und somit insbesondere für behinderte Personen der Ein- und Ausstieg erleichtert wird. Aufgrund der Federung des Wagenkastens ist jedoch das Niveau des Wagenkastens relativ zur Schienenoberkante und somit auch relativ zum Hochbahnsteig nicht konstant, sondern vom Beladungszustand des Fahrzeugs abhängig. Üblicherweise werden das Fahrgestell und die Federung so ausgelegt, dass bei normaler Beladung des Fahrzeugs eine annähernde Niveaugleichheit erreicht wird, wobei der Boden des Wagenkastens auch bei voll besetztem Fahrzeug nicht unterhalb des Bahnsteigniveaus liegen sollte. Bei leerem Fahrzeug liegt dann unvermeidlich das Niveau des Bodens des Wagenkastens um einige Zentimeter höher als das Bahnsteigniveau, so dass das Ziel der weitgehenden Barrierefreiheit nicht erreicht wird.
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Aufgabe der Erfindung ist es, auch bei in einem größeren Bereich variierendem Beladungszustand des Fahrzeugs den Ein- und Ausstieg für Personen zu erleichtern.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine zwischen dem Fahrgestell und dem Wagenkasten wirkende Kolben/Zylinder-Einheit, die dazu eingerichtet ist, bei Druckbeaufschlagung den Wagenkasten entgegen der Kraft der Feder näher an das Fahrgestell heranzuziehen.
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Wenn sich das Fahrzeug im leeren oder nahezu leerem Zustand einer Haltestelle nähert und anhält, so wird, vorzugsweise bevor die Türen geöffnet werden, die Kolben/Zylinder-Einheit mit Druck beaufschlagt. Dadurch wird die Federung des Fahrzeugs komprimiert, und der Wagenkasten wird so weit an das Fahrgestell herangezogen, dass der Niveauunterschied zumindest so weit ausgeglichen wird, dass er innerhalb eines zulässigen Bereiches liegt. Wenn die Fahrgäste eingestiegen sind und die Türen wieder geschlossen wurden, so wird die Kolben/Zylinder-Einheit wieder deaktiviert, so dass der Wagenkasten wieder ausfedert und dann wieder das übliche Federspiel aufweist, so dass der Federungskomfort während der Fahrt nicht beeinträchtigt wird.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform wird eine doppelt wirkende Kolben/Zylinder-Einheit verwendet, beispielsweise ein doppelt wirkender Hydraulikzylinder. Das ermöglicht es, in den Betriebsphasen, in denen keine Niveauerzwingung stattfindet, insbesondere während der Fahrt, die Kolben/Zylinder-Einheit aktiv so weit auszufahren, dass ein Mitnehmer dieser Einheit, der bei aktiver Niveauerzwingung dazu dient, den Wagenkasten gegen das Fahrgestell zu ziehen, gegenüber dem Wagenkasten ein Spiel aufweist, das mindestens dem Federspiel entspricht. Im Vergleich zu einer Lösung mit einfach wirkendem Hydraulikzylinder, der im inaktiven Zustand einfach drucklos gestaltet wird, hat dies den Vorteil, dass der Kolben und die Kolbenstange des Hydraulikzylinders nicht am Federspiel teilnehmen, sondern stationär bleiben, wodurch der Verschleiß beträchtlich herabgesetzt wird.
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In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform wird bei Aktivierung der Kolben/Zylinder-Einheit der Druck abhängig vom gemessenen Abstand zwischen Wagenkasten und Fahrgestell so geregelt, dass der Wagenkasten beladungsunabhängig stets das gleiche Niveau aufweist.
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Die Niveauerzwingungseinrichtung sollte für mindestens eine Tür des Fahrzeugs vorgesehen sein. Es können jedoch auch ist gesonderte und unabhängig von einander arbeitende Niveauerzwingungseinrichtungen für jede Tür des Fahrzeugs vorgesehen sein.
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Die Erfindung ist nicht auf bestimmte Federungssysteme beschränkt, insbesondere auch nicht auf rein mechanische Federungssysteme, sondern kann auch bei Luftfedern, hydropneumatischen Federn und dergleichen eingesetzt werden.
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Im folgenden werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert.
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Es zeigen:
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1 eine schematische Ansicht von Teilen einer Straßenbahn mit einer erfindungsgemäßen Niveauerzwingungseinrichtung;
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2 einen vergrößerten Schnitt durch die Niveauerzwingungseinrichtung;
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3 und 4 Schnitte analog zu 2 für unterschiedliche Zustände der Niveauerzwingungseinrichtung; und
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5 eine schematische Ansicht einer Straßenbahn mit einer Niveauerzwingungseinrichtung gemäß einem anderen Ausführungsbeispiel.
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In 1 sind von einem Straßenbahnwagen lediglich ein Teil eines Wagenkastens 10 sowie eines von mehreren Fahrgestellen 12 (Drehgestellen) gezeigt. Der Wagenkasten 10 bildet einen Einstieg mit einer Tür 14 und hat einen Boden 16, der insbesondere im Bereich des Einstiegs durchgehend eben ist und sich über eine Feder 18, im gezeigten Beispiel eine Schraubendruckfeder, auf dem Fahrgestell 12 abstützt.
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Das Fahrgestell 12 weist Räder 20 auf, die auf einer Schiene 22 eines Straßenbahngleises laufen und auf denen sich ein Rahmen 24 des Fahrgestells über eine Primärfederung abstützt. Im gezeigten Beispiel wird die Primärfederung durch Schraubenfedern 26 gebildet, die jeweils zwischen einen Teil des Rahmes 24 und einer Schwinge 28 wirken, die gelenkig mit dem Rahmen 24 verbunden ist und an deren Ende jeweils eines der Räder 20 drehbar gelagert ist.
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In 1 ist außerdem ein Teil eines Hochbahnsteigs 30 gezeigt, dessen Oberkante 32 etwas unterhalb des Bodens 16 des Wagenkastens 10 liegt. Der Abstand zwischen dem Boden 16 des Wagenkastens und der Oberkante 32 des Bahnsteigs ist mit E bezeichnet.
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In 1 ist die Situation für den Fall dargestellt, dass sich keine Fahrgäste in der Straßenbahn befinden. Die Feder 18, die auch als Sekundärfeder bezeichnet wird, ist deshalb maximal ausgefedert. Diese Feder ist so auf das Gewicht des Wagenkastens 10 und das typische Gewicht der Fahrgäste abgestimmt, dass im Normalbetrieb, wenn sich eine gewisse Anzahl von Fahrgästen in der Straßenbahn befindet, die Sekundärfeder so weit eingefedert ist, dass der Abstand E unterhalb eines bestimmten Grenzwertes liegt, bei dem das Kriterium der Barrierefreiheit des Einstiegs noch als erfüllt angesehen werden kann. Im Leerzustand (1) wird dieser Grenzwert jedoch überschritten.
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Um einen barrierefreien Einstieg auch in dem Fall zu ermöglichen, dass der Straßenbahnwagen gerade das Depot verlassen hat und die Haltestelle mit dem Hochbahnsteig 30 diejenige Haltestelle bildet, an der die ersten Fahrgäste einsteigen, ist erfindungsgemäß für jeden Einstieg des Straßenbahnwagens eine Niveauerzwingungseinrichtung 34 vorgesehen. Diese weist eine Kolben/Zylinder-Einheit 36 auf, die von der Feder 18 umschlossen ist und sich mit ihrem unteren Ende ebenso wie die Feder 18 auf dem Rahmen 24 des Fahrgestells abstützt. Eine Kolbenstange der Kolben/Zylinder-Einheit 36 ragt durch eine Öffnung im Boden 16 des Wagenkastens in eine im Fahrzeuginneren gebildete Tasche 38 und trägt dort einen Mitnehmer 40, der den Boden 16 des Wagenkastens übergreift, jedoch in dem in 1 gezeigten Zustand in Abstand oberhalb des Bodenniveaus liegt.
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Zu der Niveauerzwingungseinrichtung 34 gehört weiterhin noch ein Abstandssensor 42, beispielsweise ein berührungslos arbeitender optischer Sensor, der den Abstand D zwischen dem Boden 16 des Wagenkastens und der Oberseite des Rahmens 24 des Fahrgestells misst, sowie ein elektronischer Regler 44 und eine Druckquelle 46 für die Druckbeaufschlagung der Kolben/Zylinder-Einheit 36.
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Wenn die Kolben/Zylinder-Einheit mit Druck beaufschlagt wird, so zieht sie mit dem Mitnehmer 40 den Boden 16 des Wagenkastens 10 und damit den gesamten Wagenkasten im Bereich des Einstiegs 14 nach unten, so dass die Feder 18 stärker komprimiert wird und der Abstand E zwischen dem Boden des Wagenkastens und der Oberkante 32 des Bahnsteigs abnimmt. Da der Federweg der Primärfeder vernachlässigbar klein ist, erlaubt der mit dem Abstandssensor 42 gemessene Abstand D zwischen dem Boden des Wagenkastens und dem Rahmen 24 des Fahrgestells eine hinreichend genaue Bestimmung des aktuellen Abstands E. Dieses Messergebnis dient im Regler 44 als Rückkopplungssignal für die Ansteuerung der Druckquelle 46, so dass während eines Haltes des Straßenbahnwagens eine Niveauregelung durchgeführt werden kann.
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Wenn der Wagenkasten 10 mehrere Einstiege aufweist, so ist für jeden Einstieg eine gesonderte Niveauerzwingungseinrichtung 34 vorgesehen, und diese Einrichtungen arbeiten unabhängig voneinander, so dass die Niveauregelung auch unterschiedlichen Verteilungen der Fahrgäste im Inneren des Wagenkastens Rechnung tragen kann.
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Im gezeigten Beispiel wird die Kolben/Zylinder-Einheit 36 durch einen doppelt wirkenden Hydraulikzylinder 48 gebildet, der in 2 noch einmal vergrößert dargestellt ist. Ein Zylinderkörper 50 dieses Hydraulikzylinders ist am oberen und am unteren Ende druckdicht verschlossen und wird durch einen in vertikaler Richtung verschiebbaren Kolben 52 in zwei Druckräume 54 und 56 unterteilt. Eine Kolbenstange 58 ist in bekannter Weise druckdicht aus dem Zylinderkörper 50 herausgeführt und verläuft frei durch die bereits erwähnte Öffnung 60 im Boden 16 des Wagenkastens und verbindet den Kolben 52 mit dem Mitnehmer 40.
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Die Druckräume 54 und 56 sind über jeweilige Hydraulikleitungen mit der Druckquelle 46 verbunden.
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In dem in den 1 und 2 gezeigten Zustand ist der obere Druckraum 56 drucklos, und der untere Druckraum 54 wird auf einem relativ niedrigen Druck gehalten, der ausreicht, den Kolben 52 in einer oberen Endlage zu halten, in der der Mitnehmer 40 einen gewissen Abstand zum Boden 16 des Wagenkastens aufweist.
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Wenn der Straßenbahnwagen die Haltestelle mit dem Hochbahnsteig 30 anfährt und der Wagenkasten auf das Niveau der Bahnsteigoberkante geregelt werden soll, so wird der untere Druckraum 54 drucklos geschaltet und der obere Druckraum 56 mit Druck beaufschlagt, so dass sich der Kolben 52 nach unten bewegt und der Mitnehmer 40 den Wagenkasten näher an den Rahmen 24 des Fahrgestells 12 heranzieht. Dieser Zustand ist in 3 dargestellt. Der Abstand zwischen dem Boden 16 des Wagenkastens und der Oberkante 32 des Bahnsteigs wird nun auf einen Wert Emin geregelt, der deutlich kleiner ist als der Wert E in 1 und ein praktisch barrierefreies Ein- und Aussteigen ermöglicht.
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Wenn der Straßenbahnwagen die Fahrt fortsetzt und die Türen wieder geschlossen werden, so wird der obere Druckraum 56 wieder drucklos geschaltet, und der untere Druckraum 54 wird so mit Druck beaufschlagt, dass der Mitnehmer 40 wieder vom Boden 16 des Wagenkastens abgehoben wird und in einem geeigneten Sicherheitsabstand S oberhalb des Bodens 16 gehalten wird. Dieser Zustand ist in 4 gezeigt. Der Abstand zwischen dem Boden 16 und der Oberkante 32 des Bahnsteigs hat nun einen Wert EL, der kleiner ist als der Wert E in 1, jedoch größer als der Wert Emin in 3. Dieser Wert EL ist vom dynamischen und statischen Belastungszustand des Wagenkastens abhängig und somit entsprechend den Ein- und Ausfederbewegungen der Feder 18 variabel. Der Sicherheitsabstand S gewährleistet jedoch, dass der Kolben 52 unabhängig vom Federspiel der Sekundärfeder stationär bleiben kann, so dass es nicht zu unnötigem Verschleiß und zu einer reibungsbedingten Erwärmung des Hydraulikzylinders und des Hydrauliköls kommt.
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Der Sicherheitsabstand S sollte jedoch so klein gewählt werden, dass sich die Niveauerzwingungseinrichtung im Bedarfsfall (z. B. wenn viele Fahrgäste ausgestiegen sind) ohne nennenswerte Verzögerung wieder aktivieren lässt. Beispielsweise kann der Weg des Kolbens 52 bzw. des Mitnehmers 40 mit einer nicht gezeigten Messeinrichtung gemessen werden, so dass die Position des Kolbens mit Hilfe des Reglers 44 aktiv auf einen Wert geregelt werden kann, der vom gemessenen Abstand D zwischen Fahrgestell und Wagenkasten abhängig ist.
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In dem hier gezeigten Beispiel ist angenommen worden, dass der Federweg der durch die Federn 26 gebildeten Primärfederung vernachlässigbar ist. Falls dies nicht der Fall ist, kann jedoch bei der Regelung des Abstands E auch dieser Federweg berücksichtigt werden, der im allgemeinen proportional zum Federweg der Feder 18 sein wird. Wahlweise ist es in einer anderen Ausführungsform auch möglich, statt des Abstands zwischen dem Wagenkasten und dem Fahrgestell direkt den Abstand zwischen dem Wagenkasten und der Oberkante der Schiene 22 zu messen.
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5 illustriert eine alternative Einbauweise der Niveauerzwingungseinrichtung 34, bei der die Kolben/Zylinder-Einheit 36 in umgekehrter Stellung montiert ist, so dass der Mitnehmer 40 nunmehr am unteren Ende dieser Einheit in eine Tasche 38' im Rahmen 24 des Fahrgestells eintritt. Demzufolge wird kein Bauraum im Inneren des Wagenkastens 10 benötigt. Der Zylinderkörper der Kolben/Zylinder-Einheit 36 ist fest am Boden 16 des Wagenkastens verankert. Wenn die Niveauerzwingung aktiviert werden soll, wird der Mitnehmer 40 hydraulisch nach oben gezogen, so dass er an einer die Tasche 38' abschließenden oberen Wand des Rahmens 24 anschlägt und dann der Zylinderkörper den Wagenkasten 10 nach unten zieht.