DE19930270A1 - Kardioelektrische Vorrichtung - Google Patents
Kardioelektrische VorrichtungInfo
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Abstract
Vorrichtung zum vorzeitigen Erkennen einer Tachykardie des Herzens, DOLLAR A - mit Meßmitteln (12, 16) zum Aufnehmen von Meßwerten für die Herzrate (HR) und die Aktionspotentialdauer (APD), mit mindestens einem Ausgang zum Ausgeben von Meßwertpaaren (HR, APD) einander zugeordneter Meßwerte für die Herzrate (HR) und die Aktionspotentialdauer (APD), DOLLAR A - mit Meßwertverarbeitungsmitteln (18), die zur Übernahme der Meßwertpaare (HR, APD) mit dem Ausgang der Meßmittel (16) verbunden sind und die zum Ableiten das Herz beschreibender, zeitvarianter Parameter (Ðx, g) aus den Meßwertpaaren (HR, APD) ausgebildet sind, DOLLAR A - mit einem Speicher (22), in dem eine Tachykardiegefahr kennzeichnende Vergleichswerte speicherbar sind, DOLLAR A - und mit einer Auswerteeinheit (20), die mit den Meßwertverarbeitungsmitteln (18) zur Übernahme der aus den Meßwertpaaren abgeleiteten Parameter (Ðx, g) und mit dem Speicher (22) verbunden ist und die zum Vergleichen der abgeleiteten Parameter (Ðx, g) mit im Speicher (22) gespeicherten Vergleichswerten und zum Ausgeben eines Tachykardiegefahrensignals ausgebildet ist, falls der Vergleich der abgeleiteten Parameter (Ðx, g) mit den Vergleichswerten ergibt, daß die abgeleiteten Parameter (Ðx, g) in dem Tachykardiegefahrenbereich liegen.
Description
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung einer Tachykardie eines Herzens.
Ein Herz, insbesondere ein menschliches Herz, kann in physiologisch bedenkliche und
möglicherweise tödliche Zustände geraten. Ein solcher Zustand ist eine sogenannte
Tachykardie, die sich durch sehr schnell aufeinanderfolgende Herzschläge, also eine
hohe Herzrate bei gleichzeitig verminderter Pumpleistung des Herzens auszeichnet.
Vorrichtungen zum Erkennen und Behandeln solcher Tachykardien, beispielsweise
Kardioverter oder Defibrillatoren, sind grundsätzlich bekannt. Ein Nachteil der bekann
ten Vorrichtung besteht darin, daß sie eine Tachykardie erst dann erkennen, wenn,
wenn sie bereits eingetreten ist.
Ziel der vorliegenden Erfindung ist es, eine Vorrichtung anzugeben, die in der Lage ist,
eine Tachykardie vorzeitig, d. h. vor Beginn der Tachykardie zu erkennen. Erfindungs
gemäß wird diese Aufgabe mit einer Vorrichtung zum vorzeitigen Erkennen einer
Tachykardie eines Herzens gelöst, die folgende Bestandteile umfaßt:
- - Meßmittel zum Aufnehmen von Meßwerten für die Herzrate und die Aktions potentialdauer, mit mindestens einem Ausgang zum Ausgeben vom Meßwert paaren einander zugeordneter Meßwerte für die Herzrate und Aktionspotential dauer,
- - Meßwertverarbeitungsmittel, die zur Übernahme der Meßwertpaare mit dem Ausgang der Meßmittel verbunden sind und zum Ableiten das Herz be schreibender, zeitvarianter Parameter aus den Meßwertpaaren ausgebildet sind,
- - einen Speicher, in dem eine Tachykardiegefahr kennzeichnende Vergleichswerte speicherbar sind und
- - eine Auswerteeinheit, die mit den Meßwertverarbeitungsmitteln zur Übernahme der aus den Meßwertpaaren abgeleiteten Parameter und mit dem Speicher verbunden ist, und die zum Vergleichen der abgeleiteten Parameter mit im Speicher ge speicherten Vergleichswerten und zum Ausgeben eines Tachykardiegefahren signals ausgebildet ist, falls der Vergleich der abgeleiteten Parameter mit den Vergleichswerten ergibt, daß die abgeleiteten Parameter in dem Tachykardie gefahrenbereich liegen.
Eine derartige Vorrichtung ist in der Tat in der Lage, eine drohende Tachykardie zu
erkennen, bevor sie eintritt. Die Ableitung das Herz beschreibender, zeitvarianter
Parameter aus den Meßwertpaaren wird im folgenden ausführlich beschrieben werden.
Das Bestimmen der Herzrate, also der Pulsfrequenz des Herzens, sowie der Aktions
potentialdauer ist für sich genommen allgemein bekannt, wie sich aus der folgenden Be
schreibung ebenfalls ergibt. Außerdem ist es grundsätzlich bekannt, wie eine Vor
richtung gestaltet sein muß, daß sie in der Lage ist, festzustellen, ob bestimmte
Parameter in einen bestimmten Parameterbereich fallen.
Bevorzugt wird eine Vorrichtung, die zum Aufnehmen mindestens zweier Meßwert
paare zu verschiedenen Meßzeitpunkten ausgebildet ist und zusätzlich einen zweiten
Speicher, der mit den Meßwertverarbeitungsmitteln verbunden ist und in dem zumin
dest die für die zwei jeweils jüngsten Meßzeitpunkte abgeleiteten Parameter speicherbar
sind, umfaßt, sowie Trendbestimmungsmittel, die mit dem zweiten Speicher verbunden
sind und die zum Bestimmen eines Trendes für die zukünftige Entwicklung der Para
meter anhand der gespeicherten Parameter ausgebildet sind, wobei die Auswerteeinheit
mit den Trendbestimmungsmitteln verbunden und so ausgebildet ist, daß sie das Tachy
kardiegefahrensignal ausgibt, wenn die abgeleiteten Parameter in der Nähe des Tachy
kardiegefahrenbereichs liegen und der Trend für die zukünftige Entwicklung der Para
meter in Richtung des Tachykardiegefahrenbereichs weist. Eine derartige Vorrichtung
ist in der Lage, eine Tachykardiegefahr zu erkennen, bevor die ermittelten Parameter in
einen als gefährlich bekannten Bereich fallen, da die Vorrichtung bereits vorher ermit
teln kann, daß sich die aus den Meßwertpaaren abgeleiteten Parameter in Richtung des
Gefahrenbereichs entwickeln.
Zu diesem Zweck dient auch eine alternativ bevorzugte Vorrichtung, die zum Aufneh
men mindestens zweier Meßwertpaare zu verschiedenen Meßzeitpunkten ausgebildet ist
und zusätzlich einen zweiten Speicher, der mit den Meßwertverarbeitungsmitteln ver
bunden ist und in dem zumindest für die zwei jeweils jüngsten Meßzeitpunkte
abgeleiteten Parameter speicherbar sind, umfaßt, sowie Trendbestimmungsmittel, die
mit dem zweiten Speicher verbunden sind und die zum Extrapolieren zukünftiger Para
meter aus den gespeicherten Parametern ausgebildet sind, wobei die Auswerteeinheit
mit den Trendbestimmungsmitteln verbunden und zum Vergleichen der extrapolierten
Parameter mit im Speicher gespeicherten Vergleichswerten und zum Ausgeben eines
Tachykardiegefahrensignals ausgebildet sind, falls der Vergleich der extrapolierten
Parameter mit den Vergleichswerten ergibt, daß die extrapolierten Parameter in dem
Tachykardiegefahrenbereich liegen.
Besonders bevorzugt ist eine Vorrichtung, bei der die abgeleiteten Parameter zeit
variable, bidirektionale Lonenströme zwischen dem Zellinneren und dem Zelläußeren
von Herzmuskelzellen beschreiben, zu denen einen statischer und ein dynamischer
Kalium-Ionenstrom sowie einen Kalziumionenstrom zählen, wobei ein erster der Para
meter (τx) eine Zeitkonstante des dynamischen Kalium-Ionenstroms ist und ein zweiter
der Parameter (g) eine auf die Amplitude des dynamischen Kalium-Ionenstroms (AKx)
bezogene Differenz (ACa - AK1) der Amplituden des Kalzium-Ionenstroms (ACa) und des
statischen Kalium-Ionenstroms (AK1) ist:
g = ((ACa - AK1)/AKx.
Wie sich aus der folgenden ausführlichen Beschreibung ergibt, sind diese Parameter
geeignet, die Eigenschaften von Herzmuskelzellen so zu beschreiben, daß eine
vorzeitige Tachykardieerkennung möglich ist.
In einer alternativen Begrifflichkeit läßt sich der vorbeschriebene Sachverhalt auch so
ausdrücken, daß der erste Parameter (τx) die Zeitkonstante des dynamischen Kalium
kanals der Herzmuskelzellen und der zweite Parameter (g) die Verhältnisse ((ACa - AK1)/(AKx))
zwischen den Permeabilitäten des Kalziumkanals (ACa) und des statischen
Kaliumkanals (AKI) sowie des dynamischen Kaliumkanals (AKx) der Herzmuskelzellen
repräsentieren.
Besonders bevorzugt ist eine Vorrichtung, die zusätzlich einen Elektrostimulator wie
einen Kardioverter oder einen Defibrillator aufweist, und die sich dadurch auszeichnet,
daß der Elektrostimulator mit Auswerteeinheit zur Übernahme des Tachykardiegefah
rensignals verbunden und durch das Tachykardiegefahrensignal zur Abgabe tachykar
diebekämpfender elektrischer Stimulationsimpulse an das Herz auslösbar gestaltet ist.
Die Erfindung soll nun anhand eines Ausführungsbeispiels mit Hilfe der Figur näher
erläutert werden. Fig. 1 zeigt eine Vorrichtung zum vorzeitigen Erkennen einer
Tachykardie eines Herzens.
Diese Vorrichtung 10 umfaßt eine Elektrodenleitung 12, die zur Aufnahme elektrischer
Signale eines Herzens 14 mit einer Meßeinheit 16 verbunden ist. Die Meßmittel 16
leiten aus den aufgenommenen elektrischen Signalen Meßwerte für die Herzrate HR des
Herzens 14 bzw. den Kehrwert der Herzrate HR, die Zykluslänge L einerseits und
andererseits Meßwerte für die Depolarisationszeit T bzw. die Aktionspotentialdauer
APD des Herzens ab. Diese Meßwerte werden zu verschiedenen Zeitpunkten ermittelt
und paarweise einander zugeordnet an eine Meßwertverarbeitungseinheit 18 weiter
geleitet. Die Meßwertverarbeitungseinheit 18 ist dazu eingangsseitig mit entspre
chenden Ausgängen der Meßeinheit 16 verbunden.
In der Meßwertverarbeitungseinheit 18 werden aus der Depolarisationszeit T bzw. der
Aktionspotentialdauer APD und der Herzrate HR bzw. deren Kehrwert, der Zykluslänge
L eine Zeitkonstante τx des dynamischen Kalium-Kanals der Herzmuskelzellen des
Herzens 14 sowie eine Differenz g der Kalzium-Stromamplitude ACa und der
Kaliumstromamplitude AK1 bezogen auf die Amplitude des dynamischen Kaliumstroms
Aio gebildet. Die Differenz g stellt dabei die Verhältnisse der Permeabilitäten des
Kalzium- und der Kaliumkanäle dar. Der Ableitung der Parameter g und τx liegt das im
folgenden beschriebene Modell eines Herzens als zeitvariables System zugrunde, in
dem τx und g zeitvariante Strukturparameter sind. Die Ableitung dieser Parameter
erfolgt durch die beschriebene Linearisierung, wobei von einem gewählten Lineari
sierungspunkt innerhalb des Modells ausgegangen wird und eine iterative Annäherung
an den tatsächlichen Arbeitspunkt des Herzens erfolgt. Die Einzelheiten sind weiter
hinten näher beschrieben.
Die abgeleiteten Parameter τx und g werden von der Meßwertverarbeitungseinheit 18 als
einander zugeordnete Wertepaare an eine Auswerteeinheit 20 weitergeleitet, die dazu
eingangsseitig mit dem Ausgang der Meßwertverarbeitungseinheit 18 verbunden ist.
Außerdem ist die Auswerteeinheit 20 mit einem ersten Speicher 22 und einem zweiten
Speicher 24 verbunden, die eine physikalische Einheit bilden können. In dem ersten
Speicher 22 sind Vergleichswerte für die Parameter τx und g gespeichert, die eine
Gefahrenzone oder einen Tachykardiegefahrenbereich kennzeichnen, d. h. Vergleichs
werte für solche Wertepaare der Parameter τx und g, die eine Tachykardiegefahr
indizieren. Die Auswerteeinheit 20 ist dabei so ausgebildet, daß sie die abgeleiteten und
von der Meßwertverarbeitungseinheit 18 empfangenen Werte für die Parameter τx und g
mit den in dem ersten Speicher 22 gespeicherten Vergleichswerten vergleicht und ein
Tachykardiegefahrensignal ausgibt, falls der Vergleich ergeben sollte, daß die von der
Meßwertverarbeitungseinheit übermittelten Werte für die Parameter τx und g in die
Gefahrenzone bzw. den Tachykardiegefahrenbereich fallen.
In dem zweiten Speicher 24 sind Wertepaare für zu früheren Meßzeitpunkten
abgeleitete Werte der Parameter τx und g abgespeichert. Durch Vergleich der jeweils
jüngst abgeleiteten Werte für die Parameter τx und g mit denjenigen vorangegangener
Meßzeitpunkte bestimmt die Auswerteeinheit 20 einen Trend für zukünftige Werte der
Parameter τx und g. Weist dieser Trend in Richtung solcher Werte von τx und g, die in
der Gefahrenzone bzw. dem Tachykardiegefahrenbereich liegen, gibt die Auswerte
einheit 20 auch dann ein Tachykardiegefahrensignal aus, wenn die zuletzt von der
Meßwertverarbeitungseinheit übermittelten Werte dieser Parameter nicht in der
Gefahrenzone liegen. Alternativ ermittelt die Auswerteeinheit 20 aus den zuletzt von
der Meßwertverarbeitungseinheit übermittelten Werten für τx und g sowie den in dem
zweiten Speicher 24 gespeicherten Werten vorangegangener Meßzeitpunkte für die
Zukunft extrapolierte Werte für die Parameter τx und g. Liegen diese extrapolierten
Parameterwerte in dem Tachykardiegefahrenbereich gibt die Auswerteeinheit 20
ebenfalls ein Tachykardiegefahrensignal aus.
Das Tachykardiegefahrensignal wird an eine Elektrostimulationseinheit 26 weiter
geleitet, die dazu mit der Auswerteeinheit 20 verbunden ist. Die Elektrostimulations
einheit 26 kann ein Elektrostimulator, wie beispielsweise ein Kardioverter oder ein
Defibrillator, sein. Die Elektrostimulationseinheit 26 ist über eine elektrische Leitung
mit elektrisch leitenden Oberflächenbereichen der in das Herz 14 eingeführten Elektro
denleitung 12 verbunden, um über die elektrisch leitenden Oberflächenbereiche auf der
Elektrodenleitung 12 in an sich bekannter Weise Stimulationsimpulse an das Herz 14
abzugeben und auf diese Weise eine Tachykardie zu bekämpfen.
Die Elektrodenleitung 12 kann dabei in an sich bekannter Weise so an die Vorrichtung
10 angeschlossen sein, daß die zu den leitenden Oberflächenbereichen, die beispiels
weise als Ring- oder Tipelektrode ausgebildet sein können, führenden Leitungen
umschaltbar sind, so daß die elektrisch leitenden Oberflächenbereiche einerseits zum
Abgeben von Stimulationsimpulsen an das Herz 14 und andererseits zur Aufnahme
elektrischer Signale vom Herzen 14 umgeschaltet werden können. In einem
Schaltzustand sind die elektrisch leitenden Oberflächenbereiche mit der Meßeinheit 16
verbunden, um dieser elektrische Signale des Herzens zuzuführen. In einem anderen
Schaltzustand sind die elektrisch leitenden Oberflächenbereiche mit der
Elektrostimulationseinheit 26 verbunden, um elektrische Stimulationsimpulse an das
Herz 14 abzugeben.
Zum tieferen Verständnis der Erfindung dienen die folgenden Ausführungen, denen
insbesondere die Ableitung der Parameter τx und g aus Meßwerten für die Herzrate und
die Aktionspotentialdauer zu entnehmen sind sowie Ausführungen zur Bestimmung
eines Trends dieser Parameter und Angaben zu einem Tachykardiegefahrenbereich, der
in den folgenden Ausführungen als Gefahrenzone bezeichnet ist.
Mit der Fragestellung nach frühen Anzeichen einer sich anbahnenden Arrhythmie
kristallisieren sich im wesentlichen zwei Aspekte heraus, die zum einen die zeitliche
Koordination der Myokarderregung und zum anderen die Bereitschaft des Substrates
für eine Arrhythmie betreffen.
Von den in [[12]] bereits skizzierten Möglichkeiten zur Früherkennung von
Herzrhythmusstörungen vertieft diese Arbeit den zweiten Teilaspekt, nämlich die
Frage, ob und wie aus der Systembeobachtung Rückschlüsse auf
elektrophysiologische Veränderung im Herzmuskelgewebe gezogen werden können.
Es ist bekannt, daß selbst im Gesunden zufällig entstandene, sogenannte ektopische
Herzschläge zu beobachten sind. Andererseits aber zeigen klinische Studien, daß bei
entsprechenden Herzerkrankungen selbst schon ein einziger in einem kritischen
Zeitfenster eingebrachter Stimulus eine Arrhythmie auslösen kann [[3]]. Die Ursache,
daß der ektopische Herzschlag im gesunden Myokard keine Arrhythmie auslöst, ist
auf die unterschiedlichen funktionellen Eigenschaften des gesunden bzw. erkrankten
Syncytiums zurückzuführen.
Eine weitere Überlegung frühe Anzeichen einer sich anbahnenden Arrhythmie durch
Analyse der Substrateigenschaften zu identifizieren, wird dadurch bestärkt, daß
erwartungsgemäß Veränderungen im Substrat die Folge eines längerfristigen
Prozesses sind. Es ist also davon auszugehen, daß durch diesen Ansatz länger schon
vor dem Eintreten der Herzrhythmusstörungen diese Gefahr erkannt und damit
rechtzeitig therapiert werden kann.
Gegenstand der Betrachtungen ist das myokardiale Syncytium, das sich als ein
nichtlineares dynamisches System manifestiert. Ziel ist es, basierend auf Methoden
der Systemidentifikation Parameter zu definieren und quantitativ zu bestimmen, die
Arrhythmie-relevante Eigenschaften des Syncytiums charakterisieren. Zur
Durchführung der Systemidentifikation müssen Ein- und Ausgangssignal bekannt
sein, wobei das Eingangssignal das System auslenken, d. h. die internen
Zustandsgrößen anregen muß. Die konkrete Wahl von Ein- und Ausgangssignal
erfolgt aufgrund physiologischer Kriterien, die an späterer Stelle diskutiert werden.
Sofern das System im systemtheoretischen Sinne beobachtbar ist, können damit aus
dem Übertragungsverhalten die Systemparameter ermittelt werden. Im konkreten Fall
kann diese Forderung etwas eingeschränkt werden, insoweit, daß das System (nur)
hinsichtlich der Arrhythmie-relevanten Parameter beobachtbar sein muß.
Die Festlegung dieser Parameter ist vom Modellansatz für das zu beobachtende
System abhängig. In der Praxis wird meist mangels näherer Informationen über das
System eine "Black Box"-Beschreibung gewählt, wobei dann lediglich die Ordnung
des Systems festzulegen ist. Ist das System zusätzlich linear, können etablierte
Verfahren der Systemidentifikation aus der Literatur [[9]] herangezogen werden. Da
das myokardiale Syncytium jedoch ein nichtlineares System ist, wurde in [[12]] ein
Ansatz vorgestellt, der basierend auf Voruntersuchungen aus [[6]] eine Beschreibung
des betrachteten Systems als Kettenschaltung eines linearen dynamischen und eines
nichtlinearen statischen Teilsystems ermöglicht. Zur Identifikation des linearen
Anteils, dem in [[12]] eine "Black Box"-Beschreibung zugrunde liegt, kann dann ein
Standardverfahren eingesetzt werden. Der Nachteil des "Black Box"-Ansatzes besteht
jedoch darin, daß den daraus resultierenden Parametern keine unmittelbare
physiologische Bedeutung zugeordnet werden kann. Die Kriterien und Schwellwerte
für die Arrhythmieprädiktion müssen folglich anhand von zahlreichen klinischen
Studien und statistischen Analysen hergeleitet werden.
Deshalb baut der in dieser Arbeit vorgestellte erweiterte Ansatz auf einem
physiologisch begründeten Modell des Substrats auf. Dabei wird die Modellbildung
dahingehend gelenkt, daß insbesondere die aus physiologischer Sicht Arrhythmie-
relevanten Parameter herausgearbeitet werden. Ausgangspunkt ist ein mathematisches
Modell der Herzmuskelzelle, die einerseits als Netzwerkknoten im Muskelgewebe zu
betrachten ist und andererseits über die dynamisch agierenden Jonenkanäle den
Ionenfluß zwischen Intra- und Extrazellulärraum ermöglicht (Fig. 2).
Im weiteren ist nun festzulegen, welche konkreten Meßgrößen als Ein- und
Ausgangssignal für die Systemidentifikation zu wählen sind. Basierend auf der in
[[12]] durchgeführten Literaturstudie erwiesen sich zwei fundamentale dynamische
Abhängigkeiten physiologischer Größen als aussagekräftig für eine
Systemidentifikation im Hinblick auf die Früherkennung von Arrhythmien, nämlich:
- - der Zusammenhang zwischen Herzrate (HR) und Repolarisationszeit (repolarization time, RT) und
- - der Zusammenhang zwischen Herzrate und Ausbreitungsgeschwindigkeit der Erregung. Gemessen wird die Erregungslaufzeit (propagation time, PT) zwischen 2 definieren Meßpunkten.
Die vorliegende Arbeit vertieft zunächst den ersten Aspekt, also die Frage, welche
Gesetzmäßigkeit zwischen der Herzrate (bzw. der Zykluslänge = Herzschlagperiode)
und der Repolarisationszeit besteht, sowie die Frage, welche physiologischen
Parameter diesen Zusammenhang im Falle pathologischer Substratveränderungen
beeinflussen.
Es sei darauf hingewiesen, daß unter HR genauer gesagt die lokale Herzrate zu
verstehen ist, also die Ereignisrate am Meßort (deswegen auch als event rate, ER
differenziert). Offensichtlich ist bei einer bereits unkoordinierten Erregungs
ausbreitung der Begriff Herzrate streng genommen gar nicht definiert und ER je nach
Meßort unterschiedlich. Die zentrale Aufgabe besteht jedoch darin, ein Verfahren zu
entwickeln, das bereits in einem frühen Stadium der Erkrankung auf die drohende
Arrhythmiegefahr hinweist, also dann schon, wenn der Herzmuskel noch
weitestgehend normal funktioniert. Unter diesen Randbedingungen läuft die Erregung
koordiniert ab und ER stimmt unabhängig vom Meßort mit HR überein. Aus diesem
Grund, und auch um die übliche Terminologie zu verwenden, wird im folgenden stets
die Größe HR verwendet.
Die Repolarisationszeit stellt das Zeitintervall zwischen dem Erregungszeitpunkt der
Zelle und dem Zeitpunkt der Rückkehr zum Ruhemembranpotential dar, d. h. die
Aktionspotentialdauer (APD, hier stellvertretend für APD90). Streng gesehen ist sie
allerdings ein Parameter der die einzelne Zelle charakterisiert.
Die unter diesem Gesichtspunkt zu beobachtenden Größen für die
Systemidentifikation sind damit:
- - HR - als Eingangssignal und
- - RT - als Ausgangssignal.
Die Bestimmung von HR (als "lokale Herzrate") ist durch die heute verfügbare
Technik eine bereits gelöste Aufgabe. Andererseits ist die Korrelation zwischen
Aktionspotentialdauer und beispielsweise dem QT-Intervall des EKGs sowohl
experimentell als auch theoretisch in guter Näherung nachgewiesen. Ähnliche
Überlegungen gelten auch für das IEGM, XAP oder VER, so daß für die
meßtechnische Bestimmung eines Näherungswertes der Repolarisationszeit mehrere
Alternativen zur Verfügung stehen. Welche davon die günstigste ist, muß noch
anhand von praktischen Gesichtspunkten der klinischen Umsetzung sowie dem
rechentechnischen Aufwand der Signalverarbeitung entschieden werden. Es ist jedoch
festzuhalten, daß sowohl das Eingangssignal als auch das Ausgangssignal als
notwendige Voraussetzungen für die Systemidentifikation unter vertretbarem
technischen Aufwand gemessen werden können.
Der physiologische Informationsgehalt des dynamischen Zusammenhangs zwischen
HR und RT (bzw. APD) ist in der Literatur vielfach untersucht worden und zwar
insbesondere auch im Hinblick auf frühe Anzeichen der Entstehung von
Herzrhythmusstörungen. Dieser Fragestellung wurde sowohl unter klinischen als auch
elektrophysiologischen Aspekten nachgegangen, wobei sich zwei Meßprotokolle
etabliert haben, die den Zusammenhang zwischen HR und APD in Kennlinienform
charakterisieren.
- - Bestimmung der APD(HR)|0-Kennlinie ("restitution curve")
Das Substrat wird zunächst eine Zeit lang mit konstanter Frequenz stimuliert und ausgehend davon ein Frequenzsprung vorgenommen. Die restitution curve resultiert, wenn die Repolarisationszeit des ersten Herzschlags nach dem Frequenzsprung über der entsprechenden (neuen) Stimulationsrate aufgetragen wird. - - Bestimmung der APD(HR)|∞-Kennlinie (im eingeschwungenen Zustand)
Die Repolarisationszeit wird ebenfalls für verschieden Stimulationsfrequenzen gemessen, jedoch erst nach dem ein "eingeschwungener Zustand" erreicht wurde. Wie aus Fig. 3a hervorgeht, weist das System offensichtlich einen internen Grenzzyklus auf. Daher wird als eingeschwungener Wert der Mittelwert über mehrere Zyklen genommen und über der entsprechenden Stimulationsrate aufgetragen.
Betrachtet man Fig. 3a, die den gesamten Einschwingprozeß infolge des
Frequenzsprungs darstellt, so erhält man die restitution curve, wenn die Spitzenwerte
unmittelbar nach den Sprung verbunden werden. Hingegen resultiert die
APD(HR)|∞-Kennlinie, wenn man die Mittelwerte der APD-Zeiten zu einem
reichlich späteren Zeitpunkt aufträgt.
Die wichtigsten Beobachtungen und Schlußfolgerung der Literatur im
Zusammenhang mit der Bestimmung dieser Kennlinien und deren Abhängigkeit von
krankhaften bzw. kontrolliert veränderten Substrateigenschaften können wie folgt
zusammengefaßt werden:
- - Untersuchungen des elektrischen Remodellierungsphänomens am menschlichen Atrium haben gezeigt, daß sich im Vorfeld von AF sowohl die restitution curve als auch die APD(HR)|∞-Kennlinie verändern und zwar sich einerseits verschieben und andererseits flacher werden [[2]].
- - Im Falle Ischämie-betroffener Bereiche im menschlichen Endokard war ebenfalls eine Abflachung der restitution curve nachweisbar [[8]], wobei hieraus Rückschlüsse für die Arrhythmogenese abgeleitet wurden. Auf einen allgemeinen Zusammenhang zwischen den frequenzabhängigen elektrophysiologischen Eigenschaften des myokardialen Syncytiums in Form der restitution curve und der Entstehung von Herzrhythmusstörungen wird auch in [[4]] hingewiesen.
- - Besonders aufschlußreich für die Festlegung der Arrhythmie-relevanten Parameter sind zwei weitere elektrophysiologische Studien. Zum einen wurde basierend auf Messungen des zellulären Aktionspotentials der Einfluß von Sympathikomimetika (β-adrenerge Stimulation durch den Ca- Kanal-Agonisten Dobutamin) untersucht [[5]] und daraus geschlußfolgert, daß die beobachteten Veränderungen der restitution curve mit einer Erhöhung der Ca-Kanal-Leitfähigkeit zusammenhängen. Zum anderen wird gezielt nachgewiesen [[7]], daß Veränderungen in der restitution curve auf Eigenschaften der K- und wiederum der Ca-Kanäle zurückzuführen sind. Um diese Mechanismen selektiv zu untersuchen, wurden dabei spezifische Kanalblocker eingesetzt.
Basierend auf diesen Erkenntnissen bleibt nun zu klären, welcher physiologisch
begründbare Modellansatz die dynamische Abhängigkeit zwischen HR und APD
(bzw. RT allgemein) erklärt und über welche Mechanismen bestimmte zelluläre
Parameter diese Gesetzmäßigkeit beeinflussen. Ziel ist dabei, diese Parameterwerte
mittels eines Systemidentifikationsansatzes zu ermitteln, um dann die
Arrhythmiegefahr aufgrund von bekannten elektrophysiologischen Kriterien
beurteilen zu können.
Ausgehend von der mathematischen Modellbeschreibung der Herzmuskelzelle wird
im folgenden der Zusammenhang zwischen Repolarisationszeit und Herzrate
hergeleitet. Ziel ist dabei, die meßtechnisch bestimmbare APD(HR)|∞-Kennlinie
formelmäßig durch einen geschlossenen Ausdruck zu beschreiben, um dann aus den
Meßdaten auf die physiologischen Parameter rückrechnen zu können, die diese
Gesetzmäßigkeit beeinflussen.
Sowohl aus experimentellen Studien als auch aus Modellrechnungen ist bekannt, daß
sich die Aktionspotentialdauer verkürzt, wenn die Herzrate ansteigt bzw. wenn die
Zykluslängen verringert wird, und umgekehrt. Die Ursachen dieses Mechanismus zu
klären, stellt die Schlüsselfrage für die Herleitung der APD(HR)-Kennlinien dar.
Betrachtet man hierzu die Zustandsgrößen des Zellmodells [[6]], so kann festgestellt
werden, daß sich diese teils mit sehr kurzen, teils mit längeren Zeitkonstanten
verändern. Dieser Tatsache zufolge verkörpert die Zelle ein steifes dynamischen
System. Während die Zeitkonstanten der schnellen Zustandsgrößen im Vergleich zur
APD verschwindend klein sind, erreichen die Torvariablen f und insbesondere x
selbst lange nach Rückkehr des Aktionspotentials zur Ruhemembranspannung noch
nicht ihren eingeschwungenen Zustand. Die Variable f beschreibt dabei den
Öffnungszustand des Inaktivierungstors des Ca-Kanals und x den Öffnungszustand
des dynamischen K-Kanals. Beide Variablen variieren zwischen 0 und 1 (relativer
Öffnungszustand).
Bei einer verkürzten Zykluslänge setzt der neue Stimulus entsprechend früher ein, so
daß sich die Anfangswerte der Zustandsvariablen f und x für den neuen Zyklus
signifikant von denen des vorherigen Zyklus unterscheiden. Es ist daher
offensichtlich, daß entsprechende Veränderungen der charakteristischen
Abmessungen des Aktionspotentials zu erwarten sind. Konkret ist der Anfangswert
von x in diesem Beispielsfall größer (Fig. 4), d. h. der K-Strom startet bereits von
einem erhöhten Wert. Damit wird das labile Gleichgewicht der Ionenströme während
der Plateauphase früher in Richtung eines repolarisierenden Zellauswärtsstroms
gekippt; die Aktionspotentialdauer verkürzt sich. Ähnliche Überlegungen lassen sich
für den Ca-Kanal anstellen. Bei verkürzter Stimulationsperiode ist die f-Variable noch
spürbar kleiner als 1, also der Ca-Kanal noch nicht voll aktivierbar. So wird im
nächsten Zyklus der Ca-Strom geringer ausfallen, was einerseits zu einer Abnahme
der Plateauhöhe führt. Andererseits überwiegt dann der repolarisierende K-Strom
schon zu einem früheren Zeitpunkt, so daß ebenfalls eine Verkürzung des
Aktionspotentials die Folge ist. Fig. 5 veranschaulicht diese Effekte anhand einer
Simulationsrechnung.
Im folgenden soll nun die Abhängigkeit der Aktionspotentialdauer von der
Stimulationsrate mathematisch ausgedrückt werden, wobei letztendlich ein
analytischer Ausdruck angestrebt wird, der diese beiden Größen verbindet.
Berücksichtigt man jedoch die sehr umfangreiche Beschreibung sowie die
hochgradige Nichtlinearität der Modellgleichungen [[6]], scheitert dieses Vorhaben,
da eine geschlossene analytische Lösung des Differentialgleichungsystems nicht
möglich ist. Es ist daher notwendig aufgrund des Modellverständnisses das oben
beschriebene Phänomen in einer vereinfachten mathematischen Form darzustellen.
Wie bereits qualitativ beschrieben, ist die Ursache für die APD(HR)-Abhängigkeit
(im wesentlichen) allein auf die Zustandsvariablen f und x zurückzuführen, so daß
auch nur diese im Modellansatz berücksichtigt werden sollen. Gesucht ist demnach
der dynamische Zusammenhang zwischen diesen Zustandsgrößen und der
Repolarisationszeit.
Aufgrund des Hodgkin-Huxley-Ansatzes [[1]] wird das dynamische Verhalten einer
solchen Torvariable (stellvertretend mit y bezeichnet) durch das folgende
Anfangswertproblem beschrieben:
Dabei wird jedoch vereinfachend angenommen, daß das Relaxationsverhalten dieser
Variable hier nicht von dem aktuellen Wert der Transmembranspannung abhängen
soll, sondern durch eine feste Zeitkonstante τy in adäquater Höhe charakterisiert
wird. Was das Aktionspotential selbst betrifft, wird lediglich zwischen einem erregten
und einem unerregten Zustand unterschieden, so daß die konkrete Form des
Aktionspotential nebensächlich ist. Für diese vereinfachten Modellbetrachtungen wird
damit der Verlauf der Transmembranspannung Vm durch ein Rechtecksignal genähert,
dessen Amplitude und Dauer denen des Aktionspotentials entsprechen:
Vm() ≈ Vm0 + AV.[s(tn) - s(tn - Tn)] (2)
Vm0 und AV bezeichnen die Ruhemembranspannung und Amplitude des
Aktionspotentials, s(t) ist die Heaviside'sche Sprungfunktion.
Damit nimmt y∞ nur noch 2 Werte an, nämlich ys während der Systole (erregter
Zustand) und yd während der Diastole (unerregter Zustand), so daß die
Differentialgleichung aus (1) innerhalb eines jeden dieser beiden Zeitintervalle linear
wird. Bereichsweise hat dann y(t) einen exponentiellen Verlauf.
Diese dem Modellansatz zugrunde liegenden Überlegungen sind in Fig. 6 skizziert.
Dabei stellt y beispielhaft eine Näherung der Torvariable x dar (man beachte die
Übereinstimmung mit Fig. 4).
Im konkreten Fall der Zelle wird die Repolarisationszeit durch die
Aktionspotentialdauer dargestellt, die in den Rechnungen einfachheitshalber mit T
bezeichnet wird. Für die Herleitung ist es günstiger, statt der Herzrate die reziproke
Größe, also die Zykluslänge L (Stimulationsperiode) herzunehmen. Die Dauer der
Diastole wird mit δ bezeichnet. Bezeichnet der Index dieser Größen die Nummer des
jeweiligen Aktionspotentials, so gilt:
Lν = Tν + δν (3)
Aus der Lösung des Anfangswertproblems (1) ergibt sich dann für die Randpunkte
des systolischen (Tn-1) und diastolischen (δn-1) Intervalls (siehe Fig. 6):
Damit stehen die y-Anfangswerte zweier aufeinanderfolgender Zyklen (n-1 und n) in
folgendem Zusammenhang:
Unter Verwendung von (5) resultieren für die Torvariablen x und f die folgenden
(genäherten) Beziehungen:
Als nächstes muß nun der Bezug dieser Zustandsvariablen zur Aktionspotentialdauer
hergeleitet werden. Dazu ist es hilfreich, den zeitlichen Verlauf der wichtigsten
Ionenströme des Zellmodells zu analysieren, um ein mathematisches Kriterium für
das Auslösen der Repolarisation im Aktionspotential zu definieren.
Die im Bezug auf die Repolarisation relevanten Ionenströme sind der Ca-Strom, und
die Ströme durch den dynamischen sowie den statischen K-Kanal, deren
Summenstrom während der Repolarisationsphase zellauswärts gerichtet ist. Sie gehen
in Form der Stromdichten JCa, JKx und JK1 in die Rechnung ein. Der Na-Strom
hingegen ist hier vernachlässigbar, da er außer während der Depolarisation nahezu 0
ist.
Während der Repolarisation ist der resultierende Membranstrom zellauswärts
gerichtet; es gilt dann:
JCa + JK1 + JKx < 0 (7)
Insbesondere unter der Annahme, daß das Aktionspotential hier als Rechteckimpuls
approximiert wird (Gleichung (2)), sind die Stromdichten JCa und JK1 (d. h. auch ihre
Summe) während der Plateauphase näherungsweise konstant. Der Wert dieser
Konstanten hängt allerdings im Falle des Ca-Kanals noch vom Öffnungszustand des
Inaktivierungstors (f) zu Beginn des Aktionspotential ab. Die in [[6]] verwendeten
allgemeinen Ansätze vereinfachen sich daher zu:
JCa ≈ - nACa
JK1 ≈ AK1 (8a, b, c)
JKx ≈ x2(t)AKx
Allein JKx ist dann während der Plateauphase noch zeitlich veränderlich und bestimmt
daher wann sich die Stromrichtung ändert. Der Geltungsbereich dieser Beschreibung
(8) beschränkt sich auf die Plateauphase (Diastole). Daß aufgrund dieser
Vereinfachten Darstellung der Ionenströme der Summenstrom und damit dVm/dt
während der Plateauphase ungleich 0 ist, d. h. das Aktionspotentialplateau streng
gesehen nicht eben sein kann (wie durch Gleichung (2) beschrieben), muß als Folge
dieser Vereinfachungen in Kauf genommen werden. Letztendlich ist hier die Dauer
(Pulsbreite) des Aktionspotential von Interesse und nicht die genaue
Signalmorphologie.
Als Repolarisationszeitpunkt soll hier der Zeitpunkt des Stromgleichgewichtes
betrachtet werden, der durch die Gleichung:
(JCa + JK1 + JKx)|t = Tn = 0 (9)
definiert ist. Setzt man nun die vereinfachten Ausdrücke für die Ionenströme aus (8)
in die Repolarisationsbedingung (9) ein, resultiert die Gleichung:
die bezüglich Tn, der Aktionspotentialdauer des betrachteten Zyklus n, zu lösen ist.
Die zeitveränderliche Größe x(t) ist Lösung einer Gleichung der Form (1), die unter
den genannten Rahmenbedingungen im Geltungsbereich von (8) die Gestalt einer
linearen Differentialgleichung erster Ordnung annimmt. Damit ist:
Aus Fig. 7a und 7b ist zu erkennen, daß JKx im betrachteten Zeitintervall der Systole,
in guter Näherung linear verläuft. Es ist daher zur Vereinfachung der weiteren
Rechenschritte zulässig, eine Linearisierung des Ansatzes für JKx in einem Punkt t = t0
vorzunehmen. Mit:
gilt. Wählt man t0 = τx/2 (z. B. t0 = 150 ms), so liegt der Linearisierungspunkt unter
physiologisch zu erwartenden Rahmenbedingungen mit Sicherheit innerhalb der
Plateauphase des Aktionspotentials. Gängige Werte der Aktionspotentialdauer (T)
liegen etwa zwischen 100 ms und 400 ms (häufig T ≈ 200 ms), während τx im
erregten Zustand der Zelle Werte zwischen 100 ms und 300 ms annehmen kann.
Unter den vereinfachenden Annahmen ist τx in der Herleitung jedoch als Konstante
anzusehen, deren Wert innerhalb dieses möglichen Bereichs liegt. Diese Annahmen
bezüglich T und τx gelten zwar nur solange eine noch weitestgehend normale
Funktionalität der Zelle vorausgesetzt werden kann. Davon ist jedoch auszugehen, da
das zu entwickelnde Verfahren ohnehin dem Anspruch genügen soll, Hinweise einer
möglichen Erkrankung zu einem Zeitpunkt zu liefern, zu dem die Zelle zumindest
anscheinend noch intakt ist.
Unter Anwendung der Näherungsformel (12), die in (10a) eingesetzt wird, erhält man
zusammen mit (6a, b) die Beziehungen:
die ausgehend von den Anfangswerten
(T0, x0, 0) (13d)
das Systemverhalten hinsichtlich der interessierenden Eigenschaften (zwar unter
vereinfachenden Annahmen) vollständig beschreiben.
Diese mathematische Modelldarstellung stellt ein wichtiges Teilergebnis für die
angestrebte Systemidentifikation dar, deren Gleichungen den nichtlinearen
dynamischen Zusammenhang zwischen den Zustandsgrößen: Aktionspotentialdauer
(T) und den Torvariablen x und f zum Ausdruck bringen. Eingangssignal des Systems
ist dabei die Zykluslänge L. Als wichtigste Größen bezüglich der Früherkennung von
Arrhythmien sind die Modellparameter τx, c1 und c0 hervorzuheben. τx stellt dabei
die Zeitkonstante des dynamischen K-Kanals dar, während c1 und c0 gemäß ihrer
Definition in (10b, c) die Verhältnisse der Ca- und K-Stromamplituden ausdrücken.
Letztendlich sind letztere ein Maß für die Leitfähigkeiten der betreffenden
Ionenkanäle und liefern Aussagen über deren Arbeitspunkte.
Im Gegensatz zu dem in [[6]] oder anderen Arbeiten der Literatur eingesetzten
Zellmodellen steht die in (13) zusammengefaßte Systembeschreibung für ein diskretes
Ersatzmodell der Zelle im Hinblick auf die Abhängigkeit der Aktionspotentialdauer
von der Stimulationsfrequenz. Die sonst kontinuierlichen Zustandsgrößen x und f
werden hier durch die Zahlenfolgen xn und fn repräsentiert, die jeweils die
Anfangswerte der betreffenden kontinuierlichen Größen zu Beginn eines jeden
Aktionspotenials darstellen.
Unter Kenntnis der physiologischen Modellparameter und des Zustandsvektors
entsprechend eines Aktionspotentials ist es nun möglich die Dauer des
nächstfolgenden Aktionspotentials zu berechnen. Diese rekursive Rechenvorschrift
bringt auch den Nachweis des in der Literatur oft diskutierten "memory"-Effekts der
Herzmuskelzelle. Wie weit jedoch das Gedächtnis meßbar in die Vergangenheit
reicht, hängt von den konkreten Systemparametern ab.
Obwohl nun eine vollständige Systembeschreibung vorliegt, ist die Rückrechung der
Zellparameter, die Aufschlüsse über den arrhythmogenen Zustand des Substrats
liefern sollen, in dieser Form noch nicht möglich. Bezüglich der hier vorliegenden
Fragestellung sind unter klinisch vertretbarem Aufwand nur die Zykluslänge L und
die Repolarisationszeit T (in Form der APD, der QT-Zeit oder ähnlicher Größen)
meßbar. Die Modellgleichungen (13) beinhaltet jedoch noch innere Größen
(Torvariablen x und f), die meßtechnisch nicht zugänglich sind. Das Ziel der nächsten
Maßnahmen besteht nun darin, diese inneren Größen zu eliminieren.
Dazu wird das System in einem eingeschwungenen Zustand betrachtet, also dann,
wenn dieses bereits eine längere Zeit mit einer konstanten Frequenz stimuliert wurde,
so daß transiente Vorgänge abgeschlossen sind. Aus Fig. 3a ist zwar ersichtlich, daß
die Zelle bezüglich der Aktionspotentialdauer einen inneren Grenzzyklus aufweist;
dieser soll allerdings bei der Herleitung vernachlässigt werden. Da ohnehin an das
Verfahren der Anspruch gestellt wird, Hinweise auf eine sich anbahnende Arrhythmie
bereits dann zu liefern, wenn noch kein signifikanter Anstieg in der Herzrate
ersichtlich ist, kann auf die Torvariable f als Zustandsvariable verzichtet werden. Ist
die Zykluslänge nämlich ausreichend groß (Stimulationsfrequenz entsprechend klein)
so ist f zu Beginn eines jeden Aktionspotential bereits eingeschwungen und hat etwa
den Wert fn = 1. Ferner ist aus Untersuchungen an Zellmodellen bekannt, daß der
diastolische asymptotische Wert der x-Variable (xd) annähernd 0 ist und xn als
Anfangswert von x zu Beginn des Aktionspotentials (insbesondere bei nicht all zu
hohen Stimulationsraten) wesentlich kleiner als 1 ist. Die Vereinfachungen die sich
hieraus ergeben, werden mathematisch wie folgt formuliert:
- - Grenzzyklen vernachlässigt (eingeschwungener Zustand)
Damit resultiert aus (13b):
Mit dem Ziel die Abhängigkeit zwischen T und L zu bekommen, also die
meßtechnisch bestimmbare APD(HR)|∞-Kennlinie formelmäßig zu beschreiben, ist
es sinnvoll Beziehung (15) linear zu approximieren. Damit kann T später explizit
ausdrücken werden. Linearisiert wird an der Stelle T = T1, wobei hierfür ein
physiologisch zu erwartender Wert der Aktionspotentialdauer einzusetzen ist (z. B.
T1 = 200 ms). Es gilt:
und mit den folgenden Substitutionen:
resultiert:
≈ ξ(αλ + β) (17)
Eingesetzt in (13a) ergibt:
oder anders ausgedrückt:
λ2 + k1λ + k0 = 0 (19)
mit
Die quadratische Gleichung (19) ist unter Berücksichtigung, daß λ reell und λ < 0
ist, zu lösen. Bei Betrachtung der Koeffizientenwerte und deren Variationsgrenzen
unter physiologischen Bedingungen ist die gesuchte Lösung:
Die Gefahr, daß im ungünstigen Fall die Lösung komplexwertig ausfallen kann, bleibt
noch bestehen. Diese Frage ist jedoch anhand einer Parameterdiskussion nicht mit
vertretbarem Aufwand zu klären. Sie muß daher bei der Entwicklung der Algorithmen
berücksichtigt und durch numerische Maßnahmen abgehandelt werden.
Durch Rücksubstitution erhält man aus (21):
woraus schließlich der explizite Zusammenhang zwischen der Aktionspotentialdauer
(T) und der Zykluslänge (L) resultiert:
Parameter dieser Beziehung sind τx, die Zeitkonstante des dynamischen K-Kanals,
und g, ein Ausdruck der aufgrund von (14) und (10b, c) die Verhältnisse zwischen
den Permeabilitäten des Ca- und der K-Kanäle beschreibt.
Es ist damit gelungen auf Parameter von genau den Ionenkanälen zurück zu rechen,
deren Schlüsselrolle im Prozeß der Arrhythmogenese bereits durch experimentelle
elektrophysiologische Studien bestätigt wurde [[7]].
Gefragt ist jedoch nicht die Aktionspotentialdauer selbst als Funktion der zugehörigen
Zykluslänge - genau diese Größen sind meßbar und damit bekannt - sonder die
physiologischen Parameter τx und g die den Zustand des Substrats charakterisieren.
Die nichtlineare und transzendente Verknüpfung dieser Größen in Beziehung (23)
erschwert allerdings das Vorhaben, deren Werte zu bestimmen.
Fig. 8 veranschaulicht die Abhängigkeit der Aktionspotentialdauer T von den
physiologischen Parameter τx und g in der Form einer Flächenschaar, deren
Schaarparameter die Stimulationsfrequenz ist. An der Tangentialebene im Punkt
P0 = (τx0, g0) ist zu erkennen, daß diese Flächen zwar geringfügig gekrümmt sind,
aber auch eine linearisierte Beschreibung diesen Zusammenhang in guter Näherung
approximiert. Diese Tatsache rechtfertigt es, im folgenden Beziehung (23)
hinsichtlich der Parameter τx und g zu linearisieren. Dann nämlich können deren
Werte basierend auf einem linearen Gleichungssystem berechnet werden.
Dazu ist es notwendig, die partiellen Ableitungen der Funktion T(L, τx, g) bezüglich
der Parameter τx und g zu ermitteln:
sowie den Wert der Funktion im Punkt P0 = (τx0, g0):
In linearisierter Form lautet damit der Zusammenhang zwischen der
Aktionspotentialdauer und der Zykluslänge:
Diese Beziehung stellt im folgenden die Grundlage für die Entwicklung eines
Algorithmus zur Bestimmung der Parameter τx und g dar, also der Größen, die
Informationen über den Funktionszustand der Ca- und K-Kanäle hinsichtlich einer
drohenden Arrhythmie liefern.
Wie bereits erwähnt, sind die zu messenden Größen die Zykluslänge L und die
Repolarisationszeit T (ganz allgemein gesehen). Diese sind über einen Zeitabschnitt
von mehreren Herzschlägen (mindestens 2) aus dem intrakardialen Meßsignal zu
extrahieren. Daraus werden M Wertepaare:
(Lm, Tm) (27)
gebildet. Der Index m bezeichnet die laufende Nummer innerhalb des Wertesets
(m = 1. . .M). Nach dem momentanen Erkenntnisstand sind folgende Anforderungen an
das Meßsignal zu stellen:
- - Abtastfrequenz:
Eine Abtastfrequenz von 1000 Hz ist insbesondere im Hinblick auf die Algorithmen zur Signalvermessung anzustreben. Geht man aber davon aus, daß der Meßfehler hinsichtlich der Verteilung durch weißes Rauschen genähert werden kann, so ist auch eine Abtastfrequenz von mindestens jedoch 500 Hz noch akzeptabel. Ohnehin wird wie anschließend beschrieben das Gleichungssystem zur Bestimmung der Parameter nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate gelöst. D. h. es werden eine größere Anzahl von Meßwertpaaren verrechnet, wobei sich Fehler (weißes Rauschen) ausmitteln. Strebt man eine Optimierung der Verfahren hinsichtlich der Rechenzeit an, ist eine möglichst genaue zeitliche Auflösung des Signals von Vorteil, da sich damit der Aufwand für die Signalvorverarbeitung verringert. - - Amplitudenauflösung:
An sich ist zwar nur die zeitliche Information von Interesse. Da jedoch die Repolarisationszeit (aus dem noch nicht näher spezifizierten Signal) durch entsprechende Signalverarbeitung ermittelt werden muß, kann diese Frage nur dann genauer beantwortet werden, wenn sowohl das verwendete Meßsignal als auch die Auswertealgorithmen feststehen. Dazu sind jedoch erst eine Reihe klinischer Messungen als Grundlage zur Entwicklung dieser Algorithmen notwendig. Es muß anhand der Signale, die überhaupt durch das Implantat praktisch erfaßt werden können (z. B. IEGM, Coronaris- Sinus-Signal) geklärt werden, welcher Signaltyp sich am besten eignet. Da allerdings auch die Amplitudenauflösung die Genauigkeit bei der Bestimmung des Repolarisationzeitpunktes beeinträchtigt, kann jetzt schon gesagt werden, daß eine Auflösung von unter 8 bit nicht brauchbar ist.
Berücksichtigt man Forderung (14) so sind die Zeitintervalle, während denen die
Meßwertpaare (Lm, Tm) erfaßt werden, so zu wählen, daß so gut es möglich ist, ein
eingeschwungener Zustand vorliegt. Dieses ist zwar anhand der Variabilität der
Herzrate leicht festzustellen, doch wie die später vorgestellten Simulationsergebnisse
zeigen, ist es schon hinreichend, wenn sich die Meßgrößen nicht all zu plötzlich
ändern (Änderungsgeschwindigkeit der Herzrate < 10 bpm/Herzschlag), um dennoch
gute Ergebnisse zu erhalten.
Ausgehend von den Meßwertpaaren (Lm, Tm) wird unter Verwendung von (26) das
folgende lineare Gleichungssystem aufgebaut:
u0,mτx + v0,mg = w0,m; m = 1. . . M; M ≧ 2 (28a)
mit
dessen Lösung den Parametersatz (τx, g) ergibt. Dafür sind 2 Meßwertpaare
(Lm, Tm) erforderlich, die zu linear unabhängigen Gleichungen führen. Wegen den
erwähnten Grenzzyklen der Aktionspotentialdauer und da eine Messung
unvermeidlich auch fehlerbehaftet ist, besteht die vorteilhafte Alternative, mehr als
nur 2 Meßwertpaare herzunehmen (z. B. M = 100). Damit ist (28) ein überbestimmtes
Gleichungssystem, dessen Lösung im Sinne der kleinsten Fehlerquadrate erfolgt.
Daraus ergibt sich implizit eine Mittelung, so daß Ausreißer die
Parameterbestimmung nicht signifikant beeinträchtigen. Hiermit erklärt sich auch,
warum sich die im vorigen Punkt gestellte Forderung nach Stationarität der
Meßsignale relativiert, nämlich weil Überschwinger infolge eines plötzlichen
Frequenzsprunges wie auch Ausreißer ausgemittelt werden.
Eine weitere Verbesserung erzielt man durch eine iterative Gestaltung des
Algorithmus zur Parameterextraktion. Für die Aufstellung und Lösung des
Gleichungssystems (28) ist es ohnehin erforderlich, eine Schätzlösung (τx0, g0) für
die Parameter, d. h. den Berührungspunkt P0 der Tangentialebene, vorzugeben. Diese
Werte können aus physiologischen Überlegungen bzw. aus der Erfahrung hergeleitet
werden. Da die Tangentialebene die Fläche in Fig. 8 auch über weitere Bereiche
hinweg noch gut nähert, können in nullter Näherung für (τx0, g0) die dem gesunden
Zustand entsprechenden Werte eingesetzt werden, ohne daß die Genauigkeit der
Lösung extrem beeinträchtigt wird.
Dennoch ist es vorteilhaft die Genauigkeit der Lösung iterativ zu verbessern.
Ausgehend von der Startlösung (τx0, g0) werden die Koeffizienten des
Gleichungssystems (28) bestimmt, und daraus die Lösung (τx, g) ermittelt. Diese
dient nun als Startlösung für die nächste Iteration. Als Abbruchkriterien dienen zwei
Fakten: entweder unterscheiden sich die Lösungen (im Sinne der L2-Norm) um
weniger als ein geforderter Schwellwert, oder die Anzahl der Iterationen überschreitet
einen vorgegebenen akzeptierbaren Wert. Durch das zweite Kriterium ist
insbesondere sichergestellt, daß bei divergentem Verhalten, der Algorithmus nicht in
eine Endlosschleife führt. Bricht die Iteration aufgrund des zweiten Kriteriums ab,
liegt keine Lösung vor. Wie bereits bei der Diskussion von Beziehung (21) erwähnt,
die hier in der Form (28d) in Erscheinung tritt, ist jetzt noch darauf zu achten, daß die
Lösung nicht komplexe Werte annimmt. Ist dieses nämlich infolge eines ungünstigen
Meßdatensatzes der Fall, wurde keine physiologisch sinnvolle Lösung für τx und g
gefunden, so daß ein neuer Meßdatensatz gewählt werden muß.
Abschließend visualisieren Fig. 9a, 9b und 9c ein Anwendungsbeispiel dieses
Parameter-Schätzalgorithmus. Die Fig. 9a und 9b zeigen zum einen die Herzrate (HR)
(hier stellvertretend für L), für die in der Simulation ein zufälliger jedoch
physiologisch vertretbarer Verlauf angenommen wurde. Zum anderen wurde die
Repolarisationszeit T (hier in Form der APD) basierend auf der Modellbeschreibung
(13) simuliert. Die Anfangswerte der Zustandsgrößen entsprechen einem
eingeschwungenen Zustand bei einer Stimulationsfrequenz von 70 bpm (x0 = 0.0348,
f0 = 0.9999, T0 = 239,5 ms).
Diese beiden Trendgrößen (HR und T), die in der klinischen Praxis zunächst aus
einem geeigneten intrakardialen Meßsignal als Zahlenfolgen extrahiert werden
müssen, stellen die Eingangsgrößen des Schätzalgorithmus dar. In der Fig. 9c ist die
APD(HR)|∞-Kennlinie aufgetragen, die aus Beziehung (23) resultiert. Parameter
dieser Kurve sind die zurückgerechneten Zellparameter (τx, g). Daher vermittelt die
Morphologie dieser Kennlinie Aussagen über den zellulären Funktionszustand.
Um noch einen Einblick quantitativer Natur zu vermitteln, sei das folgende
Zahlenbeispiel genannt. Im konkreten Fall (Fig. 9a, 9b und 9c) wurden zur
Vorwärtssimulation nach (13) die Parameter τx = 158 ms und g = 0.65 vorgegeben,
während als Startwerte für die iterative Rückrechung τx0 = 200 ms und g0 = 0.5 galten.
Als Ergebnis der Parameterschätzung wurden die Werte τx = 160.6788 ms und
g = 0.6366 innerhalb von 3 Iterationen erhalten.
Um modelltechnisch die Leistungsfähigkeit des beschriebenen Algorithmus
nachzuweisen, werden im folgenden als Grundlage einer quantitativen Beurteilung
adäquate Testumgebungen konstruiert. Dabei wird die Parameterrückrechung sowohl
im Bezug auf das Ersatzmodell wie auch auf das physiologisch vollständige
Zellmodell untersucht.
Ausgehend vom Ersatzmodell (13) wurden mehrfach Approximationen
vorgenommen, so daß zunächst die Genauigkeit des Verfahrens geprüft werden muß.
Vorgenommen wird dieses am Ersatzmodell, da allein daran diese Frage unter
definierten Randbedingungen (das Ersatzmodell war Ausgangspunkt für den Entwurf
des Parameterschätzverfahrens) beurteilt werden kann.
Für die Tests werden sowohl stochastische als auch deterministische
Herzratenverläufe vorgegeben. Die Ermittlung der zugehörigen APD-Werte erfolgt
aufgrund der Rekursionsformeln aus (13) und den gleichen Anfangswerten wie im
obigen Abschnitt. Die Herzrate startet daher jeweils von 70 bpm, wobei sich deren
Variation bei diesen Tests auf 70 ± 10 bpm beschränkt. Hintergrund dieser Maßnahme
ist zu prüfen, in wie fern das Verfahren auch bei geringer Auslenkung des Systems
funktioniert, d. h. also zu klären ob natürliche Variationen der Herzrate (auch ohne
explizite Belastung des Patienten) schon ausreichend sind.
Die Simulationen wurden systematisch für zahlreiche vorgegebene
Parameterkombinationen (τx, g) durchgeführt, deren Variationsbereich (basierend auf
Werten der Literatur [[15]]) und Raster aus Fig. 10 zu entnehmen sind.
Zunächst wurde das Verhalten bei einem deterministisch vorgegebenen
Herzratenverlauf in Form einer Rampe zwischen 60 bpm und 80 bpm getestet. In der
Praxis bedeutet dies, daß der Schrittmacher ein solches Stimulationsprotokoll
befolgen muß, um das System auszulenken. Unter diesen Rahmenbedingungen
zeichnet sich die Parameterrückrechnung durch relative Fehler unterhalb 2% aus,
während überwiegend nur 3 Iterationen benötigt werden.
Im Falle des stochastisch stimulierten Systems muß mit relativen Fehlern von bis zu
5% gerechnet werden, wobei es gelegentlich auch vorkommen kann, daß aufgrund
eines gerade ungünstigen Meßwertsatzes, kein physiologisch sinnvolles Ergebnis
(z. B. komplexer Wert) erzielt wird. Die Zahl der benötigten Iterationen ist in
Abhängigkeit der konkreten Paramterwerte in Fig. 10 dargestellt. Grundsätzlich ist zu
bemerken, daß die Bestimmung des Parameters g (auch bei deterministischen
Herratenverläufen) weniger fehlerbehaftet ist als die Zeitkonstante τx.
Die Simulationsergebnisse zeigten, daß auch bei stochastischen Herzratenverläufen,
die den natürlichen nahekommen, noch brauchbare Ergebnisse erzielt werden. Es ist
daher nicht unbedingt notwendig, zur Systemidentifikation ein bestimmtes
vorgegebenes Stimulationsprotokoll starr zu befolgen, das ggf. sogar den
momentanen Bedürfnissen des Organismus nicht entspricht. Das Implantat erfüllt in
diesem Sinne überwiegend die Rolle eines diagnostischen Beobachters und veranlaßt
nur bei Bedarf eine therapeutische Maßnahme.
Im nächsten Schritt wird das Verfahren unter realitätsnahen Arbeitsbedingungen
untersucht. Als Testobjekt (zu identifizierendes System) dient ein Zellmodell
(basierend auf [[6]]), dessen Zustandsgrößen unmittelbar physiologische Größen
abbilden. Damit ist es möglich, pathologisches Systemverhalten im direkten Bezug zu
klinischen Studien simulationstechnisch nachzubilden.
Zunächst wird der grundsätzliche Zusammenhang zwischen den Größen APD und HR
untersucht, die Ausgangspunkt der Systemidentifikation sind. Die Fig. 10 und 11
veranschaulichen diesen Zusammenhang für das nun physiologische Zellmodell
anhand von zwei Stimulationsprotokollen. In Fig. 11a und 11b wird ähnlich wie in
Fig. 3a und 3b die Reaktion des Systems auf eine sprunghafte Veränderung der
Stimulationsfrequenz dargestellt. In Fig. 11a wurden die Meßwertpaare (HR, APD)
(entsprechend (27)) als Punkte aufgetragen (Gruppen bestehend aus mehreren
Meßwertpaaren für jeweils die Stimulationsfrequenz nach dem Sprung). Die
durchgezogene Linie stellt hingegen die hieraus (über (τx, g)) berechnete
APD(HR)|∞-Kennlinie dar, die das Ergebnis der Systemidentifikation visualisiert.
Fig. 11b verbildlicht den Einschwingvorgang selbst: einerseits für das physiologische
Zellmodell und andererseite für das Ersatzmodell. Die für das Ersatzmodell
notwendigen Parameterwerte (τx, g) wurden dabei aus den Messungen am
physiologischen Modell rückgerechneten. Fig. 11b verdeutlicht insbesondere, wie
detailgetreu das Ersatzmodell selbst den Einschwingvorgang nachbildet, also trotz
Vereinfachungen auch quantitativ ein physiologisch korrektes Verhalten aufweist.
Als wichtige Aussage von Fig. 11b ist auch festzuhalten, das die Schwingungen der
Aktionspotentialdauer kurz nach dem Sprung vorwiegend auf den dynamischen
Einschwingvorgang zurückzuführen sind (den selbst das Ersatzmodell wiedergibt),
während die Oszillationen im weiteren Verlauf durch den inneren Grenzzyklus
verursacht sind. Anders ausgedrückt, klärt damit diese Studie auch, wie ausgeprägt
das bereits angesprochene Gedächtnis der Zelle ist, beziehungsweise skizziert sie ein
Verfahren, dieses zu messen. Obgleich aus theoretischer Sicht rekursive Systeme ein
unendlich langes Gedächtnis haben, ist im konkreten Fall das praktisch meßbare
Gedächtnis der Zelle (zumindest im Hinblick auf die hier betrachteten Phänomene)
auf etwa 6-7 Zyklen begrenzt. Diese Zahl stellt die Anzahl der signifikanten
Überschwinger der APD nach dem Frequenzsprung dar (Fig. 11b).
Am Beispiel eines weiteren Tests zeigen Fig. 12a und 12b, daß auch unter anderen
Rahmenbedingungen sich das Ersatzmodell physiologisch richtig verhält. Das hier
verwendete Protokoll setzt zur Anregung des Systems einen rampenförmig
ansteigenden Verlauf der Stimulationsfrequenz ein. Bezüglich der dargestellten
Größen sind Fig. 11a, 11b und Fig. 12a, 12b analog.
Erwartungsgemäß soll das entwickelte Verfahren auch in der Lage sein,
Veränderungen der Substrateigenschaften zu erkennen. Getestet wurde diese
Fähigkeit unter Verwendung des physiologischen Zellmodells, wobei konkret die
Permeabilität des Ca-Kanals modifiziert und/oder die Relaxationskennlinie τx(Vm)
des dynamischen K-Kanals entlang der Abszisse verschoben wurde. Die Tabelle faßt
die Größen zusammen, die einerseits die Veränderungen an den Ionenkanälen
beschreiben und andererseits die aus den simulierten Messungen bestimmten
Systemparameter (τx, g) wiedergeben. Graphisch sind diese Ergebnisse in Fig. 13a
und 13b veranschaulicht.
Die nachfolgende Tabelle zeigt rückgerechnete Parameterwerte für modifiziertes
Zellverhalten, wobei Ca_mod die Permeabilität des Ca-Kanals multiplikativ verändert
und τx die Verschiebung der Relaxationskennlinie des dynamischen Kanals darstellt.
Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß bei einer Vergrößerung der Permeabilität des Ca-
Kanals (Ca_mod<1) aufgrund der Beziehungen (10b, c) und (14) erwartungsgemäß
auch der Wert von g ansteigt. Betrachtet man die Relaxationskennlinie τx(Vm)
[[6]], ist ebenfalls festzustellen, daß in Übereinstimmung mit der Tabelle die Werte
von τx bei einer Linksverschiebung ansteigen bzw. bei einer Rechtsverschiebung
kleiner werden.
Man bemerkt jedoch auch, daß sich die am physiologischen Zellmodell verursachten
Modifikationen nicht allein nur auf den einen oder anderen zurückgerechneten
Systemparameter auswirken, sondern, daß diese gewisserweise voneinander
abhängen. Diese Tatsache ist zwar einerseits den in die Modellbetrachtung
eingebrachten Vereinfachungen zuzuschreiben, andererseits aber hängt genau
betrachtet g (wegen Beziehung (10b, c)) von den Verhältnissen der Ca- und K-
Stromamplituden ab und nicht von den Leitfähigkeiten selbst. Eine Verschiebung der
Relaxationskennline des dynamischen K-Kanals wirkt sich in erster Linie auf den K-
Strom selbst aus, aber auch indirekt (über die dadurch veränderte
Transmembranspannung) auf den Ca-Strom. Damit wird verständlich, warum sich die
Verschiebung der Relaxationskennline auch auf g auswirkt.
Ähnlich läßt sich der andere Zusammenhang begründen. Wird die Permeabilität des
Ca-Kanals (über Ca_mod) modifiziert, zieht dieses Veränderungen in der
Aktionspotentialform mit sich, die ihrerseits das Relaxationsverhalten des
dynamischen K-Kanals beeinflußt. Diese Tatsache führt bei der
Parameterrückrechnung zu einem entsprechend anderen Wert von τx.
Die Verkopplung der identifizierten Systemparameter (τx, g) geht aus Fig. 14a und
14b besonders gut hervor, da die Höhenlinien zu keiner der beiden Parameterachsen
parallel verlaufen. Diese Graphiken repräsentieren den im Variationsbereich der
zellulären Modellparameter Ca_mod und taux_sh bestehenden Bezug zu den
Systemparametern τx und g. Die Intervallgrenzen, innerhalb von denen die
Parameter des physiologischen Zellmodells variiert wurden, können aus Fig. 14a und
14b abgelesen werden. Das Raster betrug je 11 Unterteilungen pro Parameterbereich.
Zur Parameterschätzung wurden dabei (für jeden Rasterpunkt) je 100
Stimulationszyklen betrachtet.
Für Paramterwerte (Ca_mod, taux_sh) innerhalb der in Fig. 14a und Fig. 14b
schraffierten Flächen verhält sich das Zellmodell pathologisch; es treten EADs auf.
Da in diesem Extremfall die Modellbetrachtungen zur Herleitung der mathematischen
Beziehung zwischen APD und HR nicht mehr gültig sind, ist auch die Anwendung
des daraus entwickelten Verfahrens zur Parameterschätzung in diesem Bereich
unzulässig. Daher können im schraffierten Bereich keine Werte für τx und g
angegeben werden. In Fig. 14a ist jedoch auffällig, daß der steilste Gradient von g
genau in Richtung dieser Gefahrenzone zeigt.
Konsequent umgesetzt führt die aus dem vorigen Abschnitt hervorgehende
Schlußfolgerung zur Entwicklung eines Diagnosewerkzeugs, das sowohl für die
Früherkennung als auch für die Beobachtung des Fortschreitens zellulärer
Erkrankungen bedeutend ist. Von den vielseitig denkbaren Anwendungsgebieten des
vorgestellten Identifikationsverfahrens soll hier nur auf die klinische
Einsatzmöglichkeit als EAD-Prädiktor exemplarisch eingegangen werden.
Die Mechanismen und zellulären Ursachen der Arrhythmogenese sind vielschichtig
und veränderte Substrateigenschaften können eine Tachykardie auf unterschiedlichste
Weise auslösen. Insbesondere wurde klinisch der Zusammenhang zwischen dem
Auftreten von EADs und der Reenty-basierten Arrhythmieform "Torsade de Pointes"
nachgewiesen [[10]][[11]]. Andererseits sind diese Mechanismen auch in einer
Modellstudie geklärt und nachgebildet worden [[13]]. Damit schließt sich die
Argumentationskette, warum dieses Verfahren explizit auch zur Früherkennung von
Tachykardien anwendbar ist.
In diesem Sinne kann nun die Frage beantwortet werden, ob das Substrat für eine
Arrhythmie prädestiniert ist oder nicht. Streng gesehen ist von Prädiktion nur insofern
zu sprechen, daß aus der trendmäßigen Beobachtung der Vergangenheit in die
Zukunft extrapoliert werden kann. Das Verfahren selbst liefert jedoch nur Aussagen
zum momentanen Ist-Zustand.
Basierend auf diesen Überlegungen, wird im folgenden das Funktionsprinzip dieses
Prädiktors für EAD-bedingte Tachykardien in einer Simulation vorgestellt. Aus Fig. 15a
geht der Variationsbereich der zellulären Parameter hervor, die in der Studie die
Veränderungen der Substrateigenschaften verursachen. Als Funktionswert ist die
entsprechende Aktionspotentialdauer dargestellt. Dem Bild überlagert sind
strahlenförmig Trajektorien eingezeichnet (der Ursprung entspricht dem gesunden
Normalzustand des Substrats), entlang derer sich in der Modellrechnung die
Substrateigenschaften ändern. Wie diese zeitlich durchlaufen werden, zeigt Fig. 16 in
den oberen beiden Diagrammen.
Fig. 15b zeigt das Abbild dieser Trajektorien im Parameterraum (τx, g). Desgleichen
wurden die Grenzpunkte des schraffierten EAD-Bereichs aus der linken Abbildung in
diesen Parameterraum transformiert und durch diese Punkte eine Regressionsgerade
gelegt. Sie stellt im Parameterraum die Grenze zur EAD-Zone dar. In einem (frei
definierbaren) Sicherheitsabstand wird parallel dazu eine weitere Gerade gelegt, die
die Gefahrenzone markiert. Bewegt sich der Arbeitspunkt (τx, g) über diese Grenze
hinaus, setzt der Algorithmus ein Alarmflag.
Einen detaillierteren Einblick liefern Fig. 17a und 17b. In zwei Beispielen wird
illustriert, wie das Verfahren bereits etwa 100 Herzschläge vor dem Auftreten der
EADs diese Gefahr erkennt und meldet. Die genaue Anzahl der Herzschläge hängt im
einzelnen allerdings von der Geschwindigkeit ab, mit der sich die
Substrateigenschaften ändern. Es ist jedoch mit großer Sicherheit davon auszugehen,
daß eine Erkrankung nicht plötzlich von einem Herzschlag zum anderen eintritt,
sondern eher allmählich fortschreitet. In der Praxis steht damit erwartungsgemäß ein
ausreichender Zeitraum für therapeutische Maßnahmen zur Verfügung.
Wie anhand der beiden Beispiele in Fig. 17a und 17b zu erkennen ist, reagiert das
Verfahren nicht nur auf eine EAD-Gefahr, sondern kann bereits im Frühstadium auch
das Ausmaß der EADs differenziert beurteilen. Während im oberen Beispiel nur
sporadisch EADs auftreten, kommt es im unteren Beispiel aufgrund mehrfacher
EADs zu einer schwerwiegenden Verlängerung der Aktionspotentialdauer. An den
Spitzen im Verlauf dieser EADs ist zu erkennen, daß eine neue Erregung in die
Refraktärzeit trifft, also ein transienter Erregungsblock entsteht. Wie bereits in [[13]]
gezeigt, ist in diesem Fall die Entstehung einer kreisenden Erregung viel
wahrscheinlicher als im oberen Beispiel.
Obwohl zum Zeitpunkt der Gefahrenmeldung, den Aktionspotentialen rein visuell
noch nichts anzumerken ist (Fig. 17a und 17b, linke Diagramme), kann das Verfahren
anhand der identifizierten Systemparameter sogar schon feststellen, wie im konkreten
Fall die EADs aussehen werden. Hinweise auf EADs liefert zwar auch der Parameter
g alleine, dessen Gradient in Richtung der Gefahrenzone am steilsten ist (Fig. 14a
und 14b). Die zu erwartenden EAD-Formen können jedoch erst unter Zuhilfenahme
des Parameters τx genauer spezifiziert werden.
Wie bereits in [[14]] gezeigt, gilt als notwendiges Kriterium zur Entstehung von
EADs, daß die Aktionspotentialdauer drastisch zunimmt. Diese Tatsache wird auch
durch Fig. 15a und 15b bestätigt. Als hinreichendes Kriterium kann jedoch nicht
einfach ein APD-Schwellwert definiert werden, da dieser entlang der in Fig. 15a
eingezeichneten EAD-Grenze um etwa 100 ms variiert. Daher ist die Spezifizität des
hier entwickelten Verfahrens im Hinblick auf die Arrhythmiegefahr gegenüber
derjenigen eines einfachen APD-Kriteriums in jedem Fall überlegen.
Ausgehend von der mathematischen Beschreibung eines physiologisch begründeten
Zellmodells ist es durch vereinfachende Ansätze gelungen, die Grundlage für eine
theoretische Systemidentifikation hinsichtlich der Früherkennung von Herzrhythmus
störungen zu schaffen. Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht dabei der dynamische
Zusammenhang zwischen Herzrate und Repolarisationszeit, dessen
Informationsgehalt bezüglich der Arrhythmogenese durch zahlreiche experimentelle
Studien der Literatur untersucht und bestätigt wurde.
Als Ergebnis der Systemidentifikation resultierten Rechenvorschriften, die es
ermöglichen auf das Amplitudenverhältnis der Ca- und K-Ströme zurückzurechnen
sowie die Zeitkonstante des dynamischen K-Kanals zu bestimmen. Es handelt sich
dabei um Parameter die einen direkten Bezug zu klinischen Befunden herstellen und
sich somit die Arrhythmiegefahr aufgrund von physiologischen Kriterien beurteilen
läßt. Die zur Systemanalyse erforderlichen Eingangssignale beschränken sich dabei
auf die Herzrate und die Repolarisationszeit, die aus gängigen intrakardialen
Meßsignalen (z. B. IEGM) ermittelt werden können.
Zur numerischen Berechnung der definierten Systemparameter wurden im weiteren
Implementierungsvorschriften für einen Algorithmus ausgearbeitet, die die
Zuverlässigkeit und Genauigkeit bei dennoch vertretbarem Rechenaufwand
optimieren.
Als praxisrelevanter Vorteil des entwickelten Verfahrens ist hervorzuheben, daß die
zur Systembeobachtung erforderliche Auslenkung des Systems nicht von außen
auferlegt werden muß, und damit kein unphysiologischer Eingriff in die
Erregungsbildung zu befürchten ist. Die Simulationsergebnisse zeigten, daß sich auch
bei natürlichen Herzraten (mit Variationen im Bereich 60-80 bpm) noch
aussagekräftige Ergebnisse erzielen lassen. Das Implantat kann damit energiesparend
in der Rolle eines diagnostischen Beobachters die Funktionalität des Syncytium
überwachen und nur bei Bedarf therapeutische Maßnahmen einleiten. Hinsichtlich der
Spezifizität kann geschlußfolgert werden, daß dieses Verfahren die Frage der
Arrhythmiegefährdung nicht nur binär beantwortet, sondern Aufschlüsse auch darüber
liefert, wie schwerwiegend sich die Folgen der veränderten Substrateigenschaften
auswirken.
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Claims (5)
1. Vorrichtung zum vorzeitigen Erkennen einer Tachykardie des Herzens,
- - mit Meßmitteln (12, 16) zum Aufnehmen von Meßwerten für die Herzrate (HR) und die Aktionspotentialdauer (APD), mit mindestens einem Ausgang zum Ausgeben von Meßwertpaaren (HR, APD) einander zugeordneter Meßwerte für die Herzrate (HR) und die Aktionpotentialdauer (APD),
- - mit Meßwertverarbeitungsmitteln (18), die zur Übernahme der Meßwertpaare (HR, APD) mit dem Ausgang der Meßmittel (16) verbunden sind und die zum Ableiten das Herz beschreibender, zeitvarianter Parameter (τx, g) aus den Meßwertpaaren (HR, APD) ausgebildet sind,
- - mit einem Speicher (22), in dem eine Tachykardiegefahr kenn zeichnende Vergleichswerte speicherbar sind,
- - und mit einer Auswerteeinheit (20), die mit den Meßwertverarbeitungs mitteln (18) zur Übernahme der aus den Meßwertpaaren abgeleiteten Parameter (τx, g) und mit dem Speicher (22) verbunden ist und die zum Vergleichen der abgeleiteten Parameter (τx, g) mit im Speicher (22) gespeicherten Vergleichswerten und zum Ausgeben eines Tachykardiegefahrensignals ausgebildet ist, falls der Vergleich der abgeleiteten Parameter (τx, g) mit den Vergleichswerten ergibt, daß die abgeleiteten Parameter (τx, g) in dem Tachykardiegefahrenbereich liegen.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorrichtung
zum Aufnehmen mindestens zweier Meßwertpaare (HR, APD) zu ver
schiedenen Meßzeitpunkten ausgebildet ist und zusätzlich
daß die Auswerteeinheit (20) mit den Trendbestimmungsmitteln verbunden und so ausgebildet ist, daß sie das Tachykardiegefahrensignal ausgibt, wenn die abgeleiteten Parameter (τx, g) in der Nähe des Tachykardiegefahrenbereichs liegen und der Trend für die zukünftige Entwicklung der Parameter in Richtung des Tachykardiegefahrenbereichs weist.
- - einen zweiten Speicher (24), der mit den Meßwertverarbeitungsmitteln (18) verbunden ist und in dem zumindest die für die zwei jeweils jüngsten Meßzeitpunkte abgeleiteten Parameter (τx, g) speicherbar sind sowie
- - Trendbestimmungsmittel, die mit dem zweiten Speicher (24) verbunden sind und die zum Bestimmen eines Trendes für die zukünftige Entwicklung der Parameter (τx, g) anhand der gespeicherten Parameter (τx, g) ausgebildet sind,
daß die Auswerteeinheit (20) mit den Trendbestimmungsmitteln verbunden und so ausgebildet ist, daß sie das Tachykardiegefahrensignal ausgibt, wenn die abgeleiteten Parameter (τx, g) in der Nähe des Tachykardiegefahrenbereichs liegen und der Trend für die zukünftige Entwicklung der Parameter in Richtung des Tachykardiegefahrenbereichs weist.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorrichtung
zum Aufnehmen mindestens zweier Meßwertpaare (HR, APD) zu ver
schiedenen Meßzeitpunkten ausgebildet ist und zusätzlich
daß die Auswerteeinheit (20) mit den Trendbestimmungsmitteln verbunden und zum Vergleichen der extrapolierten Parameter mit im ersten Speicher (22) gespeicherten Vergleichswerten und zum Ausgeben eines Tachykardie gefahrensignals ausgebildet ist, falls der Vergleich der extrapolierten Parameter mit den Vergleichswerten ergibt, daß die extrapolierten Parameter in dem Tachykardiegefahrenbereich liegen.
- - einen zweiten Speicher (24), der mit den Meßwertverarbeitungsmitteln (18) verbunden ist und in dem zumindest die für die zwei jeweils jüngsten Meßzeitpunkte abgeleiteten Parameter (τx, g) speicherbar sind sowie
- - Trendbestimmungsmittel, die mit dem zweiten Speicher (24) verbunden sind und die zum Extrapolieren zukünftiger Parameter aus den gespeicherten Parametern (τx, g) ausgebildet sind,
daß die Auswerteeinheit (20) mit den Trendbestimmungsmitteln verbunden und zum Vergleichen der extrapolierten Parameter mit im ersten Speicher (22) gespeicherten Vergleichswerten und zum Ausgeben eines Tachykardie gefahrensignals ausgebildet ist, falls der Vergleich der extrapolierten Parameter mit den Vergleichswerten ergibt, daß die extrapolierten Parameter in dem Tachykardiegefahrenbereich liegen.
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß
die abgeleiteten Parameter (τx, g) zeitvariable, bidirektionale Ionenströme
zwischen dem Zellinneren und dem Zelläußeren von Herzmuskelzellen
beschreiben, zu denen ein statischer und eine dynamischer Kalium-Ionenstrom
sowie ein Kalzium-Ionenstrom zählen, wobei ein erster der Parameter (τx) eine
Zeitkonstante des dynamischen Kalium-Ionenstroms ist und ein zweiter der
Parameter (g) eine auf die Amplitude des dynamischen Kalium-Ionenstroms
(AKx) bezogene Differenz der Amplituden des Kalzium-Ionenstroms (ACa) und
des statischen Kalium-Ionenstroms (AK1) ist:
g = ((ACa - AK1)/AKx).
g = ((ACa - AK1)/AKx).
5. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, mit einem Elektrostimulator wie
einem Kardioverter oder einem Defibrillator, dadurch gekennzeichnet, daß der
Elektrostimulator (26) mit der Auswerteeinheit (20) zur Übernahme des
Tachykardiegefahrensignals verbunden und durch das Tachykardiegefahrensig
rensignal zur Abgabe tachykardierbekämpfender elektrischer Stimulationsim
pulse an das Herz auslösbar gestaltet ist.
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