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HINTERGRUND
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Die Erfindung bezieht sich auf eine Finisheinheit zur Verwendung an einer Finishvorrichtung zur Finishbearbeitung von Umfangsflächen im Wesentlichen rotationssymmetrischer Werkstückabschnitte an Werkstücken gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1 sowie auf eine mit einer derartigen Finisheinheit ausgestattete Finishvorrichtung.
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Das Finishen, das auch als Superfinishen bezeichnet wird, ist ein spanendes Feinbearbeitungsverfahren mit unbestimmten Schneiden. Durch Finishen können Werkstückoberflächen von rotationssymmetrischen oder nicht-rotationssymmetrischen Werkstückabschnitten an Werkstücken wie Kurbelwellen, Nockenwellen, Getriebewellen oder anderen Bauteilen für Kraft- und Arbeitsmaschinen zur Erzeugung einer gewünschten Oberflächenfeinstruktur bearbeitet werden. Beim Finishen wird ein mit körnigem Schneidmittel besetztes Finishwerkzeug (Finishstein oder Finishband) an die zu bearbeitende Umfangsfläche angedrückt. Zur Erzeugung der für den Materialabtrag erforderlichen Schnittgeschwindigkeit wird das Werkstück um seine Werkstückachse gedreht. Bei manchen Verfahrensvarianten des Finishens wird gleichzeitig eine parallel zur Werkstückachse oszillierende Relativbewegung zwischen dem Werkstück und dem an der Umfangsfläche anliegenden Finishwerkzeug erzeugt. Durch die Kombination der Rotationsbewegung des Werkstückes und der überlagerten Oszillationsbewegung kann ein so genanntes Kreuzschliffmuster erzeugt werden, wodurch die bearbeiteten Werkstückoberflächen z. B. als Laufflächen für Gleitlager oder Wälzlager oder dergleichen besonders geeignet sind. Bei dem zu bearbeiteten Werkstückabschnitt kann es sich beispielsweise um ein Hauptlager oder ein Hublager einer Kurbelwelle oder um ein Nockenwellenlager handeln.
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Im Unterschied zum Schleifen ist das Finishen ein thermisch neutrales Bearbeitungsverfahren, bei dem keine mit Mikrorissen oder Oberflächenspannungen durchsetzte Weichhaut entsteht. Das Finishen wird häufig nach einem Schleifprozess als letztes spanabhebendes Bearbeitungsverfahren einer Prozesskette eingesetzt, um die Weichhaut zu entfernen, die ursprüngliche Gefügestruktur wieder freizulegen, den Traganteil der aufgerauten Oberflächenstruktur zu erhöhen und die Bauteilgeometrie bezüglich Rundheit und kurzwelligen Fehlern in Axialrichtung und Umfangsrichtung zu verbessern.
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Das Schleifen ist dabei die letzte formgebende Bearbeitungsoperation. Beim Schleifen ist die Geometrie des Schleifwerkzeugs der Maschinensteuerung bekannt, so dass das Werkstück entsprechend der durch die Maschinensteuerung bewirkten Werkzeugführung durch Schleifen konturiert werden kann. Eine Voraussetzung für diese Formgebung ist das regelmäßige Abrichten oder Einmessen der Schleifwerkzeuge. Der Schleifprozess ist aber in der Regel nicht in der Lage, die durch die Finishbearbeitung erzielbaren Oberflächeneigenschaften zu erzielen.
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Die vorteilhaften Oberflächeneigenschaften durch Finishen werden z. B. beim Bandfinishen dadurch erreicht, dass ein abrasives Finishband durch eine Andrückeinrichtung mit einem geeignet ausgelegten harten, weichen und/oder flexiblen Werkzeugformeinsatz mit einer definierten Andrückkraft (z. B. zwischen 50 N und 500 N) gegen den zu bearbeitenden Werkstückabschnitt gedrückt wird. Dabei wird die Andrückkraft z. B. über Vorgabe des Hydraulikdrucks eines hydraulischen Aktors gesteuert. Durch die hieraus resultierende spezifische Flächenpressung zwischen Finishband und Werkstückoberfläche (in der Regel zwischen 0.05 und 2 N/mm2) kommen der gewünschte Materialabtrag sowie eine feine Oberflächenstruktur zustande. Die Bandfinishbearbeitung erfolgt kraft- und verweilzeitgesteuert, so dass das Prozessergebnis u. a. eine Funktion der Andrückkraft und der Prozesszeit ist.
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Die resultierende Geometrie der Bearbeitungsstelle ist dagegen im Wesentlichen von der Vorbearbeitung, d. h. vom vorgeschalteten Schleifprozess abhängig. Sowohl in axialer als auch in tangentialer Orientierung bleibt die globale geometrische Formgestalt erhalten, lediglich Welligkeiten höherer Ordnung in tangentialer und axialer Richtung können ggf. reduziert werden.
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Der Schleifprozess muss daher so ausgelegt sein, dass am Ende des Schleifprozesses keine durch Finishen nicht eliminierbaren Formfehler übrigbleiben, beispielsweise Welligkeiten kleiner Ordnungen, die auch als Polygone bezeichnet werden. Eine Möglichkeit, Formfehler während der Schleifbearbeitung zu vermeiden und die final geforderte globale Rundlaufgüte am Ende des Schleifprozesses zu erhalten, besteht darin, die Vorschubparameter bei der Schleifbearbeitung auf relativ geringe Werte zu begrenzen. Dadurch muss in der Regel eine relativ lange Vorbearbeitungszeit in Kauf genommen werden.
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AUFGABE UND LÖSUNG
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Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine gattungsgemäße Finisheinheit und eine damit ausgestattete Finishvorrichtung bereitzustellen, die es ermöglichen, Verfahren zur Finishbearbeitung durchzuführen, die eine Kostenoptimierung der Prozesskette Schleifen – Finishen bei mindestens gleichbleibender Endqualität der bearbeiteten Werkstücke ermöglichen.
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Zur Lösung dieser Aufgabe stellt die Erfindung eine Finisheinheit mit den Merkmalen von Anspruch 1 bereit. Weiterhin wird eine Finishvorrichtung mit den Merkmalen von Anspruch 12 bereitgestellt. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird durch Bezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht.
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Bei Verwendung derartiger Finisheinheiten können neue Finishvorrichtungen aufgebaut oder bestehende herkömmliche Finishvorrichtungen geeigneter Konfiguration (Maschinenbett, Werkstückhalterung etc.) zu neuartigen Finishvorrichtungen umgerüstet werden. Die Finisheinheit kann zum Aufbauen von Finishvorrichtungen verwendet werden, die z. B. zur Durchführung des in dieser Anmeldung beschriebenen Finishverfahrens geeignet sind.
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Die Finisheinheit hat mindestens einen beweglich gelagerten Finisharm, der im Betrieb eine Andrückeinrichtung zum Andrücken eines mit Schneidmittel besetzten Finishwerkzeugs an einen zu bearbeitenden Werkstückabschnitt trägt, wobei beim Andrücken eine bestimmte Andrückkraft aufgebracht werden kann. Weiterhin ist eine mit dem Finisharm gekoppelte Finisharm-Antriebseinheit vorhanden, die an eine Steuereinrichtung der aufzubauenden Finishvorrichtung bzw. Finishmaschine anschließbar ist und durch die Steuereinrichtung zur Erzeugung von Arbeitsbewegungen des Finisharms ansteuerbar ist. Die Finisharm-Antriebseinheit ist eine elektromechanische Antriebseinheit, die so konfiguriert ist, dass das Finishwerkzeug über die Finisharm-Antriebseinheit weggesteuert bewegt werden kann.
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An der Finisheinheit kann eine Einrichtung zur Erzeugung eines der Andrückkraft des Finishwerkzeugs proportionalen Kraftsignals vorgesehen sein. Hierzu reicht ggf. ein Anschluss an der Antriebseinheit, an dem eine dem Motorstrom proportionale elektrische Spannung abgegriffen werden kann. Eventuell kann ein gesonderter Kraftsensor vorgesehen sein, z. B. sehr nahe am Finishwerkzeug in einer Andrückeinrichtung.
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Die Erfindung betrifft auch eine Finishvorrichtung zur Finishbearbeitung von Umfangsflächen im Wesentlichen rotationssymmetrischer Werkstückabschnitte an Werkstücken, die dafür eingerichtet ist, unter anderem die in dieser Anmeldung beschriebenen Finishverfahren durchzuführen. Die Finishvorrichtung hat eine Dreheinrichtung zur Drehung des Werkstücks um eine Werkstückachse. In der Regel ist weiterhin eine Oszillationseinrichtung zur Erzeugung einer axial oszillierenden Relativbewegung zwischen Finishwerkzeug und Werkstück parallel zur Werkstückachse vorgesehen, die vorzugsweise optional zugeschaltet oder abgeschaltet werden kann. Weiterhin ist mindestens eine Finisheinheit vorgesehen, die mindestens einen beweglich gelagerten Finisharm aufweist, der im Betrieb eine Andrückeinrichtung zum Andrücken eines mit Schneidmittel besetzten Finishwerkzeugs an einen zu bearbeitenden Werkstückabschnitt trägt. Eine mit dem Finisharm gekoppelte Finisharm-Antriebseinheit ist an eine Steuereinrichtung der Finishvorrichtung angeschlossen und ist durch die Steuereinrichtung zur Erzeugung von Arbeitsbewegung des Finisharms ansteuerbar. Die Bewegung des Finisharms verursacht die Zustellbewegung des Finishwerkzeugs.
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Die Eignung zur Durchführung des Verfahrens ergibt sich unter anderem dadurch, dass das Finishwerkzeug über die Finisharm-Antriebseinheit weggeregelt bzw. positionsgeregelt bewegt werden kann. Es wird also eine weggeregelte bzw. positionsgeregelte Maschinenachse bereitgestellt, die das Finishwerkzeug gegen die Bearbeitungsstelle drückt. Der Begriff „Maschinenachse” bezeichnet allgemein eine bewegliche Einrichtung, die durch mindestens einen Antrieb in mindestens einem mechanischen Freiheitsgrad bewegt werden kann. Es kann sich z. B. um eine translatorische Maschinenachse oder um rotatorische Maschinenachse handeln.
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Weiterhin kann eine Einrichtung zur Erzeugung eines der Andrückkraft proportionalen Kraftsignals vorgesehen sein. Das Kraftsignal kann beispielsweise durch Auswertung des Motorstroms der individuellen Finisharm-Antriebseinheit ermittelt werden. Es ist auch möglich, im Kraftfluss des Finisharms einen an die Steuereinrichtung angeschlossenen Kraftsensor vorzusehen, der ein der Andrückkraft proportionales Kraftsignal erzeugt, das von der Steuereinrichtung verarbeitet werden kann. Die Steuereinrichtung ist dann dazu konfiguriert, das Kraftsignal zu verarbeiten und einen Zustellweg des Finishwerkzeugs in Abhängigkeit von dem Kraftsignal zu steuern. Auf diese Weise kann die Zustellachse mittels der Finisharm-Antriebseinheit bei Bedarf auch in einem kraftgeregelten Betrieb verwendet werden.
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Bei bevorzugten Ausführungsformen ist die Finisharm-Antriebseinheit eine elektromechanische Antriebseinheit, welche vorzugsweise mit einem elektrischen Servomotor ausgestattet ist. Der Servomotor bildet gemeinsam mit einem Servoregler einen Servoantrieb, der es ermöglicht, den Servomotor in einem geschlossenen Regelkreis zu betreiben. Der Betrieb kann grundsätzlich momentengeregelt, geschwindigkeitsgeregelt oder positionsgeregelt sein, wobei beim beschriebenen Finishverfahren vor allem auch die Möglichkeit des positionsgeregelten Betriebs genutzt wird.
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Bei einem Finishverfahren gemäß dieser Offenbarung wird ein der Andrückkraft proportionales Kraftsignal ermittelt und ein Zustellweg des Finishwerkzeugs wird während mindestens einer Phase des Finishverfahrens in Abhängigkeit von dem Kraftsignal gesteuert.
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Der Begriff „Zustellung” bezeichnet hierbei eine Arbeitsbewegung des Finishwerkzeugs in Richtung des zu bearbeitenden Werkstückabschnitts bzw., bei Umkehr der Bewegungsrichtung, eine Rückzugsbewegung zur Entfernung des Finishwerkzeugs vom Werkstückabschnitt. Für diese Bewegung ist bei der beanspruchten Erfindung eine Wegregelung bzw. eine Positionsregelung vorgesehen. Dadurch ist es möglich, durch die Finishbearbeitung am zu bearbeitenden Werkstückabschnitt auch Formfehler geringerer Ordnungen in Umfangsrichtung zu reduzieren. Die Finishbearbeitung kann hierdurch in gewissem Umfang nicht nur zur Verbesserung von der aus den Vorbearbeitungsstufen resultierenden Mikroform genutzt werden, sondern auch zur Verbesserung der Makroform, also zur Formgebung. Der Begriff „Mikroform” bezieht sich hierbei in erster Linie auf diejenigen Gestaltabweichungen, die auch durch herkömmliche Finishverfahren verbessert werden können, insbesondere also die Rundheit, die kurzwelligen bzw. höherwelligen Formfehler sowie die Rauheit. Der Begriff „Makroform” bezieht sich dagegen auch auf niederwellige Formfehler in Umfangsrichtung (Polygone), die herkömmlich mittels Finishen nicht verbessert werden konnten.
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Bekanntlich findet bei einer Regelung (closed loop control) die fortlaufende Rückkopplung einer Ausgangsgröße auf den Eingang eines Reglers (Regeleinrichtung) statt. Bei einer Steuerung (open loop control) fehlt eine derartige Rückkopplung. Sowohl die Steuerung als auch die Regelung umfassen eine gezielte Beeinflussung einer zu beeinflussenden Größe, die bei einer Steuerung als „Steuergröße” und bei einer Regelung als „Regelgröße” bezeichnet werden kann. Bei der beanspruchten Erfindung wird die Position des Finishwerkzeugs als zu beeinflussende Größe gesteuert. Da diese Steuerung in Abhängigkeit vom (positionsabhängigen) Kraftsignal erfolgt, welches an die Steuereinrichtung rückgekoppelt wird, wird eine Positionsregelung bzw. Wegregelung der Zustellbewegung realisiert.
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Da ein gewisser Anteil der Formgebung von der Vorbearbeitung durch Schleifen in Richtung der Finishbearbeitung verlagert werden kann, können die Anforderungen an die durch Schleifen erzielbare Formgenauigkeit reduziert werden. Somit ist auch eine Reduzierung der Vorbearbeitungszeiten möglich, die heute einen erheblichen Anteil der Wertschöpfungskette der durch Schleifen und Finishen bearbeiteten Bauteile ausmachen. Dadurch kann sich eine Kostenersparnis für die gesamte Prozesskette ergeben, an deren Ende das Schleifen und das nachgeschaltete Finishen stehen.
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Für eine gezielte Formgebung durch Finishen wird es als vorteilhaft angesehen, wenn die wirksamen Konturen und die Position des Finishwerkzeugs für die Steuerung der Finishvorrichtung zumindest in der Endphase der Finishbearbeitung bekannt sind. Um dies zu erreichen, ist bei manchen Verfahrensvarianten vorgesehen, dass das Finishwerkzeug vor Beginn der Finishbearbeitung durch eine in Richtung des Werkstückabschnitts geführte Zustellbewegung an den Werkzeugabschnitt angefahren wird, das Kraftsignal während der Zustellbewegung überwacht wird und ein beim ersten Werkstückkontakt, also beim ersten Berührungskontakt zwischen Finishwerkzeug und Werkstückabschnitt, auftretender Sprung im Kraftsignal detektiert und zur Steuerung der Zustellung verarbeitet wird. Durch diese Auswertung des Kraftsignals im Sinne einer Anfahrerkennung wird die Position des erstmaligen Werkzeugkontakts mit dem Werkstück detektiert, so dass die Werkzeugposition relativ zum Werkstück ab diesem Zeitpunkt bzw. ab dieser Werkzeugposition für die Steuerung bekannt ist. Die nachfolgenden Phasen der Finishbearbeitung können in Abhängigkeit dieser Referenzierung gesteuert werden. So ist es möglich, sowohl mit Bandfinishwerkzeugen als auch mit Finishsteinen eine formgebende Finishbearbeitung zu realisieren, ohne dass vor der Bearbeitung die Geometrie des Finishwerkzeugs bekannt sein muss.
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Bei einer Verfahrensvariante, die bei der Beseitigung von Formfehlern niedriger Ordnungen, den sogenannten Polygonen, besonders vorteilhaft sein kann, wird während einer Zustellbewegung des Finishwerkzeugs das Kraftsignal überwacht und die Zustellbewegung in einer ersten Position angehalten, an das Kraftsignal einen vorab vorgebbaren ersten Schwellwert erreicht, und die Finishbearbeitung wird dann bei in der ersten Position angehaltener Zustellung weitergeführt. Bis zum Erreichen der ersten Position wird das Finishwerkzeug somit in Richtung des zu bearbeitenden Werkstückabschnitts bewegt (zugestellt). Bei dieser Zustellbewegung steigt das Kraftsignal an, wenn das Finishwerkzeug in Kontakt mit dem Werkstückabschnitt steht. Diese Zustellbewegung wird bei einer vorbestimmten Andrückkraft gestoppt. Da die Werkstückdrehung und eine gegebenenfalls zusätzlich vorgesehene relative Oszillationsbewegung zwischen Werkstück und Finishwerkzeug in Axialrichtung weiterlaufen, findet ein Materialabtrag vorwiegend in den Bereichen statt, wo die höchste Andrückkraft auftritt. Hierdurch werden radial zur Werkstückachse weiter außerhalb liegende Umfangsabschnitte im Vergleich zu weiter innerhalb liegenden Umfangsabschnitten stärker abgetragen, so dass Radienunterschiede reduziert werden und die Rundheit verbessert wird.
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Vorzugsweise wird das Kraftsignal bei in der ersten Position angehaltener Zustellung überwacht und die Zustellbewegung wird fortgesetzt, wenn das Kraftsignal einen vorgebbaren zweiten Schwellwert erreicht, der niedriger als der erste Schwellwert ist. Die oben beschriebene Bearbeitung bei in der ersten Position angehaltenem Vorschub führt zu einem bevorzugten Materialabtrag in den am weitesten nach außen stehenden Bereichen, wodurch allmählich die Andrückkraft absinkt. Ist der zweite Schwellwert für das Kraftsignal erreicht, wird die Zustellung fortgesetzt, so dass die Andrückkraft danach wieder zunimmt und ein weiterer Materialabtrag erfolgen kann. Dabei wird dann weiteres Material abgetragen, bevorzugt wiederum in den weiter außen stehenden Bereichen, sofern solche noch vorhanden sind.
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Vorzugsweise wird die Zustellbewegung in der Weise fortgesetzt, dass das Finishwerkzeug um ein vordefiniertes Weginkrement bis in eine zweite Position zugestellt wird. Dadurch steigen die Andrückkraft und das dazu proportionale Kraftsignal wieder an. Die zweite Position wird dann in der Regel so lange gehalten, bis das Kraftsignal einen vorgebbaren dritten Schwellwert erreicht, der dem zweiten Schwellwert entsprechen kann oder sich von diesem unterscheiden kann.
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Die schrittweise Zustellung des Finishwerkzeugs über gewisse Weginkremente kann einmal oder mehrfach wiederholt werden, bis die gewünschte Makroform durch Finishen hergestellt ist. Dieser Zeitpunkt kann beispielsweise dadurch detektiert werden, dass Schwankungen im Kraftsignal während der Drehung des Werkstücks überwacht werden. Wenn die Schwankungsbreite unter einen gewissen Schwellwert sinkt, erkennt die Steuerung automatisch, dass Unrundheiten des Werkstückabschnitts im Rahmen der Toleranzen beseitigt sind.
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Bei manchen Verfahrensvarianten wird während mindestens einer Konstantkraftphase die Zustellung der Andrückeinrichtung bzw. des Finishwerkzeugs derart geregelt, dass die Andrückkraft im Wesentlichen konstant bleibt. Ein solcher kraftgeregelter Prozess kann sich beispielsweise an die oben beschriebene inkrementale Zustellung zur Reduzierung von Unrundheiten anschließen. Bei einer Bearbeitung mit konstanter Andrückkraft ändert sich die Position bzw. der Weg des Finishwerkzeugs in der Regel relativ gleichmäßig und relativ langsam, so dass über den gesamten Umfang des Werkstückabschnitts gleichmäßige Oberflächeneigenschaften erzielt werden können.
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Vorzugsweise wird bei Eintritt einer vorgebbaren Rückfahrbedingung eine Rückfahrbewegung des Finishwerkzeugs automatisch eingeleitet. Es erfolgt somit eine Zustellung in entgegen gesetzter Richtung. Die Rückfahrbewegung kann beispielsweise nach einer definierten Bearbeitungszeit oder nach einer definierten Durchmesserreduzierung am bearbeiteten Werkstückabschnitt eingeleitet werden.
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Die beanspruchte Erfindung kann beim Bandfinishen genauso genutzt werden wie beim Finishen mit Hilfe harter Finishwerkzeuge, z. B. beim bandlosen Finishen mittels Finishsteinen.
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Diese und weitere Merkmale gehen außer aus den Ansprüchen auch aus der Beschreibung und den Zeichnungen hervor, wobei die einzelnen Merkmale jeweils für sich allein oder zu mehreren in Form von Unterkombinationen bei einer Ausführungsform der Erfindung und auf anderen Gebieten verwirklicht sein und vorteilhafte sowie für sich schutzfähige Ausführungen darstellen können. Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden im Folgenden näher erläutert.
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KURZBESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
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1 zeigt schematisch eine Ausführungsform einer Bandfinishmaschine zur Finishbearbeitung von Umfangsflächen im Wesentlichen rotationssymmetrischer Werkstückabschnitte an Werkstücken wie Kurbelwellen oder Nockenwellen;
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2 zeigt eine Ausführungsform einer Finisheinheit, die für die Bearbeitung eines koaxial mit der Rotationsachse des Werkstücks liegenden Werkstückabschnitts eingerichtet ist;
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3 zeigt eine Ausführungsform einer schwenkbar gelagerten Finisheinheit, die für die Bearbeitung eines exzentrisch um die Rotationsachse des Werkstücks umlaufenden Werkstückabschnitts eingerichtet ist;
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4 zeigt schematisch einen Querschnitt durch einen Werkstückabschnitt mit einem dreiwelligen Formfehler während der Finishbearbeitung; und
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5 zeigt ein Zustellweg/Andrückkraft-Zeit-Diagramm für eine Prozessvariante einer Finishbearbeitung zur Beseitigung von Welligkeiten niedriger Ordnung.
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DETAILLIERTE BESCHREIBUNG BEVORZUGTER AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
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Die schrägperspektivische Darstellung in 1 zeigt schematisch eine als Bandfinishmaschine eingerichtete Finishvorrichtung 100 zur Finishbearbeitung von Umfangsflächen im Wesentlichen rotationssymmetrischer Werkstückabschnitte an Werkstücken wie Kurbelwellen oder Nockenwellen. Die gezeigte Bandfinishmaschine ist zur Bearbeitung eines Werkstücks 110 in Form einer Kurbelwelle eingerichtet. Das Maschinenbett 120 der Bandfinishmaschine ist als 45°-Schrägbett konstruiert und trägt an der schrägen Oberseite wesentliche mechanische Komponenten der Finishmaschine.
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Das Werkstück 110 ist mit horizontaler Werkstückachse in einer Werkstückhaltevorrichtung aufgenommen. Diese umfasst einen fest auf dem Maschinenbett montierten Spindelstock 130 und einen im Schleppbetrieb horizontal verfahrbaren Reitstock 140. Das Werkstück ist zwischen Spitzen des Spindelstocks und des Reitstocks eingespannt. Der Spindelstock enthält einen Drehantrieb zur Drehung des Werkstücks um seine Werkstückachse sowie einen Oszillationsantrieb zur Erzeugung einer parallel zur Werkstückachse kurzhubig oszillierenden Werkstückbewegung. Diese Antriebseinheiten sind an eine numerische Steuereinrichtung 180 angeschlossen. Mit Hilfe der Komponenten der Werkstückhalteeinrichtung kann das Werkstück um seine Werkstückachse gedreht und gleichzeitig in eine axial kurzhubig schwingende Bewegung mit Hüben in der Größenordnung einiger Millimeter versetzt werden.
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Die Finishvorrichtung 100 hat mehrere nebeneinander angeordnete Finisheinheiten 200, 300, die auf Führungsschienen des Maschinengestells montiert sind. Die Finisheinheiten, die auch als Finishmodule bezeichnet werden können, sind in den 2 und 3 im Detail dargestellt. Die Finisheinheiten sind jeweils sehr schmal, um gleichzeitig nebeneinander liegende rotationssymmetrische Werkstückabschnitte bearbeiten zu können. Im eingerichteten Zustand sind mehrere erste Finisheinheiten 200 zur Bearbeitung der koaxial mit der Werkstückachse liegenden Hauptlager und mehrere jeweils dazwischen liegende zweite Finisheinheiten 300 zur Bearbeitung von exzentrisch zur Werkstückachse liegenden Pleuellagern der Kurbelwelle vorgesehen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind nur zwei Finisheinheiten 200, 300 gezeigt, tatsächlich ist für jeden zu bearbeitenden Werkstückabschnitt (Hauptlager oder Hublager) eine eigene angepasste Finisheinheit vorgesehen.
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2 zeigt schrägperspektivisch eine erste Finisheinheit 200, die für die Bearbeitung eines koaxial mit der Werkstückachse liegenden Werkstückabschnitts eingerichtet ist, also beispielsweise eines Hauptlagers der Kurbelwelle. 3 zeigt eine Ausführungsform einer zweiten Finisheinheit 300, die für die Bearbeitung eines Pleuellagers bzw. Hublagers eingerichtet ist. Hier ist die Finisheinheit um eine parallel zur Werkstückachse verlaufende Schwenkachse 390 verschwenkbar gelagert, so dass die Finisheinheit der Exzenterbewegung des Hublagers bei der Werkstückdrehung folgen kann.
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Jede der Finisheinheiten hat zwei Bearbeitungsarme (Finisharme bzw. Druckarme), die um zueinander parallele Schwenkachsen derart schwenkbar gelagert sind, dass ihre freien Enden nach innen in Richtung auf das zu bearbeitende Werkstück bzw. nach außen vom Werkstück weg nach Art einer Zange verschwenkbar sind. Die erste Finisheinheit 200 in 2 ist in einer Konfiguration gezeigt, bei der die Finisharme 210, 220 in die geöffnete Position nach außen verschwenkt sind. 3 zeigt die Finisharme 310, 320 in einer Bearbeitungskonfiguration, in der die Bearbeitungszange geschlossen ist.
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Die Schwenkbewegungen der Finisharme sind nicht unabhängig voneinander, sondern über eine mechanische Einrichtung zwangsgekoppelt. Zur Erläuterung einer Realisierungsmöglichkeit zeigt die Detailfigur in 3 denjenigen Ausschnitt des Grundelements 330, in welchem die Schwenklager für die Finisharme 310, 320 angebracht sind. Der erste Finisharm 310 ist dabei um die horizontale Schwenkachse 312 verschwenkbar, während der zweite Finisharm 320 um die dazu parallele Schwenkachse 322 verschwenkbar ist. An dem ersten Finisharm 310 ist ein erstes Zahnradsegment 314 fest montiert, welches mit dem Finisharm verschwenkbar ist. An dem zweiten Finisharm 320 ist ein zweites Zahnradsegment 324 montiert, welches mit dem zweiten Finisharm verschwenkbar ist. Die Zähne der Zahnradsegmente greifen spielfrei ineinander, so dass eine Verschwenkbewegung des ersten Finisharms 310 zwangsläufig eine gegenläufige Verschwenkbewegung des zweiten Finisharms 320 bewirkt. Über eine entsprechende Konstruktion sind auch der erste Finisharm 210 und der zweite Finisharm 220 der Finisheinheit 200 mechanisch miteinander zwangsgekoppelt.
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Die Bandfinishvorrichtung bewirkt den Materialabtrag am Werkstück mithilfe eines Bearbeitungswerkzeugs in Form eines Finishbands 340, das in 3 ausschnittsweise dargestellt ist. Eine nicht im Detail gezeigte Finishband-Fördereinrichtung stellt das Finishband 340 bereit, welches von einer Vorratsrolle in Richtung der Eintrittsseite der Finisheinheit abgezogen und nach Benutzung von der Austrittsseite der Finisheinheit in Austrittsrichtung zu einer Aufwickelrolle für verbrauchtes Finishband geführt wird. Das Finishband 340 umfasst einen weitgehend inkompressiblen, dehnungsarmen Polyesterfilm, der an seiner dem Werkstück zugewandten Vorderseite 342 mit gebundenen körnigen Schneidmitteln besetzt ist. Es sind auch andere Typen von Finishbändern verwendbar, beispielsweise Finishbänder mit Schneidmittel auf Gewebeunterlage oder Finishbänder mit Schneidmittel auf Papierunterlage. Alle üblichen Schneidmittel können verwendet werden, beispielsweise keramische Schneidkörner aus Aluminiumoxid oder Siliziumkarbid, Diamantschneidkörner oder Schneidkörner aus kubischem Bornitrid oder dergleichen.
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Wie in 3 gut zu erkennen ist, ist an jedem der Finisharme 310, 320 im Bereich des freien Endes auf der dem Werkstück zugewandten Seite eine auswechselbare Andrückeinrichtung 315 bzw. 325 befestigt, die jeweils dafür ausgelegt ist, das mit Schneidmittel besetzte Finishband 340 jeweils an die zu bearbeitende Umfangsfläche des Werkstückabschnitts so anzudrücken, dass das Finishband an die Umfangsfläche über einen Umschlingungswinkel von beispielsweise 120° bis 150° und einer für den Bearbeitungsvorgang vorgesehenen Andrückkraft angedrückt wird. Typischerweise ruht das Finishband während der Material abtragenden Bearbeitung, so dass die für den Materialabtrag erforderliche Schnittgeschwindigkeit ausschließlich durch die Rotationsbewegung des Werkstücks, ggf. in Kombination mit der überlagerten axialen Oszillationsbewegung, erzeugt wird.
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Für die Schwenkbewegung der Finisharme ist bei jeder der Finisheinheiten eine numerisch gesteuerte Maschinenachse vorgesehen, die einen weggeregelten bzw. positionsgeregelten Betrieb ermöglicht, so dass die Zustellbewegung der Finisharme bzw. des Finishwerkzeugs in Richtung auf das Werkstück bzw. davon weg weggesteuert bzw. positionsgesteuert durchgeführt werden kann.
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Hierzu hat die Finisheinheit 200 eine elektromechanische Finisharm-Antriebseinheit 250, die an die Steuereinrichtung 180 angeschlossen ist. Die Finisharm-Antriebseinheit hat einen an der Oberseite des Grundelements 230 montierten Servomotor, der über einen Kugelgewindetrieb direkt an einen nach oben abstehenden Hebelarm 219 angreift, welcher am ersten Finisharm 210 befestigt und mit diesem verschwenkbar ist. Wird der Servomotor so angesteuert, dass die Spindelmutter sich in Richtung des ersten Finisharms 210 bewegt, so wird dadurch eine Schließbewegung der Finisharme erzeugt. Bei umgedrehter Drehrichtung wird die Bearbeitungszange geöffnet.
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Im Weg des Kraftflusses zwischen dem Servoantrieb und dem Finisharm ist keine konstruktiv bedingte Nachgiebigkeit vorgesehen, so dass über die durch Weggeber ermittelbare Position des Servoantriebs die Zustellposition des Bearbeitungswerkzeugs (Finishband) unmittelbar vorgegeben werden kann. Anders ausgedrückt liegt zwischen dem elektromechanischen Antrieb und dem Bearbeitungswerkzeug eine starre, unnachgiebige Kopplung vor.
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Bei der zweiten Finisheinheit 300 in 3 ist eine entsprechende Funktionalität realisiert. Hier befindet sich die an die Steuereinrichtung 180 angeschlossene Finisharm-Antriebseinheit 350 an der den Finisharmen 310, 320 gegenüberliegenden Rückseite des Grundelements 330. Die Spindelmutter 352 des Kugelgewindetriebs verschwenkt bei einer Bewegung in Achsrichtung der vom Antrieb gedrehten Spindel 354 ein am Grundelement schwenkbar gelagertes Getriebeelement 356, welches über eine starre Stange 358 mit dem Hebelarm 319 am ersten Finisharm 310 gekoppelt ist. Hierdurch wird ein spielfreies Orthogonalgetriebe geschaffen, welches es ermöglicht, die Finisharm-Antriebseinheit an der den Finisharmen gegenüberliegenden Rückseite des Grundelements 330 anzubringen. Die Vorteile der spielfreien Kopplung zwischen dem elektromechanischen Antrieb und den Finisharmen bleiben dabei erhalten.
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Wie in 1 erkennbar ist, sind die verschwenkbaren zweiten Finisheinheiten 300 für die Hublager entsprechend 3 abwechselnd mit den nicht verschwenkbaren ersten Finisheinheiten 200 gemäß 2 für die Hauptlager nebeneinander angeordnet. Die Finisharm-Antriebseinheiten liegen also abwechselnd einmal oberhalb der jeweiligen Grundelemente (bei den Finisheinheiten für die Hauptlager) und am hinteren Ende der Grundelemente (bei den Finisheinheiten für die Hublager). Hierdurch ist es möglich, Finisharm-Antriebseinheiten zu verwenden, deren Baubreite größer ist als die relativ schmale Breite der Grundelemente der Finisheinheiten. Somit können handelsübliche Servoantriebe geeigneter Leistung verwendet werden, wodurch eine kostengünstige Konstruktion möglich wird.
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Jeder Servoantrieb dieses Antriebssystems kann von der Steuereinrichtung individuell angesteuert werden. Zur Erfassung des Motorstroms der einzelnen Servoantriebe sind Einrichtungen vorgesehen, deren Ausgangssignale in der Steuerung verarbeitet werden können. Da der Motorstrom beim Andrücken der Finishwerkzeuge an die Werkstücküberfläche in Abhängigkeit von der erzeugten Andrückkraft variiert, können diese Ausgangssignale als der Andrückkraft proportionale Kraftsignale für die Steuerung genutzt werden.
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Mithilfe der Finishvorrichtung ist es möglich, Finishprozesse durchzuführen, bei denen ein der Andrückkraft des Finishwerkzeugs proportionales Kraftsignal ermittelt wird und der Zustellweg des Finishwerkzeugs während mindestens einer Phase des Finishprozesses in Abhängigkeit von dem Kraftsignal gesteuert wird. Damit ist es unter anderem möglich, einen Finishprozess durchzuführen, der es ermöglicht, an den zu bearbeitenden Werkstückabschnitten globale Formfehler in Umfangsrichtung durch die Bandfinishbearbeitung zu reduzieren, also mithilfe der Bandfinishbearbeitung in gewissen Grenzen eine formgebende Bearbeitung durchzuführen. Dies wiederum erlaubt es, die Anforderungen an die Bearbeitungsgenauigkeit eines vorgeschalteten Schleifprozesses zu reduzieren, wodurch Prozesse, die eine Schleifbearbeitung und eine nachgeschaltete Finish-Bearbeitung vorsehen, schneller und kostengünstiger als bisher bei mindestens gleich bleibender Qualität des Endprodukts durchgeführt werden können.
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Zur Erläuterung einer Variante einer Bandfinishbearbeitung zeigt 4 einen Querschnitt durch einen im Wesentlichen rotationssymmetrischen Werkstückabschnitt 410 eines Werkstücks, bei dem es sich beispielsweise um eine Kurbelwelle oder Nockenwelle handeln kann. Der gezeigte Werkstückabschnitt ist ein Hauptlager, das zentrisch zur Werkstückachse 412 liegt. An dem Werkstückabschnitt 410 liegt nach Abschluss der Vorbearbeitung (mittels Schleifen) noch ein erheblicher Rundheitsfehler vor. Im Beispielsfall weist der Werkstückabschnitt eine annähernd polygonale Querschnittsform auf, die einem dreiwelligen Formfehler entspricht, der sich dadurch auszeichnet, dass der Radius des Werkstücks in Umfangsrichtung dreimal zwischen einem kleinsten Radius R1 und einem größten Radius R2 variiert. Die Verhältnisse sind zur Illustration stark überhöht dargestellt, ein Radienunterschied ΔR = R2 – R1 kann z. B. in der Größenordnung von wenigen Mikrometern liegen, z. B. im Bereich von 3 μm bis 5 μm.
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In 4 sind die am Umfang lokal auftretenden Materialüberhöhungen gegenüber einer ideal runden Form (Radius R1) schraffiert dargestellt. Bezugszeichen 440 bezeichnet das Finishband, welches von einer nicht näher dargestellten Andrückeinrichtung mit C-förmiger Ausnehmung (Werkzeugschale) getragen wird und mittels dieser Andrückeinrichtung mit seiner Vorderseite 442 zum Materialabtrag an die Umfangsfläche 414 des Werkstückabschnitts angedrückt wird. Die Andrückkraft F wirkt dabei im Wesentlichen radial zur Rotationsachse 412 des Werkstückabschnitts.
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Derartige Formfehler niedriger Ordnung in Umfangsrichtung können mit konventionellen Finish-Bearbeitungsprozessen, die mit fluidischer (hydraulischer oder pneumatischer) Zustellung arbeiten, nicht korrigiert werden, da bei diesen Prozessen das Finishwerkzeug dazu neigt, den niedrigwelligen Formfehlern zu folgen, so dass sich allenfalls kleine Verbesserungen der Rundheit ergeben.
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Eine Prozessvariante zur Beseitigung der Materialüberhöhungen und damit zur Beseitigung von Welligkeiten niedriger Ordnung wird nun anhand des Diagramms von 5 näher erläutert. In diesem Diagramm ist der Zustellweg S des Bandfinishwerkzeugs als reziproker Abstand des Bandfinishwerkzeugs zur Rotationsachse 412 des Werkstücks als punktierte Linie und die Andrückkraft F des Bandfinishwerkzeugs auf die Umfangsfläche des Werkstücksabschnitts als durchgezogene Linie über der Zeit t aufgetragen.
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Der Finishprozess durchläuft zeitlich nacheinander vier unmittelbar aufeinander folgende Prozessphasen I, II, III und IV. In der zum Zeitpunkt t0 beginnenden Anfahrphase I fährt das Bandfinishwerkzeug im lagegeregelten Betrieb auf das Werkstück zu, wobei jedoch noch kein Werkstückkontakt vorliegt. Dementsprechend wird noch keine Andrückkraft detektiert (F = 0). Die Anfahrphase endet zum Zeitpunkt t1. Im Zeitpunkt t1, d. h. unmittelbar zu Beginn der Phase II, findet ein erstmaliger Berührungskontakt zwischen dem Bandfinishwerkzeug und dem Werkstück statt. Hieraus resultiert ein Sprung im Kraftsignal zum Zeitpunkt t1.
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Die Werkzeugzustellung (die Zustellbewegung) wird angehalten, wenn das Kraftsignal bei diesem Sprung einen ersten Schwellwert F1 erreicht. Im Zeitraum unmittelbar nach dem Sprung im Kraftsignal wird das Bandfinishwerkzeug also nicht weiter zugestellt, sondern hält die erreichte Position, die hier als erste Position P1 bezeichnet wird. Die Werkstückdrehung und gegebenenfalls die dieser überlagerte axiale Werkstückoszillation werden nicht unterbrochen.
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Diese erste Position P1 entspricht einem radialen Abstand des Bearbeitungswerkzeugs von der Rotationsachse 412, der größer ist als der kleinste Radius R1 und der nicht oder nur geringfügig kleiner ist als der größere Radius R2.
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Da nun bei in der ersten Position P1 angehaltenem Bearbeitungswerkzeug dieses mit einer Andrückkraft am Umfang des Werkstücksabschnitts anliegt, werden die äußeren Werkstückspitzen an der Umfangsfläche im Bereich der Materialüberhöhungen abgetragen, da nur dort eine für den Materialabtrag ausreichende Andrückkraft vorliegt. In den zwischen den Werkstückspitzen liegenden Bereichen mit kleinerem lokalen Radius findet kein substantieller Materialabtrag statt. In der Phase II wird somit mit unterbrochenem Schnitt gearbeitet.
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Mit zunehmendem Materialabtrag an den nach außen ragenden Werkstückspitzen sinken die Andrückkraft und das korrespondierende Kraftsignal langsam ab. Wenn das Kraftsignal einen vorgebbaren zweiten Schwellwert F2 erreicht, was im Beispielsfall zum Zeitpunkt t2 der Fall ist, wird das Bandfinishwerkzeug um ein vordefiniertes Weginkrement ΔS zugestellt. Diese Zustellung erfolgt im Zeitintervall zwischen den Zeiten t2 und t3. Als Folge dieser Zustellung steigt das Kraftsignal wieder an. Die nach Zustellung um das Weginkrement ΔS erreichte zweite Position P2 wird dann wieder gehalten und der Zyklus des „Ausfunkens”, d. h. der bevorzugte Materialabtrag an den nach außen ragenden Materialspitzen, wiederholt sich, allerdings bei bereits geringeren Radien. Dabei sinkt die Andrückkraft mit zunehmendem Materialabtrag wieder ab. Diese Prozessphase liegt zwischen den Zeitpunkten t3 und t4 in 5. Diese inkrementelle Zustellung und nachfolgende Bearbeitung bei angehaltener Zustellung und unterbrochenem Schnitt kann ein einziges Mal erfolgen oder, wie im Beispielsfall, noch einmal wiederholt werden. Es ist auch eine mehrfache Wiederholung möglich.
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Die Phase der inkrementellen Zustellung kann z. B. nach einer vorgegebenen Anzahl von Wiederholungen oder in Abhängigkeit von einer während des Betriebs erfassten Information (z. B. Schwankungsbreite des Kraftsignals fällt unter vorgegebenen Schwellwert) beendet werden.
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Häufig ist es günstig, wenn sich an die beschriebene Prozessführung (inkrementelle Wegzustellung, zumindest anfänglich unterbrochener Schnitt) eine kraftgeregelte Bearbeitungsphase anschließt. Während der Phase III der anhand von 5 erläuterten Prozessführung wird mit konstanter Andrückkraft (F = const) gefahren, so dass das Kraftsignal konstant bleibt. Der Zustellweg S ändert sich aufgrund des sehr kleinen Zeitspanvolumens in dieser Konstantfahrtphase in der Regel nur geringfügig. Dabei nimmt der radiale Abstand zwischen dem Finishwerkzeug und der Rotationsachse 412 langsam ab.
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Der Materialabtrag ist beim Ausführungsbeispiel dann beendet, wenn eine vorgebbare Rückfahrbedingung eintritt. Das Zurückfahren des Bandfinishwerkzeugs kann beispielsweise nach einer definierten Bearbeitungszeit oder nach einer definierten Durchmesserreduzierung eingeleitet werden. Bei dem Prozess aus 5 wird die Rückfahrbewegung zum Zeitpunkt t5 gesteuert über die Verweilzeit eingeleitet. Dabei fällt die Andrückkraft F praktisch instantan auf Null ab und der Materialabtrag ist beendet.
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Ein besonderes Potential der anhand der 4 und 5 beispielhaft dargestellten Prozessführung liegt in der erstmaligen Möglichkeit zur Verbesserung von Formfehlern kleinerer Ordnungen in Umfangsrichtung. Darüber hinaus können Vorteile in der sensitiven, kraftgeregelten Prozessführung gegenüber konventionellen kraftgesteuerten und verweilzeitgesteuerten Prozessführungen erwartet werden.
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Die neuartige Finishmaschine bzw. die neuartigen Finisheinheiten ermöglichen u. a. die beschriebene kaskadierte Positions- und Kraftregelung bei der Bandfinishbearbeitung. Eine Ermittlung der Relativposition des temporären Prozesseingriffs mithilfe der Auswertung des Kraftsignals, z. B. über Motorstrom oder externen Kraftsensor, ist möglich. Messung und Auswertung der Prozesskraft während einer positionsgeregelten Bandfinishbearbeitung sind möglich. Die positionsgeregelte Prozessführung bei der Bandfinishbearbeitung erlaubt ein sogenanntes „Ausfunken” bei der Bandfinishbearbeitung zur Eliminierung globaler Geometriemaxima am Werkstückumfang. Weitere Verfahrensmöglichkeiten ergeben sich durch die Möglichkeit einer schrittweisen (inkrementellen) Zustellung bei der Bandfinishbearbeitung, ggf. in Verbindung mit einer kraftgeregelten Bandfinishbearbeitung. Eine Bandfinishbearbeitung mit konstanter Prozesskraft durch Kraftregelung ist ebenfalls möglich.
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Entsprechende Verfahrensvarianten können genutzt werden, wenn anstelle eines Finishbandes ein Finishstein als Finishwerkzeug verwendet wird.