DE19928192A1 - Verfahren zur Rekonstruktion eines Stromes - Google Patents
Verfahren zur Rekonstruktion eines StromesInfo
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Abstract
Es wird ein Verfahren zur Rekonstruktion eines Stromes aus einem sekundären Strommeßsingal (i¶2¶) einer Strommeßeinrichtung (1, 3, 4) vorgeschlagen. Es wird ein dem Strom (i¶1¶) näherungsweise entsprechendes rekonstruiertes Signal (i¶1¶') mit Hilfe eines Rückrechnungsalgorithmus gebildet, wobei zur Bestimmung der Parameter der den Strom beschreibenden analytischen Funktion aus mindestens zwei Meßfenstern (6, 7) - die über das Strommeßsignal (i¶2¶) gelegt werden und jeweils die Länge einer Periode der Grundwelle des Stromes aufweisen - Orientierungspunkte für Stützstellen des rekonstruierten Stromes ermittelt werden, welche Maximum- und Minimumwerte des Strommeßsignals (i¶2¶) sind, die mit Sicherheit nicht von Sättigung oder Signalbegrenzung bzw. -kappung betroffen sind.
Description
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Rekonstruktion eines Stromes gemäß
dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Die Erfindung kann beispielsweise beim Distanz
schutz verwendet werden, um durch Rückrechnung des primären Stromverlaufes eine
genaue Fehlerortung zu ermöglichen. Im Bereich Differentialschutz wird eine frühere
Deblockierung des angesprochenen Schutzes ermöglicht, wodurch eine schnellere Er
fassung von Folgefehlern sichergestellt wird. Ein weiteres wesentliches Anwendungs
gebiet liegt im Bereich der Bewertung des Kontaktzustandes eines Leistungsschalters,
wie nachfolgend näher erläutert wird.
Zur Bewertung des Kontaktzustandes eines Leistungsschalters ist es in der DE 199 23 362 A1
beschrieben, für jede auftretende Kurzschlußausschaltung das Produkt aus der
Lichtbogenbrenndauer und dem Effektivwert des Kurzschlußstromes während der
Lichtbogenbrenndauer zu bilden und die gebildeten Produkte zu summieren. Die Sum
me dieser Produkte stellt ein Kriterium für den aktuellen Kontaktzustand dar.
Dabei ist es erforderlich, daß der zeitliche Kurzschlußstromverlauf und somit der Effek
tivwert des Kurzschlußstromes mit hinreichender Genauigkeit erfaßt werden kann, d. h.
es werden mehr oder weniger ideale Bedingungen an das Übertragungsverhalten so
wie die Genauigkeitsklasse der zur Messung eingesetzten Stromwandler vorausge
setzt. In der Praxis kann jedoch ein durch Nichtlinearitäten des Stromwandlers (Wand
lersättigung) sowie im Netz auftretende Oberschwingungen verzerrtes Meßsignal (Se
kundärstrom des Stromwandlers) auftreten. Auch unter diesen erschwerten Bedingun
gen muß eine aussagekräftige Abschätzung der Schalterkontaktbelastung und eine
Bewertung der Kontaktzustandes möglich sein, d. h. es ist erforderlich, den Effektivwert
des Kurzschlußstromes mit hinreichender Genauigkeit zu ermitteln.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein optimales Verfahren zur Rekonstruktion
eines Stromes aus einem durch Störfaktoren verfälschtem sekundären Strommeßsignal
anzugeben.
Diese Aufgabe wird in Verbindung mit den Merkmalen des Oberbegriffes erfindungs
gemäß durch die im Kennzeichen des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale gelöst.
Die mit der Erfindung erzielbaren Vorteile bestehen insbesondere darin, daß eine ein
fache Möglichkeit angegeben wird, wie aus einem Strommeßsignal einer Strommeßein
richtung - insbesondere dem Sekundärstrom eines Stromwandlers - ein zutreffendes
rekonstruiertes Signal gebildet werden kann, das dem wahren Verlauf des Stromes -
insbesondere eines Kurzschlußstromes - mit großer Näherung entspricht. Mit Hilfe des
Rückrechnungsalgorithmus ist es möglich, aus einem infolge von Störfaktoren, wie
- - Oberschwingungen und/oder
- - Wandlersättigung von in einer Meßkette befindlichen Wandlern (Primärmeßwandler, Sekundärmeßwandler) und/oder
- - Kappung durch Übersteuerung des Eingangsbereichs eines in einer Meßkette befind lichen Analog/Digital-Umsetzers
verfälschten, insbesondere verzerrten sekundären Strommeßsignal ein dem zu mes
senden primären Strom, insbesondere Kurzschlußstrom, sehr gut entsprechendes re
konstruiertes Signal zu bilden, wobei es weiterhin unerheblich ist, ob der Strom einen
dem periodischen Signal überlagerten Gleichanteil besitzt und/oder ob der periodische
Teil Abweichungen von der Netzfrequenz aufweist.
Weitere Vorteile sind aus der nachstehenden Beschreibung ersichtlich.
Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen gekennzeich
net.
Die Erfindung wird nachstehend anhand der in der Zeichnung dargestellten Ausfüh
rungsbeispiele erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 ein durch Wandlersättigung und Oberschwingungen verzerrtes Stromwand
lersignal,
Fig. 2 eine nachgebildete Übertragungsstrecke des Stromsignals.
Beispielhaft sind in Fig. 1 für eine Kurzschlußausschaltung mittels eines Leistungs
schalters der Verlauf eines Primärstromes i1 (allgemein Strom) eines Stromwandlers als
gestrichelter Linienzug und der Verlauf eines von einem Stromwandler produzierten
Sekundärstromes i2 (allgemein sekundäres Strommeßsignal) dargestellt, wobei zu er
kennen ist, daß der Sekundärstrom i2 insbesondere während einer Lichtbogenbrenn
dauer tLibo im Vergleich zum Originalsignal des Primärstromes i1 stark verzerrt ist, d. h.
der Effektivwert des Kurzschlußstromes ist entsprechend fehlerbehaftet und keinesfalls
aussagekräftig hinsichtlich einer beabsichtigten, in der DE 199 23 362 beschriebenen
Schalterkontaktbewertung. Aus diesem Grund wird das primäre Wandlersignal des
Stromwandlers mit Hilfe eines speziellen Rückrechnungsalgorithmus aus dem gemes
senen Wandlersignal - dem Sekundärstrom i2 - zurückgerechnet, wodurch ein rekon
struiertes Signal i1' (allgemein rekonstruierter Strom) erhalten wird - siehe den durchge
zogenen Linienzug entlang des gestrichelten Linienzuges.
Die Bildung des rekonstruierten Signals i1' erfolgt mit Hilfe eines Schätzverfahrens
(Rückrechnungsalgorithmus), das auf der Optimierung der Signalparameter einer Mo
dellfunktion an Hand einiger Stützstellen basiert. Als Optimierungsverfahren wird bei
spielsweise der Nelder-Mead Simplex Algorithmus benutzt. Es wird hierzu auf Lagarias,
Jeffrey C., James A. Reeds, Margaret H. Wright and Paul E. Wright: "Convergence
Properties of the Nelder-Mead Simplex Algorithm in Low Dimensions", SIAM Journal of
Optimization, May 1, 1997 verwiesen. Der Nelder-Mead Simplex Algorithmus ist allge
mein ein mögliches Optimierungsverfahren, um eine Fehlerfunktion gemäß der klein
sten quadratischen Abweichung zu minimieren. Alternativ sind andere Optimierungs
verfahren einsetzbar.
Die Stützstellen für den Rückrechnungsalgorithmus werden so gewählt, daß diese auch
bei Einsatz von schlechten Stromwandlern sowie durch den Einsatz der zur meßtechni
schen Erfassung des Wandlersekundärsignals erforderlichen Meßschaltung nicht von
Verzerrungen betroffen sein können. Das Verfahren benötigt ein verwertbares Stromsi
gnal einer Länge von mindestens zwei Perioden der Grundschwingung des Stromes,
welches unmittelbar vor Erlöschen des Lichtbogens liegt. Die richtige Bestimmung der
für den Rückrechnungsalgorithmus erforderlichen Stützstellen ist entscheidend für die
gute Rekonstruktion des primären Stromsignals und stellt damit einen wesentlichen Teil
der Erfindung dar.
Zunächst soll an Hand der Fig. 2 die Übertragungsstrecke des Stromsignals im Zu
sammenhang mit der erwähnten Bewertung des Kontaktzustandes eines Leistungs
schalters näher erläutert werden. Der Stromwandler 1 erzeugt in Abhängigkeit des ein
gangsseitig fließenden Primärstroms i1 (allgemein Strom) den verzerrten, keinesfalls
aussagekräftigen Sekundärstrom i2 (allgemein sekundäres Strommeßsignal), welcher
einem Monitoringsystem 2 zugeleitet wird. Das Monitoringsystem 2 weist einen Tiefpaß
3, insbesondere Anti-Aliasing-Tiefpaß, einen nachgeschalteten Begrenzer (Ana
log/Digital-Umsetzer) 4 und einen Effektivwertschätzer 5.1 zur Signal-Rekonstruktion
auf. Dem Effektivwertschätzer 5.1 ist der gewünschte aussagekräftige, aus dem rekon
struierten Signal i1' (beispielsweise mit Hilfe der Trapezregel) berechnete Effektivwert
des Kurzschlußstromes entnehmbar. Dem Effektivwertschätzer 5.1 ist eine Leistungs
schalterkontaktbewertung 5.2 mit Anzeige nachgeschaltet.
Die Tiefpaßfilterung des Signals vor der Abtastung/Digitalisierung ist auf Grund des
Abtasttheorems erforderlich.
Wie bereits vorstehend angedeutet, ist beispielsweise der Nelder-Mead Simplex Algo
rithmus in der Lage, die Parameter einer Funktion so zu optimieren, daß der Funkti
onswert minimiert wird. Zunächst wird zweckmäßig eine Initialoptimierung für die
Grundschwingung und den Gleichanteil des Kurzschlußstromes durchgeführt. Die dar
aus gewonnene verbesserte Schätzung dieser Signalanteile wird als Startwert bei der
anschließend durchgeführten Optimierung der Schätzung des Gleichanteils, der Ober
schwingungsanteile sowie der Grundschwingungsfrequenz des Kurzschlußstromes
eingesetzt, d. h. von Ausgleichsvorgängen herrührende Oberschwingungen können
ebenfalls rekonstruiert werden.
Bei der Wahl der Stützstellen für die Rekonstruktion ist darauf zu achten, daß diese
Stützstellen unbedingt mit dem zeitlichen Verlauf des Primärstromes i1 übereinstimmen
und dabei nicht von Wandlersättigung oder Oberschwingungsanteilen, hervorgerufen
durch Ausgleichsvorgänge im Netz oder durch die begrenzende Wirkung des A/D-
Umsetzers bei Übersteuerung im Zusammenhang mit der Messung des Kurzschluß
stromes, betroffen sind. Für die Auswahl der Orientierungspunkte für die Stützstellen
gelten die folgenden Regeln:
- 1. Die Orientierungspunkte für die Stützstellen werden aus mindestens zwei Meßfen stern 6, 7 der Länge je einer Periode der Grundwelle des Stromes ermittelt. Diese Meßfenster 6, 7 werden beispielsweise ausgehend vom "letzten Meßwert" eines ge messenen Kurzschlußstromverlaufs, d. h. einem per Schwellwertdetektion bestimmten Nulldurchgang des Stromsignals festgelegt.
- 2. Es werden jeweils - ungeachtet des Vorzeichens - das Maximum Mx1 (erstes Major- Extremum) bzw. das Maximum Mx2 (zweites Major-Extremum) und das Minimum Mn1 (erstes Minor-Extremum) bzw. das Minimum Mn2 (zweites Minor-Extremum) im ersten bzw. zweiten Meßfenster 6 bzw. 7 bestimmt, wobei im Normalfall - Ausnahmen siehe nachfolgend unter den Ziffern 3a) und 3b) - das Maximum Mx1 und das Maximum Mx2 als Orientierungspunkte für die Stützstellen ausgewählt werden. Als "Major" werden diejenigen Extrema bezeichnet, welche den höchsten Absolutwert beinhalten. Bei um gekehrtem Vorzeichen vertauschen sich die Rollen der Maxima und Minima.
- 3. Es werden die Abstände zwischen dem Maximum Mx1 und dem Minimum Mn1 so
wie zwischen dem Maximum Mx2 und dem Minimum Mn2 in jedem der beiden Meßfen
ster 6, 7 ermittelt. Es kann vorkommen, daß eines der Maxima und/oder der Minima
von Wandlersättigung betroffen ist (Über-/Unterschwinger) und deshalb nicht verwen
det werden darf. Hierzu lassen sich zwei Fälle unterscheiden:
- 1. Wenn das Maximum Mx1 höher als das Maximum Mx2 ist und gleichzeitig das Ma ximum Mx2 um weniger als 0,75 Perioden oder um signifikant mehr als eine Periode nach dem Maximum Mx1 auftritt, dann wird das Maximum Mx2 verworfen, da es von Wandlersättigung betroffen ist. Für die Abstandsbestimmung gemäß 3) wird an Stelle des verworfenen Maximums Mx2 ein Maximum Mx2' gewählt, das sich im Abstand ei ner Periode nach dem Maximum Mx1 befindet. An Stelle des Abstandes Mx2-Mn2 wird der Abstand Mx2'-Mn2 bestimmt.
- 2. Wenn das Maximum Mx2 höher als das Maximum Mx1 ist und gleichzeitig das Ma ximum Mx1 um mehr als 1,25 Perioden oder um signifikant weniger als eine Periode vor dem Maximum Mx2 auftritt, dann wird das Maximum Mx1 verworfen, da es von Wandlersättigung betroffen ist. Für die Abstandsbestimmung gemäß 3) wird an Stelle des verworfenen Maximums Mx1 ein Maximum Mx1' gewählt, das sich im Abstand ei ner Periode vor dem Maximum Mx2 befindet. An Stelle des Abstandes Mx1-Mn1 wird der Abstand Mx1'-Mn1 bestimmt.
- 4. Als weiterer Orientierungspunkt für Stützstellen dient dasjenige Minimum, welches den größten Abstand vom Maximum des gleichen Meßfensters hat (im Beispiel gemäß Fig. 1 ist dies das Minimum Mn2).
- 5. Als Stützstellen für die Parameterschätzung dienen mehrere Abtastwerte des ge messenen verzerrten Sekundärstromes 12 unmittelbar vor den drei oder zwei - falls ein Mamimum Mx1 oder Mx2 verworfen worden ist - Orientierungspunkten. In Fig. 1 sind dementsprechende Stützstellen 8 bzw. 9 bzw. 10 vor den Orientierungspunkten Mx1 bzw. Mx2 bzw. Mn2 dargestellt.
Die mit dem Schätzverfahren erzielbare Genauigkeit der Effektivwertbestimmung des
Kurzschlußstromes ist relativ hoch, wobei auch das vom Stromwandler übertragene
Gleichglied richtig geschätzt wird.
Claims (5)
1. Verfahren zur Rekonstruktion eines Stromes aus einem sekundären
Strommeßsignal (i2) einer Strommeßeinrichtung (1, 3, 4), dadurch gekennzeichnet, daß
ein dem Strom (i1) näherungsweise entsprechendes rekonstruiertes Signal (i1') mit Hilfe
eines Rückrechnungsalgorithmus gebildet wird, wobei zur Bestimmung der Parameter
der den Strom beschreibenden analytischen Funktion aus mindestens zwei Meßfen
stern (6, 7) - die über das Strommeßsignal (i2) gelegt werden und jeweils die Länge
einer Periode der Grundwelle des Stromes aufweisen - Orientierungspunkte für Stütz
stellen des rekonstruierten Stromes ermittelt werden, welche Maximum- und Minimum
werte des Strommeßsignals (i2) sind, die mit Sicherheit nicht von Sättigung oder Si
gnalbegrenzung bzw. -kappung betroffen sind.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zunächst eine
Initialoptimierung für die Grundschwingung und den Gleichanteil des Stromes durch
geführt wird und die hieraus gewonnene verbesserte Schätzung als Startwert für eine
sich anschließende Optimierung der Schätzung des Gleichanteils, der Oberschwin
gungsanteile sowie der Grundschwingungsfrequenz des Stromes eingesetzt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und/oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ei
ne Plausibilitätsprüfung zur Absicherung der ausgewählten Orientierungspunkte durch
geführt wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß für die Parameterschätzung als Stützstellen (8, 9, 10) mehrere Abtastwerte des
Strommeßsignals (12) unmittelbar vor den Orientierungspunkten herangezogen werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
daß der Nelder-Mead Simplex Algorithmus verwendet wird.
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